Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IV 256



104 IV 256

57. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. Dezember 1978 i.S. H.
und Konsorten gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau Regeste

    Art. 186 StGB.

    Der Werkplatz muss weder unmittelbar zu einem Haus gehören noch
umfriedet sein.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

    Die Beschwerdeführer werfen der Vorinstanz eine falsche Auslegung von
Art. 186 StGB vor. Diese Bestimmung schütze, wie schon aus dem Randtitel
hervorgehe, den Hausfrieden. Ein Gelände, das nicht im Zusammenhang mit
einem Haus stehe, könne nicht Objekt eines Hausfriedensbruchs sein. Wenn
das Gesetz auch den Werkplatz erwähne, so könne damit nur das Werkgelände
einer Bauunternehmung gemeint sein. Wenn, wie das Obergericht es getan
habe, jeder Bezug zu einem Haus aufgegeben werde, dann werde im Ergebnis
nicht der Hausfriede, sondern allenfalls der Besitz geschützt. Das Gesetz
wolle aber nur die private Friedenssphäre eines Hauses schützen. Im
vorliegenden Fall seien die fraglichen Grundstücke nicht eingezäunt
gewesen. Die Verbotstafeln seien erst später angebracht worden. All
das zeige, dass nicht von einem vom Hausrecht erfassten Friedensbereich
gesprochen werden könne.

    Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Nach Art. 186 StGB
wird auf Antrag mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer gegen den Willen
des Berechtigten in ein Haus, in eine Wohnung, in einen abgeschlossenen
Raum eines Hauses oder in einen unmittelbar zu einem Haus gehörenden
umfriedeten Platz, Hof oder Garten oder in einen Werkplatz unrechtmässig
eindringt oder, trotz der Aufforderung des Berechtigten, sich zu entfernen,
darin verweilt.

    Der Wortlaut lässt ohne weiteres erkennen, dass der Gesetzgeber den
Schutz des Art. 186 StGB verschiedenen Gruppen von Räumlichkeiten hat
angedeihen lassen wollen, nämlich einmal dem Haus, der darin befindlichen
Wohnung oder einem darin befindlichen abgeschlossenen Raum, sodann dem
unmittelbar zu einem Haus gehörenden umfriedeten Platz, Hof oder Garten
und schliesslich dem Werkplatz (s. auch die Aufteilung in Gruppen bei
HAFTER, BT I S. 109; LOGOZ, N. 2 zu Art. 186; THORMANN/V. OVERBECK,
N. 2-6 zu Art. 186). Dieser letztere muss nach der klaren Stellung im
Rahmen dieser Bestimmung weder umfriedet sein noch unmittelbar zu einem
Haus gehören (J. STUCKI, Der Hausfriedensbruch (Art. 186 StGB) verglichen
mit den entsprechenden Regeln des amerikanischen Rechts usw., Diss. Bern
1970, S. 28). Beides wird nur für den Platz, den Hof oder den Garten
verlangt, ansonst der Gesetzgeber unter Strafe gestellt hätte, wer in einen
unmittelbar zu einem Haus gehörenden umfriedeten Platz, Hof, Garten oder
Werkplatz unrechtmässig eindringt usw. Das Gesagte wird besonders deutlich
anhand des französischen und italienischen Textes, die die geschützte
Raumgruppe des Platzes, Hofes oder Gartens unmissverständlich durch ein
Komma von dem Werkplatz trennen ("dans un espace, cour ou jardin clos
et attenant à une maison, ou dans un chantier", bzw. "in uno spiazzo,
corte o giardino cintati e attigui ad una casa, od in un cantiere"), was
übrigens auch dem Willen des historischen Gesetzgebers entspricht. Aus
den Materialien erhellt, dass das Parlament den Begriff des "Hauses"
weit gefasst haben wollte, und es hat insbesondere der Ständerat, dem
der Nationalrat in der Folge zustimmte, ohne jeden Zweifel zum Ausdruck
gebracht, dass der Werkplatz nicht unmittelbar zu einem Haus gehören
noch umfriedet sein muss (StenBull SR 1931 S. 527). Das hätte auch der
rechtskundige Verteidiger der Beschwerdeführer bei gebotener Sorgfalt
erkennen können, zumal die Vorinstanz ausdrücklich auf das Schrifttum Bezug
genommen hatte. Die Beschwerde ist deshalb in diesem Punkte unbegründet.