Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 IA 188



105 Ia 188

37. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
17. Mai 1979 i.S. Rel-Rutschi AG gegen AG Hotel Schweizerhof und J. Gauer
Hotel AG, Polizeidirektion und Verwaltungsgericht des Kantons Bern
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 88 OG; Legitimation

    Legitimation des Konkurrenten, die Erteilung eines Alkoholpatentes
mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Gemäss Art. 88 OG kommt das Recht zur Beschwerdeführung
Bürgern und Korporationen bezüglich solcher "Rechtsverletzungen"
zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich
treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben. Im Gegensatz zur
Regelung der Legitimationsvoraussetzungen im verwaltungsgerichtlichen
Beschwerdeverfahren (Art. 103 OG) steht dem Einzelnen die staatsrechtliche
Beschwerde lediglich zur Geltendmachung seiner rechtlich geschützten
Interessen zu; zur Verfolgung bloss tatsächlicher Interessen wie auch zur
Wahrung allgemeiner öffentlicher Interessen ist sie nicht gegeben. Nach
diesen Grundsätzen ist der Dritte, der durch die angefochtene Verfügung
nicht unmittelbar betroffen ist, zur staatsrechtlichen Beschwerde
nur legitimiert, sofern die als verletzt behauptete Norm neben dem
Allgemeininteresse auch seine Interessen schützen will (BGE 103 Ia 65
ff. betreffend den Mitbewerber; 102 Ia 93 betreffend den Nachbarn;
103 Ia 574 betreffend den Kläger im Strafverfahren). Steht die
Verfassungsmässigkeit eines Alkoholpatentes in einem Kanton in Frage,
in dem die Bewilligung des Alkoholausschanks von einem Bedürfnis abhängig
gemacht wird, dann ist der Konkurrent nach dieser Rechtsprechung nur dann
zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen die Patenterteilung befugt, wenn
die Bedürfnisklausel gestützt auf Art. 31ter BV erlassen und damit dem
Schutz der bestehenden Gastwirtschaftsbetriebe vor übermässiger Konkurrenz
dient. Wurde die Bedürfnisklausel indessen gestützt auf Art. 32quater BV
eingeführt, dann dient sie ausschliesslich der Bekämpfung des Alkoholismus,
also einem im öffentlichen Interesse liegenden Zweck. In diesem Fall
sind die Konkurrenten nicht befugt, die Erteilung eines Patentes wegen
Missachtung der Bedürfnisklausel anzufechten. Im vorliegenden Verfahren ist
unbestritten, dass die im bernischen Gesetz über das Gastwirtschaftsgewerbe
und den Handel mit geistigen Getränken vom 2. Februar 1938 vorgesehene
Bedürfnisklausel gestützt auf Art. 32quater BV erlassen wurde. Die
Beschwerdeführerin kann sich demnach gegen eine behauptete willkürliche
Anwendung dieser Bestimmung nicht zur Wehr setzen (BGE 97 I 889 mit
Hinweisen; 72 I 98).

    c) Hingegen bleibt die Beschwerdeführerin, ohne Rücksicht auf ihre
Beschwerdelegitimation in der Sache selbst, befugt, mit staatsrechtlicher
Beschwerde eine formelle Rechtsverweigerung zu rügen (BGE 103 Ia 574;
102 Ia 94; 97 I 884).