Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 IB 225



105 Ib 225

36. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. November
1979 i.S. Spada gegen Appellationsgericht (als Verwaltungsgericht)
des Kantons Basel-Stadt (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Erwerb des Schweizer Bürgerrechts (Art. 5 Abs. 1 lit. a und Art. 57
Abs. 6 BüG).

    Die Eltern müssen zur Zeit der Geburt des Kindes den zivilrechtlichen
(nicht den bürgerrechtlichen) Wohnsitz in der Schweiz haben.

Sachverhalt

    A.- Katharina Elisabeth Pfister, heimatberechtigt in Basel und Uetikon
(ZH), wurde am 31. Januar 1948 geboren. Am 4. April 1972 heiratete sie
in Basel den am 17. August 1945 geborenen italienischen Staatsangehörigen
Venanzio Narcisio Francesco Spada. Sie erklärte, das Schweizer Bürgerrecht
beibehalten zu wollen. Am 16. Juni 1973 brachte Katharina Elisabeth Spada
in Basel die Tochter Anna Pascale zur Welt.

    Das Ehepaar Spada wohnt in Basel. Vom 30. November 1972 bis 10. März
1974 leistete der Ehemann in Como (Italien) seinen obligatorischen
Militärdienst. In Übereinstimmung mit den fremdenpolizeilichen Vorschriften
(Art. 9 Abs. 1 lit. c ANAG und Art. 10 Abs. 4 ANAV) meldete er ich bei
der Fremdenpolizei für diese Zeitdauer ab und kehrte anschliessend wieder
in die Schweiz zurück.

    Mit Entscheid vom 7. November 1978 lehnte es das Zivilstandsamt
von Basel-Stadt ab, Anna Pascale Spada gemäss Art. 57 Abs. 6 BüG als
Schweizerbürgerin anzuerkennen. Die beim Regierungsrat und anschliessend
beim Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht
eingereichten Beschwerden blieben ohne Erfolg.

    Das Bundesgericht heisst die gegen das Urteil des Appellationsgerichts
gerichtete Beschwerde gut aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 57 Abs. 6 BüG kann das noch nicht 22jährige Kind eines
ausländischen Vaters und einer Mutter, die von Abstammung Schweizerbürgerin
ist, bis Ende 1978 (AS 1977, S. 237, 264; die Frist wird verlängert:
AS 1980 I 330/1) die Anerkennung als Schweizerbürger beantragen,
wenn seine Eltern zur Zeit der Geburt ihren "Wohnsitz" ("domicile",
"domiciliati") in der Schweiz hatten. Diese Übergangsbestimmung entspricht
inhaltlich dem am 25. Juni 1976 neu eingeführten Art. 5 Abs. 1 lit. a
BüG, der bestimmt, dass das Kind einer schweizerischen Mutter und ihres
ausländischen Ehemannes von Geburt an das Kantons- und Gemeindebürgerrecht
der Mutter und damit das Schweizer Bürgerrecht erwirbt, wenn die Mutter
von Abstammung Schweizerbürgerin ist und die Eltern zur Zeit der Geburt
in der Schweiz ihren "Wohnsitz" ("domicile", "domiciliati") haben.

    Im vorliegenden Verfahren ist einzig das Wohnsitzerfordernis des
Vaters streitig. Die übrigen Voraussetzungen für die Anerkennung der
Beschwerdeführerin als Schweizerbürgerin sind erfüllt. Das Bundesgericht
überprüft diese Frage mit freier Kognition (Art. 104 lit. a OG); an die
Begründung der Begehren ist es nicht gebunden (Art. 114 Abs. 1 OG).

Erwägung 2

    2.- In BGE 105 Ib 63 f. hat das Bundesgericht erkannt, dass nach dem
Gesetz sowohl die Mutter als auch der Vater zur Zeit der Geburt ihren
Wohnsitz in der Schweiz haben müssen. Es hat damit die in der Lehre
geäusserte Meinung verworfen, wonach das Wohnsitzerfordernis nur für
die Mutter gelte (vgl. HEGNAUER, Wann haben Eltern zur Zeit der Geburt
des Kindes ihren Wohnsitz in der Schweiz? in ZBl 1978, S. 490). Diese
Rechtsprechung wurde bisher nicht der Kritik unterzogen; das Bundesgericht
hat keine Veranlassung, darauf zurückzukommen. In diesem Entscheid (105 Ib
65 E. 3) liess das Bundesgericht die weitere Frage offen, welche Bedeutung
dem Wohnsitzerfordernis gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a und Art. 57 Abs. 6
BüG zukomme. Sowohl die kantonalen Behörden als auch (grundsätzlich)
die Beschwerdeführerin gehen von der Annahme aus, dass Art. 36 BüG den
Begriff des Wohnsitzes auch für Art. 5 Abs. 1 lit. a und Art. 57 Abs. 6
BüG verbindlich umschreibe. Diese Frage soll im folgenden geprüft werden.

Erwägung 3

    3.- a) Art. 36 BüG lautet:

    "Wohnsitz der Ausländer (résidence de l'étranger; residenza dello
   straniero).

    1 Als Wohnsitz (résidence; residenza) im Sinne dieses Gesetzes gilt für

    Ausländer Anwesenheit in der Schweiz in Übereinstimmung mit den
   fremdenpolizeilichen Vorschriften.

    2 Kurzfristiger Aufenthalt im Ausland mit der Absicht auf Rückkehr
   unterbricht den Wohnsitz nicht.

    3 Dagegen gilt der Wohnsitz (résidence; residenza) als bei der Abreise
   ins Ausland aufgegeben, wenn der Ausländer sich polizeilich abmeldet
   oder während mehr als 6 Monaten tatsächlich im Ausland weilt."

    Beim Vergleich des Wortlautes von Art. 36 BüG einerseits und Art. 5
Abs. 1 lit. a und Art. 57 Abs. 6 BüG andererseits fällt auf, dass
lediglich der deutsche Text übereinstimmend in allen Bestimmungen vom
"Wohnsitz" spricht, während der französische und der italienische Text in
Art. 36 BüG den Begriff "résidence" bzw. "residenza" und in Art. 5 Abs. 1
lit. a und Art. 57 Abs. 6 BüG den Begriff "domicile" bzw. "domiciliati"
verwenden. Der italienische und französische Wortlaut von Art. 36 BüG
legen die Annahme nahe, dass in dieser Bestimmung nicht der zivilrechtliche
"Wohnsitz" gemäss Art. 23 ZGB gemeint ist. Das ergibt sich auch aus der
in Art. 36 BüG gegebenen Definition, die in erster Linie "Anwesenheit"
("présence"; "presenza") in der Schweiz verlangt. Tatsächlich verwenden
die Bestimmungen, auf welche sich Art. 36 BüG bezieht, auch in der
deutschen Fassung nicht den Begriff des "Wohnsitzes", sondern sie
sprechen lediglich von "wohnen" (Art. 15 Abs. 1, 20 Abs. 1, 22, 23,
27 Abs. 1, 28 Abs. 1 lit. a und 30 Abs. 1 BüG), was dem französischen
"résider" und dem italienischen "risiedere" entspricht. Aus dem Wortlaut
von Art. 36 BüG ergibt sich daher, dass der bürgerrechtliche Wohnsitz
in erster Linie die objektive Seite des zivilrechtlichen Wohnsitzes,
also den tatsächlichen Aufenthalt in der Schweiz erfasst, während eine
Absicht dauernden Verbleibens nicht gefordert wird. Dieser Sinn kommt im
französischen und im italienischen Text deutlicher zum Ausdruck als im
deutschen, so dass jenen der Vorzug zu geben ist. Welches der genaue Sinn
von Art. 36 BüG ist, braucht indessen im vorliegenden Verfahren nicht
abschliessend geprüft zu werden. Von Bedeutung ist lediglich, dass in
Art. 5 Abs. 1 lit. a und Art. 57 Abs. 6 BüG alle drei Texte gleichermassen
den Begriff des "Wohnsitzes" ("domicile"; "domiciliati") verwenden.

    Beim Vergleich der beiden Bestimmungen fällt zudem auf, dass Art. 36
BüG ausschliesslich vom "Wohnsitz der Ausländer" handelt, während Art. 5
Abs. 1 lit. a und Art. 57 Abs. 6 BüG das Wohnsitzerfordernis nicht nur
für den ausländischen Vater, sondern auch für die schweizerische Mutter
aufstellt. Nach dem Wortlaut von Art. 36 BüG könnte die dort enthaltene
Begriffsbestimmung ohnehin nur für den Wohnsitz des Vaters massgebend sein,
während der Wohnsitz der Mutter auf andere Weise bestimmt werden müsste.

    Der Vergleich des Wortlautes dieser Bestimmungen legt daher bereits
die Annahme nahe, dass der Wohnsitz (résidence;, residenza) der Ausländer
gemäss Art. 36 BüG nicht gleichbedeutend ist mit dem Wohnsitz (domicile;
domiciliati) von Ausländern und Schweizern gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a
und Art. 57 Abs. 6 BüG.

    b) Eine systematische Betrachtung des Bürgerrechtsgesetzes ergibt,
dass es unter I. den "Erwerb und Verlust (des Schweizer Bürgerrechts)
von Gesetzes wegen" und unter II. den "Erwerb und Verlust durch
behördlichen Beschluss" regelt. II.A. trägt den Titel: "Erwerb durch
Einbürgerung". Unter diesem Titel werden in den Art. 12 bis 41 die
folgenden Materien behandelt: "a. Ordentliche Einbürgerung" (Art. 12-17),
"b. Wiedereinbürgerung" (Art. 18-25), "c. Erleichterte Einbürgerung"
(Art. 26-31) und "d. Gemeinsame Bestimmungen" (Art. 32-41). Beim Art. 36
BüG handelt es sich demnach um eine gemeinsame Bestimmung des Erwerbs durch
Einbürgerung. Aufgrund ihrer Stellung im Gesetz kann diese Bestimmung daher
lediglich auf die ordentliche Einbürgerung, die Wiedereinbürgerung und
die erleichterte Einbürgerung Anwendung finden, nicht aber auf den Erwerb
und Verlust des Bürgerrechts von Gesetzes wegen (so auch OSWALD/STEINER,
Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts, Zürich
1953, S. 35; BURGER, Die erleichterte Einbürgerung, Diss. Bern 1971,
S. 60). Anders verhielte es sich, wenn sich diese Bestimmung am Anfang
oder an Schluss des Gesetzes unter dem Titel "Gemeinsame Bestimmungen"
befinden würde.

    Eine andere Frage ist, ob der Gesetzgeber mit der in Art. 36
BüG verwendeten Formulierung "als Wohnsitz im Sinne dieses Gesetzes
gilt..." die Bedeutung der Bestimmung weiter fassen wollte, als es deren
Stellung im Gesetz nahelegen würde; diese Frage kann indessen nicht mit
der systematischen Auslegungsmethode beantwortet werden.

    c) Auch die Entstehungsgeschichte der Vorschriften deutet darauf hin,
dass zur Bestimmung des Wohnsitzes gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. a und Art. 57
Abs. 6 BüG nicht Art. 36 BüG massgebend ist.

    Art. 36 BüG wurde im Jahre 1952 erlassen und seither nicht
mehr geändert. In seiner Botschaft vom 9. August 1951 führte der
Bundesrat zu den "Gemeinsamen Bestimmungen" aus, diese würden die
ordentliche Einbürgerung, die Wiedereinbürgerung und die erleichterte
Einbürgerung betreffen (BBl 1959 II 701). Bereits daraus ist zu
schliessen, dass die "Gemeinsamen Bestimmungen" auf den Erwerb des
Bürgerrechts von Gesetzes wegen keine Anwendung finden. Der Bundesrat
begründete seinen Vorschlag zu Art. 36 (damals Art. 34) BüG wie folgt:
"Alle Bewerber um das Bürgerrecht sind Ausländer, unterstehen also der
Fremdenpolizeigesetzgebung. Deshalb stellt Art. 34 für die Bestimmung
des Wohnsitzes auf die fremdenpolizeilichen Vorschriften ab. Das bringt
Klarheit ohne neuen "Wohnsitzbegriff" (BBl 1951 II 702).

    Im Gegensatz zu Art. 36 BüG wurden die Art. 5 Abs. 1 lit. a und 57
Abs. 6 BüG erst im Jahre 1976 erlassen. Wie das Bundesgericht in BGE 105
Ib 55 E. 3d ausgeführt hat, stützt sich Art. 5 Abs. 1 lit. a und ebenso
die Übergangsbestimmung in Art. 57 Abs. 6 BüG auf die in Art. 44 Abs. 3
BV enthaltene Gesetzgebungskompentenz, welche der Gesetzgeber so weit
als möglich ausschöpfen wollte. Es ist daher anzunehmen, dass der neu
erlassenen Gesetzesbestimmung die gleiche Bedeutung zukommt wie der ihr
zugrunde liegenden Verfassungsbestimmung. Der im Jahre 1928 erlassene
Art. 44 Abs. 3 BV lautet:

    "(Die Bundesgesetzgebung) kann bestimmen, dass das Kind ausländischer

    Eltern von Geburt an Schweizerbürger ist, wenn seine Mutter
   von Abstammung Schweizerbürgerin war und die Eltern zur Zeit der
   Geburt in der Schweiz ihren Wohnsitz haben. Die Einbürgerung erfolgt
   in der früheren

    Heimatgemeinde der Mutter."

    Die Entstehungsgeschichte von Art. 44 Abs. 3 BV (vgl. dazu VON
SALIS/BURCKHARDT, Schweizerisches Bundesrecht I, Nr. 326) weist darauf hin,
dass der Begriff des "Wohnsitzes" ("domicile"; "domicilio") absichtlich dem
Begriff des "Aufenthaltes" ("résidence"; "residenza") vorgezogen wurde. In
seiner Botschaft von 1920 schlug der Bundesrat vor, Art. 44 BV in der Weise
zu ändern, dass das Kind ausländischer Eltern, die in der Schweiz wohnen,
kraft Gebietshoheit Schweizerbürger wird, wenn seine Mutter von Geburt
Schweizerin war, oder wenn der Vater oder die Mutter in der Schweiz geboren
ist. Das Kind sollte nach diesem Vorschlag von Geburt an das Bürgerrecht
der Gemeinde erwerben, in der die Eltern zur Zeit seiner Geburt ihren
Wohnsitz haben (BBl 1920 V 1 f.). In einer auf Wunsch des Ständerates
erarbeiteten Ergänzungsbotschaft von 1922 änderte der Bundesrat seinen
Vorschlag in zwei Punkten: Er ersetzte das Wohnsitzerfordernis der Eltern
in der Schweiz zur Zeit der Geburt des Kindes durch das Erfordernis der
Geburt des Kindes in der Schweiz und sah für das eingebürgerte Kind nicht
mehr das Bürgerrecht der Wohnsitzgemeinde der Eltern vor, sondern das
Bürgerrecht der Gemeinde, wo die Mutter durch Abstammung heimatberechtigt
war (BBl 1922 III 661). Zur Begründung dieser Änderungen führte der
Bundesrat unter anderem aus, die Frage des Domizils sei nicht in allen
Fällen derartig liquid und abgeklärt, um eine so wichtige Rechtsfolge
wie die Staatsangehörigkeit daran zu knüpfen; müssten solche Fragen
später geprüft werden, so fehlten dafür sehr leicht wichtige und sichere
Belege. Stelle man dagegen auf den Geburtsort ab, so handle es sich um eine
Tatsache, über welche die Zivilstandsregister formgültig Aufschluss geben
(BBl 1922 III 672). Im Jahre 1923 entschied sich die Ständeratskommission
gemäss dem bundesrätlichen Vorschlag für den Geburtsort Schweiz und gegen
das Wohnsitzerfordernis der Eltern in der Schweiz. Auch der Nationalrat
zog im Jahre 1925 das Erfordernis des schweizerischen Geburtsortes
demjenigen des Wohnsitzes der Eltern vor. In einem der verschiedenen
Gegenanträge im Nationalrat wurde auch vorgeschlagen, das Schweizer
Bürgerrecht an die zehnjährige ununterbrochene Niederlassung beider Eltern
im Zeitpunkt der Geburt des Kindes zu knüpfen. Dieser Antrag wurde indessen
abgelehnt. Der Ständerat genehmigte im Herbst 1925 eine Fassung, welche
neben dem Geburtsort des Kindes in der Schweiz zusätzlich verlangte,
dass die Eltern zur Zeit der Geburt in der Schweiz niedergelassen
sind. Nachdem diese Fassung auch vom Nationalrat genehmigt war, kehrte
der Ständerat im Herbst 1926 auf eine Fassung zurück, welche vorsah, dass
die Eltern zur Zeit der Geburt des Kindes in der Schweiz ihren Wohnsitz
haben müssen. Der Nationalrat schloss sich dieser Formulierung an. Der
Berichterstatter im Ständerat führte zu dieser letzten Änderung aus,
man habe auf das Erfordernis des Geburtsortes in der Schweiz verzichtet
und durch dasjenige des Wohnsitzes der Eltern in der Schweiz ersetzt,
um auch denjenigen Kindern das Schweizer Bürgerrecht geben zu können,
deren Eltern die Schweiz lediglich im Hinblick auf die Geburt des Kindes
verliessen, ihren Wohnsitz aber nicht aufgaben. Er bezog sich dabei auf den
Bericht des Bundesrates vom 9. November 1920. Dieser Vorschlag wurde ohne
Diskussion genehmigt (Sten. Bull. SR 1926, S. 285). Der Berichterstatter
im Nationalrat bezog sich seinerseits auf den Ergänzungsbericht des
Bundesrates von 1922 (BBl 1922 III 672) und wies darauf hin, dass man
seinerzeit das Wohnsitzerfordernis der Eltern zugunsten des Erfordernisses
der Geburt des Kindes in der Schweiz aufgegeben habe, weil der Wohnsitz
nicht immer leicht zu bestimmen sei. Dennoch beantragte er, dem Vorschlag
des Ständerates zu folgen. Der französischsprachige Berichterstatter
unterstrich, dass das Wohnsitzerfordernis der Eltern besser dem Zweck
der Revision entspreche, "c'est-à-dire la réalisation de la qualité de
citoyen suisse au moyen de la naissance de parents étrangers domiciliés
en Suisse". Dieser Vorschlag wurde angenommen (Sten. Bull. NR 1926,
S. 798 f.).

    Aus der Entstehungsgeschichte von Art. 44 Abs. 3 BV ist daher zu
entnehmen, dass man das Erfordernis des "Wohnsitzes" in der Schweiz
demjenigen der "Niederlassung" und auch demjenigen des Geburtsortes in
der Schweiz vorzog und dass man sich der Schwierigkeiten bewusst war,
welche dieses Kriterium in einzelnen Fällen bereiten kann.

    d) Art. 5 Abs. 1 lit. a und Art. 57 Abs. 6 BüG und auch der diesen
Bestimmungen zugrunde liegende Art. 44 Abs. 3 BV wollen dem Kind eines
ausländischen Vaters und einer Schweizerin von Abstammung nur dann von
Gesetzes wegen das Schweizer Bürgerrecht geben, wenn dessen Bindung
zur Schweiz offensichtlich andere Bindungen überwiegt, was nach diesen
Bestimmungen dann der Fall ist, wenn beide Eltern im Zeitpunkt der Geburt
ihren Wohnsitz in der Schweiz haben (BGE 105 Ib 66). Es handelt sich bei
diesem Bürgerrechtserwerb um eine Verbindung des Erwerbes "iure sanguinis",
indem die Mutter von Abstammung Schweizerin sein muss und "iure soli",
indem beide Eltern in der Schweiz ihren Wohnsitz haben müssen. Dass die
Bindung der Eltern - und damit wohl auch des Kindes - zur Schweiz eng ist,
erscheint nur dann als gewährleistet, wenn sich die Eltern nicht nur in der
Schweiz aufhalten (objektives Element), sondern zusätzlich auch die Absicht
haben, dauernd in der Schweiz zu bleiben (subjektives Element). Würde die
Absicht dauernden Verbleibens nicht verlangt, könnte dies zur Folge haben,
dass ein Kind, dessen Mutter von Abstammung Schweizerin ist, schon dann
das Schweizer Bürgerrecht erhielte, wenn die Eltern lediglich im Hinblick
auf die Geburt des Kindes für kurze Zeit in die Schweiz einreisen und
diese nach der Geburt wieder verlassen würden. Auf der andern Seite
könnte das Kind einer Mutter, welche von Abstammung Schweizerin ist,
das Bürgerrecht nicht erwerben, wenn einer der Elternteile im Zeitpunkt
der Geburt im Sinne von Art. 36 BüG landesabwesend wäre, obwohl beide
Eltern ihren zivilrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz haben. Diese Folgen
entsprechen Sinn und Zweck dieser Bestimmung nicht.

    e) Sowohl der Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 lit. a und Art. 57 Abs. 6
BüG als auch der Vergleich mit andern Bestimmungen, die Systematik des
Gesetzes, die Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck der Bestimmungen
weisen also darauf hin, dass der Wohnsitzbegriff grundsätzlich
zivilrechtskonform anzuwenden ist (vgl. dazu IMBODEN/RHINOW, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung I, S. 159). Es finden daher die Art. 23 f. ZGB
Anwendung. Das bedeutet, dass sich die Eltern zur Zeit der Geburt nicht nur
in der Schweiz aufhalten, sondern auch beabsichtigen müssen, dauernd in der
Schweiz zu verbleiben. Auf der andern Seite bleibt der einmal begründete
Wohnsitz bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes bestehen (Art. 24 ZGB) und
er geht z.B. bei einem Aufenthalt an einem Orte zum Zwecke des Besuches
einer Lehranstalt nicht verloren (Art. 26 ZGB). Freilich ist nicht zu
übersehen, dass es sich beim Vater des Kindes stets um einen Ausländer
handelt, der den fremdenpolizeilichen Bestimmungen unterworfen ist,
und es ist anzunehmen, dass ein Ausländer, der sich in Übereinstimmung
mit den fremdenpolizeilichen Vorschriften in der Schweiz aufhält und
daher den bürgerrechtlichen Wohnsitz gemäss Art. 36 BüG begründet hat,
auch den zivilrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz besitzt. Das ändert
indessen nichts am Grundsatz, dass dann, wenn der bürgerrechtliche und
der zivilrechtliche Wohnsitz auseinanderfallen, dem zivilrechtlichen
Wohnsitz die entscheidende Bedeutung zukommt.

Erwägung 4

    4.- Im vorliegenden Fall hat der Vater der Beschwerdeführerin,
der seit Jahren in der Schweiz wohnt und hier auch verheiratet ist,
die Schweiz lediglich zur Leistung des obligatorischen Militärdienstes
verlassen; er konnte sich dem eineinhalbjährigen Aufenthalt in Italien
nicht entziehen und meldete sich auch bei der Fremdenpolizei lediglich ab,
um seinen gesetzlichen Pflichten nachzukommen. Stets hatte er die Absicht,
nach dem Militärdienst in die Schweiz zurückzukehren. Tatsächlich reiste
er unmittelbar nach Vollendung des Dienstes zu seiner Frau und seinem
Kind zurück.

    Da der Vater der Beschwerdeführerin seinen Wohnsitz demnach in der
Schweiz begründete (Art. 23 ZGB) und während seines Italienaufenthaltes
zur Leistung des obligatorischen Militärdienstes nicht aufgab (Art. 24
ZGB), ist das Wohnsitzerfordernis des Vaters im Zeitpunkt der Geburt des
Kindes erfüllt. Die Beschwerdeführerin muss daher als Schweizerbürgerin
anerkannt werden.