Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 IA 368



105 Ia 368

65. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5.
Oktober 1979 i.S. Reichmuth und Mitbeteiligte gegen Oberallmeindkorporation
Schwyz sowie Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 85 lit. a OG: Eine Abstimmung der Genossen in der
Oberallmeindkorporation Schwyz kann mit Stimmrechtsbeschwerde angefochten
werden.

Sachverhalt

    A.- An der Oberallmeindgemeinde der Oberallmeindkorporation Schwyz vom
22. Oktober 1978 auf dem Landsgemeindeplatz in Ibach wurde die Vereinbarung
zwischen dem Eidg. Militärdepartement und der Oberallmeindkorporation über
den Kauf und Tausch von insgesamt 1,75 Millionen m2 Land zur Schaffung
eines Waffenplatzes nach zwei Abstimmungen mit offenem Handmehr, welche zu
keinem sicheren Mehr führten, anlässlich der Auszählung knapp mit einer
Mehrheit von 1150 gegen 1115 Stimmen genehmigt. Die Beschwerdeführer
beanstandeten bereits vor dem Regierungsrat und anschliessend beim
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, die Stimmbürger seien durch den
"Bericht und Antrag" des Verwaltungsrates der Oberallmeindkorporation sowie
durch die Art der Verhandlungsleitung anlässlich der Oberallmeindgemeinde
in unerlaubter Weise beeinflusst worden. Gegen den Entscheid des
Verwaltungsgerichts richtet sich die vorliegende auf Art. 85 lit. a OG
gestützte staatsrechtliche Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 85 lit. a OG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden
betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und betreffend
kantonale Wahlen und Abstimmungen. "Kantonal" im Sinne dieser Vorschrift
sind nicht nur Wahlen und Abstimmungen in den Kantonen, Bezirken und
Gemeinden (BGE 102 Ia 266; 76 I 51; 75 I 234; 41 I 396) sowie in den
öffentlichrechtlichen Körperschaften des kantonalen Rechts, sondern ganz
allgemein in Körperschaften, auf deren Wahlen und Abstimmungen öffentliches
Recht anwendbar ist (Urteil vom 28. September 1949 i.S. Auf der Maur). Die
Bestimmung bezieht sich aber nur auf solche "Wahlen und Abstimmungen", an
denen einzig die stimmberechtigten Bürger teilnehmen dürfen ("Volks"-wahlen
und -abstimmungen), denn die bundesrechtliche Gewährleistung soll die
"politische Stimmberechtigung der Bürger" schützen (BGE 80 I 227; 76
I 51). Das Bundesgericht hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die
Stimmrechtsbeschwerde zugelassen gegen Wahlen und Abstimmungen der Walliser
Bürgergemeinden (Urteil vom 31. März 1949 i.S. Richon), der zugerischen
Korporationsgemeinden (Urteil vom 27. März 1953 i.S. Nussbaumer)
und der katholischen Kirchgemeinden des Kantons Thurgau (Urteil vom
16. Juli 1948 i.S. Herzog), nicht aber gegen Wahlen und Abstimmungen
der öffentlichrechtlichen Meliorationskorporationen des Kantons Thurgau
(BGE 80 I 228). Der Staatsgerichtshof hatte sich zudem bereits mit einer
Beschwerde gegen Wahlen in der Oberallmeindkorporation Schwyz zu befassen
und sie als Stimmrechtsbeschwerde zugelassen (Urteil vom 28. September
1949 i.S. Auf der Maur). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten.

    Die Rechtsnatur der Schwyzer Allmeindgenossenschaften war früher
umstritten. Im Verfahren, das zum zitierten Urteil vom 28. September 1949
i.S. Auf der Maur führte, hatte der Regierungsrat noch angenommen, die OAK
sei eine privatrechtliche Körperschaft "mit etwelchem öffentlichrechtlichem
Einschlag". Wie das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid zu
Recht ausführt, hat sich in neuerer Zeit die klare Praxis herausgebildet,
dass solche Korporationen öffentlichrechtlicher Natur sind. Das gilt
insbesondere für die Oberallmeindkorporation Schwyz. Dabei stand immer
fest, dass die von solchen Genossenschaften durchgeführten Wahlen
und Abstimmungen dem öffentlichen Recht unterstehen. Im weiteren ist
bei Wahlen und Abstimmungen der Oberallmeindkorporation Schwyz das
politische Stimmrecht der Bürger betroffen; das geht auch aus dem Umstand
hervor, dass gemäss § 10 der Verordnung der Oberallmeindkorporation
Schwyz vom 21. Oktober 1973 an der Oberallmeindgemeinde diejenigen
Genossen stimmberechtigt sind, welche in kantonalen Angelegenheiten
stimmfähig sind. Demnach kann die vorliegende Beschwerde, soweit sie
die Ungültigerklärung der Abstimmung vom 22. Oktober 1978 verlangt,
als Stimmrechtsbeschwerde im Sinne von Art. 85 lit. a OG an die Hand
genommen werden.