Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 III 63



105 III 63

15. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 13. Juli
1979 i.S. Z. AG (Rekurs) Regeste

    Betreibung auf Pfandverwertung.

    1. Es ist nicht Sache von Betreibungsamt und Aufsichtsbehörde, sondern
des Richters im Rechtsöffnungs- bzw. im Lastenbereinigungsverfahren, über
den Bestand des von einem Betreibungsgläubiger behaupteten Pfandrechts
zu befinden (E. 1).

    2. Die vor Eröffnung eines Konkurses angehobene Betreibung auf
Pfandverwertung kann nach Einstellung und Schliessung des Konkurses
mangels Aktiven weitergeführt werden (Bestätigung der Rechtsprechung);
dabei ist die Dauer des Konkursverfahrens auf die Maximalfristen des
Art. 154 SchKG zuzuschlagen (E. 2).

Sachverhalt

    A.- In der von der Bank A. gegen X. angehobenen Betreibung auf
Grundpfandverwertung wurde zu Gunsten der Betreibungsgläubigerin folgender
Eintrag ins Lastenverzeichnis über die pfandbelasteten Liegenschaften
aufgenommen:

    "Bank A. Kapital laut Grundpfandverschreibung vom 17.12.1971 per nom.

    Fr. 3'410'000.- Darlehen fällig per 31. März 1976; Gesamtbetrag und
bar zu
   bezahlen Fr. 1'619'600.30."

    Die Z. AG, der an den Pfandliegenschaften gemäss Grundbuch eine
Maximalhypothek im zweiten Rang von 1,5 Mio. Franken zusteht, leitete ein
Lastenbereinigungsverfahren ein und erhob ausserdem mit Eingabe vom 29.
Dezember 1978 beim Bezirksgericht Horgen als unterer Aufsichtsbehörde in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen Beschwerde mit dem Antrag, die von
der Bank A. angehobene Grundpfandbetreibung sei als nichtig aufzuheben.

    Das Bezirksgericht Horgen wies die Beschwerde am 2. März 1979 ab,
und das Obergericht des Kantons Zürich (II. Zivilkammer) als obere
kantonale Aufsichtsbehörde schützte diesen Entscheid durch Beschluss vom
12. Juni 1979.

    Die Z. AG hat gegen den zweitinstanzlichen Entscheid an das
Bundesgericht rekurriert.

Auszug aus den Erwägungen:

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- In BGE 78 III 95 f. hat das Bundesgericht ausgeführt, der
auf Grundpfandverwertung Betriebene, der geltend machen wolle, dem
Gläubiger hafte ein Faustpfand, habe diesen Einwand mit Rechtsvorschlag zu
erheben. Habe er dies unterlassen, könne er das Versäumte nicht mit einer
späteren Beschwerde im Sinne von Art. 17 SchKG nachholen. Vielmehr nehme
die Betreibung als Grundpfandbetreibung ihren Fortgang. Am Pfandobjekt
Berechtigte, die dadurch betroffen würden, könnten ihre Interessen im
Lastenbereinigungsverfahren wahrnehmen.

    Die Rekurrentin weist darauf hin, dass das Bundesgericht im
erwähnten Urteil über die Zulässigkeit einer Beschwerde des Schuldners
zu befinden gehabt habe und dass demnach nicht entschieden worden
sei, wie es sich mit einer Beschwerde eines an der Betreibung nicht
beteiligten Pfandgläubigers verhalte. Sie übersieht indessen, dass im
gleichen Entscheid auch festgehalten wurde, dass es nicht Sache von
Betreibungsamt und Aufsichtsbehörde sei, über den Bestand des von einem
Betreibungsgläubiger behaupteten Pfandrechts zu befinden (BGE 78 III 96
unten/97 oben). Diese dem materiellen Recht zuzuordnende Frage ist - im
Rechtsöffnungs- bzw. im Lastenbereinigungsverfahren - durch den Richter
zu entscheiden. Einem auf Grundpfandbetreibung gerichteten Begehren hat
das Betreibungsamt nur dann nicht im nachgesuchten Sinne stattzugeben,
wenn der Gläubiger selbst einräumt, dass er nur ein Faustpfandrecht habe
(BGE 78 III 97). Die sich einzig auf den Gesichtspunkt der Prozessökonomie
stützenden Vorbringen der Rekurrentin vermögen gegen die angeführte
Rechtsprechung nicht aufzukommen.

Erwägung 2

    2.- Die Vorinstanz hat festgestellt, dass zwischen der Zustellung des
Zahlungsbefehls und dem Gesuch der Bank A. um Verwertung des Grundpfandes
zwar mehr als die in Art. 154 SchKG als Höchstdauer festgesetzten zwei
Jahre verstrichen seien, dass aber der Lauf dieser Frist während der
Dauer des dazwischen gegen den Betreibungsschuldner eröffneten, in der
Folge gemäss Art. 230 SchKG mangels Aktiven wieder eingestellten und
geschlossenen Konkursverfahrens unterbrochen worden sei bzw. dass sich
die Maximalfrist des Art. 154 SchKG um die Dauer des Konkursverfahrens
verlängert habe.

    Die Rekurrentin scheint mit Recht nicht in Abrede stellen zu
wollen, dass eine vor Eröffnung eines Konkurses angehobene Betreibung
auf Pfandverwertung nach Einstellung und Schliessung des Konkurses
mangels Aktiven weitergeführt werden kann (dazu BGE 88 III 21 f. mit
Hinweisen). Hingegen ist sie der Auffassung, die Frist des Art. 154
SchKG stehe während der Dauer des Konkursverfahrens nicht still bzw. es
gehe im vorliegenden Fall nicht an, die Zweijahresfrist um die Dauer des
Konkursverfahrens zu erstrecken.

    Dieser Ansicht ist die Vorinstanz zu Recht nicht gefolgt. Sie weist
zutreffend darauf hin, dass die Praxis des Bundesgerichts, eine vor
Eröffnung eines Konkurses angehobene Betreibung nach dessen Einstellung und
Schliessung wieder aufleben zu lassen, bezweckt, den Betreibungsgläubiger
vor unbilligen Folgen zu bewahren (vgl. BGE 88 III 22 E. 2; 87 III 75
E. 2; 79 III 169 oben), und dass die Dauer des Konkursverfahrens dabei
grundsätzlich nicht von Bedeutung sein kann. Wohl sind die Fristen des
Art. 154 SchKG im öffentlichen Interesse aufgestellt und von Amtes wegen
zu beachten (BGE 69 III 50; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs,
2. A., I. Bd. S. 341). Dieser Umstand steht einer Unterbrechung des
Fristenlaufs indessen nicht entgegen. Das Gesetz sieht für den Fall
einer Klage im Anschluss an einen Rechtsvorschlag vielmehr selbst vor,
dass die Dauer des gerichtlichen Verfahrens nicht in Berechnung fällt
(Art. 154 Abs. 1 zweiter Satz SchKG). Es gibt keinen Grund, diese Regelung
nicht auch auf den Fall des Konkursverfahrens anzuwenden. Weshalb einem
betreibenden Pfandgläubiger, der das Verwertungsbegehren nicht noch vor
Eröffnung des Konkurses eingereicht hat oder hat einreichen können, die
erwähnte Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht generell zugute kommen
sollte, ist nicht einzusehen. Die Annahme, die Dauer des Konkursverfahrens
könne auf die Fristen des Art. 154 SchKG nicht zugeschlagen werden,
würde einmal insofern zu einer ungleichen Behandlung der betreibenden
Pfandgläubiger führen, als die Dauer eines Konkursverfahrens sehr stark
variieren kann. Sodann wäre ein Grundpfandgläubiger angesichts der für ihn
längeren Maximalfrist gegenüber einem Faustpfandgläubiger von vornherein
im Vorteil, ohne dass hiefür ein sachlicher Grund bestünde. Mit der
Bank A. ist schliesslich festzuhalten, dass im Falle der Betreibung auf
Grundpfandverwertung ein endgültiges Erlöschen der Betreibung die durch
nichts gerechtfertigte Konsequenz hätte, dass Gelder, die auf Grund einer
Miet- oder Pachtzinssperre beim Betreibungsamt eingegangen sind, nicht
dem Betreibungsgläubiger zukämen, sondern dem Schuldner auszuzahlen wären.

    Die Rekurrentin wendet ein, das Konkursverfahren könne für den
Schuldner neue Gesichtspunkte bezüglich seiner Zahlungspflicht gebracht
haben, die ihm die Bestreitung der Schuld nachträglich als angezeigt
erscheinen liessen. Indessen vermag ein derartiges Interesse dasjenige
des Betreibungsgläubigers an der Fortsetzung der Betreibung nicht
aufzuwiegen. Für solche Fälle stehen dem Schuldner die Rechtsbehelfe der
Art. 85 und 86 SchKG zur Verfügung.

Entscheid:

    Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.