Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 V 88



104 V 88

20. Auszug aus dem Urteil vom 14. April 1978 i.S. Bundesamt
für Sozialversicherung gegen Schwab und Rekurskommission für
Sozialversicherungen des Kantons Freiburg Regeste

    Rz 14.04 des Anhangs zur HV vom 29. November 1976.

    - Die Invalidenversicherung hat an die baulichen Vorkehren auch dann
Beiträge zu leisten, wenn sie einen Neubau betreffen.

    - Die Aufzählung ist abschliessend.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

    Nach Rz 14.04 des Anhangs zur Verordnung über die Abgabe von
Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HV) vom 29. November
1976 hat der Versicherte Anspruch auf Beiträge an invaliditätsbedingte
bauliche Änderungen in der Wohnung für das Anbringen von Haltestangen,
Entfernen von Türschwellen, Versetzen von Türstöcken und die Installation
von Ruflichtsignalanlagen für Schwerhörige und Taube.

    Dazu ist zunächst festzuhalten, dass solche Beiträge grundsätzlich auch
bei Neubauten gewährt werden können. Massgebend ist nicht, ob die baulichen
Vorkehren an einem schon bestehenden Bau vorgenommen werden. Mit dem
Begriff "Änderung" kommt vielmehr - wie die Beschwerdegegnerin zutreffend
ausführt - zum Ausdruck, dass im Hinblick auf die Invalidität andere
Massnahmen als im Normalfall (ohne Invalidität) getroffen werden. Daher hat
die Invalidenversicherung beispielsweise auch dann Beiträge zu erbringen,
wenn Haltestangen oder Ruflichtsignalanlagen in einem Neubau angebracht
werden. Bei den beiden anderen in Rz 14.04 HV-Anhang genannten Änderungen
(Entfernen von Türschwellen, Versetzen von Türstöcken) ist die Situation
bei einem Neubau insofern eine andere, als entsprechende Vorkehren von
vornherein eingeplant und im Rahmen des ordentlichen Bauaufwandes ohne
zusätzliche Kosten verwirklicht werden können. Den Akten, insbesondere der
Aufstellung des Architekten vom 19. Februar 1975 ist zu entnehmen, dass
im vorliegenden Fall keine baulichen Massnahmen getroffen werden mussten,
die unter die in Rz 14.04 genannten Vorkehren subsumiert werden könnten.

    Schliesslich stellt sich noch die Frage, ob ein Beitrag nur bei
den in Rz 14.04 ausdrücklich erwähnten Vorkehren oder allenfalls auch
bei anderen, im Einzelfall zu bestimmenden baulichen Massnahmen gewährt
werden kann. Nach dem deutschen und dem italienischen Verordnungstext muss
angenommen werden, dass die Aufzählung abschliessend ist. Demgegenüber
lässt der französische Text auf eine bloss exemplifikatorische
Aufzählung schliessen ("Contributions aux aménagements de la demeure
de l'assuré,... comme la pose de..."). Um Stellungnahme zu dieser
Textdifferenz gebeten, teilte das Bundesamt für Sozialversicherung am
2. November 1977 mit, dass man sich bei der Ausarbeitung der HV und ihres
Anhangs bewusst für eine abschliessende Aufzählung entschieden habe. Dabei
habe unter anderem die Überlegung mitgespielt, es solle vermieden werden,
zu sehr in den Fürsorgebereich, insbesondere in den sehr individuellen
Bereich der Selbstsorge in der Wohnung einzudringen. Man sei sich bewusst
gewesen, dass die Invalidenversicherung nicht alle Bedürfnisse in bezug
auf Hilfsmittel befriedigen könne. Allfällige Lücken seien auf dem Wege
der Fürsorge durch die Pro Infirmis zu schliessen, wenn der Versicherte
verbleibende Kosten nicht selbst zu decken vermöge. Überdies wies
das Bundesamt für Sozialversicherung darauf hin, dass ein deutlicher
Unterschied zu Rz 13.04 des HV-Anhangs gemacht werden müsse. Hier seien
zwar die gleichen baulichen Änderungen wie in Rz 14.04 erwähnt, jedoch sei
die Aufzählung bewusst nur exemplifikatorisch gehalten. Es rechtfertige
sich, bei Rz 13.04 weiter zu gehen und gegebenenfalls auch andere bauliche
Vorkehren zu berücksichtigen, weil es sich dabei um Hilfsmittel handle,
auf die ein Anspruch nur nach Massgabe der Art. 21 Abs. 1 IVG und Art. 2
Abs. 2 HV bestehe. Das Bundesamt für Sozialversicherung hält demnach
dafür, dass der deutsche und italienische Text richtig sei, während bei der
französischen Fassung offenbar ein redaktionelles Versehen vorliege. Dieser
Auffassung pflichtet das Eidg. Versicherungsgericht bei.

    Aus dem Vorstehenden ergibt sich somit, dass die Beschwerdegegnerin
auch nach Rz 14.04 des HV-Anhangs keine Beiträge beanspruchen kann.