Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IV 238



104 IV 238

55. Urteil des Kassationshofes vom 13. Oktober 1978 i.S. Egloff gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich Regeste

    1. Art. 305 StGB, Begünstigung. Diese Bestimmung schützt nur die
schweizerische Strafrechtspflege (Erw. 1).

    2. Art. 226 Abs. 2 StGB, Weiterschaffen von Sprengstoffen. Fall im
Ausland zu verübender Sprengstoffanschläge (Erw. 2).

    3. Art. 64 StGB, achtungswerte Beweggründe. Begriff. Bedeutung
politischer Motive (Erw. 3).

    4. Art. 145 Abs. 2 StGB, gemeine Gesinnung. Begriff (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Der 1953 geborene Peter Egloff schloss sich schon früh mit Urs
Städeli und später noch mit drei weiteren Gleichaltrigen zu einer Gruppe
zusammen. Sie begannen, sich für soziale Probleme zu interessieren,
diskutierten über die Vernichtung der Indianer in Nordamerika, befassten
sich mit dem zweiten Weltkrieg, der Geschichte des Widerstandes und dem
Begriff des Antifaschismus, dem Tod des Ché Guevara und seiner Nachfolger,
der Folter in Brasilien, den Ereignissen des Mai 1968 in Paris. Die
Absicht, in Südamerika am Kampf der dortigen Guerillas teilzunehmen,
erwies sich als undurchführbar.

    Unter dem Einfluss von Anarchisten gewann die Gruppe 1971 festere
Ziele und konkretere Tätigkeit. Sie wurde ein konspirativer, bewaffneter,
anarchistischer Zirkel, dem Terror nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur
Erreichung politischer Ziele war. Alle zwei Wochen diente ein Versteck
unter der Europabrücke in Zürich der Gruppe als Treffpunkt. Im Wald wurden
an verschiedenen Orten unterirdisch Waffen gelagert. Einerseits wurden
damit Gesinnungsgenossen versorgt, um sie in Spanien und Griechenland,
Italien und der Bundesrepublik Deutschland einzusetzen. Anderseits führte
die Gruppe auch selber Spreng- und Schiessübungen durch.

    Am 10. Oktober 1972, dem Jahrestag von Ché Guevaras Tod, verübten
Egloff und Städeli aus Protest gegen die Tätigkeit des ITT-Konzerns in
Südamerika einen Anschlag auf dessen Tochtergesellschaft Standard Telefon
und Radio AG im dreistöckigen Gebäude an der Brandschenkestrasse 178 in
Zürich. Am 17. Juli 1973 wurden Sprengstoffanschläge auf das Munitionsdepot
der Armee in Camignolo TI als Zeichen der Solidarität mit Unruhestiftern
in den Rekrutenschulen oder des Protestes gegen das Militär verübt; am
29. September 1973 gegen das Generalkonsulat von Italien in Zürich, um die
Öffentlichkeit auf einen in Italien geführten Prozess gegen Giovanni Marini
hinzuweisen; am 11. Januar 1974 bzw. 2. Juni 1974 Sprengstoffanschläge
gegen das spanische Generalkonsulat in Zürich bzw. die spanische Botschaft
in Bern, um gegen das Franco-Regime zu protestieren; am 18. Juni 1974 zwei
versuchte und ein vollendeter Sprengstoffanschlag gegen das fünfstöckige
Gebäude der Firma M. Fleischmann & Co in Zürich, in dem sich eine Filiale
der Manufacturers Hanover Trust Company befindet, von der irrigen Annahme
ausgehend, es handle sich um eine von deutschem Kapital beherrschte Bank,
um durch die Tat die Sympathie zu den in der Bundesrepublik inhaftierten
Mitgliedern der Baader-Meinhof-Gruppe zu bekunden.

    In der ersten Hälfte des Jahres 1974 bot Egloff der in Deutschland
wegen versuchten Mordes und Gefangenenbefreiung in Untersuchungshaft
gestandenen und von Städeli illegal in die Schweiz verbrachten Astrid
Proll für kurze Zeit in Zürich Unterkunft.

    B.- Deswegen sowie wegen anderer Taten wurde Egloff mit weiteren,
teilweise durch das Obergericht des Kantons Zürich verurteilten
Angeklagten, vom Geschworenengericht des Kantons Zürich der wiederholten,
vollendeten und versuchten Gefährdung durch Sprengstoffe (Art. 224
Abs. 1 StGB), der Sachbeschädigung (Art. 145 StGB), der Brandstiftung
(Art. 221 Abs. 1 StGB), des wiederholten und fortgesetzten Beschaffens,
Verbergens und Weiterschaffens von Sprengstoffen (Art. 226 Abs. 2 StGB),
und der Begünstigung (Art. 305 StGB) schuldig befunden. Dafür und für
zahlreiche weitere mit den Zielsetzungen der Gruppe zusammenhängende
Straftaten auferlegte ihm das Geschworenengericht des Kantons Zürich
am 27. September 1977 eine Zuchthausstrafe von 6 Jahren und 6 Monaten,
abzüglich 870 Tage Untersuchungshaft.

    C.- Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt Egloff, das Urteil des
Geschworenengerichts sei insoweit aufzuheben und die Sache zu neuem
Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen, als er wegen Begünstigung und
Weiterschaffens von Sprengstoffen nach Spanien schuldig gesprochen, ihm
betreffend die Sprengstoffdelikte und die Sachbeschädigung achtungswerte
Beweggründe nicht zugebilligt und er in einer Anzahl von Fällen der
qualifizierten Sachbeschädigung schuldig gesprochen wurde.

    Der Präsident des Geschworenengerichts und die Staatsanwaltschaft
beantragen Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Astrid Proll stand in der Bundesrepublik Deutschland wegen
versuchten Mordes und Gefangenenbefreiung in Strafuntersuchung und war
am 19. Dezember 1973 aus gesundheitlichen Gründen mit der Auflage aus
der Untersuchungshaft entlassen worden, sich täglich bei der Polizei
zu melden. Dies tat sie, bis sie am 20. April 1974 untertauchte. Auf
Anfrage von Petra Krause erklärten sich Egloff und Städeli bereit, einer in
Deutschland strafverfolgten Person die Flucht und die heimliche Einreise
in die Schweiz zu ermöglichen und sie kurz zu beherbergen. Zwischen April
und Juni 1974 holte Städeli Astrid Proll auf dem Gebiet der deutschen
Gemeinde Baltersweil ab und führte sie in Umgehung der Grenzkontrolle zu
Fuss nach Rafz und von dort mit seinem Motorrad nach Zürich, wo sie kurz
Unterkunft in Egloffs Zimmer am Hardplatz 17 fand, bis Petra Krause ihr
den heimlichen Grenzübertritt nach Italien erleichterte.

    b) Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Tat an sich, verlangt
aber Freispruch mit der Begründung, der Tatbestand des Art. 305
StGB setze voraus, dass die Strafverfolgung und der Strafvollzug von
schweizerischen, nicht von fremden Behörden ausgehe. Das Vorliegen der
übrigen Voraussetzungen der Begünstigung im Sinne von Art. 305 Abs. 1
StGB wird mit Recht nicht bestritten.

    c) Die Begünstigung an sich ist, wenigstens zum grossen Teil, in
der Schweiz verübt worden, so dass schweizerische Strafhoheit gegeben
und schweizerisches Recht anwendbar ist (Art. 3 Ziff. 1 StGB). Nach
Art. 305 StGB strafbar ist der Beschwerdeführer aber nur, wenn entweder
unter "Strafverfolgung" und "Strafvollzug" in Art. 305 StGB auch die
Strafverfolgung oder der Strafvollzug durch ausländische Strafbehörden
gemeint ist oder Astrid Proll (auch) der Verfolgung durch schweizerische
Behörden entzogen wurde. Trifft das nicht zu, ist der Beschwerdeführer
von der Anklage der Begünstigung freizusprechen, weil er dann mangels
Tatbestandsmässigkeit seiner Handlung nach Art. 305 StGB nicht strafbar
ist.

    d) Nach vorherrschender Ansicht geniessen wohl Individualgüter einen
umfassenden Schutz, gleichgültig ob ihr Rechtsträger In- oder Ausländer
ist. Soweit aber der Staat und seine innere hoheitliche Ordnung in Frage
stehen, ist es grundsätzlich Sache des betreffenden Staates, sich selber
zu schützen und selbst zu bestimmen, ob und wieweit er seine hoheitlichen
Interessen strafrechtlich schützen will. Ergibt die sinngemässe Auslegung
des einheimischen Rechts nicht das Gegenteil, ist daher davon auszugehen,
es schütze nur die eigenen Hoheitsrechte des Staates, nicht jene fremder
Staaten (Leipziger Kommentar, 9. Aufl. 1974, § 257 N 3, 10. Aufl. 1978,
§ 258 N 9 und N 23 vor §§ 3-7).

    Aus der systematischen Ordnung des besonderen Teils des
Strafgesetzbuches lässt sich folgern, dass die strafbaren Handlungen
gegen den Staat, den Volkswillen und die öffentliche Gewalt wenigstens im
Regelfall nur gegen schweizerische Hoheitsinteressen gerichtet sind, werden
diese Straftaten der 13.-15. Titel doch im 16. Titel durch Tatbestände
ergänzt, die auch Verstösse gegen fremde Hoheitsträger ahnden, soweit es im
Interesse guter Beziehungen der Schweiz zum Ausland wünschbar erschien. Die
Systematik des Gesetzes kann allerdings nicht mehr für die nachfolgenden
Rechtspflegedelikte des 17. Titels angerufen werden. Vielmehr muss hier
nach dem Gehalt der einzelnen Bestimmungen entschieden werden, ob über
die öffentlichen Interessen der Schweiz an einem guten Funktionieren
der eigenen Gerichtsbarkeit hinaus auch Individualinteressen an einem
guten Funktionieren fremder Justiz in hinreichendem Masse auf dem Spiele
stehen. Trifft dies zu, kann der Anwendungsbereich der Delikte gegen die
Strafrechtspflege auch auf Verstösse gegen die Justiz fremder Staaten
ausgedehnt werden. So hat der Kassationshof in BGE 89 IV 204 ff die
an eine ausländische Behörde gerichtete falsche Anschuldigung Art. 303
StGB unterstellt (zustimmend SCHULTZ in ZBJV 1965/101, S. 33; kritisch
STRATENWERTH, BT II S. 602; bejahend fürs deutsche Recht SCHÖNKE/SCHRÖDER,
Kommentar 19. Aufl. 1978, N 15 vor §§ 3-7 mit Verweisung auf BGH NJW 1952
S. 1385).

    e) Vergleicht man die falsche Anschuldigung des Art. 303 StGB
mit der Begünstigung des Art. 305 StGB, zeigt sich indessen, dass im
letztern Tatbestand die öffentlichen Interessen an der Strafverfolgung
allein auf dem Spiele stehen oder mindestens stark überwiegen. Als
Individualinteressen kämen höchstens die jener Privatpersonen in Frage,
welche durch den begünstigten Vortäter geschädigt wurden. Das wäre hier
insoweit gegeben, als Astrid Proll auch wegen versuchten Mordes verfolgt
war. Dieses Interesse des Verletzten an der strafrechtlichen Verfolgung
des Täters tritt aber so stark zurück, dass ihm die Legitimation
zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Nichtverfolgung (selbst von
Antragsdelikten) abgesprochen wird, soweit nicht ihm garantierte
Parteirechte verletzt wurden (BGE 104 Ia 156). Entscheidend kommt
hinzu, dass Art. 305 StGB, was die Strafverfolgung betrifft, als reines
Delikt gegen die Strafrechtspflege konstruiert ist. Die Tat setzt nicht
voraus, dass der Begünstigte Vortäter sei (BGE 69 IV 120, 99 IV 275
f), wie z.B. das neue österreichische Strafrecht verlangt (§ 299: "Wer
einen anderen, der eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen hat ...";
LEUKAUF/STEINIGER, Kommentar, Anm. C), oder dass wenigstens die Straftat,
derentwegen der Begünstigte - eventuell auch zu Unrecht - verfolgt wurde,
begangen wurde, wie das fürs deutsche und italienische Recht gilt (§
258 StGB, Verfolgungsvereitelung eingeschlossen, SCHÖNKE/SCHRÖDER N 3, 5;
favoreggiamento personale des Art. 378 CP: "dopo che fu commesso un delitto
... aiuta taluno ..."; MANZINI, Trattato di diritto penale italiano, Bd
V 4/1962, S. 912, 914, 917, 924). Art. 305 StGB ist daher tatbeständlich
auf den Schutz der schweizerischen Strafrechtspflege zu beschränken,
wie es wenigstens weitgehend ausländischem Recht entspricht (Leipziger
Kommentar und SCHÖNKE/SCHRÖDER, je aaO; MANZINI, S. 685, 917, 926 f.).

    f) Offen bleiben kann, ob Art. 305 StGB anwendbar wäre, wenn der
im Ausland Verfolgte gestützt auf ein gültiges Auslieferungsgesuch oder
einen dieses vorbereitenden Steckbrief in der Schweiz tatsächlich verfolgt
würde und ausgeliefert werden könnte. Denn weder der Anklage noch dem
Urteil kann entnommen werden, dass dem so war.

    g) Die Beschwerde ist also insoweit zu schützen, als Egloff wegen
Begünstigung der Astrid Proll im Sinne von Art. 305 StGB schuldig befunden
und bestraft wurde. Eine andere Lösung - selbst wenn sie wünschbar
erscheinen mag - lässt das Gesetz nicht zu.

    Die Vorinstanz wird den Beschwerdeführer in diesem Punkt freizusprechen
und die Strafe insoweit neu zuzumessen haben.

Erwägung 2

    2.- a) Der Beschwerdeführer wurde auch des wiederholten und
fortgesetzten Beschaffens, Verbergens und Weiterschaffens von Sprengstoffen
im Sinne von Art. 226 Abs. 2 StGB schuldig befunden. In diesen Rahmen fällt
der Transport von 4 Handgranaten HG 43, 2 Splittermänteln, 1 Panzermine
60 und 3 Tretminen 59 mit Sprengschrauben mit der Bahn von Zürich nach
Italien und deren Übergabe an einen Unbekannten zur Weiterschaffung
nach Spanien und zum illegalen Einsatz gegen fremde Einrichtungen. Die
Panzermine, die vier Handgranaten und eine Tretmine wurden am 7. April
1974 in Port-Bou in einem Eisenbahnwagen sichergestellt.

    b) Mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis nicht
unter einem Monat wird gemäss Art. 226 Abs. 2 StGB u.a. bestraft, wer
Sprengstoffe weiterschafft, wenn er weiss oder annehmen muss, dass sie
zu verbrecherischem Gebrauch bestimmt sind.

    Mit Recht wird nicht bestritten, dass der Beschwerdeführer vorsätzlich
Sprengstoffe "weiterschaffte". Er tat es, wie die Vorinstanz verbindlich
feststellt (Art. 277bis Abs. 1 BStP) und der Beschwerdeführer in der
Beschwerde selber hervorhebt, im Wissen, dass dieser Sprengstoff
"ausschliesslich für den politisch motivierten Einsatz in Spanien
gegen das Franco-Regime bestimmt" war. Damit steht aber fest, dass der
Sprengstoff zu Anschlägen in der Form von vorsätzlicher Tötung, schwerer
Körperverletzung, qualifizierter Sachbeschädigung, Brandstiftung,
Gefährdung durch Sprengstoffe usw., also zu Verbrechen im Sinne von
Art. 9 Abs. 1 StGB bestimmt war, sodass die Vorinstanz Art. 226 Abs. 2
mit Recht anwandte.

    c) Der (politische) Beweggrund nimmt den Taten den Charakter als
Verbrechen im Sinne von Art. 9 Abs. 1 StGB in Verbindung mit Art. 224
und 226 StGB nicht. Er täte es nicht einmal, wenn der Beweggrund einen
Strafmilderungsgrund nach Art. 64 StGB darstellte (BGE 96 IV 32 E 2 mit
Verweisungen). Denn die Qualifikation als Verbrechen richtet sich nach der
für den betreffenden Tatbestand angedrohten Höchststrafe, ohne Rücksicht
auf die nach den Grundsätzen über die Strafzumessung (Art. 63 ff StGB)
konkret verwirkte Strafe.

    d) Das Weiterschaffen von Sprengstoffen im Sinne von Art. 226
StGB ist ein selbständiger Straftatbestand. Er wurde teilweise auf
schweizerischem Hoheitsgebiet begangen, sodass nach Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1
StGB ausschliesslich schweizerisches Recht anwendbar ist. Die Hypothesen
von Abs. 2 und Ziff. 2 scheiden aus. Die in Spanien erlassenen Amnestien
berühren daher die nach schweizerischem Recht verwirkten und in der Schweiz
auszufällenden Strafen nicht. Sie nehmen den Taten den Unrechtscharakter
nicht, auch nicht nach spanischem Recht. Die Schweiz hat ein eigenes und
primäres Interesse, dass ihr Hoheitsgebiet nicht zum Ausgangspunkt im
Ausland zu verübender Sprengstoffanschläge wird. Diese erfolgen häufig
im Rahmen international organisierter Terroranschläge, sodass ein frühes
Eingreifen angezeigt ist, ohne dass zuvor festgestellt werden muss,
wo die Sprengstoffe zum verbrecherischen Einsatz kommen sollen.

    e) Die Beschwerde ist daher nicht begründet, soweit sie sich gegen
die Verurteilung wegen Weiterschaffens von Sprengstoffen im Sinne von
Art. 226 Abs. 2 StGB richtet.

Erwägung 3

    3.- a) Der Beschwerdeführer verlangt erneut, es sei ihm hinsichtlich
der Anschläge auf die spanische Botschaft in Bern und das spanische
Konsulat in Zürich der Strafmilderungsgrund des achtungswerten
Beweggrundes im Sinne von Art. 64 StGB zuzubilligen. Er habe sich nach
Feststellung der Vorinstanz von einer ehrlichen, gesellschaftskritischen
Überzeugung und von idealistischen Beweggründen leiten lassen, die nach
seinem Werdegang eine spezifisch antifaschistische Zielrichtung hätten
erkennen lassen. Auch wenn bei ihm nach Feststellung der Vorinstanz ab
dem Zeitpunkt des Sprengstoffeinsatzes nicht mehr von reinem Idealismus
gesprochen werden könne, habe sie ihm zubilligen müssen, dass er sein
ganzes Leben in den Dienst seiner politischen Ziele gestellt habe und
auch bereit gewesen sei, persönliche Verzichte auf sich zu nehmen. Das
undemokratische Franco-Regime habe den Kampf mit demokratischen Mitteln
nicht zugelassen. Wenn auch nicht persönlich betroffen, habe er aus
altruistischem Antrieb, aus Solidarität mit Opfern eines totalitären
Regimes und persönlichen Freunden gehandelt. Bei den Sprengstoffanschlägen
hätten sich die Angeklagten nach Feststellung der Vorinstanz bemüht,
die Gefährdung von Menschen auszuschliessen oder mindestens möglichst
gering zu halten. Sie hätten deshalb sehr kurze Zündschnüre verwendet
und dabei teilweise sogar eine grössere Selbstgefährdung in Kauf genommen.

    b) Die Ermittlung des Beweggrundes der Tat gehört zu den tatsächlichen
Feststellungen, die der kantonale Richter für den Kassationshof verbindlich
trifft (Art. 227bis Abs. 1 BStP). Ob der Beweggrund achtungswert
ist, beurteilt sich nach der Rangordnung ethischer Werte, die von der
Gemeinschaft anerkannt werden. Es genügt nicht, dass er nicht verwerflich
ist. Der Beweggrund ist unabhängig von der Tat und ihrem Verhältnis zum
verfolgten Zweck. Doch können die vom Täter vorausgesehenen Gefahren
und Folgen der Tat eine so grosse Rücksichtslosigkeit kundtun, dass
sie die Schuld mehr erhöht, als der an sich achtungswerte Beweggrund
die Strafe zu mindern vermag. Politische Motive sind nicht an sich
achtungswert; sie können es sein, können ethisch aber auch neutral oder gar
verwerflich sein. Auch ein achtungswerter Beweggrund ist nur ein Element
der Strafzumessung, das durch andere Umstände, wie die Art und Weise,
das Ziel zu verfolgen, besondere Rücksichtslosigkeit und dergleichen
aufgewogen sein kann (BGE 101 IV 389 ff).

    c) Die Vorinstanz hat die Persönlichkeit des Beschwerdeführers mit
viel Einfühlung gewürdigt. Sie stellt u.a. fest, er habe sich schon früh
mit sozialen Problemen zu beschäftigen begonnen und sei ursprünglich aus
ehrlicher gesellschaftskritischer Überzeugung und idealen Beweggründen
zu seinen Ansichten gelangt. Er sei vom Bestreben nach einer bessern
Welt und nach Freiheit ausgegangen. Den einzigen Sinn seines Lebens habe
er schliesslich darin gesehen, am revolutionären Kampf mitzuwirken, da
Gewalt nur durch Gegengewalt bekämpft werden könne. Deswegen sei er zu
den Taten geschritten.

    Mit dieser Umschreibung hat die Vorinstanz dem Beschwerdeführer aber
an sich achtungswerte Beweggründe zuerkannt. Für das Ergebnis ist dies
jedoch nicht entscheidend.

    d) Einmal hat die Vorinstanz den achtungswerten Beweggrund in
Wirklichkeit nicht völlig verneint, ihm vielmehr im ordentlichen
Strafrahmen ausdrücklich Rechnung getragen, wenn sie ausführt, den
Angeklagten könne hinsichtlich der Anschläge gegen Konsulat und Botschaft
Spaniens und wenigstens eines Teils der übrigen Straftaten strafmindernd
zugute gehalten werden, dass sie von ihrem Gesichtspunkt aus im Bestreben
gehandelt hätten, zur Verwirklichung einer besseren und andern Menschen
erträglicheren Welt beizutragen. Das Bestreben, durch Verwendung kurzer
Zündschnüre die Gefährdung zufälliger Passanten unter Erhöhung des
Eigenrisikos zu verringern, wurde ebenfalls berücksichtigt.

    Sodann nennt das Urteil die Gründe, weshalb diese Umstände nicht
weitergehend berücksichtigt werden konnten. Hierher gehört vorab der
Umstand, dass der Beschwerdeführer zur Zeit der Sprengstoffanschläge nicht
mehr aus reinem Idealismus gehandelt hatte, sich vielmehr, wie regelmässig
andere Terroristen, "offensichtlich letztlich von Hass- und Rachegefühlen"
leiten liess. Das aber schwächt nicht nur die achtungswerten Beweggründe
ab, soweit sie noch wirksam waren. Es zwang den Richter gleichzeitig,
diese Gefühle straferhöhend zu berücksichtigen.

    Entscheidend war für die Vorinstanz sodann, dass die
Sprengstoffanschläge (jene gegen Konsulat und Botschaft inbegriffen) auch
Unbeteiligte, namentlich Eigentümer und Bewohner naheliegender Grundstücke
und zufällige Passanten geschädigt und gefährdet hatten. Deshalb wäre für
die Vorinstanz, selbst bei formaler Anerkennung achtungswerter Beweggründe,
eine weitere Strafminderung oder gar eine Strafmilderung nicht in Betracht
gekommen. Auch diese Eventualbegründung deckt die ausgesprochene Strafe. In
der Tat hätte die Strafe bei völligem Fehlen achtungswerter Beweggründe
bedeutend schwerer sein müssen.

Erwägung 4

    4.- Sachbeschädigung wird gemäss Art. 145 Abs. 2 StGB von Amtes wegen
verfolgt und mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft, wenn der Täter
"aus gemeiner Gesinnung einen grossen Schaden verursacht" hat.

    a) Der Beschwerdeführer hat durch seine Sprengstoffanschläge
vorsätzlich grosse Schäden angerichtet. Er anerkennt auch mit Recht,
dass der Tatbestand der Sachbeschädigung nicht in der Gefährdung durch
Sprengstoffe gemäss Art. 224 StGB aufgeht. Er macht aber geltend,
nicht "aus gemeiner Gesinnung" gehandelt zu haben. Zur Begründung
bringt er wiederum vor, er habe selbstlos und aus achtungswertem
Beweggrund gehandelt. Aber selbst wenn man diesen verneine, würden die
in jenem Zusammenhang geltend gemachten Gründe dartun, dass er nicht aus
gemeiner Gesinnung gehandelt habe, insbesondere nicht hinsichtlich der
Sprengstoffanschläge gegen Konsulat und Botschaft Spaniens.

    b) Das Merkmal "gemeine Gesinnung" ist eng auszulegen. Das folgt aus
dem Wortlaut des Gesetzes (bassesse de caractère, animo abietto; ebenso
Art. 231-233 StGB; gleich wurde "ehrlose Gesinnung" des aufgehobenen
Art. 52 StGB im französischen und italienischen Gesetzestext wiedergegeben)
und dem hohen Strafminimum von einem Jahr Zuchthaus, das aber auch durch
die Grösse des vorsätzlich herbeigeführten Schadens mitbestimmt wird. Von
der "besonders verwerflichen Gesinnung" im Tatbestand des Mordes ist es
kaum verschieden. Der ethischen Wertung der Gesinnung durch den Richter
ist ein weiter Rahmen gelassen.

    Werden achtungswerte Beweggründe verneint, so heisst das noch nicht,
dass der Täter aus gemeiner Gesinnung gehandelt hat. Überdies genügt nicht,
dass der Beweggrund zur Tat gemein war. Die Tat muss der Ausfluss einer
entsprechenden ethischen Gesinnung, Einstellung oder Haltung (caractère)
gewesen sein. Das Verhalten vor und nach der Tat genügt nicht (BGE 84 IV
150 zum aufgehobenen Art. 52 StGB); doch kann es einen gemeinen Charakter
offenbaren, der, wenn er sich in der Tat ausgewirkt hat, das gesetzliche
Merkmal erfüllt.

    c) Im vorliegenden Fall konnte nach verbindlicher Feststellung der
Vorinstanz (Art. 277bis Abs. 1 BStP) von reinem Idealismus zur Zeit
der Terroranschläge keine Rede mehr sein. Der Beschwerdeführer habe die
unkontrollierbare und unberechenbare Wirkung der Sprengstoffexplosion
gekannt und daher einen sehr grossen Schaden und die Gefahr für Leib und
Leben unbeteiligter, arg- und wehrloser Menschen in Kauf genommen. Bei
diesem heimtückischen und hinterhältigen Vorgehen gegen die abgelehnte
Gesellschaft lasse der Terrorist sich "offenkundig letztlich von Hass- und
Rachegefühlen leiten". Diese Feststellung war nicht abstrakt, sondern,
wie der Zusammenhang ergibt, auf die Angeklagten Egloff und von Arb
zugeschnitten und aus deren Absichten und Handlungen abgeleitet. Sie ist
daher bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

    Diese Hass- und Rachegefühle waren nach den Umständen nicht
entschuldbar und daher besonders verwerflich oder gemein im Sinne
des Gesetzes. Schon die Vorentwürfe 1894, 1896 und 1903 hatten in
ihren Art. 76 bzw. 79 und 87 Rachsucht und Hass beispielsweise als
"niederträchtig" bzw. "niedere" Gesinnung im Sinne der qualifizierten
Sachbeschädigung angeführt. Ebenso erwähnen CLERC und HAFTER (BT I
S. 137 bzw. S. 220) Bosheit und Rachsucht in diesem Zusammenhang. Diese
Gefühle waren nicht bloss momentane Stimmungslage, sondern entsprachen
einer dauernden Einstellung, welche die Beschwerdeführer immer wieder zu
neuen Attentaten trieb. Das Streben nach einer bessern Welt schloss nach
tatsächlicher Feststellung der Vorinstanz diese Hass- und Rachegefühle
nicht aus. Diese haben vielmehr immer mehr überhand genommen, wie die
rücksichtslosen Anschläge beweisen. Sie haben die ethische Einstellung
des Beschwerdeführers so sehr geprägt, dass man trotz noch vorhandener
idealer Fernziele auch von gemeiner Gesinnung sprechen muss.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen, das Urteil des
Geschworenengerichts des Kantons Zürich von 27. September 1977 aufgehoben
und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers von der Anklage
der Begünstigung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im übrigen wird die
Beschwerde abgewiesen.