Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 II 154



104 II 154

25. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. August 1978
i.S. M. gegen M. Regeste

    Art. 153 Abs. 1 ZGB.

    Die Pflicht zur Entrichtung einer Rente im Sinne von Art. 151
oder 152 ZGB hört auf, wenn der rentenberechtigte Ehegatte nach der
Scheidung mit einem Angehörigen des andern Geschlechts eine eheähnliche
Lebensgemeinschaft bildet, diesen aber nur deswegen nicht heiratet,
um der gesetzlichen Folge des Rentenverlustes auszuweichen.

Sachverhalt

    A.- Die Eheleute M., die im Jahre 1947 geheiratet hatten, wurden
durch Urteil des Bezirksgerichts Uster vom 20. Dezember 1974 geschieden.
Dabei wurde der Ehemann verpflichtet, der Frau eine auf Art. 151 ZGB
gestützte, indexierte Rente von monatlich Fr. 1'000.- zu bezahlen.

    B.- Mit Klage vom 17. Februar 1976 beantragte Walter M. beim
Bezirksgericht Uster die sofortige Aufhebung der Rente, eventuell
deren Herabsetzung auf Fr. 700.- monatlich. Zur Begründung seines
Hauptantrags führte er aus, seine geschiedene Frau lebe mit einem andern
Mann im Konkubinat; sie heirate nur deswegen nicht, um die Rente nicht
zu verlieren; damit handle sie rechtsmissbräuchlich im Sinne von Art. 2
Abs. 2 ZGB.

    Das Bezirksgericht wies die Klage am 9. Februar 1977 in vollem Umfang
ab, während das Obergericht des Kantons Zürich in Gutheissung der Berufung
des Klägers mit Urteil vom 2. Februar 1978 die Verpflichtung zur Bezahlung
der Rente mit Wirkung ab 1. März 1976 aufhob.

    C.- Amalie M. führt Berufung ans Bundesgericht mit dem Antrag auf
Aufhebung des obergerichtlichen Urteils, eventuell auf Rückweisung an
die Vorinstanz zu neuer Entscheidung.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 153 Abs. 1 ZGB hört die Pflicht zur Entrichtung einer
Rente im Sinne von Art. 151 bzw. 152 ZGB auf, wenn der berechtigte Ehegatte
sich wieder verheiratet. Die Vorinstanz geht in ihrem Entscheid davon aus,
im Hinblick auf diese Bestimmung stelle es einen offenbaren Missbrauch
eines Rechts dar, wenn der rentenberechtigte Ehegatte nach der Scheidung
eine neue Lebensgemeinschaft mit einem Angehörigen des andern Geschlechts
bilde, mit diesem aber nicht die Ehe eingehe, um der gesetzlichen Folge
des Rentenverlustes auszuweichen. Der Sachverhalt könne der Vereitelung des
Eintritts einer rechtsgeschäftlichen Bedingung zur Seite gestellt werden,
für welchen Fall Art. 156 OR aus dem allgemeinen Gebot des Handelns nach
Treu und Glauben heraus bestimme, dass die Bedingung als erfüllt gelte.

    Dieser grundsätzlichen Erwägung ist zuzustimmen. Sie steht in Einklang
mit der Lehre (HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht,
3. Aufl., S. 145 N. 1a; MERZ, N. 578 zu Art. 2 ZGB). Was die Beklagte
dagegen vorbringt, hält nicht stich. Gewiss lässt Art. 153 Abs. 1 ZGB
die Rentenverpflichtung nur mit der Wiederverheiratung des berechtigten
Ehegatten enden. Doch bleibt wie bei jeder Rechtsausübung auch hier der
Tatbestand des Rechtsmissbrauchs vorbehalten. Dass in dieser Frage eine
Bundesgerichtspraxis nicht besteht, ist sodann entgegen den Ausführungen
in der Berufungsschrift ebensowenig von Bedeutung wie der Umstand, dass
die Vorinstanz "lediglich" die erwähnte Stelle bei MERZ zitiert.