Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 V 173



104 V 173

41. Auszug aus dem Urteil vom 17. April 1978 i.S. Zaccaria gegen
Kantonales Arbeitsamt Solothurn und Kantonale Rekurskommission für
Arbeitslosenversicherung Solothurn Regeste

    Rückerstattung unrechtmässig bezogener Arbeitslosenentschädigungen
(Art. 35 Abs. 1 AlVG). Der Begriff der grossen Härte ist gleich auszulegen
wie der gleichlautende Begriff in Art. 47 Abs. 1 AHVG und Art. 79 Abs. 1
AHVV.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

    Nach Art. 35 Abs. 1 AlVG ist die Rückforderung von unrechtmässig
ausbezahlten Taggeldern auf Gesuch hin ganz oder teilweise zu erlassen,
wenn der Versicherte die Entschädigungen gutgläubig bezogen hat und die
Rückforderung sich als grosse Härte auswirken würde.

    Der Begriff der grossen Härte wird im Arbeitslosenversicherungsrecht
nicht definiert. Mit Recht verweist darum HOLZER in seinem Kommentar
zu Art. 35 Abs. 1 AlVG (S. 182) auf Art. 47 AHVG, wonach auch in
der AHV von der Rückforderung unrechtmässig ausbezahlter Renten und
Hilflosenentschädigungen bei gutem Glauben und bei gleichzeitigem
Vorliegen einer grossen Härte abgesehen werden kann. Ferner erklärt
Art. 49 IVG den Art. 47 AHVG als auf die Rückerstattung unrechtmässig
bezogener Invalidenversicherungsleistungen anwendbar. Die gleiche
Regelung findet sich in Art. 27 Abs. 1 ELV für den Erlass der Rückzahlung
unrechtmässig bezogener Ergänzungsleistungen, in Art. 11 Abs. 2 FLG für die
Rückerstattung von Familienzulagen für Kleinbauern und landwirtschaftliche
Arbeitnehmer sowie in Art. 23 EOV für die Rückforderung und den Erlass
unrechtmässig bezogener Erwerbsausfallentschädigungen. Ferner hat das
Eidg. Versicherungsgericht Art. 47 AHVG auf den Erlass der Rückerstattung
von Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung als anwendbar
erklärt (BGE 102 V 102). Im Interesse einer möglichst einheitlichen
Ordnung des Rückerstattungserlasses im Bereich der Sozialversicherungen
rechtfertigt es sich deshalb, die Rückerstattungs- und Erlasspraxis,
die in der AHV entwickelt wurde, im Gebiet der Arbeitslosenversicherung
sinngemäss anzuwenden.

    Nach der Rechtsprechung ist eine grosse Härte im Sinne von
Art. 47 Abs. 1 AHVG gegeben, soweit zwei Drittel des Jahreseinkommens,
dem ein angemessener Teil des Vermögens zuzurechnen ist, nach Abzug
der Rückerstattungsforderung die auf den Rückerstattungspflichtigen
zutreffende Einkommensgrenze des Art. 42 Abs. 1 AHVG nicht erreichen. Das
bedeutet mit andern Worten, dass die Rückforderung unrechtmässig bezogener
Renten durch einmaligen oder wiederholten Abzug (bzw. Verrechnung) nur
in dem Ausmass realisiert werden darf, dass die erwähnten gesetzlichen
Einkommensgrenzen nicht unterschritten werden (ZAK 1973, S. 199 und
175). Für die Bestimmung des im Einzelfall massgebenden anrechenbaren
Einkommens und des hinzuzurechnenden Vermögensteils sind die Regeln der
Art. 56-63 AHVV anzuwenden.