Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 II 202



104 II 202

33. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. September 1978 i.S.
N. gegen W. und Erbengemeinschaft S. Regeste

    Art. 254 Abs. 1 OR; Übergabe der Mietsache in geeignetem Zustand.

    1. Umbau- und Renovationsarbeiten zulasten des Mieters widersprechen
dem Art. 5 BMM nicht, wenn sie bei der Festsetzung des Mietzinses
berücksichtigt werden (E. 3).

    2. Sie begründen auch keinen Anspruch aus ungerechtfertigter
Bereicherung, wenn der Mieter einen auf zehn Jahre fest vereinbarten
Vertrag schon im ersten Jahre bricht (E. 4).

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Der Beklagte hat die Mieträume, in denen er ein Handelsgeschäft
einrichtete, im Einverständnis mit den Klägern auf eigene Kosten renoviert
und nach seinen Wünschen umgebaut. Der Appellationshof verweigerte
ihm einen Vergütungsanspruch, weil diese Kosten bei der Festsetzung
des Mietzinses berücksichtigt worden seien, der Beklagte auch weniger
Mietzins bezahlt habe als sein Vorgänger und nicht einmal behaupte, dass
er die Aufwendungen im Auftrage der Kläger gemacht habe oder diese sich
zum Ersatz verpflichtet hätten.

    Der Beklagte wirft dem Appellationshof vor, damit Art. 254 Abs. 1
und 20 OR verletzt zu haben. Er macht geltend, die Verpflichtungen
des Vermieters aus Art. 254 Abs. 1 OR dürften gemäss Art. 5 BMM
vertraglich weder wegbedungen noch zuungunsten des Mieters abgeändert
werden. Im vorliegenden Fall hätten sich die Mieträume erst nach seinen
Renovationsarbeiten in einem vertragsgemässen Zustand befunden, was
nach SCHMID (N. 14 und 15 zu Art. 254 OR) zu berücksichtigen sei. Seine
Verpflichtung zu diesen Leistungen widerspreche dem Art. 254 Abs. 1 OR
und sei daher nichtig oder wenigstens teilweise nichtig.

    Dem angefochtenen Urteil ist nicht zu entnehmen, wieviel der Beklagte
für eigentliche Renovationsarbeiten, d.h. für die an sich den Klägern
obliegende Behebung von Sachmängeln, und wieviel er für die von ihm
gewünschten Umbauten ausgelegt hat. Soweit es um Umbauarbeiten geht,
kann er sich zum vorneherein nicht auf das Verbot des Art. 5 BMM berufen;
mangels Zusage wurden die Kläger so oder anders nicht zum Ersatz der Kosten
oder zu einer Entschädigung verpflichtet, mögen sie die Umbauarbeiten auch
bewilligt haben (SCHMID, N. 16 zu Art. 263 OR). Dazu kommt, dass Art. 5
BMM eine Änderung der gesetzlichen Regelung nach Art. 254 Abs. 1 OR nur
zuungunsten des Mieters untersagt. Von einer solchen Änderung kann hier
aber nicht die Rede sein, weil die vom Mieter erbrachten Leistungen bei
der Festsetzung des Mietzinses berücksichtigt worden sind und der Beklagte
nicht behauptet, dass dadurch kein zulänglicher Ausgleich geschaffen worden
sei. Damit ist nicht nur der angeblichen Nichtigkeit des Mietvertrages,
sondern auch den weitern Folgerungen, die der Beklagte aus dieser Einrede
ziehen will, die Grundlage entzogen.

Erwägung 4

    4.- Der Beklagte macht schliesslich geltend, er habe gegen
die Kläger selbst dann, wenn Art. 20 OR nicht anwendbar sei, einen
Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäss Art. 63 ff. OR. Der
Appellationshof hat auch einen solchen Anspruch verneint, weil der Beklagte
das Mietverhältnis ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes vorzeitig
aufgelöst habe und sich deshalb nicht auf Treu und Glauben berufen könne.

    Der Beklagte hält dem entgegen, die Bereicherung und sein daheriger
Anspruch würden nach BGE 54 II 427 nicht dadurch aufgehoben, dass er die
Verwirklichung eines langjährigen Mietverhältnisses selber verhindert
habe. Das wird im angeführten Entscheid allerdings gesagt, lässt sich
aber schon angesichts der tatsächlichen und rechtlichen Unterschiede
nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Dort haben die Parteien,
sei es auch in beidseitiger Erwartung eines längeren Mietverhältnisses,
einen Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, der auf drei Monate
gekündigt werden konnte und vom Mieter in zulässiger Weise aufgelöst
worden ist. Hier ist dagegen ein auf zehn Jahre fest vereinbarter Vertrag
vom Beklagten schon im ersten Jahr gebrochen worden. In jenem Fall hat der
Mieter zudem, insbesondere durch den Einbau einer Zentralheizung und durch
die Verbesserung elektrischer Installationen, Änderungen von erheblicher
allgemeiner Bedeutung vorgenommen, während es hier vor allem um räumliche
Anpassungen oder Einrichtungen ging, die auf die besondern Bedürfnisse
des Beklagten ausgerichtet waren. Das eine wie das andere rechtfertigt
unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben eine von BGE 54 II 426/7
abweichende Beurteilung, wie sie dem angefochtenen Urteil zugrunde liegt.

    Ein allfälliger Bereicherungsanspruch des Mieters wäre übrigens nicht
der Summe seiner Aufwendungen gleichzusetzen. Er bestände jedenfalls
nur sofern und soweit die Mietsache durch die angebrachten Änderungen
eine Wertvermehrung erfahren hat. Dass dies hier der Fall gewesen sei,
tut der Beklagte nicht dar.