Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IV 175



104 IV 175

42. Urteil des Kassationshofes vom 3. Mai 1978 i.S. Adams gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt Regeste

    Art. 273 StGB. Wirtschaftlicher Nachrichtendienst; Art. 162
StGB. Verletzung des Geschäftsgeheimnisses.
   a) Geschäftsgeheimnis (Erw. 1b, c).  b) Schutzwürdigkeit des
   Geheimhaltungsinteresses (Erw. 2).  c) Zuständigkeit, Art. 7 StGB
   (Erw. 3).  d) Vorsatz (Erw. 4).  e) Rechtsirrtum, Art. 20 StGB (Erw. 5).
   f) Sachverhaltsirrtum, Art. 19 StGB (Erw. 6).

Sachverhalt

    A.- Stanley Adams war Mitarbeiter der Marketing-Gruppe M 2/Übersee
bei F. Hoffmann-La Roche & Co. AG in Basel (Roche). Im Verlauf des Jahres
1973 gab er den Organen der Europäischen Gemeinschaften (EG) den Inhalt
mehrerer sog. Management-Informations und des sog. Jann-letter vom 25. Juni
1973 bekannt.

    B.- Das Strafgericht Basel-Stadt sprach Adams am 1. Juli 1976 in
contumaciam des fortgesetzten wirtschaftlichen Nachrichtendienstes und
der fortgesetzten Verletzung von Geschäftsgeheimnissen schuldig und
verurteilte ihn zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von 12
Monaten sowie zu 5 Jahren Landesverweisung.

    Auf Appellation Adams' bestätigte das Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt das erstinstanzliche Urteil mit der Massgabe, dass
die Landesverweisung aufgehoben wurde.

    C.- Adams führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das
appellationsgerichtliche Urteil aufzuheben.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Der Beschwerdeführer macht geltend, die der EG-Kommission
offenbarten Sachverhalte seien nicht Geschäftsgeheimnisse
gemäss Art. 273 StGB. Der Kreis der Personen, die den Inhalt
der Management-Informations und des Jann-letter kannten, sei nicht
geschlossen, ihre Zahl nicht bestimmt oder bestimmbar gewesen. Nicht auf
die Zahl und Art der Personen, die die Schriftstücke kennen konnten,
sei abzustellen, sondern darauf, wieviele und welche Personen von den
in den Management-Informations mitgeteilten vertraglichen Bindungen von
Roche mit andern Unternehmen wussten. Dieser Personenkreis habe ebenso wie
jener der Empfänger und sonstigen Mitwisser der Management-Informations
und des Jann-letter weit über die Grenzen der Schweiz hinausgereicht,
sodass es an der Beschränkung des Mitwisserkreises auf die Schweiz
gebreche, einer elementaren Voraussetzung des Art. 273 StGB. Die
in den Management-Informations enthaltenen Vertragsabreden hätten
zudem ausschliesslich Geschäftsbeziehungen zwischen den selbständigen
ausländischen Roche-Gesellschaften und deren ausländischen Vertragspartnern
betroffen und nicht das schweizerische Wirtschaftsleben, wie Art. 273
StGB voraussetze.

    a) Die Rüge, der Personenkreis, dem der Inhalt der
Management-Informations und des Jann-letter zugänglich war,
sei nicht geschlossen, die Zahl der Mitwisser weder bestimmt noch
bestimmbar, betrifft tatsächliche Verhältnisse und kann deshalb mit
der auf die Verletzung eidgenössischen Gesetzesrechtes beschränkten
Nichtigkeitsbeschwerde nicht erhoben werden (Art. 269 Abs. 1, 273 Abs. 1
lit. b BStP).

    Der Einwand, bei der Bestimmung des Mitwisserkreises sei auf die
Zahl derer abzustellen, die die in den Management-Informations genannten
vertraglichen Abmachungen von Roche mit andern Firmen kannten, nicht auf
die jener, welche von den Management-Informations und dem Jann-letter
wussten, ist unbehelflich, zumal nach der von der Vorinstanz übernommenen
tatsächlichen Feststellung des Strafgerichts die Management-Informations
ausser vertraglichen Abmachungen auch Weisungen für die Geschäftspolitik
der Unternehmen der Roche-Konzerns enthielten.

    b) Geheim ist eine Tatsache, solange sie dem vom Gesetz genannten
fremden Destinatär nicht bekannt oder zugänglich geworden ist (BGE 65
I 50 E. 1). Das traf für den Inhalt der Management-Informations und des
Jann-letter im Verhältnis zur EG-Kommission, bevor der Beschwerdeführer ihr
ihn offenbarte, selbst dann zu, wenn er den ausländischen Gesellschaften
des Roche-Konzerns wie auch, soweit Vertragsabrede betreffend, den
ausländischen Vertragspartnern geläufig, von ihnen aber nie allgemein
bekannt gemacht worden war.

    c) Die Behauptung, die in den Management-Informations enthaltenen
Vertragsabreden hätten ausschliesslich Geschäftsbeziehungen zwischen den
selbständigen ausländischen Roche-Gesellschaften und deren ausländischen
Vertragspartnern betroffen, stösst sich an der gegenteiligen,
für den Kassationshof verbindlichen tatsächlichen Feststellung der
Vorinstanz (Art. 277bis Abs. 1 BStP), die Dokumente behandelten
durchwegs höchst vertrauliche Abmachungen und Beschlüsse "der hiesigen
Konzernleitung" (Urteil S. 7), sowie des Strafgerichts (Urteil S. 19),
die Exklusivlieferungsvereinbarungen seien "von Zentrale zu Zentrale"
abgeschlossen worden. Mit ihr kann daher nicht dargetan werden, es habe
sich beim Inhalt der Management-Informations und des Jann-letter nicht
um schweizerische Geschäftsgeheimnisse und Tatsachen des schweizerischen
Wirtschaftslebens gehandelt.

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer beruft sich sodann auf fehlende
Schutzwürdigkeit des Geheimhaltungsinteresses. Zweck von Art. 273 StGB sei
nach der Entstehungsgeschichte die Schaffung eines wirksamen Schutzes der
Eidgenossenschaft und ihrer Rechtsunterworfenen gegenüber ausländischen
totalitären Staaten. Schutzwürdig sei das Geheimhaltungsinteresse
daher nur, wenn die Verhältnisse im Empfängerstaat eine Geheimhaltung
rechtfertigten, was zutreffe, wenn er die Verletzung seiner Normen
durch Sanktionen ahnde, die nach schweizerischer Auffassung der Art des
Vergehens nicht adäquat seien, oder dessen materielle Vorschriften mit
dem schweizerischen ordre public oder Rechtsempfinden nicht vereinbar
seien. Da im Rechtskreis der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
(EWG) nicht einem Diktaturstaat vergleichbare Verhältnisse herrschten,
sei das Geheimhaltungsinteresse von Roche nicht schützenswert. Ein
schweizerisches volkswirtschaftliches Geheimhaltungsinteresse fehle beim
Verhalten ausländischer Gesellschaften und ihren Geschäftsbeziehungen auf
ausländischen Märkten und werde durch die zwischen der EWG und der Schweiz
bestehenden staatsvertraglichen Vereinbarungen ausgeschlossen. Sodann
sei das Verhalten von Roche mit den schweizerisches Recht darstellenden
Bestimmungen von Art. 23 ff des Freihandelsabkommens (FHA) unvereinbar,
unabhängig davon, ob die EG-Kommission Fehlbare aufgrund dieser
Vorschriften oder jener von Art. 86 des EG-Vertrages ins Recht fasse
und eine direkte Sanktion gestützt auf Art. 23 ff FHA ausgeschlossen
sei. Den ihren staatsvertraglichen Verpflichtungen zuwiderlaufenden
Geschäftsgeheimnissen könne die Schweiz keinen Schutz gewähren, die sich
in Art. 22 Abs. 2 FHA dazu verpflichtet habe, die geeigneten Massnahmen
zur Erfüllung der Verpflichtungen aus diesem Abkommen zu treffen, in
Art. 27 Abs. 3 lit. a zudem, dem Gemischten Ausschuss alle zweckdienlichen
Auskünfte zu erteilen und die erforderliche Hilfe zu leisten. Der zwischen
innerstaatlichem Recht und staatsvertraglicher Pflicht bestehende Gegensatz
müsse so behoben werden, dass jenes gegenüber dieser zurückzutreten habe.

    a) Die Berufung des Beschwerdeführers auf die Entstehungsgeschichte des
Art. 273 StGB geht fehl. Ihr kommt gegenüber dem klaren Gesetzeswortlaut,
nach welchem es auf die beim Destinatär herrschenden rechtlichen und
tatsächlichen Verhältnisse nicht ankommt, keine entscheidende Bedeutung zu
(BGE 74 IV 210, auch 102 Ib 31/32).

    b) Soweit der Rüge, es fehle an der Schutzwürdigkeit des
Geheimhaltungsinteresses, die Voraussetzung zugrundeliegt, beim Inhalt der
Management-Informations und des Jann-letter habe es sich um ausschliesslich
ausländische Roche-Gesellschaften und Märkte betreffende Tatsachen
gehandelt, geht sie schon deshalb fehl, weil eine solche Annahme den
durch die Vorinstanzen für den Kassationshof verbindlich festgestellten
tatsächlichen Verhältnissen widerspricht (vgl. E. 1c).

    Inwiefern ein schweizerisches volkswirtschaftliches Interesse an der
Geheimhaltung von Geschäftsgeheimnissen durch die zwischen der EWG und
der Schweiz bestehenden staatsvertraglichen Vereinbarungen ausgeschlossen
wird, legt der Beschwerdeführer nicht dar und ist auch nicht ersichtlich.

    c) Der Beschwerdeführer versäumt es auch, das konkrete, angeblich
mit dem Freihandelsabkommen unvereinbare Verhalten von Roche sowie
die Bestimmung, der es zuwiderlaufen soll, zu nennen. Dabei käme nur
ein Verhalten in Betracht, das den Warenverkehr zwischen der EWG und
der Schweiz zu beeinträchtigen geeignet ist (Art. 23 Abs. 1 FHA). Die
Rüge des Beschwerdeführers erwiese sich aber bereits an sich als nicht
stichhaltig. Das Freihandelsabkommen ist ein reines Handelsabkommen,
das sich im wesentlichen auf die Regelung des industriellen Freihandels
beschränkt (BBl 1972 II 661). Bei seiner Aushandlung wurde nicht nur eine
Pflicht zur gegenseitigen Angleichung der gemeinschaftlichen und der
schweizerischen Rechtsnormen bewusst ausgeschlossen (BBl 1972 II 730;
Antwort des Bundesrates auf die Einfache Anfrage Jauslin, act. 415b),
sondern es wurden vielmehr die bestehenden Rechtsordnungen gegenseitig
anerkannt und deren uneingeschränkte autonome Durchsetzung gutgeheissen
(Amtsbericht des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements (EJPD),
act. 415a). Aus Art. 22 Abs. 2 FHA kann deshalb eine derartige Pflicht
ebensowenig hergeleitet werden wie aus Art. 27 Abs. 3 lit. a FHA. Art. 23
FHA schafft sodann kein Verhaltensrecht für Private (Amtsbericht EJPD,
act. 415a); er stellt lediglich fest, welche Praktiken mit dem guten
Funktionieren des Freihandelsabkommens unvereinbar seien, verbietet diese
aber nicht, bezeichnet sie auch nicht als rechtswidrig und erklärt sie im
Gegensatz zu Art. 85 und 86 des EG-Vertrages weder als nichtig noch sieht
er Sanktionen vor; er ermächtigt die Vertragsparteien lediglich, gemäss
den in Art. 27 FHA festgelegten Voraussetzungen und Verfahren geeignete
Massnahmen zu treffen. Die Anwendung innerstaatlicher Rechtsnormen
hat demnach nicht zurückzustehen, wenn die Wettbewerbsgrundsätze des
Freihandelsabkommens beeinträchtigt werden. Ist Art. 23 FHA keine
Verbotsnorm, so kann er auch nicht verletzt werden (Amtsbericht EJPD,
act. 415a). Schon in seiner Antwort auf die Einfache Anfrage Jauslin
(act. 415b) hatte der Bundesrat darauf hingewiesen, das Freihandelsabkommen
und dessen Wettbewerbsgrundsätze berührten die beiderseitigen Strafgesetze,
insbesondere Art. 273 StGB nicht. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen
läuft deshalb den staatsvertraglichen Verpflichtungen der Schweiz aus dem
Freihandelsabkommen nicht zuwider; eine Kollision zwischen innerstaatlichem
und staatsvertraglichem Recht liegt nicht vor.

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer hält die schweizerischen Gerichte zur
Beurteilung der ihm zur Last gelegten Verletzung von Geschäftsgeheimnissen
für unzuständig. Sein Brief von anfangs 1973 an die EG-Behörden sei
bloss eine straflose Vorbereitungshandlung. Die eigentliche Mitteilung
der Geschäftsgeheimnisse darstellenden Tatsachen an die EG-Kommission sei
in Brüssel erfolgt. Da die Verletzung von Geschäftsgeheimnissen nicht ein
Erfolgsdelikt sei, liege der Begehungsort gemäss Art. 7 StGB ausserhalb
der Schweiz. Sei der fragliche Brief blosse Vorbereitungshandlung, könne im
vornherein kein fortgesetzter wirtschaftlicher Nachrichtendienst vorliegen.

    a) Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz fasst
der Beschwerdeführer den Vorsatz, sich den EG-Behörden mitzuteilen,
in Basel. Um ihn verwirklichen zu können, richtete er von der Schweiz
aus nicht bloss den Brief von anfangs 1973 an diese, sondern nahm auf den
Antwortbrief mit deren Organen telefonische Fühlung, vereinbarte mit ihnen
das Datum für eine Unterredung, nahm hier die der EG-Kommission zugänglich
gemachten Unterlagen von Roche an sich, trat die Reise nach Brüssel in
der Schweiz an und pflegte von hier auch nach seinem Besuch in Brüssel
mit den EG-Behörden weitere Kontakte, bei denen er ergänzende Auskünfte
zu den früher preisgegebenen Geschäftsgeheimnissen erteilte. Wenn nicht
bereits durch die ihr vorausgegangenen Tätigkeiten, war jedenfalls mit
der Vorbereitung und dem Antritt der Reise nach Brüssel nach dem Plan
des Beschwerdeführers jener letzte entscheidende Schritt auf dem Weg zum
Erfolg getan, von dem es in der Regel kein Zurück mehr gibt, es sei denn
wegen äusserer Umstände, die eine Weiterverfolgung der Absicht erschweren
oder verunmöglichen (BGE 99 IV 153), also mit der Ausführung des Vergehens
begonnen worden. Das geschah in der Schweiz, sodass die Zuständigkeit
der schweizerischen Gerichte zur Beurteilung auch des Tatbestandes der
Verletzung von Geschäftsgeheimnissen gemäss Art. 7 Abs. 1 StGB gegeben war.

    b) Der Beschwerdeführer hat nach den verbindlichen tatsächlichen
Feststellungen des Strafgerichts zumindest eine Kopie des Jann-letter den
EG-Behörden in einem späteren Zeitpunkt übergeben, als er sie mündlich
über die als Geschäftsgeheimnisse anzusprechenden Tatsachen orientierte
und ihnen eine Kopie der Management-Informations zukommen liess. Das
geschah nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz gestützt auf
ein und denselben Willensentschluss. Der Schuldspruch wegen fortgesetzter
Tatbegehung ist daher nicht zu beanstanden.

Erwägung 4

    4.- Die Vorinstanz ist nach Auffassung des Beschwerdeführers von
einem unzutreffenden Begriff des Vorsatzes ausgegangen. Die Kenntnis
einer arbeitsvertraglichen Geheimhaltungspflicht, welche die Vorinstanz
einzig bejahe, könne dem Wissen um den staatlichen Schutz privater
Geschäftsgeheimnisse gegenüber dem Ausland nicht gleichgesetzt werden,
das für die Erfüllung des subjektiven Tatbestandes von Art. 273 StGB
erforderlich sei und ihm gefehlt habe. Da das Wissen sich auf alle Elemente
des gesetzlichen Straftatbestandes beziehen müsse, genüge es nicht,
wenn der Täter sich bewusst sei, ein Geschäftsgeheimnis zu verraten,
und es einem der genannten Adressaten zukommen lasse, sondern darüber
hinaus sei das Wissen um die Rechtswidrigkeit erforderlich, das weiter
gehe als das unbestimmte Unrechtsbewusstsein, und auf das wegen der
Ausgefallenheit des Straftatbestandes und der relativen Unbestimmtheit
des geschützten Rechtsgutes nicht verzichtet werden könne. Im weitern
habe er nicht gewusst, dass es sich bei der EG-Kommission um eine fremde
amtliche Stelle handle.

    a) Das zum Vorsatz erforderliche Wissen verlangt einzig, dass der
Täter die objektiven Merkmale eines Straftatbestandes kenne (SCHULTZ, I,
S. 173; SCHWANDER, S. 91; HAFTER, AT, S. 115; THORMANN/OVERBECK, N. 11
zu Art. 18 StGB; LOGOZ, N. 5 a und b zu Art. 18 StGB). Dass er, soweit
es mit diesen nicht identisch ist, um das Rechtsgut oder Interesse wisse,
dessen Schutzbedürftigkeit zur Strafnorm Anlass gab, ist nicht erforderlich
(THORMANN/OVERBECK, N. 17 zu Art. 18 StGB; im besonderen hinsichtlich
Art. 273 StGB: PFENNINGER, ZSR 37, S. 158; LOHNER, ZStR 83, S. 152; HUG,
Der wirtschaftliche Nachrichtendienst, Diss. Bern 1958, S. 92). Ebensowenig
muss sich der Täter der Rechtswidrigkeit (BGE 90 IV 48 E. 3 mit Verweisen)
oder der Strafbarkeit seines Verhaltens bewusst sein (SCHWANDER, S. 91;
HAFTER, AT, S. 115; THORMANN/OVERBECK, N. 15 zu Art. 18 StGB; LOGOZ,
N. 5b zu Art. 18 StGB).

    Als Tatsachen des wirtschaftlichen Lebens, an deren Geheimhaltung
nach schweizerischer Auffassung ein schutzwürdiges Interesse besteht
und die deshalb dem Ausland gegenüber geschützt werden sollen (BGE 101
IV 199 E. 4a), und damit als Geschäftsgeheimnis im Sinne von Art. 273
StGB gelten namentlich Betriebsgeheimnisse, die ein schweizerisches
Wirtschaftsunternehmen geheimhalten will; ihre Preisgabe verletzt nicht
nur private, sondern mittelbar zugleich nationale volkswirtschaftliche,
also staatliche Interessen (BGE 98 IV 211). Nach den verbindlichen
tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kannte der Beschwerdeführer
den Geheimnischarakter der die Roche-Unternehmen betreffenden,
in den Management-Informations und im Jann-letter dargestellten
wirtschaftlichen Vorgänge. Ein mehreres aber war zur Annahme, er habe diese
Geschäftsgeheimnisse im Sinne von Art. 273 StGB darstellenden Tatsachen
vorsätzlich bekannt gemacht, nicht erforderlich. Ob er um den staatlichen
Schutz solcher Geheimnisse und damit um die Verletzung nicht bloss
privater, sondern auch staatlicher Interessen im Falle ihrer Preisgabe
wusste, ist unerheblich, weil nicht das objektive Tatbestandsmerkmal des
Geschäftsgeheimnisses betreffend (BGE 99 IV 58 f.). Fehl geht auch die
Berufung auf mangelndes Bewusstsein der Rechtswidrigkeit seines Handelns
sowie auf Unkenntnis der Strafnorm von Art. 273 StGB (BGE 99 IV 59).

    b) Ob der Beschwerdeführer wusste, dass es sich bei der EG-Kommission
um eine fremde amtliche Stelle handelt, ist nicht Rechts-, sondern
Tatfrage, welche die Vorinstanz für den Kassationshof verbindlich
entschieden hat. Dass sie von einem unrichtigen Begriff der fremden
amtlichen Stelle ausgegangen wäre, macht der Beschwerdeführer nicht
geltend. Wieso Unkenntnis der Strafnorm von Art. 273 StGB das durch die
Vorinstanz festgestellte Wissen auszuschliessen vermocht hätte, wie der
Beschwerdeführer behauptet, ist unerfindlich.

Erwägung 5

    5.- Der Beschwerdeführer beruft sich auf Verbotsirrtum, da er
Art. 273 StGB nicht gekannt habe. Diese Bestimmung sei dogmatisch dem
Nebenstrafrecht zuzuordnen; wegen ihrer Ausgefallenheit und Einzigartigkeit
habe ein Unrechtsbewusstsein bei ihm nicht aufkommen können. Er habe
ferner aus zureichenden Gründen angenommen, zur Tat berechtigt zu
sein. Nach bisheriger Tätigkeit und persönlichen Verhältnissen habe
er mit dem schweizerischen Recht und insbesondere mit einer derart
aussergewöhnlichen Strafbestimmung wie der von Art. 273 StGB nicht
vertraut sein können. Bundespolizei-Kommissär Hofer habe nach seinen
Zeugenaussagen bei der ersten Abhörung den bestimmten Eindruck gehabt,
er sei sich nicht bewusst gewesen, eine unrechte Tat begangen zu haben.
Zudem habe er in der Überzeugung gehandelt, Unrecht entdeckt und
dieses der zuständigen Behörde angezeigt zu haben. Wenn der Erste
Staatsanwalt sich zur Beantwortung der Frage ausserstande erklärte,
ob es sich bei der EG-Kommission um eine fremde amtliche Stelle handle,
und der Strafgerichtspräsident für deren Entscheid beim Eidg. Justiz- und
Polizeidepartement ein Gutachten einholte, so könne bei ihm als Ausländer
mit relativ kurzer Aufenthaltsdauer in der Schweiz nicht vorausgesetzt
werden, dass er über die mit dem Rechtsempfinden nicht in Übereinstimmung
zu bringende verfahrensrechtliche Regelung des Freihandelsabkommens
zwischen der Schweiz und der EWG sowie darüber habe im klaren sein können,
dass es sich bei der EG-Kommission um eine fremde amtliche Stelle handle.

    a) Nach der Feststellung des Strafgerichts hatte der Beschwerdeführer
das Gefühl, etwas Unrechtes zu tun, als er die Management-Informations und
den Jann-letter der EG-Kommission übergab, was er durch sein Zugeständnis
in der Beschwerde, die arbeitsvertragliche Geheimhaltungspflicht
gekannt zu haben, zudem selber anerkennt. Ob Kommissär Hofer den
gegenteiligen Eindruck hatte, ist belanglos; die Feststellung des
Strafgerichts betrifft tatsächliche Verhältnisse und ist daher für
den Kassationshof verbindlich. Handelte der Beschwerdeführer aber im
Bewusstsein der Verletzung einer arbeitsrechtlichen Pflicht, so hatte
er das bestimmte Empfinden, unbefugt zumindest gegen subjektive Rechte
anderer zu verstossen, was die Annahme von Verbotsirrtum ausschliesst
(BGE 70 IV 100 E. 5). Da die vom Beschwerdeführer offenbarten Tatsachen
Geschäftsgeheimnisse sowohl im Sinne von Art. 162 StGB wie von Art. 273
StGB sind, und Art. 273 an die Verratshandlung als solche keine
weitergehenden Anforderungen stellt als Art. 162, das Vorhandensein des
Unrechtsbewusstsein im einen es auch für den andern Fall impliziert, geht
die Berufung auf die angebliche Ausgefallenheit und Einzigartigkeit jener
Strafnorm und ihre behauptete dogmatische Zugehörigkeit zum Nebenstrafrecht
fehl, um zureichende Gründe für ein in deren Anwendungsbereich angeblich
fehlendes Unrechtsbewusstsein darzutun. Dem Beschwerdeführer kann auch
die behauptete Unkenntnis der Strafnorm von Art. 273 StGB nicht helfen,
da Art. 20 StGB nicht schon anwendbar ist, wenn der Täter zureichende
Gründe hatte, die Tat nicht für strafbar zu halten, sondern einzig
dann, wenn seine Gründe die Annahme, er tue überhaupt kein Unrecht,
zu entschuldigen vermögen (BGE 100 IV 51 E. 2). Der Beschwerdeführer
wusste nach der verbindlichen tatsächlichen Feststellung der Vorinstanz,
dass es sich bei der EG-Kommission um eine nicht schweizerische und damit
fremde amtliche Stelle handelt, sodass, was er hiegegen einwendet, sich als
unzulässige Kritik am Beweisergebnis erweist (Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP);
es war demnach auch in bezug auf dieses objektive Tatbestandsmerkmal keine
Rechtsfrage zu lösen, die der Beschwerdeführer wegen ihrer besonderen Natur
und erhöhten Kompliziertheit nicht erkennen konnte, was die ausnahmsweise
Zubilligung von Rechtsirrtum an einen rechtsunkundigen Täter erlaubt
hätte (BGE 98 IV 303 E. 4a). Ob er die im Freihandelsabkommen zwischen
der Schweiz und der EWG getroffene verfahrensrechtliche Regelung kannte,
bleibt unter diesen Umständen unerheblich.

    b) Handelt der Täter im Bewusstsein, Unrecht zu tun, so ist
Rechtsirrtum schlechthin ausgeschlossen (BGE 99 IV 250 E. 1). Es kommt
daher nichts darauf an, ob der Beschwerdeführer die Geschäftsgeheimnisse
darstellenden Tatsachen der EG-Kommission in der Überzeugung zugänglich
machte, Unrecht entdeckt zu haben und dieses der zur Ahndung zuständigen
Behörde anzuzeigen.

Erwägung 6

    6.- Schliesslich behauptet der Beschwerdeführer Sachverhaltsirrtum
in bezug auf die Qualifikation der EG-Kommission als fremde amtliche
Stelle. Er sei der Auffassung gewesen, das von ihm festgestellte
rechtswidrige Verhalten von Roche der für die Beurteilung zuständigen
Stelle gemeldet zu haben.

    Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts
und der Vorinstanz wusste der Beschwerdeführer, dass die Schweiz nicht
EWG-Mitglied ist und dass es sich bei der EG-Kommission um eine fremde,
also nicht schweizerische amtliche Stelle handelte. Das schliesst eine
irrige Vorstellung über den Sachverhalt aus. Ob die EG-Kommission die für
die Beurteilung der vom Beschwerdeführer angeprangerten Geschäftspraktiken
von Roche zuständige Stelle war, ist unerheblich.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten
ist.