Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 IB 321



105 Ib 321

50. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
30. November 1979 i.S. Kosfeld gegen Regierungsrat des Kantons Bern
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland; Bewilligungspflicht
(Art. 2 lit. e BewB).

    Die Verbindung eines Darlehensvertrages mit einem Mietvertrag für
die gleiche Liegenschaft begründet in der Regel die Bewilligungspflicht.

Sachverhalt

    A.- Am 21. November 1975 erwarb Andreas Ringgenberg eine unüberbaute
Landparzelle in Grindelwald mit der Absicht, darauf ein Mehrfamilienhaus
(im wesentlichen zwei Wohnungen und Studios) erstellen zu lassen. Am
12. März 1976 erteilte die Schweiz. Nationalbank Andreas Ringgenberg
die Bewilligung zu einer Kreditaufnahme im Ausland von Fr. 300'000.-
(schliesslich erhöht auf Fr. 450'000.-) bei Ferdinand Kosfeld, BRD. Mit
Vertrag vom 15. September 1977 gewährten Ferdinand und Annelise Kosfeld
Andreas Ringgenberg ein Darlehen von Fr. 450'000.- auf die Dauer von fünf
Jahren. Unterbleibt eine Kündigung, bleibt der Vertrag jeweils fest für
die Dauer von drei weiteren Jahren bestehen. Der Zinsfuss beträgt 6,5%,
was einen Darlehenszins von Fr. 29'250.- ausmacht. Zur Sicherstellung
des Darlehens verpfändete Ringgenberg Eigentümerschuldriefe im Nachgang
zu bereits verpfändeten Fr. 430'000.-. Unter dem nämlichen Datum vom
15. September 1977 schlossen die gleichen Parteien einen Mietvertrag über
eine der beiden grösseren Wohnungen des Hauses ab. Der Mietvertrag wurde
fest auf 10 Jahre abgeschlossen. Wird er nicht gekündigt, so verlängert
er sich jeweils um weitere 5 Jahre. Beim Tode des Vermieters gehen die
Rechte und Pflichten ohne weiteres auf die Erben über; eine Kündigung
ist ausgeschlossen. Stirbt einer der Mieter, ist die Kündigung ebenfalls
ausgeschlossen; sind beide Mieter verstorben, dann bleibt die Kündigung
nach Art. 270 OR vorbehalten. Einrichtungsgegenstände im Betrage
von Fr. 50'000.-, die mit der vermieteten Wohnung fest verbunden sind,
fallen ins Eigentum des Vermieters. Der Mietzins wird auf einen Betrag von
Fr. 30'450.- pro Jahr festgesetzt. Hinzu kommen abschliessend umschriebene
Nebenkosten. Der Mietvertrag ist zudem im Grundbuch einzutragen.

    Mit Verfügung vom 27. Januar 1978 stellte der Regierungsstatthalter
von Interlaken fest, dass der Mietvertrag und der Darlehensvertrag
nicht der Bewilligungspflicht unterliegen. Gegen die Verfügung des
Regierungsstatthalters führte die Eidg. Justizabteilung am 14. März 1978
beim Regierungsrat des Kantons Bern Beschwerde, welche gutgeheissen
wurde. Der Regierungsrat stellte fest, dass die beiden Verträge der
Bewilligungspflicht unterliegen. Gegen diesen Entscheid richtet sich die
vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht weist sie
ab aus den folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Der Bundesbeschluss über den Erwerb von Grundstücken durch
Personen im Ausland (BewB; SR 211.412.41) unterstellt den Erwerb von
Grundstücken in der Schweiz durch Personen mit Wohnsitz im Ausland der
Bewilligung durch die zuständige kantonale Behörde (Art. 1). Gemäss Art. 2
ist dem Erwerb von Grundstücken gleichgestellt der Erwerb von:

    "a) Baurechten, Nutzniessungsrechten an Grundstücken oder Wohnrechten;

    e) anderen Rechten, soweit sich damit nach Inhalt oder Umfang ähnliche
   wirtschaftlicher Zwecke wie mit einem Erwerb von Eigentum oder von
   Rechten an Grundstücken im Sinne der Buchstaben a-d erreichen lassen,
   insbesondere aus Treuhandgeschäften, Miet- oder Pachtverträgen,
   Kreditgeschäften."

    Art. 2 lit. e hat den Zweck, eine Umgehung der in den vorhergehenden
Bestimmungen vorgesehenen Bewilligungspflicht zu verhindern (Botschaft
des Bundesrates, BBl 1972 II 1254; Sten. Bull. SR 1973, S. 15). Dies
bedingt eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, mit der alle, auch
bloss obligatorische, Geschäfte erfasst werden sollen, die sich in ihrer
Wirkung dem Erwerb von dinglichen Rechten nähern. Solche Rechtsgeschäfte
beurteilen sich demzufolge nicht allein unter dem Gesichtswinkel
der üblichen juristischen, sondern auch unter einer wirtschaftlichen
Betrachtungsweise. Entsprechend ist auch eine Mehrzahl von Rechtsgeschäften
als Gesamtes zu betrachten und auf die wirtschaftliche Verknüpfung zu
überprüfen. Dabei kommt es nicht auf den subjektiven Willen der Parteien
an, sondern auf den objektiven Sachverhalt, was bedeutet, dass zur Annahme
der Bewilligungspflicht keine Absicht der Gesetzesumgehung nachgewiesen
werden muss (Sten. Bull. NR 1972, S. 2218 ff.; BGE 104 Ib 144 E. 1a).
Massgebend ist nur, was sich mit den von den Parteien eingegangenen
Rechtsbeziehungen wirtschaftlich erreichen lässt, unabhängig davon,
ob ihnen dabei bewusst war, dass sie damit die Zielsetzung des BewB
unterwanderten, oder dass man ihnen gar einen Vorwurf widerrechtlichen
Handelns im Sinne von Art. 23 ff. BewB machen könnte.

    b) Im vorliegenden Fall ist die Frage, ob eine Bewilligungspflicht
besteht, nicht nur von formaler Bedeutung; denn eine Bewilligung könnte
kaum erteilt werden, da die Gemeinde Grindelwald der Bewilligungssperre
im Sinne von Art. 7 Abs. 2 BewB unterliegt (Art. 2 Abs. 5 sowie Anhang
2 der VO über den Erwerb von Grundstücken in Fremdenverkehrsorten durch
Personen im Ausland vom 10. November 1976, SR 211.412.413). Diese Frage
hat das Bundesgericht indessen nicht zu entscheiden, sondern es hat
ausschliesslich zu prüfen, ob eine Bewilligungspflicht besteht.

Erwägung 2

    2.- a) Im vorliegenden Fall haben sich die Beschwerdeführer bei
einer Bausumme von Fr. 900'000.- mit Fr. 450'000.- an der Finanzierung
des Hauses beteiligt und in diesem Umfang Darlehen gewährt. Auf der andern
Seite haben sie gestützt auf einen Mietvertrag das Recht erworben, eine der
beiden grösseren Wohnungen des Hauses ausschliesslich zu bewohnen. Gemäss
Art. 2 lit. e BewB können sowohl der Abschluss eines Mietvertrages
als auch der Abschluss eines Darlehensvertrages die Bewilligungspflicht
begründen. Eine Umgehung des Bewilligungsbeschlusses liegt besonders nahe,
wenn ein Darlehensgeschäft mit einem Mietvertrag verbunden wird. Mietet
eine Person mit Wohnsitz im Ausland ein Haus, dessen Erwerb oder Bau sie
finanziert hat, so gibt sie - wirtschaftlich betrachtet - eine Geldsumme
hin für den Erwerb oder Bau eines Hauses und erwirbt gleichzeitig das
Recht, dieses Haus ausschliesslich zu bewohnen. Damit erreicht sie in
der Regel einen ähnlichen wirtschaftlichen Zweck wie mit dem Erwerb des
Hauses oder zumindest eines Wohnrechts, so dass bei der Verbindung eines
Darlehensvertrages mit einem Mietvertrag stets ein Geschäft vermutet
werden kann, welches der Bewilligungspflicht unterliegt. Diese Vermutung
rechtfertigt sich nicht nur, wenn ein Ausländer ein ganzes Haus finanziert
und mietet, sondern auch dann, wenn er sich lediglich an der Finanzierung
beteiligt und daher bloss das Recht erwirbt, einen Teil des Hauses zu
bewohnen.

    b) Im zu beurteilenden Verfahren besteht kein Grund zur Annahme,
dass sich mit der Verbindung des Darlehensvertrages mit dem Mietvertrag
ausnahmsweise nicht ähnliche Zwecke erreichen lassen, wie mit einem
Erwerb von Eigentum oder von andern dinglichen Rechten wie dem Wohnrecht
oder der Nutzniessung. Gegenteils weisen zahlreiche besondere Umstände
deutlich darauf hin, dass mit den beiden Verträgen solche Zwecke erreicht
werden. Beim Mietvertrag fallen die ungewöhnlich lange feste Vertragsdauer
von zehn Jahren auf, verbunden mit der Kündigungsfrist von zwölf Monaten
sowie der automatischen Vertragsverlängerung um fünf Jahre bei Ausbleiben
der Kündigung. Hinzu kommt die Stärkung der Stellung der Mieter im
Falle des Verkaufs der Liegenschaft durch Vormerkung des Mietvertrags im
Grundbuch und im Falle des Todes eines der Mieter durch Ausschluss des
Kündigungsrechts gemäss Art. 270 OR. Schon in dieser ausserordentlichen
Dauerhaftigkeit zeigt sich eine gewisse Verwandtschaft mit einem
(dinglichen) Wohnrecht. Beim Kreditgeschäft fällt insbesondere auf, dass
ein Bauherr kaum für eine Bausumme von Fr. 900'000.- (bei einem amtlichen
Schätzungswert von Fr. 560'000.-) neben einer I. Hypothek von Fr. 430'000.-
weitere Fr. 450'000.- zu güngstigen Bedingungen hätte aufnehmen können,
auch wenn damals der inländische Kapitalmarkt schon flüssig war. Bei
den geringen Eigenmitteln hätte es nahegelegen, diese durch Zuzug von
Miteigentümern zu erweitern, indem ein Stockwerkeigentumsanteil verkauft
worden wäre. Da eine derartige Finanzierung offenbar damals nur oder doch
am interessantesten durch einen ausländischen Geldgeber möglich war, lag
es nahe, ein Geschäft zu konstruieren, das den nämlichen Zweck erfüllte,
aber nicht unter die Bewilligungspflicht fallen sollte. Im weiteren ist
ein Vergleich des Darlehenszinses mit dem Mietzins von Interesse. Zwar
deckt sich der jährliche Darlehenszins (Fr. 29'500.-) nicht mehr genau mit
dem jährlichen Mietzins (Fr. 30'450.-). Bei den ersten Vertragsentwürfen
war dies noch der Fall. Die beiden Zinse betrugen bei einer Darlehenssumme
von Fr. 350'000.- je Fr. 22'750.-. Erstaunlich ist, dass im Zeitpunkt, als
das Darlehen um Fr. 100'000.- auf Fr. 450'000.- erhöht wurde, der Mietzins
gemeinsam mit dem Darlehenszins angehoben wurde, obwohl das Mietobjekt im
wesentlichen dasselbe blieb. Hier zeigt sich deutlich, dass der Mietzins
eher der Höhe des Darlehens als dem Mietwert entspricht. Somit wird
den Beschwerdeführern praktisch als Entgelt für den Kredit ein dauerndes
Nutzungsrecht an einem Teil der Liegenschaft eingeräumt. Dabei spielt keine
Rolle, dass die beiden Rechtsgeschäfte eine verschieden lange Vertragsdauer
und eine unterschiedliche Dauer für ihre Verlängerung vorsehen, und dass
sich das Kreditgeschäft formal auf die Liegenschaft als Ganzes bezieht,
die Miete aber bloss auf einen Teil derselben. Diese Regelung schliesst
nicht aus, dass die Verträge für sich allein nicht abgeschlossen worden
wären. Unter Umständen kann die verschieden lange Vertragsdauer sogar eine
Erschwerung der Auflösung bedeuten, da nach der Interessenlage am ehesten
eine Auflösung des zusammenhängenden Ganzen in Frage kommt und nicht eine
Kündigung bloss des einen Vertragsverhältnisses. Erst die Überzeugung
von der Dauerhaftigkeit ihres Rechtes konnte die Beschwerdeführer wohl
veranlassen, für eingebautes Mobiliar, welches in das Eigentum des
Vertragspartners überging, zusätzlich Fr. 50'000.- zu investieren. Das
hätten sie kaum getan, wenn sie nicht davon hätten ausgehen können,
dass ihnen das obligatorische Verhältnis in seiner Ausgestaltung
eine aussergewöhnlich starke Stellung verschaffte, welche sich dem
Eigentum oder dem dinglichen Wohnrecht annäherte, und es ist anzunehmen,
dass sie anstelle der komplizierten Kopplung von zwei obligatorischen
Rechtsgeschäften ein dingliches Recht erworben hätten, wenn dies wegen
der Lage von Grindelwald im Sperrgebiet nicht ausgeschlossen gewesen
wäre. Aus diesen Gründen hat die Vorinstanz nicht Bundesrecht verletzt,
wenn sie für den Darlehensvertrag und den Mietvertrag im vorliegenden
Fall die Bewilligungspflicht bejahte.

    Bei dieser Sachlage braucht nicht entschieden zu werden, ob die
Verträge je einzeln der Bewilligungspflicht unterstünden, sondern es
genügt die Feststellung, dass sich jedenfalls mit der Verbindung von
Darlehensvertrag und Mietvertrag im vorliegenden Fall ähnliche Zwecke
erreichen lassen wie mit dem Erwerb von Eigentum oder von Rechten an
Grundstücken im Sinne von Art. 2 lit. a BewB, sodass beide Verträge der
Bewilligung durch die zuständige kantonale Behörde unterstellt sind.