Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 IA 349



105 Ia 349

63. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 13. Juli 1979 i.S.
Stauffacher gegen Kanton Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Anfechtung der Weisungen der Finanzdirektion an die Steuerbehörden
über die Neueinschätzung der Liegenschaften.

    1. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung
verfassungsmässiger Rechte (E. 2 und 3).

    a) Anfechtung von Verwaltungsverordnungen (Präzisierung der
Rechtsprechung, E. 2a).

    b) Legitimation zur Anfechtung von Verfügungen und Erlassen wegen
Privilegierung Dritter (E. 3).

    2. Zulässigkeit der Stimmrechtsbeschwerde (E. 4).

    Erlasse der Verwaltung, die nach der verfassungsrechtlichen Ordnung
zum vorneherein nicht der Volksabstimmung unterliegen, sind nicht mit
Stimmrechtsbeschwerde anfechtbar. Zulässig ist einzig die staatsrechtliche
Beschwerde wegen Verletzung der Gewaltentrennung. Die Stimmrechtsbeschwerde
kann auch nicht gegen Einzelverfügungen der Verwaltung ergriffen werden,
mit der Begründung, dass die Verfügung im Ergebnis einer Gesetzesänderung
gleichkomme.

Sachverhalt

    A.- Nach dem Gesetz über die direkten Steuern des Kantons Zürich werden
Einkommens- und Vermögenssteuern von natürlichen Personen erhoben. Zu den
steuerbaren Einkünften gehören auch Naturaleinkünfte mit Einschluss der
Eigennutzung von Liegenschaften. Die Vermögenssteuer wird vom Reinvermögen
erhoben, wobei das Vermögen zum Verkehrswert zu bewerten ist.

    Die Finanzdirektion des Kantons Zürich erliess letztmals am 28. Juli
1978 Weisungen über die Einschätzung der Liegenschaften. Die Ziffern 90
und 92 dieser Weisungen lauteten wie folgt:

    90. Falls sich bei Wohn- und Geschäftshäusern sowie bei
Stockwerkeigentum
   eine Erhöhung des Steuerwertes um mehr als 30% ergeben sollte,
   werden die

    Einschätzungsbehörden angewiesen, bei der Einschätzung für die
Steuerjahre

    1979 und 1980 die Erhöhung auf 30% des bisherigen Steuerwertes zu
   begrenzen. Die Anpassung an die gemäss dieser Weisung ermittelten

    Steuerwerte erfolgt bei der Einschätzung 1981.

    92. Falls sich bei der Ermittlung des Mietwertes eines vom Eigentümer
   bewohnten Einfamilienhauses eine Erhöhung von mehr als 30% ergeben
   sollte, werden die Einschätzungsbehörden angewiesen, bei der

    Einschätzung für die Steuerjahre 1979 bis 1982 die Erhöhung auf 30%
   des bisherigen Eigenmietwertes zu begrenzen. Die Anpassung der

    Eigenmietwerte von Einfamilienhäusern erfolgt aufgrund der
dannzumaligen

    Verhältnisse bei der Einschätzung 1983.

    (Fassung gemäss Änderung vom 6. März 1979)

    Daniel Stauffacher erhebt gestützt auf Art. 84 Abs. 1 lit. a und
Art. 85 lit. a OG staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, die
Ziffern 90 und 92 der Weisungen seien aufzuheben. Zur Begründung macht der
Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, die Liegenschaftsschätzungen
hätten den gesetzlichen Vorschriften seit längerer Zeit nicht mehr
entsprochen. Die Anwendung der früheren Weisungen vom 23. September 1970
habe zu weit unter den vergleichbaren Mietzinsen liegenden Eigenmietwerten
und zu weit unter dem Verkehrswert liegenden Steuerwerten geführt. Dadurch
seien einer bestimmten Kategorie von Steuerpflichtigen Privilegien
eingeräumt worden, die Art. 4 BV widersprächen. Die angefochtenen
Vorschriften hielten diese Privilegierung teilweise aufrecht. Mit den
Ziff. 90 und 92 der angefochtenen Weisungen sei tatsächlich und rechtlich
eine Gesetzesänderung vollzogen worden, die mindestens bis 1982 Bestand
haben werde. Das Vorgehen der Finanzdirektion verstosse damit nicht nur
gegen Art. 4 BV, sondern auch gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung
und laufe auf eine Verletzung der politischen Rechte der Bürger hinaus.

    Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Für die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung
verfassungsmässiger Rechte (Art. 84 Abs. 1 lit. a OG) und für die
Beschwerde wegen Verletzung des politischen Stimmrechts (Art. 85 lit. a
OG) gelten unterschiedliche Prozessvoraussetzungen, und zwar namentlich
hinsichtlich der Legitimation des Beschwerdeführers. Im folgenden ist daher
zuerst zu prüfen, ob auf die vorliegende Beschwerde eingetreten werden
könne, soweit eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte (Art. 4 BV,
Art. 19 Abs. 1 KV, Gewaltentrennung) gerügt wird. Anschliessend ist zu
untersuchen, ob die Beschwerde zulässig sei, soweit sie eine Verletzung
des politischen Stimmrechts zum Gegenstand hat. I. Staatsrechtliche
Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss Art. 84 Abs. 1 OG kann sich die staatsrechtliche
Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte gegen
kantonale Verfügungen (Entscheide) sowie gegen kantonale Erlasse
richten. Gestützt auf diese Bestimmung schloss die ältere Rechtsprechung
des Bundesgerichts die Anfechtung von sog. Verwaltungsverordnungen
aus. Das Bundesgericht unterschied in seiner damaligen Praxis
zusammen mit der herkömmlichen Verwaltungsrechtslehre zwischen
Rechtsverordnungen und Verwaltungsverordnungen (häufig auch
Dienstanweisungen, allg. Dienstbefehle, Dienstreglemente, Kreisschreiben,
usw. genannt). Erstere enthalten nach der traditionellen Unterscheidung
Rechtssätze, die die Bürger zu einem bestimmten Tun, Dulden oder
Unterlassen verpflichten, während letztere blosse Regeln für das
verwaltungsinterne Verhalten der mit der Anwendung des objektiven Rechts
betrauten und der Dienstaufsicht des Verordnungsgebers unterstellten
Beamten aufstellen. Die Rechte und Pflichten der Bürger erfahren
durch eine Verwaltungsverordnung nach der herkömmlichen Auffassung
keine Veränderung. Der Verwaltungsverordnung fehlt die zweiseitige
Verbindlichkeit, die Gesetzen und Rechtsverordnungen eigen ist
(vgl. FLEINER, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. A., 1928,
S. 61 ff.; RUCK, Schweizerisches Verwaltungsrecht, 3. A., 1951, Bd. I,
S. 22 f.; mit Einschränkungen auch: FLEINER/GIACOMETTI, Schweizerisches
Bundesstaatsrecht, 1949, S. 772 ff.). Das Bundesgericht entschied daher
in seiner älteren Praxis, dass einzig Rechtsverordnungen "Erlasse" im
Sinne der erwähnten Gesetzesvorschrift seien. Auf Beschwerden, die eine
Verwaltungsverordnung zum Gegenstand hatten, wurde nicht eingetreten,
da sie weder einen "Erlass" noch eine "Verfügung" betrafen (BGE 75 I 214
E. 1 mit Hinweisen).

    Die Verwaltungsrechtslehre hat indes seit jeher erkannt, dass
Verwaltungsverordnungen auf die Rechtsstellung der Bürger zumindest
"zurückwirken" und für diese faktisch von erheblicher Tragweite sein
können. Das gilt namentlich dann, wenn eine Verwaltungsverordnung
nicht bloss das behördliche Handeln in organisatorischer Hinsicht
regelt, sondern zuhanden der Beamten festlegt, wie die Bestimmungen
des objektiven Rechts im Einzelfall auszulegen und anzuwenden
sind (vgl. FLEINER, aaO, S. 63; GIACOMETTI, Allgemeine Lehren des
rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts, 1960, S. 157; vgl. dazu und zu
den verschiedenen Arten von Verwaltungsverordnungen namentlich auch
MANFRINI, Nature et effets juridiques des ordonnances administratives,
Diss. Genf, 1978, S. 3 ff.). Die neuere Rechtsprechung lässt daher die
Anfechtung von Verwaltungsverordnungen zu wenn diese "Aussenwirkungen"
entfalten und die Rechtsstellung der Bürger wenn nicht direkt, so
doch zumindest indirekt umschreiben (BGE 98 Ia 510 E. 1 und seitherige
Entscheide). Das Bundesgericht ist deshalb in jüngster Zeit auf Beschwerden
eingetreten, die gegen Verwaltungsverordnungen gerichtet waren, welche
die Todesfeststellung, Obduktion und Organentnahme in den kantonalen
Krankenanstalten (BGE 98 Ia 508 ff.), die Subventionierung privater
Krankenhäuser (BGE 102 Ia 387 ff.), die Vergebung öffentlicher Arbeiten
(BGE 102 Ia 533 ff.) und die Information der Öffentlichkeit durch Regierung
und Verwaltung (BGE 104 Ia 88 ff.) zum Gegenstand hatten.

    An dieser Praxis ist grundsätzlich festzuhalten, doch bedarf
sie einer Einschränkung und Verdeutlichung. Es ist nämlich nicht
gerechtfertigt, die Anfechtung einer Verwaltungsverordnung unter
der alleinigen Voraussetzung zuzulassen, dass die Dienstanweisung
"Aussenwirkungen" im umschriebenen Sinne entfalte. Wie das Bundesgericht
in BGE 98 Ia 508 ff. zur Begründung seiner neueren Rechtsprechung
ausgeführt hat, ist der Beamte, der Dienstanweisungen zu beachten und
Verwaltungsverordnungen anzuwenden hat, nicht immer gehalten, eine auf
dem Beschwerdeweg anfechtbare Verfügung zu treffen. Die Anwendung einer
Verwaltungsverordnung kann formlos erfolgen, was z.B. dann zutrifft,
wenn die Verordnung das Vorgehen des Spitalpersonals bei der Vornahme von
Obduktionen und Organentnahmen regelt. Verhält es sich so, so bleiben
die verfassungsmässigen Rechte der Bürger im Bereich der erwähnten
Aussenwirkungen in der Tat schutzlos, wenn es den Betroffenen nicht
möglich ist, die einschlägige Verwaltungsverordnung selber anzufechten. In
diesem Falle sowie dann, wenn die Anfechtung von Anwendungsakten zwar
an sich möglich, dieses Vorgehen dem Bürger aber nicht zuzumuten ist,
drängt es sich im Interesse eines wirksamen Grundrechtsschutzes auf,
die unmittelbare Anfechtung der für das Handeln der Behörden massgebenden
Dienstanweisung zuzulassen. Das ist jedoch nicht geboten, wenn in dem durch
die Verwaltungsverordnung geregelten Bereich Verfügungen ergehen, gegen die
sich die Betroffenen ohne Nachteil auf dem üblichen Beschwerdeweg zur Wehr
setzen können. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, dass die
verfassungsmässigen Rechte der Bürger weitgehend schutzlos blieben, wenn
ein Rechtsmittel zur Anfechtung der einschlägigen Verwaltungsverordnung
fehle. Verwaltungsverordnungen sind nur für diejenigen Beamten verbindlich,
die der Dienstaufsicht des Verordnungsgebers unterstellt sind. Beamte
anderer Dienststellen und namentlich die Rechtsmittelbehörden sind an
die Verwaltungsverordnungen nicht gebunden, auch wenn sie den darin
enthaltenen Richtlinien in der Regel ein erhebliches Gewicht beimessen
und von ihnen nicht ohne Grund abweichen werden (BGE 99 Ib 373, 310; 95 I
405). Die bisherige Rechtsprechung ist daher in dem Sinne zu präzisieren,
dass eine Verwaltungsverordnung nur dann mit staatsrechtlicher Beschwerde
angefochten werden kann, wenn sie Aussenwirkungen entfaltet und wenn
gestützt auf sie keine Verfügungen getroffen werden, deren Anfechtung
möglich ist und den Betroffenen zugemutet werden kann.

    b) Die angefochtene Weisung über die Neueinschätzung der
Liegenschaften ist eine Verwaltungsverordnung, die Aussenwirkungen
im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entfaltet. Die erste
Bedingung für ihre Anfechtung ist daher erfüllt. Hingegen ist die zweite
Voraussetzung (Fehlen anfechtbarer Hoheitsakte) nicht gegeben. Die
Weisung der Finanzdirektion bezieht sich auf die Steuerveranlagung. Diese
erfolgt auf dem Verfügungsweg, so dass die kantonalen Rechtsmittel und
grundsätzlich auch die staatsrechtliche Beschwerde ergriffen werden
können. Der hier zu beurteilende Fall weist freilich die Besonderheit
auf, dass der Beschwerdeführer im wesentlichen eine Privilegierung
anderer Steuerpflichtiger rügt und geltend macht, diese hätten nicht
den vollen Verkehrs- und Mietwert ihrer Liegenschaften zu versteuern.
Eine derartige Rüge könnte er gegen spätere Veranlagungsverfügungen
nicht erheben, da ihm dazu die Legitimation fehlen würde (dazu näher
E. 3a). Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass die Anfechtung der
einschlägigen Verwaltungsverordnung zu ermöglichen sei. Wenn das
Gesetz selber die Anfechtung der Einzelverfügungen ausschliesst und
wenn demnach nicht bloss faktisch eine Beschwerdemöglichkeit fehlt,
so muss es damit sein Bewenden haben. Es besteht kein Grund, als Ersatz
für das ausdrücklich ausgeschlossene Beschwerderecht die Anfechtung der
massgebenden Verwaltungsverordnung zuzulassen.
   c) Anders verhielte es sich nur, wenn eine bestimmte Rüge
zwar nicht im Anschluss an eine konkrete Verfügung, wohl aber bei
direkter Anfechtung des einschlägigen Erlasses vorgebracht werden könnte
(vgl. BGE 102 Ia 538 E. 1d). Wenn demnach ein Erlass wegen unzulässiger
Privilegierung Dritter angefochten werden könnte, so wäre die Anfechtung
einer Verwaltungsverordnung zuzulassen, wenn behauptet wird, dass diese
eine derartige Begünstigung einführe. In der Tat kann eine allgemein
wirkende Privilegierung Dritter nämlich nicht nur durch ein Gesetz,
sondern auch durch eine Dienstanweisung bewirkt werden. Die Anfechtung
der Verwaltungsverordnung wäre in diesem Fall aus den gleichen Erwägungen
zu gestatten, aus denen sie zugelassen wird, wenn im Bereiche einer
Verwaltungsverordnung keine anfechtbaren Verfügungen ergehen (lit. b). Es
liesse sich nämlich sagen, dass die verfassungsmässigen Rechte der Bürger
schutzlos blieben, wenn kein Ersatz für das gegenüber eigentlichen
Erlassen (Gesetzen, Rechtsverordnungen) bestehende Beschwerderecht
geschaffen werde. Im folgenden ist daher näher zu prüfen, wie es sich
mit der Legitimation zur Anfechtung von Verfügungen und Erlassen verhält,
die angeblich zu einer unzulässigen Privilegierung Dritter führen.

Erwägung 3

    3.- Gemäss Art. 88 OG steht das Recht zur Beschwerdeführung Bürgern
(Privaten) und Korporationen bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu,
die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende
Erlasse oder Verfügungen erleiden. Das bedeutet, dass zur Erhebung
staatsrechtlicher Beschwerde nur legitimiert ist, wer durch die behauptete
Verfassungsverletzung in seinen eigenen, rechtlich geschützten Interessen -
bei Anfechtung eines Erlasses wenigstens virtuell - beeinträchtigt ist. Die
Rüge, es werde durch eine Verfügung oder einen Erlass in allgemeiner
Hinsicht ein verfassungsmässiges Recht missachtet, ohne dass der
Beschwerdeführer eine Beeinträchtigung seiner persönlichen Rechtsstellung
dartut, vermag die Legitimation zur Erhebung staatsrechtlicher Beschwerde
nicht zu begründen. Zur Wahrung allgemeiner öffentlicher Interessen wie
auch zur Verfolgung bloss tatsächlicher Interessen ist die staatsrechtliche
Beschwerde nicht gegeben (BGE 105 Ia 272 f.; 105 Ia 353; 93 I 177; 85 I
54 mit Hinweisen).

    a) Gestützt auf diese gesetzliche Regelung lässt das Bundesgericht
staatsrechtliche Beschwerden, mit denen geltend gemacht wird, die
angefochtene Verfügung begünstige einen Dritten in gesetzwidriger Weise,
grundsätzlich nicht zu (BGE 93 I 177; 85 I 54 mit Hinweisen). Der
Beschwerdeführer wird in diesem Falle nicht in seiner Rechtsstellung,
sondern allenfalls in faktischen Interessen beeinträchtigt, wenn er
nicht überhaupt ausschliesslich die Wahrung öffentlicher Interessen
verfolgt. Eine Verletzung rechtlich geschützter Interessen liegt nur dann
vor, wenn sich der Beschwerdeführer auf eine Rechtsvorschrift berufen kann,
die nicht nur die Wahrung öffentlicher Interessen bezweckt, sondern daneben
auch zum Schutze von Einzelinteressen (z.B. von Nachbarn, Konkurrenten,
usw.) aufgestellt ist (BGE 105 Ia 188; 103 Ia 69 E. 1c; 102 Ia 93 E. 1;
101 Ia 543; 99 Ia 254 E. 4). Einzig in diesem Falle ist auf eine gegen
die Begünstigung Dritter gerichtete Beschwerde einzutreten.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann grundsätzlich auch
ein Erlass nicht wegen Privilegierung eines Dritten angefochten werden
(BGE 85 I 53). Diese Praxis ist wiederholt kritisiert worden, und zwar
namentlich mit der Begründung, dass ohne solche Anfechtungsmöglichkeiten
das Verbot rechtsungleicher Behandlung gegenüber dem Gesetzgeber nicht
durchgesetzt werden könne (vgl. H. HUBER, in ZbJV 96/1960, S. 353 ff.). Das
Bundesgericht hat seine Praxis aufgrund dieser Kritik in BGE 86 I 285 in
dem Sinne präzisiert, dass die Legitimation zur Anfechtung einer durch
Gesetz eingeräumten Vergünstigung nur demjenigen fehle, der an deren
Anfechtung "nicht anders als jeder andere Angehörige seines Kantons"
interessiert sei. Demjenigen, der in "besonderer Weise" interessiert sei,
könne die Beschwerdelegitimation dagegen nicht abgesprochen werden. Es
sei deshalb namentlich die Beschwerde als zulässig zu erachten, in
welcher behauptet werde,dass die für die Ausübung des Berufs eines
Zahnprothetikers geforderte Prüfung gewissen Personen erlassen werde und
dass damit zwei Kategorien von Zahnprothetikern geschaffen würden (BGE 86
I 286). Die neuere Rechtsprechung hat an dieser Präzisierung indes nicht
festgehalten. Sie lässt die Anfechtung eines Erlasses, der angeblich
Dritte in verfassungswidriger Weise begünstigt, gleich wie im Falle
der Anfechtung einer Verfügung, nur dann zu, wenn eine Rechtsvorschrift
besteht, die neben der Wahrung öffentlicher Interessen auch den Schutz
der Privaten vor Begünstigungen Dritter bezweckt (BGE 103 Ia 69 E. 1c;
in BGE 102 Ia 207 wurde die Frage offen gelassen). Indes ist auch diese
neuere Rechtsprechung wiederum auf Kritik gestossen (vgl. J.P. MÜLLER,
in ZbJV 115/1979, S. 167). Ob daran bei erneuter Prüfung in ganzem Umfang
festzuhalten ist, kann hier jedoch dahingestellt bleiben. Selbst wenn
man nämlich in Übereinstimmung mit der früheren Praxis annehmen wollte,
ein Erlass könne wegen einer angeblichen Begünstigung Dritter angefochten
werden, wenn der Beschwerdeführer an der Aufhebung der Begünstigung ein
"besonderes Interesse" besitze, das jenes der übrigen Bürger übersteige,
so wäre diese Voraussetzung im vorliegenden Falle nicht erfüllt.

    b) Der Beschwerdeführer macht geltend, die beanstandete Privilegierung
der Eigenheimbesitzer habe zur Folge, dass die übrigen Steuerpflichtigen
für den entsprechenden Steuerausfall aufzukommen hätten. Ob das zutrifft,
ist zweifelhaft. Die Gesamtsteuereinnahmen stellen nicht eine feste
Grösse dar. Es kann deshalb nicht gesagt werden, dass Rückgänge bei
einzelnen Einnahmekategorien automatisch Erhöhungen bei andern zur Folge
hätten. Eine schlechte Finanzlage des Staates, sei es infolge ungenügender
Steuereinnahmen, sei es infolge hoher Ausgaben, kann zwar längerfristig zu
Steuererhöhungen führen. Diese bloss mittelbare und in ihrer numerischen
Grösse nicht feststellbare Auswirkung vermag aber keine Legitimation
zur Erhebung staatsrechtlicher Beschwerde zu begründen (BGE 101 Ia 543;
vgl. Urteil vom 18. Juli 1978 i.S. von Flüe, in ZBl 79/1978, S. 555). Im
vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die angefochtenen Erleichterungen nur
für eine bzw. zwei Veranlagungsperioden Geltung haben. Sie beziehen sich
damit nur auf einen Zeitraum, während dem aus entsprechenden Minder- oder
Mehreingängen an Steuern keine Änderung der Steuerbelastung insgesamt
zu erwarten ist. Unmassgeblich ist sodann, dass der Beschwerdeführer
Eigentümer einer vermieteten Liegenschaft ist. Dieser Umstand ändert
nichts daran, dass ihn die beanstandeten Weisungen höchstens in seiner
Eigenschaft als Steuerzahler treffen. Das vermag, wie bereits erwähnt,
die Beschwerdelegitimation nicht zu begründen. In sonstiger Weise werden
seine persönlichen Interessen nicht berührt.

    c) An diesem Ergebnis vermag auch die Anrufung von Art. 19 Abs. 1 und
3 der zürcherischen Kantonsverfassung nichts zu ändern. Art. 19 Abs. 1
KV sieht vor, dass alle Steuerpflichtigen im Verhältnis der ihnen zu
Gebote stehenden Mittel an die Staats- und Gemeindelasten beizutragen
haben. Art. 19 Abs. 3 KV bestimmt, dass Steuerprivilegien zugunsten
Einzelner unzulässig sind.

    Ob Art. 19 Abs. 1 KV ein verfassungsmässiges Recht gewährleiste,
wurde in der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichts bejaht (BGE 48 I
83 ff.), später jedoch offen gelassen (BGE 90 I 149 mit Hinweisen). Das
Bundesgericht entschied indes unlängst im Hinblick auf den mit Art. 19
Abs. 1 der zürcherischen Kantonsverfassung vergleichbaren Art. 62 Abs. 4
der solothurnischen Verfassung, dass eine derartige Bestimmung nicht bloss
als Weisung an den Gesetzgeber, sondern zugleich als verfassungsmässiges
Recht der Bürger zu verstehen sei (BGE 104 Ia 288 E. 3). Es erscheint
deshalb richtig, in Übereinstimmung mit der früheren Rechtsprechung
davon auszugehen, dass Art. 19 Abs. 1 KV ein verfassungsmässiges Recht
enthalte. Wie es sich damit verhält, braucht indes nicht abschliessend
erörtert zu werden, da der Beschwerdeführer diese Verfassungsgewährleistung
nur dann anrufen könnte, wenn er durch die angefochtenen Weisungen in
seiner eigenen Rechtsstellung beeinträchtigt würde. Das ist jedoch,
wie bereits dargelegt, nicht der Fall.

    Kein verfassungsmässiges Recht ist dagegen in Art. 19 Abs. 3
KV gewährleistet. Anlässlich der Beratungen über die zürcherische
Verfassung wurde geltend gemacht, dass verschiedene Gemeinden trotz des
im Gemeindegesetz enthaltenen Verbots mit einzelnen Steuerpflichtigen
Abkommen über die Höhe des zu versteuernden Vermögens träfen. In der Folge
wurde in die Verfassung ein ausdrückliches Verbot von Steuerprivilegien
aufgenommen, welches das schon bestehende gesetzliche Verbot bekräftigen
sollte. Art. 19 Abs. 3 ist daher anders als Art. 19 Abs. 1 KV nicht
zum Schutze der einzelnen Steuerpflichtigen aufgestellt, sondern im
öffentlichen Interesse zur Verhinderung von Missständen im Steuerwesen
erlassen worden (vgl. STRÄULI, Verfassung des eidgenössischen Standes
Zürich, S. 89; REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, Kommentar zum Zürcher
Steuergesetz, Bd. I, N. 7 zu Art. 19 Abs. 3 KV; vgl. auch BGE 86 I 285;
85 I 55 E. 4). Der Beschwerdeführer kann sich deshalb nicht auf diese
Verfassungsbestimmung berufen.

    Gleich verhält es sich in bezug auf Art. 5 BV, den der Beschwerdeführer
ebenfalls als verletzt bezeichnet. Diese Bestimmung stellt kein
verfassungsmässiges Recht der Bürger dar (BGE 101 Ia 372; 98 Ia 69 E. 1).

    d) Der Beschwerdeführer macht schliesslich geltend, die
Finanzdirektion habe mit dem Erlass der angefochtenen Weisungen den
Grundsatz der Gewaltentrennung verletzt. Dieser Grundsatz wird nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts durch sämtliche Kantonsverfassungen als
Individualrecht der Bürger gewährleistet, selbst wenn er in einzelnen
Verfassungsurkunden nicht ausdrücklich erwähnt ist (BGE 93 I 44 mit
Hinweisen). Auf den Grundsatz der Gewaltentrennung kann sich nach der
Regel von Art. 88 OG jedoch nur berufen, wer durch den angefochtenen
Hoheitsakt in seiner persönlichen Rechtsstellung - nicht lediglich in
seiner Eigenschaft als Stimmbürger - betroffen wird (BGE 102 Ia 108 mit
Hinweisen). Richtet sich die Beschwerde gegen einen Erlass, so genügt aber
bereits, dass der angefochtene Rechtssatz auf den Beschwerdeführer künftig
einmal angewendet werden könnte und dass sich dannzumal eine Verletzung
rechtlich geschützter Interessen ergeben würde (BGE 104 Ia 307 E. 1a;
103 Ia 371 E. 1 mit Hinweisen).

    Im vorliegenden Fall macht der Beschwerdeführer geltend,
dass die Weisungen der Finanzdirektion Dritte in unzulässiger Weise
privilegierten. Wie bereits ausgeführt, tut er damit keine Beeinträchtigung
seiner eigenen rechtlich geschützten Interessen dar (E. 3a, b). Da die
Weisungen der Finanzdirektion den Beschwerdeführer weder aktuell noch
virtuell in seiner Rechtsstellung betreffen, erweist sich die Berufung
auf den Grundsatz der Gewaltentrennung als unzulässig.

    Das führt zum Ergebnis, dass auf die Beschwerde nicht einzutreten ist,
soweit sie sich auf Art. 84 Abs. 1 lit. a OG stützt und eine Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gerügt wird. Die behauptete Privilegierung einer
bestimmten Kategorie von Steuerpflichtigen kann nicht mit staatsrechtlicher
Beschwerde gerügt werden, und zwar weder im Falle der Anfechtung einer
Einzelverfügung noch dann, wenn die Beschwerde unmittelbar gegen den
begünstigenden Erlass gerichtet ist. Im folgenden ist daher zu prüfen,
ob auf die Beschwerde eingetreten werden könne, soweit sie sich auf
Art. 85 lit. a OG (Verletzung des politischen Stimmrechts) stützt.
II. Stimmrechtsbeschwerde

Erwägung 4

    4.- a) Gemäss Art. 85 lit. a OG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden
betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und betreffend
kantonale Wahlen und Abstimmungen. Zur Erhebung der Stimmrechtsbeschwerde
ist jeder an der fraglichen Abstimmung oder Wahl stimmberechtigte
Bürger legitimiert, ohne dass er in seiner persönlichen Rechtsstellung
beeinträchtigt sein muss. Die Legitimation zur Stimmrechtsbeschwerde
bestimmt sich nicht nach Massgabe von Art. 88 OG, sondern ausschliesslich
aufgrund von Art. 85 lit. a OG (BGE 104 Ia 355 E. 5; 103 Ia 281 E. 1a;
102 Ia 108; 98 Ia 108).

    Daniel Stauffacher ist im Kanton Zürich stimmberechtigt. Sofern die
Stimmrechtsbeschwerde im vorliegenden Fall überhaupt ergriffen werden kann,
ist er daher ohne Zweifel zur Beschwerdeführung legitimiert.

    b) Ob mit der Stimmrechtsbeschwerde geltend gemacht werden kann, ein
Hoheitsakt der Exekutive (Verordnung oder Verfügung) stehe mit dem Gesetz
in Widerspruch und verletze daher die politischen Rechte der Bürger im
Bereich der Rechtssetzung (fakultatives oder obligatorisches Referendum),
wurde im Laufe der Rechtsprechung nicht einheitlich entschieden. Das
Bundesgericht bejahte die Frage vorerst und führte zur Begründung aus,
dass das Mitwirkungsrecht der Stimmbürger an der Gesetzgebung verletzt
werde, wenn die Exekutive Vorschriften erlasse, die in Form eines Gesetzes
hätten ergehen müssen. Ob diese Betrachtungsweise zutreffe, wurde jedoch in
späteren Entscheiden in Zweifel gezogen, und zwar mit der Begründung, dass
die Rüge, eine Verordnung oder Verfügung der Exekutive stehe mit dem Gesetz
in Widerspruch, die inhaltliche Richtigkeit des betreffenden Hoheitsaktes
und nicht die politischen Rechte der Stimmbürger betreffe. Wenn in
einem solchen Falle die Stimmrechtsbeschwerde ergriffen werden könnte,
so käme das einer Aushöhlung der Vorschrift gleich, dass nur derjenige
einen Erlass oder eine Verfügung wegen deren Inhalts anfechten könne, der
durch den Hoheitsakt in seiner persönlichen Rechtsstellung beeinträchtigt
werde (BGE 55 I 111; 56 I 161 f.). Die aufgeworfene Frage wurde indes
nicht endgültig entschieden, und in BGE 89 I 260 E. 5 bezeichnete das
Bundesgericht die früher geäusserten Zweifel als unbegründet. In der
Folge wurde die Frage während längerer Zeit nicht mehr einlässlich
geprüft. Das Bundesgericht kam auf sie erst wieder in BGE 104 Ia 307
E. 1b zurück, wo es entschied, dass die Rüge, die Exekutive habe ihre
Rechtssetzungskompetenz überschritten, nicht die Garantie des politischen
Stimmrechts der Bürger betreffe, sondern auf das verfassungsmässige Recht
der Gewaltentrennung Bezug habe. Die Rüge könne deshalb nicht von jedem
stimmberechtigten Einwohner des betreffenden Gemeinwesens erhoben werden,
sondern nur von solchen Personen, die durch den beanstandeten Hoheitsakt
in ihrer persönlichen Rechtsstellung betroffen seien.

    An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Die Stimmrechtsbeschwerde
ist ein Rechtsbehelf, mit dem vorab durchgesetzt werden kann, dass
ein Erlass oder Verwaltungsakt, der formell dem fakultativen oder
obligatorischen Referendum unterliegt, diesem Mitwirkungsrecht des Volkes
auch wirklich unterstellt wird. Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann ferner
durchgesetzt werden, dass die Abstimmung korrekt durchgeführt wird und
dass die Behörde deren Ergebnis richtig ermittelt. Die gleiche Bedeutung
hat die Stimmrechtsbeschwerde hinsichtlich der Anordnung und Durchführung
von Wahlen und hinsichtlich der Ausübung des Initiativrechts. Sie ist aber
nicht zur Anfechtung von Erlassen oder Einzelakten der Exekutive bestimmt,
die nach der verfassungsrechtlichen Ordnung zum vorneherein nicht der
Volksabstimmung unterliegen können und auch nicht die konkrete Durchführung
einer Abstimmung oder Wahl betreffen. Enthält eine Verordnung oder ein
Einzelakt der Verwaltung Vorschriften, die richtigerweise Gegenstand
eines dem Referendum unterliegenden Gesetzes sein müssten, so ist nicht
die Stimmrechtsbeschwerde, sondern gestützt auf Art. 84 Abs. 1 lit. a OG
die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Gewaltentrennung
zu ergreifen. Ziel der Beschwerde ist in diesem Falle nämlich nicht,
eine Abstimmung herbeizuführen; die Beschwerde ist vielmehr auf die
Aufhebung des fraglichen Hoheitsaktes gerichtet (vgl. KIRCHHOFER,
Über die Legitimation zum staatsrechtlichen Rekurs, ZRS 55/1936,
S. 153 f.). Dazu kann nur legitimiert sein, wer durch den Hoheitsakt
in seiner persönlichen Rechtsstellung betroffen ist. Anders verhält es
sich nur, wenn der fragliche Erlass selber das politische Stimmrecht
regelt und er insbesondere durch die Schaffung einer Delegationsnorm die
politischen Rechte der Bürger für die Zukunft beschränkt (BGE 104 Ia 308
mit Hinweisen).

    Zusammengefasst ergibt sich, dass die Stimmrechtsbeschwerde -
soweit sie die politischen Rechte im Bereich der Rechtsetzung betrifft -
nur gegen Erlasse des Grossen Rates, nicht aber gegen Verordnungen der
Exekutive zulässig ist. Ebenso kann die Stimmrechtsbeschwerde nicht zur
Anfechtung einer Einzelverfügung der Verwaltung ergriffen werden, mit der
Begründung, dass die Verfügung im praktischen Ergebnis einer Aufhebung oder
Änderung einer Gesetzesbestimmung gleichkomme. Die vorliegende, gegen die
Weisungen der Finanzdirektion über die Einschätzung der Liegenschaften
gerichtete Beschwerde erweist sich demnach auch als unzulässig, soweit
sie auf Art. 85 lit. a OG gestützt wird.