Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IB 65



104 Ib 65

12. Urteil der I. Zivilabteilung vom 1. Mai 1978 i.S. P.C.C. B.V. gegen
Eidg. Amt für geistiges Eigentum Regeste

    Eintragung einer international registrierten Marke. Art. 14 Abs. 1
Ziff. 2 MSchG, Art. 6quinquies lit. B Ziff. 2 PVÜ.

    Ob eine Marke auf Eigenschaften oder die Beschaffenheit der
Ware hinweise, ist auch nach der zwischenstaatlichen Regelung unter
Berücksichtigung aller ihrer Elemente zu prüfen.

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Firma P.C.C. B.V. in Oisterwijk (Holland) führt
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine Verfügung des Eidgenössischen
Amtes für geistiges Eigentum, das am 26. Januar 1978 ihrer zweifarbigen
Marke, bestehend aus den Wörtern "OISTER" und "FOAM" sowie einem Ausschnitt
aus einer chemischen Formel in eckigen Klammern, den Schutz für das Gebiet
der Schweiz verweigert hat. Die Marke ist beim Büro der Benelux-Staaten
und unter Nr. 424131 auch beim Internationalen Büro hinterlegt worden. Sie
ist für den Gebrauch auf Reaktionskomponenten bestimmt, die zur Herstellung
von Schaum aus Kunststoffen verwendet werden.

    Zwischen den Niederlanden und der Schweiz gelten seit 1975 das Madrider
Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (MMA) sowie
die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums
(PVÜ) gemäss den am 14. Juli 1967 in Stockholm revidierten Fassungen
(AS 1970 S. 620 und 1689, 1976 S. 923, 1978 S. 806). Nach Art. 5 Abs. 1
MMA darf ein Verbandsland einer international registrierten Marke den
Schutz nur verweigern, wenn nach den in der PVÜ genannten Bedingungen ihre
Eintragung in das nationale Register abgelehnt werden dürfte. Das trifft
gemäss Art. 6quinquies lit. B Ziff. 2 PVÜ insbesondere zu, wenn die Marke
jeder Unterscheidungskraft entbehrt oder ausschliesslich aus Zeichen oder
Angaben zusammengesetzt ist, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art,
Beschaffenheit oder Bestimmung der Waren dienen können.

    Dieser zwischenstaatlichen Regelung entspricht Art. 14 Abs. 1
Ziff. 2 MSchG, wonach eine Marke nicht eingetragen werden darf, wenn
sie als wesentlichen Bestandteil ein als Gemeingut anzusehendes Zeichen
enthält. Als Gemeingut gelten offene oder leicht erkennbare Hinweise
insbesondere auf Eigenschaften, die Beschaffenheit oder den Zweck der
Erzeugnisse, für welche die Marke bestimmt ist (BGE 103 Ib 18/19, 101 Ib
15, 100 Ib 251, 99 Ib 24, 99 II 403, 98 II 144 und 402). Dass eine Marke
aus Wörtern einer Sprache besteht, die in der Schweiz weder Amts- noch
Nationalsprache ist, und daher hier bloss von einem bestimmten Kreis,
z.B. nur von Fachleuten als Bezeichnung einer Eigenschaft oder Warenart
verstanden wird, schliesst ihre Würdigung als Gemeingut nicht aus (BGE
97 I 83, 96 I 755, 95 I 479, 91 I 358).

Erwägung 2

    2.- Ob die streitige Marke auf Eigenschaften, die Beschaffenheit oder
den Zweck der Ware hinweist, beurteilt sich nach dem Eindruck, den sie
als Ganzes macht. Dieser Eindruck wird vor allem durch das Wort "FOAM"
bestimmt, das sich durch die Art seiner Wiedergabe von den beiden andern
Bestandteilen der Marke klar abzeichnet. Gewiss wird dadurch, dass die
Wörter "OISTER" und "FOAM" samt der chemischen Formel in Blockschrift
bündig angeordnet sind, eine graphische Darstellung erreicht, welche das
Ganze als ein Rechteck von 10 x 2,5 cm erscheinen lässt. Dass die drei
Markenelemente unter sich eine geschlossene Einheit bildeten und deshalb
ein individuelles Gesamtbild ergäben, wie die Beschwerdeführerin behauptet,
liesse sich jedoch nur sagen, wenn ihre Buchstaben die gleiche Grösse oder
wenigstens die gleiche Farbe aufwiesen. Weder das eine noch das andere ist
der Fall. Das Wort "FOAM" macht etwa zwei Drittel der ganzen Darstellung
aus und ist in einem kräftigen Rot wiedergegeben, das der Marke auf den
ersten Blick denn auch das Gepräge gibt. Die beiden anderen Teile dagegen
sind diesem Wort in Buchstaben, die drei- bis viermal kleiner sind,
übereinander vorangestellt und in schwarzer Farbe ausgeführt, was sie
im Verhältnis zum Hauptbestandteil der Marke zum blossen Beiwerk macht,
mag die Marke auch als "Oister FOAM" gelesen werden.

    "FOAM" ist ein englisches Wort und bedeutet - je nach seiner Verwendung
als Haupt- oder Tätigkeitswort - entweder "Schaum" oder "schäumen". In
der Marke der Beschwerdeführerin hat es offensichtlich den Sinn von
"Schaum" und erweist sich daher in Verbindung mit dem Warenbereich, für
den die Marke bestimmt ist, als eine reine Sachangabe. Es enthält einen
deutlichen Hinweis auf den Zweck der Reaktionskomponenten, mit denen
gemäss dem Warenverzeichnis der Beschwerdeführerin synthetischer Schaum
hergestellt wird.

    Die beiden andern Markenelemente vermögen an diesem Eindruck, der durch
den Hauptbestandteil erweckt wird, nichts zu ändern; das gilt insbesondere
von der chemischen Formel, durch die er eher verstärkt als beseitigt
wird. Im mündlichen Geschäftsverkehr wird die Marke übrigens, was die
Beschwerdeführerin anerkennt, oft ohne die Formel verwendet. Diese taugt
zudem nicht zur Kennzeichnung der Ware und fällt daher bei der Beurteilung
der Zulässigkeit der Marke schon mangels Unterscheidungskraft ausser
Betracht (BGE 100 II 417). Die Beschwerdeführerin übersieht ferner, dass
gemäss Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG eine Marke als Ganzes nichtig ist, wenn
sie als wesentlichen Bestandteil ein als Gemeingut anzusehendes Zeichen
enthält (MATTER, Kommentar zum MSchG, S. 68; DAVID, Kommentar zum MSchG,
3. Aufl. N. 4 zu Art. 14). Da diese Voraussetzung hier schon wegen des
den Gesamteindruck bestimmenden Wortes "FOAM" erfüllt ist, kann von einem
Grenz- oder Zweifelsfall zum vorneherein keine Rede sein. Es kann deshalb
auch offen bleiben, wie es sich mit der angeblichen Phantasiebezeichnung
"Oister" in Verbindung mit "FOAM" verhält.

Erwägung 3

    3.- An diesem Ergebnis ändert auch der Einwand nichts, dass
Art. 6quinquies lit. B Ziff. 2 PVÜ bei richtiger Auslegung nur Marken
verbiete, die in ihrer Gesamtheit zum Gemeingut gehörten. Gewiss
schliesst diese Bestimmung nach ihrem Wortlaut nur Marken aus, die
jeder Unterscheidungskraft entbehren oder ausschliesslich aus Zeichen
oder Angaben bestehen, die im Verkehr u.a. zur Bezeichnung der Art oder
Beschaffenheit der Ware verwendet werden können. Das heisst indes nicht,
dass sowohl nach der zwischenstaatlichen Regelung wie nach Landesrecht
eine Marke selbst dann zugelassen werden müsse, wenn sie zur Hauptsache aus
gemeinfreien Elementen besteht. Das lässt sich schon deshalb nicht sagen,
weil Art. 6quinquies lit. B Ziff. 2 PVÜ auch Zeichen erfasst, die neben
beschreibenden Angaben auch andere Elemente enthalten, aber trotzdem
nicht geeignet sind, die Waren eines Unternehmens von denjenigen eines
andern zu unterscheiden. Sonst könnte der Markeninhaber ein Verbandsland,
das eine Marke zunächst wegen deren beschreibenden Wirkung zurückgewiesen
hat, durch das blosse Beifügen einer Phantasiebezeichnung zur Eintragung
veranlassen. Eine Marke ist selbst nach der zwischenstaatlichen Regelung
unter Berücksichtigung aller ihrer individuellen Eigenschaften zu
prüfen, weil gerade diese beschreibend wirken und das Zeichen als Ganzes
schutzunfähig machen können (BODENHAUSEN, Kommentar zur PVÜ, S. 97 Anm. e).

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.