Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 V 57



104 V 57

11. Urteil vom 2. August 1978 i.S. Meier gegen Ausgleichskasse der
schweizerischen Maschinen- und Metallindustrie und AHV-Rekurskommission
des Kantons Zürich Regeste

    Massgebender Lohn (Art. 5 Abs. 2 AHVG und Art. 7 lit. a
AHVV). Schichtzulagen, bei denen es sich nachgewiesenermassen um
Unkostenersatz handelt, gehören nicht dazu. Derartige Entschädigungen
dürfen unter Umständen pauschaliert werden.

Sachverhalt

    A.- Gottfried Meier arbeitete vom 6. Dezember 1973 bis 23.  Oktober
1976 bei der Firma C. AG Zürich im Mehrschichtbetrieb als Schaltwärter.
Als solcher erhielt er zum Lohn noch Schichtzulagen. Für diese wurden keine
Sozialversicherungsbeiträge entrichtet. Gottfried Meier wandte sich daher
am 24. Dezember 1976 an die Ausgleichskasse der schweizerischen Maschinen-
und Metallindustrie. Diese verfügte indessen am 10. Februar 1977, dass
die Schichtzulagen als Unkostenersatz im Sinne von Rz. 41 der Wegleitung
über den massgebenden Lohn zu betrachten seien, wobei sie sich auf eine
entsprechende Bestätigung der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt
(SUVA) stützte.

    B.- Dagegen erhob Gottfried Meier bei der AHV-Rekurskommission des
Kantons Zürich Beschwerde, die jedoch mit Entscheid vom 10. August 1977
abgewiesen wurde.

    C.- Durch Rechtsanwalt H. führt Gottfried Meier
Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag: "Es sei festzustellen, dass
die von der Firma C. AG gemäss Zulagenreglement für den dreischichtigen
Überwachungsdienst ausbezahlten Zulagen zum individuellen Stundenlohn,
nämlich

    Fr.  6.50 für 8 Stunden Morgen oder Mittag

    Fr. 16.50 für 8 Stunden Nacht

    Fr. 10.-- für 12 Stunden Tag

    Fr. 20.-- für 12 Stunden Nacht

    Fr. 22.-- für 12 Stunden Tag am Wochenende

    Fr. 32.-- für 12 Stunden Nacht am Wochenende AHV-beitragspflichtiger
Lohnbestandteil sind. Die Beschwerdegegnerin sei deshalb zu verpflichten,
die entsprechenden Beiträge von der C. AG zu erheben."

    Während die Ausgleichskasse und die Firma C. AG Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen, tritt das Bundesamt für
Sozialversicherung für Gutheissung ein. Es fügte in seiner Vernehmlassung
allerdings bei, dass es mit der SUVA Fühlung aufnehme, um abzuklären,
warum die Schichtzulagen im vorliegenden Fall als Unkostenersatz behandelt
würden. Am 1. Februar 1978 teilte das Bundesamt für Sozialversicherung
unter Beilage eines Schreibens der SUVA vom 20. Januar 1978 dem
Eidg. Versicherungsgericht mit, es möge zutreffen, dass den Arbeitnehmern,
die Schichtzulagen beziehen, der unregelmässigen Arbeitszeit wegen Unkosten
erwüchsen, die mehr als 10% der Zulagen (recte offenbar des ausbezahlten
Lohnes) ausmachten. Doch dürfe als sicher angenommen werden, dass die
Schichtzulagen nur zum Teil dem Unkostenersatz dienten, im übrigen aber
gemäss Art. 7 lit. a AHVV massgebenden Lohn bildeten. Welcher Teil der
einzelnen Zulagen als Unkostenersatz betrachtet werden könne, sei eine
Tatfrage. Eine Rückweisung an die Vorinstanz gemäss Art. 105 Abs. 2 OG
könne daher gerechtfertigt sein.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Da im vorliegenden Fall keine Versicherungsleistungen
streitig sind, hat das Eidg. Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der
vorinstanzliche Richter Bundesrecht verletzt, sein Ermessen überschritten
oder es missbräuchlich gehandhabt hat oder ob der rechtserhebliche
Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in
Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG). Rechtsfrage
ist hier, was unter Auslagenersatz zu verstehen ist, Sachverhaltsfrage
dagegen, ob durch die Schichtzulagen tatsächlich Auslagen vergütet
worden sind.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 5 Abs. 2 AHVG umfasst der für die Beitragspflicht aus
unselbständiger Erwerbstätigkeit massgebende Lohn jedes Entgelt für in
unselbständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete
Arbeit. In Art. 7 AHVV werden die Bestandteile des massgebenden Lohnes
aufgezählt, und es wird gleichzeitig festgehalten, dass diese dann nicht
zum massgebenden Lohn gehören, wenn sie Spesenersatz darstellen. Spesen
oder Unkosten können nach Rz. 41 der Wegleitung über den massgebenden
Lohn besondere Auslagen für Verpflegung oder Unterkunft darstellen,
wenn die Arbeit ausserhalb der ordentlichen Arbeitszeit oder fern
vom Wohnort geleistet wird oder wenn die Arbeit unter erschwerten
Umständen den vermehrten Verschleiss von Kleidern oder aussergewöhnliche
Reinigungskosten verursacht. Wie die SUVA in ihrem Schreiben vom 20. Januar
1978 an das Bundesamt für Sozialversicherung zutreffend hervorhebt,
sind Entschädigungen nur dann vom massgebenden Lohn auszunehmen,
wenn es sich nachgewiesenermassen um Unkostenersatz handelt. Je nach
Art und Grösse eines Betriebes können derartige Auslagen nicht immer
individuell und bei jeder Lohnzahlung festgesetzt werden. Es kann
sich daher rechtfertigen, derartige Entschädigungen zu pauschalieren
und vertraglich bzw. reglementarisch festzulegen. Dabei wird nicht zu
verhindern sein, dass nicht immer jede Auslage entschädigt wird, so
wenig als die vereinbarte Entschädigung stets restlos belegt werden
könnte. Allerdings haben solche Pauschalen den effektiven Unkosten
zumindest gesamthaft gesehen zu entsprechen, d.h. sie müssen auf die im
Einzelfall tatsächlich gegebenen Verhältnisse abgestimmt sein, zumal
bei der Prüfung, ob Zulagen dem Unkostenersatz dienen, auf Grund der
Gegebenheiten in der konkreten Situation zu entscheiden ist. Unerheblich
ist, entgegen der Auffassung des Bundesamtes für Sozialversicherung, das
sich auf Art. 9 AHVV stützt, ob diese Unkosten 10% des massgebenden Lohnes
betragen, da getrennt vergütete Unkosten auch dann zu berücksichtigen sind,
wenn sie diesen Satz nicht erreichen (ZAK 1966 S. 255).

Erwägung 3

    3.- Bei der Feststellung des Sachverhaltes ging die Vorinstanz von
den Ermittlungen der SUVA aus. Darnach hatte der Beschwerdeführer als
Schaltwärter die elektrischen Steuerzentralen zu überwachen. Die Arbeit
musste im Dreischichtbetrieb, am Tag oder in der Nacht sowie an Sonn-
und Feiertagen erbracht werden. Im Betrieb waren alle Arbeitnehmer
dem Graphitstaub ausgesetzt, wobei der Grad der Verschmutzung je nach
Arbeitsplatz unterschiedlich war.

    Mehrauslagen, so stellte die Vorinstanz in Übereinstimmung mit der
SUVA fest, entstünden einmal durch die Schichtarbeit selbst, die der
Arbeitnehmer durch Nichteinnahme der Mahlzeiten mit der Familie und wegen
der ungewöhnlichen Essenszeiten in Kauf nehmen müsse. Weil Arbeitsbeginn
und Arbeitsende zum Teil so lägen, dass die öffentlichen Verkehrsmittel
nicht benützt werden könnten, seien dem Beschwerdeführer auch daraus
zusätzliche Kosten erwachsen. Hinzu kämen noch weitere Auslagen für die
Reinigung der Wäsche und Kleider.

    Dass solche Unkosten entstanden, machte der Beschwerdeführer
bei der Vorinstanz teilweise selbst geltend. Auch das Bundesamt für
Sozialversicherung anerkennt nunmehr das Bestehen solcher Auslagen.

    Somit stellt sich lediglich noch die Frage, ob die C. AG mit den
Schichtzulagen nur derartige Unkosten begleichen wollte, was vom Bundesamt
bestritten wird. Wie aus dem Zulagenreglement der C. AG hervorgeht,
vergütete die Firma ausser diesen Schichtzulagen keine weiteren Spesen. Mit
der Staffelung der Zulagen für Tag- und Nachtarbeit sowie während der
Woche und am Wochenende wollte die C. AG offenbar den unterschiedlich
anfallenden Unkosten Rechnung tragen.

    Wenn die Vorinstanz aus all diesen Gründen hier die Schichtzulagen
ganz als Unkostenersatz einstufte, kann ihr nicht vorgeworfen werden,
sie habe Art. 105 Abs. 2 OG verletzt.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.