Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 II 225



104 II 225

38. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Dezember 1978 i.S.
Erben K. gegen H. Regeste

    Verletzung in den persönlichen Verhältnissen (Art. 28 ZGB).

    Unterbrechung der Verjährung bei Solidarität (Art. 136 Abs. 1 OR).

    1. Solidarität im Sinne von Art. 50 Abs. 1 OR liegt nur vor, wenn
jeder Schädiger vom Tatbeitrag des andern Kenntnis hat oder bei der
erforderlichen Aufmerksamkeit haben könnte (E. 4a).

    2. Art. 136 Abs. 1 OR ist nur bei echter Solidarität anwendbar (E. 4b).

    3. Die gerichtliche Feststellung, eine Presseäusserung sei unwahr
und verletze das Persönlichkeitsrecht des Klägers, kann als Mittel zur
Beseitigung der Störung dienen (E. 5a).

    4. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts endet mit dem Tod des
Berechtigten. Die Persönlichkeitsgüter Verstorbener können nur von
deren Angehörigen gewahrt werden, indem sich diese auf ihr eigenes
Persönlichkeitsrecht stützen. Eintritt der Erben in die vom Verstorbenen
angehobene Klage? (E. 5b).

Sachverhalt

    A.- In der Ausgabe vom 29. April 1969 der in Arbon erscheinenden
Tageszeitung "Der Oberthurgauer" wurde unter dem rot gedruckten Titel
"Heisser Bilderhandel am Bodensee" und dem schwarzen Untertitel "Ein in
X. wohnhafter deutscher Kunsthändler scheint Riesengewinne zu machen -
Bringt die Staatsanwaltschaft in Frauenfeld Licht in dieses Geschäft?" ein
Artikel veröffentlicht, der vom Journalisten W. verfasst war. Beim
Kunsthändler, mit dessen Tätigkeit sich der Inhalt des Artikels
befasste, handelte es sich um K., den Eigentümer einer dortigen
Bildergalerie. K. fühlte sich durch verschiedene in diesem Artikel
enthaltene Äusserungen in seiner Ehre verletzt. Am 26. Juni 1969 erhob er
beim Friedensrichteramt Arbon gegen den Verfasser W., gegen Rechtsanwalt
Dr. B. wegen dessen angeblicher Beteiligung an der Entstehung des Artikels
sowie gegen H. als Chefredaktor der Zeitung eine Straf- und Zivilklage. Mit
Eingabe vom 1. September 1969 reichte er Weisung und Klageschrift beim
Bezirksgericht Arbon ein. Das Rechtsbegehren hatte folgenden Wortlaut:

    "I. Es seien die Beklagten der Ehrverletzung (d.h. der Verleumdung
   und/oder üblen Nachrede und/oder Beschimpfung) gegenüber dem Kläger
   durch das Mittel der Druckerpresse, bzw. der Gehilfenschaft dazu
   schuldig zu befinden und sie seien angemessen zu bestrafen.

    II. Es sei gerichtlich festzustellen,

    a) dass die in der Publikation des Artikels "Heisser Bilderhandel am

    Bodensee" im "Oberthurgauer" vom 29.4.1969 sowie eventuell in weiteren
   zu bezeichnenden Presseerzeugnissen verbreiteten Behauptungen und/oder
   Verdächtigungen und/oder Eindrucksvermittlungen ... nicht der Wahrheit
   entsprechen.

    b) dass die Beklagten den Kläger mit der publizierten Verbreitung
   dieser Behauptungen und Verdächtigungen rechtswidrig in seinen
   persönlichen

    Verhältnissen verletzt haben.

    III. Es seien die Beklagten wegen dieser ehrverletzenden Äusserungen
   unter solidarischer Haftbarkeit gerichtlich zu verpflichten, dem Kläger

    Fr. 200'000.- nebst 5% Zins seit 1.5.1969, eventuell einen Gesamtbetrag
   oder Einzelbeträge nach richterlichem Ermessen als schuldig anzuerkennen
   und zu bezahlen.

    IV. Das Gerichtsurteil sei im "Oberthurgauer" sowie allenfalls in
   weiteren, zu bezeichnenden Presseerzeugnissen auf Kosten der Beklagten
   in vorzuschreibender Schriftgrösse zu publizieren."

    Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurde der in Ziffer III geforderte
Betrag auf Fr. 20'000.- reduziert.

    Das Bezirksgericht Arbon beschränkte das Verfahren, das sich
aus verschiedenen Gründen in die Länge zog, auf die von den Beklagten
erhobene Einrede der Verjährung. Mit Urteil vom 15. Februar/17. Mai 1974
erklärte es die Ehrverletzungsklage (Begehren I) zufolge Eintrittes der
Verjährung als gegenstandslos und wies die Begehren II und III ab. Es
nahm an, nicht nur die Strafklage sei verjährt, sondern gemäss Art. 60
OR auch die Zivilklage. Über das Klagebegehren IV sei nicht zu befinden,
nachdem ein Urteilsspruch in der Strafsache nicht möglich sei.

    B.- Auf Berufung des Klägers hin hob das Obergericht des Kantons
Thurgau das bezirksgerichtliche Urteil mit Entscheid vom 19. September
1974 auf und wies die Streitsache zur weiteren Behandlung im Sinne der
Erwägungen an die erste Instanz zurück. Es ging davon aus, die absolute
strafrechtliche Verjährung sei am 29. April 1973 eingetreten und eine
Bestrafung der Beklagten wegen Ehrverletzung sei damit ausgeschlossen,
welchem Umstand richtigerweise durch Einstellung des Strafverfahrens
Rechnung zu tragen sei. Auch zivilrechtlich wäre gegenüber allen drei
Beklagten die Verjährung eingetreten, sofern diese sich nach Art. 60
Abs. 1 OR richten würde. Hingegen bleibe zu prüfen, ob die Verjährung
auch gemäss Art. 60 Abs. 2 OR eingetreten sei, da die strafrechtliche
Verjährungsfrist im vorliegenden Fall zwei Jahre betrage und damit länger
sei als die Einjahresfrist des Zivilrechts. Bei der Prüfung dieser
Frage sei von der Annahme auszugehen, dass eine strafbare Handlung
vorliege, wobei es Sache der ersten Instanz sein werde abzuklären, ob
diese Voraussetzung wirklich gegeben sei. Da der Kläger den Beklagten
B. am 29. April 1970 und am 3. Mai 1971 betrieben habe, sei jedenfalls
diesem gegenüber die zweijährige Verjährung auch insoweit unterbrochen
worden, als es im Prozess zu keinen verjährungsunterbrechenden Handlungen
gekommen sei. Was die beiden andern Beklagten anbetreffe, stelle sich die
Frage, ob die Verjährungsunterbrechung gegenüber dem Beklagten B. auch
ihnen gegenüber wirke. Dies hänge gemäss Art. 136 Abs. 1 OR davon ab,
ob zwischen ihnen und B. Solidarschuldnerschaft bestehe. Auch über diese
Frage werde die erste Instanz auf Grund der Rückweisung zu entscheiden
haben. Was das Feststellungsbegehren anbetreffe, so habe dieses keine
selbständige Bedeutung.

    C.- Nach der Wiederaufnahme des Verfahrens auf Grund der
obergerichtlichen Rückweisung ordnete das Bezirksgericht Arbon die
Trennung der Klagen gegenüber den drei Beklagten an. Auf die Klage gegen
den Beklagten B. trat es in der Folge wegen örtlicher Unzuständigkeit
nicht ein, und im Verfahren gegen den Beklagten W. erliess es einen
Beweisbeschluss. Im (abgetrennten) Prozess gegen den Beklagten H. fällte
es am 14. Januar 1977 ein neues Urteil, mit welchem es das Strafverfahren
einstellte und die Zivilklage abwies. Es verneinte das Bestehen eines
Solidarschuldverhältnisses zwischen dem Beklagten H. und dem Beklagten
B. und gelangte so zum Schluss, dass die Unterbrechung der Verjährung
gegenüber dem letztern nicht auch gegenüber dem erstern gewirkt habe;
die Klage gegenüber dem Beklagten H. sei deshalb verjährt.

    D.- Der Kläger erhob gegen dieses Urteil erneut Berufung an das
Obergericht des Kantons Thurgau. Im Laufe des Verfahrens vor der zweiten
Instanz verstarb der Kläger, worauf die Witwe und die beiden unmündigen
Kinder des Klägers als dessen Erben den Eintritt in den Prozess erklärten.

    Mit Entscheid vom 27. April 1978 erklärte das Obergericht die Berufung
als unbegründet und wies die Klage in Übereinstimmung mit der ersten
Instanz ab.

    E.- Gegen diesen Entscheid haben die Erben des Klägers Berufung an
das Bundesgericht eingereicht. Sie stellen den Antrag, die Streitsache
sei in Aufhebung des angefochtenen Urteils zu neuer Beurteilung im Sinne
der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut und weist die Sache
zu näherer Prüfung der Klagebegehren II und IV an das Obergericht zurück.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Was die Frage der Verjährung des mit der Klage geltend gemachten
vermögensrechtlichen Anspruchs anbetrifft, ist nicht mehr streitig,
dass dieser Anspruch verjährt wäre, wenn für ihn die einjährige
Verjährungsfrist des Art. 60 Abs. 1 OR gelten würde. Unbestritten ist
ebenfalls, dass die längere strafrechtliche Verjährungsfrist von zwei
Jahren (vgl. Art. 178 Abs. 1 StGB), die nach Art. 60 Abs. 2 OR zur
Anwendung gelangt, sofern die Klage aus einer strafbaren Handlung
abgeleitet wird, gegenüber dem Beklagten selber nicht rechtzeitig
unterbrochen wurde. Eine verjährungsunterbrechende Handlung erfolgte
rechtzeitig lediglich gegenüber Rechtsanwalt B., gegen den die gleichen
Ansprüche eingeklagt worden waren wie gegen den Beklagten. Der Eintritt
der Verjährung im Verhältnis zum Beklagten hängt somit davon ab, ob
die Verjährungsunterbrechung gegenüber Rechtsanwalt B. auch gegenüber
dem Beklagten wirkte und ob sich dieser mit der Veröffentlichung des
eingeklagten Artikels einer strafbaren Handlung schuldig machte. Diese
letzte Frage, von der die Anwendbarkeit des Art. 60 Abs. 2 OR abhängt,
ist von der Vorinstanz nicht geprüft worden. Wenn das Bundesgericht
entgegen dem angefochtenen Urteil zur Auffassung gelangen sollte, der
Eintritt der Verjährung im Sinne des Art. 60 Abs. 2 OR sei gegenüber dem
Beklagten dadurch ausgeschlossen worden, dass die Verjährungsunterbrechung
gegenüber Rechtsanwalt B. auch ihm gegenüber Wirkung entfaltet habe,
muss die Sache somit an die Vorinstanz zurückgewiesen werden zur näheren
Abklärung der Frage der Strafbarkeit des Beklagten wegen Ehrverletzung.

Erwägung 4

    4.- Nach Art. 136 Abs. 1 OR wirkt die Unterbrechung der Verjährung
gegen einen Solidarschuldner auch gegen die übrigen Mitschuldner. In
der Berufung wird gerügt, dass die Vorinstanz diese Vorschrift im
vorliegenden Fall nicht zur Anwendung brachte, indem sie das Bestehen eines
Solidarschuldverhältnisses zwischen dem Beklagten und Rechtsanwalt B.
verneinte. Es wird geltend gemacht, die solidarische Haftung dieser
beiden Personen ergebe sich aus Art. 50 Abs. 1 OR, dessen Voraussetzungen
hier entgegen dem angefochtenen Urteil erfüllt seien. Selbst wenn diese
Bestimmung jedoch auf das Verhältnis des Beklagten zu Rechtsanwalt B. nicht
zutreffen sollte, so wäre Art. 136 Abs. 1 OR in entsprechender Änderung
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auch auf einen Fall von unechter
Solidarität bzw. Anspruchskonkurrenz anzuwenden.

    a) Art. 50 Abs. 1 OR bestimmt: "Haben mehrere den Schaden gemeinsam
verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie
dem Geschädigten solidarisch." Die Vorinstanz hat diese Bestimmung als
unanwendbar betrachtet, weil sie auf Grund der nach kantonalem Prozessrecht
zulässigen Parteivorbringen annahm, es fehle an einer ausreichenden
klägerischen Behauptung über ein gemeinsames Zusammenwirken des Beklagten
mit Rechtsanwalt B. Daran ist das Bundesgericht, wie denn auch in der
Berufungsschrift eingeräumt wird, gebunden. In tatsächlicher Hinsicht ist
deshalb davon auszugehen, dass der Beklagte bei der Entgegennahme und
der Veröffentlichung des eingeklagten Artikels von einer Beteiligung
von Rechtsanwalt B. an der Entstehung des Artikels nichts wusste.
Die Klägerschaft vertritt die Auffassung, dass Art. 50 Abs. 1 OR
richtigerweise auch in einem solchen Fall gelte. Es könne nicht darauf
ankommen, dass die an der Schadensverursachung beteiligten Personen nach
einem gemeinsamen Plan oder jedenfalls mit Wissen um den Tatbeitrag des
andern gehandelt hätten. Vielmehr müsse genügen, dass jeder schuldhaft
eine Ursache zum Schadenseintritt gesetzt habe.

    Nach dieser Auffassung wäre das Vorliegen eines gemeinsamen
Verschuldens im Sinne eines absichtlichen oder fahrlässigen Zusammenwirkens
der Schadensverursacher nicht Voraussetzung für die Anwendung von
Art. 50 Abs. 1 OR. Lehre und Rechtsprechung legen dieser Bestimmung aber
keinen derart weiten Sinn zu. Ausgehend vom deutschen Text des Gesetzes,
wo von gemeinsamem Verschulden der mehreren Schädiger gesprochen wird
(in der französischen und italienischen Fassung ist nur von gemeinsamer
Verursachung die Rede), wird Art. 50 Abs. 1 OR nur dort als anwendbar
betrachtet, wo mehrere Personen bei der Schadensverursachung schuldhaft
zusammengewirkt haben (BGE 100 II 337 E. 2e, 93 II 322 E. 2e, 71 II
110 ff., 64 II 24 f., 57 II 419 ff.; von TUHR/SIEGWART, Allgemeiner
Teil des Schweiz. OR, Bd. I, S. 395; OSER/SCHÖNENBERGER, und BECKER,
je N. 2 ff. zu Art. 50 OR; OFTINGER, Schweiz. Haftpflichtrecht, Bd. I,
4. Aufl., S. 334/335; GUHL/MERZ/KUMMER, Das Schweiz. OR, 6. Aufl.,
S. 195). Ein schuldhaftes Zusammenwirken bei der Schadensverursachung
setzt jedoch entgegen der Auffassung der Klägerschaft voraus, dass
jeder Schädiger vom Tatbeitrag des andern Kenntnis hat oder bei der
erforderlichen Aufmerksamkeit Kenntnis haben könnte. Wer ohne Wissen
eines andern Verursachers am schädigenden Ereignis beteiligt ist, wirkt
nicht mit diesem schuldhaft bei der Schadensverursachung zusammen. Wenn
Art. 50 Abs. 1 OR nicht darauf abstellt, ob jemand als Anstifter, Urheber
oder Gehilfe an der Schadensverursachung beteiligt ist, so nur deshalb,
weil es für die solidarische Haftung nicht auf die Form der Teilnahme an
der Begehung der unerlaubten Handlung ankommen soll (VON TUHR/SIEGWART,
aaO S. 395; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 4 zu Art. 50 OR). Es kann daraus jedoch
nicht abgeleitet werden, wie dies die Kläger tun, dass es keine Rolle
spiele, ob der eine der Beteiligten vom Tatbeitrag des andern Kenntnis
gehabt habe oder bei der nötigen Aufmerksamkeit hätte haben können. Sonst
würde es an der Voraussetzung eines gemeinsamen Verschuldens fehlen.

    Die Vorinstanz hat daher Art. 50 Abs. 1 OR nicht verletzt, wenn sie
das Vorhandensein von Solidarschuldnerschaft im Sinne dieser Bestimmung
verneinte.

    b) Die Klägerschaft möchte den Beklagten jedoch selbst dann als
Solidarschuldner von Rechtsanwalt B. behandelt wissen, wenn Art. 50 Abs. 1
OR auf das Verhältnis zwischen diesen beiden Personen nicht zutreffen
sollte. Dies hätte zur Folge, dass die gegen Rechtsanwalt B. erwirkte
Verjährungsunterbrechung die Verjährung entsprechend der Regel des
Art. 136 Abs. 1 OR auch gegenüber dem Beklagten unterbrochen hätte, ohne
dass ein gemeinsames Verschulden im Sinne von Art. 50 Abs. 1 OR vorhanden
gewesen sein müsste. Zur Begründung dieser Auffassung wird auf die Kritik
hingewiesen, die in der neueren Lehre an der Unterscheidung zwischen
echter und unechter Solidarität geübt worden ist, und geltend gemacht,
es rechtfertige sich, Art. 136 Abs. 1 OR auch in einem Fall von unechter
Solidarität oder Anspruchskonkurrenz wie hier zur Anwendung zu bringen.

    Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat bisher in Übereinstimmung mit
einem Teil der Lehre daran festgehalten, dass von der Solidarhaftung bei
Schadensverursachung durch gemeinsames Verschulden gemäss Art. 50 OR der
Fall unterschieden werden müsse, wo mehrere Personen durch verschiedene,
von einander unabhängige unerlaubte Handlungen oder sonstwie aus
verschiedenen Rechtsgründen für den gleichen Schaden haftbar seien.

    In diesem zweiten Fall, der gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist,
auf den jedoch Art. 51 OR bei der Ordnung des Rückgriffsrechts Bezug nimmt,
wird angenommen, dass dem Geschädigten konkurrierende Ansprüche gegenüber
den verschiedenen Schadensverursachern zustehen. Solche Anspruchskonkurrenz
wird als unechte Solidarität bezeichnet. Der Unterschied zur echten
Solidarität wird darin erblickt, dass bei dieser alle Schuldner aus dem
gleichen Rechtsgrund für das Gleiche haften, währenddem sich die Haftung
bei der unechten Solidarität aus verschiedenen Rechtsgründen herleitet. Die
wichtigste (und möglicherweise sogar einzige praktische) Auswirkung
der Unterscheidung zwischen echter und unechter Solidarität besteht in
der ausschliesslichen Anwendung der Verjährungsunterbrechungsregel des
Art. 136 Abs. 1 OR auf den Fall der echten Solidarität (BGE 93 II 322
E. 2e, 333 E. 3a, 89 II 122 f. E. 5, 69 II 167 f.; VON TUHR/SIEGWART,
aaO, Bd. I, S. 395; VON TUHR/ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweiz. OR,
Bd. II, S. 319 ff.; GUHL/MERZ/KUMMER, aaO, S. 55, 195 f.; OFTINGER, aaO,
S. 337 ff., je mit Zitaten). Diese Unterscheidung ist besonders in der
neueren Lehre auf Ablehnung gestossen. Es wird beanstandet, dass für die
unterschiedliche Behandlung der Fälle von echter und jener von unechter
Solidarität ein zuverlässiges und sachlich begründetes Kriterium fehle und
dass die praktischen Auswirkungen dieser Unterscheidung nur sehr gering
seien (vgl. vor allem OFTINGER, aaO, S. 338 ff.; VON BÜREN, Schweiz. OR,
Allgemeiner Teil, S. 104 f.; GAUCH/ SCHLUEP/JÄGGI, Schweiz. OR, Allgemeiner
Teil, Nachdruck 1978 des gemeinsamen Skriptums, Bd. II, S. 239).

    Im vorliegenden Fall hängt die Verjährung der klägerischen Forderung
gegenüber dem Beklagten in der Tat davon ab, ob an der Unterscheidung
zwischen echter und unechter Solidarität festgehalten wird. Diese Frage
kann aber nicht losgelöst vom geltenden Recht entschieden werden, wie dies
in der zitierten Literatur zum Teil geschieht. Auszugehen ist vom Wortlaut
von Art. 136 Abs. 1 OR, wo von der Unterbrechung der Verjährung gegenüber
einem Solidarschuldner die Rede ist. Was unter Solidarschuldnerschaft zu
verstehen ist, regelt das Gesetz in den Art. 143 ff. OR ausdrücklich. Nach
der Legaldefinition in Art. 143 OR entsteht Solidarität unter mehreren
Schuldnern entweder mit deren Erklärung, dass jeder einzelne dem Gläubiger
gegenüber für die Erfüllung der ganzen Schuld haften wolle, oder -
in Ermangelung einer solchen Willenserklärung - "nur in den vom Gesetz
bestimmten Fällen" (Abs. 2). In Art. 41 ff. OR, wo die Entstehung der
Obligationen durch unerlaubte Handlungen geregelt wird, sieht einzig
Art. 50 OR für den Fall der Schadensverursachung durch gemeinsames
Verschulden solidarische Haftung vor. Für die Anspruchskonkurrenz
bei Haftung aus verschiedenen Rechtsgründen fehlt eine entsprechende
Regelung. Das Gesetz schreibt somit nicht vor, dass in einem solchen Fall
Solidarität mit allen ihren Konsequenzen gelten soll. Für die Übertragung
der Regel des Art. 136 Abs. 1 OR auf Fälle dieser Art fehlt es daher an
einer klaren gesetzlichen Grundlage. Dazu kommt, dass Art. 136 Abs. 1 OR
ausgesprochenen Ausnahmecharakter hat und, wie verschiedene Autoren mit
Recht hervorheben, als innerlich wenig begründet und unbillig erscheint
(VON TUHR/ESCHER, aaO, S. 320; GUHL/MERZ/KUMMER, aaO, S. 59). Die
Bestimmung sollte deshalb nicht ausdehnend ausgelegt, sondern auf die
vom Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Fälle der Solidarität beschränkt
werden. Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, so
ist das Verhältnis zwischen ihnen in der Regel auch weniger eng als bei
der Haftung aus gemeinsamem Verschulden im Sinne von Art. 50 OR. Dies
gilt jedenfalls hier, wo davon auszugehen ist, dass der Beklagte von
der behaupteten Beteiligung von Rechtsanwalt B. an der Entstehung des
eingeklagten Artikels keinerlei Kenntnis hatte. Es ist deshalb nicht
gerechtfertigt, Art. 136 Abs. 1 OR im vorliegenden Fall zur Anwendung zu
bringen, weshalb in Übereinstimmung mit der Vorinstanz anzunehmen ist,
die eingeklagte Forderung sei gegenüber dem Beklagten verjährt.

Erwägung 5

    5.- Das Klagebegehren II ist auf Feststellung gerichtet, dass
eine Reihe der publizierten Äusserungen nicht der Wahrheit entsprechen
und eine Persönlichkeitsverletzung darstellen. Die Vorinstanz hat in
ihrem ersten Urteil vom 19. September 1974 ausgeführt, dieses Begehren
habe keine selbständige Bedeutung und Art. 28 ZGB gewähre gar keinen
Feststellungsanspruch. Im angefochtenen Urteil wird in Ergänzung dazu
festgehalten, die Klägerschaft hätte von Anfang an die Möglichkeit
gehabt, neben den vermögensrechtlichen Ansprüchen eine Beseitigungs-
oder Unterlassungsklage zu erheben. Nachdem sie davon abgesehen habe,
bleibe für ein selbständiges Feststellungsbegehren kein Raum. Auch würde
es angesichts der inzwischen verstrichenen Zeit an einem schutzwürdigen
Interesse an der verlangten Feststellung fehlen. Die Klägerschaft macht
geltend, diese Auffassung sei mit dem Bundesrecht nicht vereinbar.

    a) Abgesehen davon, dass Art. 28 ZGB dem Verletzten auch ohne
ausdrückliche Erwähnung einen selbständigen Anspruch auf Feststellung
gewährt (BGE 101 II 189, 95 II 499 E. 9), übersieht die Vorinstanz, dass
die gerichtliche Feststellung eine bestimmte Äusserung sei unwahr und
verletze das Persönlichkeitsrecht des Klägers, nach der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung als Mittel zur Beseitigung einer Störung in den persönlichen
Verhältnissen dienen kann (BGE 101 II 187 f. E. 4b, 95 II 496). In einem
solchen Fall ist ein besonderes Feststellungsinteresse nicht erforderlich,
sondern es genügt das Interesse des Klägers an der Beseitigung der
Kränkung, die ihm durch die angeblich rechtswidrige Äusserung zugefügt
wurde (BGE 95 II 496 ff.; JÄGGI, ZSR 79/1960, Bd. II, S. 190 a ff.; KUMMER,
ZBJV 103/1967, S. 107 und 110; MERZ, SJZ 67/1971, S. 89/90). Dieses
Interesse ist grundsätzlich zu bejahen, wenn der Beklagte bestreitet,
widerrechtlich gehandelt zu haben (JÄGGI, aaO S. 192 a), oder wenn es
sich um Persönlichkeitsverletzungen durch die Druckerpresse handelt, weil
bei diesen der Fortbestand des Presseerzeugnisses die Gefahr schafft,
dass Dritte später aufs neue von den verletzenden Äusserungen Kenntnis
erhalten können (BGE 101 II 188, 95 II 497/498).

    Beide Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerschaft hat
daher auf Grund des Bundesrechts ein schützenswertes Interesse an
der Beseitigung der ihr durch die eingeklagten Äusserungen zugefügten
Kränkung, sofern sich diese Äusserungen als unwahr und somit ehrverletzend
erweisen sollten. Das Beseitigungsinteresse mag durch den Zeitablauf
geringer geworden sein. Weggefallen ist es jedoch nicht. Die mit dem
Klagebegehren II verlangte Feststellung bildet ein taugliches Mittel,
um die immer noch andauernde Kränkung zu beseitigen. Die Vorinstanz
hätte das Rechtsschutzinteresse der Klägerschaft deshalb nicht wegen der
langen Zeit, die seit der Veröffentlichung des Artikels verflossen ist,
verneinen dürfen.

    b) Hingegen stellt sich die im angefochtenen Urteil aufgeworfene,
aber offen gelassene Frage, ob die Erben des Klägers, die nach dessen
Tod im Laufe des vorinstanzlichen Verfahrens in den Prozess eintraten,
überhaupt berechtigt sind, die Klage in diesem Punkt weiterzuverfolgen. Im
Unterschied zu den vermögensrechtlichen Ansprüchen, die sich aus
einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts ergeben haben, sind die
Abwehransprüche des Art. 28 Abs. 1 ZGB höchstpersönlicher Natur und
daher unvererblich. Die Erben des ursprünglichen Klägers können den in
die Form eines Feststellungsbegehrens gekleideten Beseitigungsanspruch
somit nur dann weiterverfolgen wenn ihnen dies zur Wahrung der Rechte des
verstorbenen K. zugebilligt werden muss oder wenn sie damit ein eigenes
Recht, dass sich inhaltlich mit jenem des Verstorbenen deckt, wahrnehmen.

    Nach einer in Deutschland herrschend gewordenen Auffassung findet das
Persönlichkeitsrecht in bestimmten Bereichen über den Tod seines Trägers
hinaus Rechtsschutz. Es wird in diesem Zusammenhang von postmortalem
Persönlichkeitsschutz gesprochen (vgl. dazu aus neuerer Zeit; BRITA
LEHMANN, Postmortaler Persönlichkeitsschutz, Zur Frage des Fortbestehens
des allgemeinen Persönlichkeitsrechts über den Tod des Rechtsträgers
hinaus, Bonner Diss. 1973; PETER SCHWERDTNER, Das Persönlichkeitsrecht
in der deutschen Zivilrechtsordnung, 1977, S. 101 ff., je mit
Literaturhinweisen). Vor allem im sogenannten Mephisto-Urteil vom 20. März
1968 hat der deutsche Bundesgerichtshof entschieden, dass es auch nach
dem Tod einer Person zulässig sei, in ihrem Namen gegen eine Verfälschung
ihres Lebensbildes in einem zeitkritischen Roman Klage zu erheben (BGHZ 50,
S. 133 ff.). Die schweizerische Rechtslehre steht hingegen einer Ausdehnung
des Persönlichkeitsschutzes über den Tod des Rechtsträgers hinaus fast
einhellig ablehnend gegenüber (EGGER, N. 48/49 zu Art. 28 und N. 15 zu
Art. 31 ZGB; GROSSEN, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. II, S. 304,
Ziff. IV; KARL SPECKER, Die Persönlichkeitsrechte, Zürcher Diss. 1910,
S. 141 ff.; EUGEN BUCHER, Personenrecht, Vorlesungsskriptum 1977, S. 150;
RAINER SCHUMACHER, Die Presseäusserung als Verletzung der persönlichen
Verhältnisse, Freiburger Diss. 1960, S. 236 f.; FRANZ RIKLIN, Der
Schutz der Persönlichkeit gegenüber Eingriffen durch Radio und Fernsehen
nach schweiz. Privatrecht, Freiburger Diss. 1968, S. 303, insbesondere
Anm. 8. - Der zuletzt genannte Autor selber vertritt indessen eine von
der herrschenden Meinung abweichende These, vgl. aaO, S. 299 ff. Kritisch
äussert sich auch JÄGGI, aaO, S. 168 a f., Anm. 52). Nach Art. 31 Abs. 1
ZGB endet die Persönlichkeit mit dem Tode. Obwohl einzuräumen ist, dass
gewisse persönliche Güter wie z.B. das Ansehen einer Person auch nach deren
Tod verletzt werden können, versagt unsere Rechtsordnung dem Verstorbenen
jede Rechtsfähigkeit und damit zwangsläufig auch die Klagelegitimation. Es
ist daher auf Grund des geltenden Rechts ausgeschlossen, dass jemand als
Vertreter eines Verstorbenen in dessen Namen eine Klage gemäss Art. 28
Abs. 1 ZGB anhebt oder weiterführt. Hingegen ist es zulässig, dass nahe
Angehörige für den Schutz der den Tod überdauernden Persönlichkeitsgüter
sorgen, indem sie sich hiefür auf ihr eigenes Persönlichkeitsrecht stützen,
das mindestens in einem gewissen Umfang auch die Wahrung des Ansehens
naher Verwandter oder sogar Freunde mitumfassen kann (BGE 101 II 191 und
die dort angeführten Zitate).

    Im vorliegenden Fall kann kein Zweifel daran bestehen, dass den in
den Prozess eingetretenen Erben des ursprünglichen Klägers, - es handelt
sich dabei um dessen Witwe und dessen beiden Kinder, mithin um seine
nächsten Angehörigen -, ein eigener Beseitigungsanspruch, der nicht
weniger weit reicht als der mit der Klage geltend gemachte, zuerkannt
werden muss. Nur auf diese Weise ist es ihnen möglich, das Ansehen ihres
Ehemanns und Vaters zu verteidigen und so ihre innere Verbundenheit
mit dem Verstorbenen zu wahren. Man kann sich einzig fragen, ob es
ihnen gestattet sein soll, ihren eigenen Beseitigungsanspruch auf die
Weise geltend zu machen, dass sie die vom Verstorbenen angehobene Klage
weiterverfolgen. Der ursprünglich eingeklagte Beseitigungsanspruch ist
im Unterschied zu jenem vermögensrechtlicher Natur nicht durch Erbfolge
auf sie übergegangen, weshalb es sich, streng rechtlich betrachtet,
heute nicht mehr um die gleiche Klage handelt. Die Rechtsverfolgung
würde jedoch übermässig erschwert, wenn man den Angehörigen zumuten
wollte, einen neuen Prozess einzuleiten, um ihren sich inhaltlich mit
jenem des Verstorbenen deckenden Beseitigungsanspruch geltend zu machen,
obwohl sie als Erben den bisherigen Prozess weiterführen können, soweit
es dabei um vermögensrechtliche Interessen geht. Die Verwirklichung des
materiellen Rechts gebietet es in einem solche Fall, dass den Angehörigen
die Fortsetzung des hängigen Prozesses auch insoweit gestattet werden
muss, als sich ihr eigener Abwehranspruch inhaltlich wie hier mit jenem
des verstorbenen Klägers deckt.

    Auf Grund dieser Überlegungen ist die Sache zur materiellen Behandlung
des Feststellungsbegehrens an die Vorinstanz zurückzuweisen.