Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 III 28



104 III 28

9. Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. April 1978 i.S. Konkursmasse W.
Fuchs & Co. gegen Electricité S.A. Lausanne und Mitbeteiligte Regeste

    Zugehöreigenschaft von Hotelmobiliar (Art. 644/645 ZGB).

    - Tragweite einer Anmerkung im Grundbuch, die sich auf das Mobiliar
eines inzwischen abgerissenen Hotels bezieht (E. 2).

    - Klarer Wille des Eigentümers, das Mobiliar als Zugehör des Hotels
zu betrachten (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Am 26. Oktober 1949 liess die damalige Eigentümerin der
Liegenschaft Hotel Continental in Lausanne im Grundbuch das Hotelmobiliar
im Gesamtwert von Fr. 338'317.80 auf Grund einer detaillierten
Inventarliste als Zugehör anmerken.

    Das Hotel ging am 22. November 1960 ins Eigentum der
Kommanditgesellschaft W. Fuchs & Co. über. Diese entfernte daraus das
Mobiliar, brach das Gebäude ab, erstellte ein neues Hotel und rüstete es
mit völlig neuem Mobiliar aus. Die bisherige Zugehöranmerkung blieb wie
bis anhin bestehen. Für die Finanzierung des Hotelbaus hatte die W. Fuchs
& Co. den Crédit Foncier Vaudois am 12. Dezember 1961 um die Gewährung
eines Baukredites von Fr. 6'500'000.- ersucht. Der dem Gesuch beigelegte
Finanzierungsplan sah Erstellungs- und Einrichtungskosten mit Einschluss
der Möblierung von Fr. 10'000'000.- vor, die zu 65% mit dem erwähnten
Baukredit finanziert werden sollten. In einem Schreiben an die W. Fuchs &
Co. vom 27. Januar 1962 hielt der Crédit Foncier verschiedene Punkte von
vorausgegangenen Abmachungen fest und führte wörtlich aus:

    "Si vous n'avez pas d'objection à formuler quant à ce qui précède,
   nous vous prions de charger votre notaire de la suite des opérations,
   c'est-à-dire, la stipulation de la cédule hypothécaire de
   Fr. 6'500'000.-.

    A ce sujet, nous nous permettons de relever que le mobilier et
le matériel
   d'exploitation de l'hôtel-restaurant devront faire partie du gage,
   sous forme de mention d'accessoires, inscrite au Registre foncier,
   le moment venu."

    Am 23. Februar 1962 unterzeichneten die Parteien einen
Krediteröffnungsvertrag für den Baukredit von Fr. 6'500'000.-, in dem auf
die Sicherstellung dieses Kredites durch einen Schuldbrief hingewiesen
wird, jedoch von der Mitverpfändung von Mobiliar als Zugehör nicht
ausdrücklich die Rede ist. Am gleichen Tag errichtete die W. Fuchs &
Co. einen öffentlich beurkundeten Inhaberschuldbrief über den Betrag
von Fr. 6'500'000.-, in dem unter der Liegenschaftenbeschreibung die
alte Zugehöranmerkung vom Jahre 1949 aufgeführt wird und der unter den
Darlehensbedingungen unter anderem folgenden Passus enthält:

    "Le créancier aura en tout temps le droit de demander le remboursement,
   même avant l'expiration du terme et sans avertissement: en cas...
   de refus d'inscrire une mention d'accessoires..."

    B.- Am 5. November 1965 fiel die W. Fuchs & Co. in Konkurs. Die
Liegenschaft Hotel Continental wurde am 25. März 1969 mit Einschluss des
Mobiliars für insgesamt Fr. 12'350'000.- versteigert. Von diesem Erlös,
der sich in der Folge noch um Mietzinseingänge vermehrte, zweigte das
Konkursamt Altstetten einen Betrag von Fr. 1'232'256.70 als auf das
Mobiliar entfallend ab. In einem anschliessenden Beschwerdeverfahren
über die Zugehöreigenschaft des Mobiliars stellte die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts mit Entscheid vom 18. Dezember 1973
fest, der Kollokationsplan und das Lastenverzeichnis enthielten keinen
klaren Entscheid der Konkursverwaltung über diese Frage; sie wies deshalb
das Konkursamt Altstetten an, das Versäumte nachzuholen (BGE 99 III 66
ff.). Mit Verfügung vom 16. August 1974 kam die Konkursverwaltung dieser
Anweisung nach und entschied, das Hotelmobiliar sei nicht als Zugehör zu
betrachten und die Pfandhaft erstrecke sich daher nicht auf es.

    C.- Die Electricité S.A. Lausanne und neun weitere Gläubiger
von durch Bauhandwerkerpfandrechte gesicherten Forderungen sowie die
Konkursmasse IBZ-Finanz AG und die Wirtschaftsbank Zürich AG als Besitzer
bzw. Faustpfandgläubiger von auf der Liegenschaft Hotel Continental
lastenden Inhaberschuldbriefen, die alle bei der Verwertung Pfandausfälle
erlitten hatten, fochten diese Verfügung mit zwei getrennten Klagen
gegen die Konkursmasse W. Fuchs & Co. gerichtlich an. Sie beantragten,
es sei festzustellen, dass sich die Pfandhaft auf den auf das Mobiliar
entfallenden Teil des Verwertungserlöses von Fr. 1'232'256.70 (nebst den
seit der Verwertung aufgelaufenen Zinsen) erstrecke. Ihre Klagen wurden
vom Einzelrichter im beschleunigten Verfahren des Bezirksgerichts Zürich
mit Urteilen vom 10. September 1975 abgewiesen, vom Obergericht des
Kantons Zürich dagegen, das die beiden Prozesse vereinigte, mit Urteil vom
9. September 1977 gutgeheissen. Beide Instanzen gelangten zum Ergebnis,
die am 26. Oktober 1949 angemeldete Zugehöranmerkung für das Mobiliar
des alten Hotel Continental könne keine Vermutung dafür begründen,
dass das neu angeschaffte Mobiliar Zugehör des neu erstellten Hotels
sei. Einen Ortsgebrauch, wonach Hotelmobiliar in Lausanne allgemein Zugehör
darstelle, stellten sie beide nicht fest. Hingegen leitete das Obergericht
im Gegensatz zum erstinstanzlichen Richter aus den Verhandlungen zwischen
dem Crédit Foncier Vaudois und der W. Fuchs & Co. über die Eröffnung und
Sicherstellung eines Baukredits einen klar erkennbaren Willen der W. Fuchs
& Co. ab, das neue Hotelmobiliar zur Zugehör des neuen Hotels zu erklären.

    D.- Gegen das Urteil des Obergerichts erklärte die Konkursmasse
W. Fuchs & Co. die Berufung ans Bundesgericht mit dem Antrag auf Abweisung
der Klagen. Die Kläger beantragen die Abweisung der Berufung.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 644 Abs. 2 ZGB sind Zugehör die beweglichen Sachen,
die nach der am Orte üblichen Auffassung oder nach dem klaren Willen
des Eigentümers der Hauptsache dauernd für deren Bewirtschaftung,
Benutzung oder Verwahrung bestimmt und durch Verbindung, Anpassung oder
auf andere Weise in die Beziehung zur Hauptsache gebracht sind, in der sie
Ihr zu dienen haben. Dass Hotelmobiliar grundsätzlich Zugehör im Sinne
dieser Bestimmung sein kann, ist unbestritten und ergibt sich zudem aus
Art. 805 Abs. 2 ZGB. Die Vorinstanz hat keinen Ortsgebrauch festgestellt,
wonach in Lausanne Hotelmobiliar allgemein oder doch unter bestimmten,
hier vorliegenden Verhältnissen Zugehör der Hotelliegenschaft bilde. Zu
prüfen ist somit einzig, ob dem Hotelmobiliar nach dem klaren Willen des
Eigentümers der Hauptsache Zugehöreigenschaft zukommen sollte.

Erwägung 2

    2.- Den beiden kantonalen Instanzen ist insofern zuzustimmen, als
sie es ablehnten, die Zugehöreigenschaft des Hotelmobiliares aus der
Anmerkung vom 26. Oktober 1949 abzuleiten. Jene Anmerkung beruhte auf einer
Willenserklärung der früheren Eigentümerin der Liegenschaft, bezog sich auf
Mobiliar, das heute nicht mehr vorhanden ist und zu einem Hotel gehörte,
das in der Folge abgerissen wurde. Eine klare Willensäusserung der W. Fuchs
& Co. als neuer Grundeigentümerin, dass auch das für das neu erbaute Hotel
vollständig neu angeschaffte Mobiliar Zugehör des neuen Hotels bilden
solle, lässt sich aus dieser alten Grundbuchanmerkung nicht ableiten. Wohl
bezieht sich eine solche Anmerkung in der Regel auch auf Mobilien, die als
Ersatz für defekte Stücke oder zur Ergänzung und Vervollständigung des
früheren Bestandes neu angeschafft werden, ohne dass jedesmal eine neue
Grundbuchanmerkung oder eine Vervollständigung des Inventars erfolgen muss
(MEIER/HAYOZ, N. 28 zu Art. 644/45 ZGB). Wo aber ein neuer Grundeigentümer
die alte Zugehör entfernt und veräussert oder vernichtet, das Gebäude
abreisst, ein neues erstellt und dieses neu möbliert, kann eine frühere
Anmerkung nicht weiterhin ihre Wirkung entfalten, sondern es bedarf einer
neuen Willensäusserung des nunmehrigen Eigentümers, die sich auf das
neue Mobiliar und das neue Gebäude bezieht. Dabei ist es unerheblich,
ob als Hauptsache die Liegenschaft oder (wie die Vorinstanz annimmt)
das Hotelgebäude zu betrachten ist. Hotelmobiliar kann nur Zugehör
einer mit einem Hotel überbauten Liegenschaft sein. Mit der Entfernung
des Mobiliars aus dem alten Hotel war somit dessen Zugehöreigenschaft
untergegangen, und mit dem Abbruch des früheren Hotel Continental hatte
auch die Liegenschaft die Eigenschaft einer Hauptsache, die Hotelmobiliar
als Zugehör aufweisen kann, verloren. Eine derartige Verbindung konnte nach
Erstellung eines neuen Hotelgebäudes und Anschaffung neuen Mobiliars nur
durch eine neue Willenserklärung geschaffen werden. Daran vermochte auch
der Fortbestand der früheren Anmerkung im Grundbuch nichts zu ändern; auch
wenn den Klägern zuzugeben ist, dass sie aus dieser Anmerkung in guten
Treuen auf den Bestand eines Zugehörverhältnisses schliessen durften,
so konnte doch das tatsächliche Fehlen einer solchen Beziehung durch die
Grundbuchanmerkung nicht geheilt oder gar ersetzt werden.

Erwägung 3

    3.- Unter diesen Umständen hängt das Schicksal der Klagen allein davon
ab, ob die W. Fuchs & Co. nach dem Erwerb der Liegenschaft den klaren
Willen zu erkennen gegeben hat, dass das neu angeschaffte Hotelmobiliar
Zugehör der neuen Hotelliegenschaft sein solle. Die Vorinstanz hat einen
dahingehenden Willen und dessen Äusserung durch konkludentes Verhalten
mit zutreffender Begründung bejaht. Was in der Berufungsschrift dagegen
vorgebracht wird, schlägt nicht durch.

    a) Aus dem Brief des Crédit Foncier Vaudois vom 27. Januar
1962 schliesst die Beklagte, die Parteien der damaligen
Krediteröffnungsverhandlungen, nämlich die W. Fuchs & Co. einerseits und
der Crédit Foncier Vaudois anderseits, hätten eine neue Zugehöranmerkung
im Grundbuch und damit eine Ausdehnung der Pfandhaft auf das Mobiliar erst
für einen späteren Zeitpunkt ("le moment venu") in Aussicht genommen. Es
kommt jedoch nicht darauf an, für welchen Zeitpunkt die Parteien eine
neue Grundbuchanmerkung in Aussicht nahmen. Sie konnten diese sehr wohl
auf einen späteren Zeitpunkt vorsehen, aber trotzdem den übereinstimmenden
Willen haben, das Mobiliar solle vom Moment der Anschaffung an Zugehör des
Hotels sein; denn für die Zugehöreigenschaft ist die Grundbuchanmerkung
nicht Gültigkeitserfordernis. Dass die Anmerkung der Zugehör im Zeitpunkt
der Krediterteilung noch nicht mittels eines detaillierten Inventars
erfolgen konnte, versteht sich von selbst, da das Mobiliar ja noch
nicht angeschafft war. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, die
W. Fuchs & Co. habe damals noch keinen Widmungswillen gehabt, sondern
sie habe vorgesehen, erst zu einem späteren Zeitpunkt allenfalls den
Willen zu haben, das Mobiliar als Zugehör der Hotelliegenschaft zu
betrachten. Eine solche Annahme, für die ein vernünftiger Grund nicht
ersichtlich ist, wäre künstlich. Die Beklagte vermengt das Erfordernis
des Pertinenzierungswillens mit der Äusserung dieses Willens in Form der
Anmerkung im Grundbuch.

    b) Richtig ist freilich, dass im Krediteröffnungsvertrag vom
23. Februar 1962 nicht ausdrücklich vom Hotelmobiliar und dessen Widmung
als Zugehör die Rede ist. Indessen nimmt dieser Vertrag Bezug auf
die Verpfändung eines die Liegenschaft Hotel Continental belastenden
Schuldbriefs, der denn auch noch am gleichen Tag errichtet wurde. Im
Errichtungsakt wird dem Gläubiger der Schuldbriefforderung das Recht
eingeräumt, die sofortige Rückzahlung des Schuldbriefkapitals zu verlangen,
sofern sich der Schuldner weigern sollte, eine Zugehöranmerkung im
Grundbuch einzutragen. Diese Bestimmung kann nicht anders verstanden
werden, als dass das Hotelmobiliar nach dem Willen der W. Fuchs &
Co. als Ausstellerin der Urkunde als Zugehör mitverpfändet sein sollte,
besonders wenn man sie im Zusammenhang mit dem Schreiben des Crédit
Foncier Vaudois vom 27. Januar 1962 betrachtet. Eine Verpflichtung, das
Hotelmobiliar im Grundbuch als Zugehör anzumerken, hat nur dann einen
Sinn, wenn davon ausgegangen wird, der Eigentümer habe den Willen, das
Mobiliar rechtlich dauernd das Schicksal der Hotelliegenschaft teilen
zu lassen. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist eine Verpflichtung zur
Äusserung des Widmungswillens in Form einer Anmerkung nicht vorstellbar
ohne die gleichzeitige Annahme des Vorliegens dieses Willens.

    c) Ist im erwähnten Passus in der Schuldbrieferrichtungsurkunde
unter den gegebenen Umständen eine hinreichende Äusserung des
Pertinenzierungswillens zu erblicken, so fallen die Ausführungen in
der Berufungsschrift über die Tragweite des Krediteröffnungsvertrags ins
Leere. Es ist daher unerheblich, was sich die angerufenen Zeugen Fuchs und
Brugger bei der Erteilung des Baukredits dachten, und die Einvernahme
dieser Zeugen durfte ohne Verletzung von Bundesrecht unterbleiben.
Ebenso irrelevant ist, ob eine Bankusanz bestehe, gemäss welcher
Vorbesprechungen und vorbereitende Korrespondenzen über Baukredite und
Pfandsicherheiten immer unter dem Vorbehalt von schriftlichen Verträgen
stünden, hat doch die W. Fuchs & Co. ihren Pertinenzierungswillen nicht
nur durch konkludentes Handeln, sondern im Schuldbrieferrichtungsakt
auch schriftlich geäussert. Über die behauptete Usanz brauchte deshalb
ebenfalls kein Beweis abgenommen zu werden.

    d) Schliesslich macht die Beklagte geltend, der Crédit Foncier
Vaudois habe in seinem Schreiben vom 27. Januar 1962 nur vom Mobiliar
des "hôtel-restaurant" gesprochen. Darunter sei nur das Mobiliar des
Restaurants, nicht aber das eigentliche Hotelmobiliar zu verstehen. Selbst
wenn man also eine Zugehörwidmung annehmen wollte, könnte sich diese
nur auf die Einrichtung des Restaurants beziehen. Diese Auffassung ist
jedoch schon aus sprachlichen Gründen nicht haltbar. Mit dem Begriff
"hôtel-restaurant" ist offensichtlich der aus Hotel und Restaurant
bestehende Gesamtkomplex der Liegenschaft Continental gemeint, und nicht
bloss das sich im Hotelgebäude befindliche Restaurant. Was auf deutsch
mit einem Wort als "Hotelrestaurant" bezeichnet werden kann, heisst auf
französisch "restaurant de l'hôtel". Abgesehen davon bestand für den
Crédit Foncier Vaudois kein vernünftiger Grund, nur gerade den Einbezug
des Restaurantmobiliars in die Pfandhaft zu verlangen.

    Die Berufung erweist sich somit ohne Zweifel als unbegründet.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts (II.
Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 9. September 1977 bestätigt.