Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IV 206



104 IV 206

47. Urteil des Kassationshofes vom 12. September 1978 i.S. H. gegen
Generalprokurator des Kantons Bern Regeste

    Art. 8 Abs. 5 und 6 BAV.

    Die zulässige Nutzlast für ein Sattelmotorfahrzeug entspricht der um
die Sattellast verminderten Differenz zwischen Gesamt- und Leergewicht
von Sattelschlepper und Sattelanhänger (E. 2).

Sachverhalt

    A.- Anlässlich einer polizeilichen Kontrolle ergab sich, dass das
von S. geführte Sattelmotorfahrzeug des H. eine um 2'450 kg über dem
zulässigen Gesamtzugsgewicht von 5'750 kg liegende Last aufwies. S. war
durch H. veranlasst worden, das Fahrzeug mit bis zu 3'180 kg zu beladen.

    B.- Das Obergericht des Kantons Bern sprach H. am 25. April 1978
in Bestätigung eines einzelrichterlichen Urteils des Veranlassens zum
Überladen schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 150.-.

    C.- H. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Mit der Nichtigkeitsbeschwerde kann nur die Aufhebung des
angefochtenen Urteils und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz
zu neuer Entscheidung verlangt werden (Art. 277ter Abs. 1 BStP). Soweit
das Begehren des Beschwerdeführers um Freisprechung darüber hinausgehend
auf einen Entscheid des Kassationshofes in der Sache selber abzielt,
ist darauf nicht einzutreten (BGE 102 IV 257).

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer macht geltend, nach Gesetz stelle die
Summe der Gesamtgewichte von Sattelschlepper und Sattelanhänger das
zulässige Gesamtzugsgewicht, die Differenz der Gesamt- und Leergewichte
von Sattelschlepper und Sattelanhänger oder die Summe ihrer Nutzlasten
die zulässige Nutzlast dar. Gemäss den Fahrzeugausweisen betrage das
Gesamtgewicht des Sattelschleppers 3'500 kg, dasjenige des Sattelanhängers
3'530 kg, deren Leergewicht 2'220 kg beziehungsweise 1'630 kg und ihre
Nutzlast 1'280 kg beziehungsweise 1'900 kg. Es ergebe sich demnach für sein
Sattelmotorfahrzeug ein zulässiges Gesamtzugsgewicht von 7'030 kg und eine
zulässige Nutzlast von 3'180 kg. Wenn er als Weisung das weitergegeben
habe, was sich aufgrund der Gewichtsangaben im Fahrzeugausweis gestützt
auf die gesetzlichen Vorschriften habe errechnen lassen, so könne er
S. nicht zum Überladen veranlasst haben.

    Nutzlast ist die Differenz zwischen Gesamtgewicht und Leergewicht
unter Einschluss einer allfälligen Sattellast, d.h. jenes Gewichtsanteils,
welcher vom Sattelanhänger über die Sattelkupplung auf den Sattelschlepper
übertragen wird (Art. 8 Abs. 5 und 6 BAV). Aus dieser Begriffsbestimmung
ergibt sich mit aller Deutlichkeit, dass die zulässige Nutzlast
für ein Sattelmotorfahrzeug nicht der Differenz zwischen Gesamt-
und Leergewicht von Sattelschlepper und Sattelanhänger entspricht,
sondern der um die Sattellast verminderten Differenz zwischen Gesamt-
und Leergewicht von Sattelschlepper und Sattelanhänger; andernfalls
wäre, obgleich bei angekuppeltem Sattelanhänger ein Teil des Gewichtes
(vgl. Art. 64 Abs. 2 BAV) als Sattellast auf dem Sattelschlepper ruht,
dieser Teil entgegen Art. 8 Abs. 5 BAV nicht in das Leergewicht des
Sattelschleppers eingeschlossen. Aus diesem Grund kann Art. 8 Abs. 9 BAV
für Sattelmotorfahrzeuge nicht ohne weiteres Geltung beanspruchen. Dieser
Artikel, der bestimmt, das Gesamtgewicht bestehe aus dem von Rechts wegen
zulässigen Gewicht eines Zugfahrzeugs und seiner Anhänger mit Einschluss
von Insassen und Ladung, ist auf gewöhnliche Anhängerzüge zugeschnitten,
bei denen der Anhänger vom Zugfahrzeug nur gezogen wird (vgl. auch die
Definition "Sattelmotorfahrzeug" in Art. 3 Abs. 3 lit. h BAV). Auf der
oben dargestellten Grundlage berechnet, ergibt sich bei Leergewichten
des Sattelschleppers und des Sattelanhängers von 2'220 kg und 1'630 kg,
Gesamtgewichten von 3'500 kg und 3'530 kg sowie einer Sattellast von
1'280 kg gemäss den Fahrzeugausweisen eine zulässige Nutzlast von 1'900
kg, wie diese aus dem Fahrzeugausweis des Sattelanhängers übrigens
ersichtlich ist. Wenn der Beschwerdeführer S. die Weisung erteilte,
sein Sattelmotorfahrzeug mit bis zu 3'180 kg zu beladen, so hat er
diesen demnach objektiv zum Überladen veranlasst, und zwar, weil eine
Überschreitung der zulässigen Nutzlast notwendigerweise auch zu einer
solchen des zulässigen Höchstgewichtes führt, sowohl hinsichtlich der
zulässigen Nutzlast, wie auch bezüglich des zulässigen Gesamtgewichtes.

Erwägung 3

    3.- Auch wenn sich der Beschwerdeführer durch Art. 8 Abs. 9 BAV
sollte irreführen haben lassen, so handelte er dennoch pflichtwidrig
unvorsichtig (Art. 18 Abs. 3 StGB). Aus den Fahrzeugausweisen, die er
für seine Berechnung einsehen musste, ergab sich lediglich die Nutzlast
des Sattelanhängers (1'900 kg); für den Sattelschlepper ist gar keine
Nutzlast ausgewiesen. Dem Beschwerdeführer, der als Inhaber eines
Transportunternehmens mit mehreren Fahrzeugen und Sattelschleppern mit
den Verhältnissen vertraut ist, musste aber ohne weiteres klar sein,
dass Sattellast mit Nutzlast nicht gleichgesetzt werden kann.

    Sollten bei ihm in dieser Hinsicht noch Zweifel vorhanden gewesen
sein, so hätte es die nach den Umständen und den persönlichen
Verhältnissen gebotene Sorgfalt erfordert, dass er sich auch für
die Klärung dieser beiden Begriffe der BAV bedient hätte. Dann aber
wäre er zwangsläufig darauf gestossen, dass seine Berechnungsart die
tatsächliche Verschiedenheit von gewöhnlichen Anhängerzügen und von
Sattelmotorfahrzeugen offensichtlich nicht berücksichtigte und deshalb
nicht richtig sein konnte.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.