Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IB 55



104 Ib 55

10. Urteil vom 2. Juni 1978 i.S. X. gegen Regierungsrat des Kantons
Zürich Regeste

    Entzug des Führerausweises; Bestimmung der gesetzlichen Minimaldauer
(Art. 17 SVG und Art. 34 VZV):

    Dem Fahrzeuglenker, der innert fünf Jahren seit Ablauf eines früheren
Entzuges wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand nochmals ein Fahrzeug
irgendeiner Ausweiskategorie in diesem Zustand führt, muss nach Art. 17
Abs. 1 lit. d SVG der Ausweis für mindestens ein Jahr entzogen werden,
wobei nach Art. 34 Abs. 1 VZV der Entzug des Ausweises für eine bestimmte
Fahrzeugkategorie den Entzug für alle Kategorien zur Folge hat. In jedem
solchen Fall stellt die Mindestdauer von einem Jahr hinsichtlich aller
Motorfahrzeugkategorien die gesetzliche Minimaldauer im Sinne des Art. 34
Abs. 2 VZV dar.

Sachverhalt

    A.- X., der als Lastwagenchauffeur angestellt ist, lenkte am 19. Mai
1977 (Auffahrt) abends seinen Personenwagen in angetrunkenem Zustand (1,7
Promille Alkohol im Blut) auf der Hardturmstrasse in Zürich stadtauswärts.
Dabei prallte er mit seinem Fahrzeug frontal gegen das Heck eines
Personenwagens, dessen Führer vor ihm mit Rücksicht auf den Verkehr
angehalten hatte. Es entstand Sachschaden. Wegen dieses Vorfalls verfügte
die Polizeidirektion des Kantons Zürich am 13. Juni 1977 den Entzug des
Führerausweises von X. für alle Motorfahrzeugkategorien auf die Dauer von
achtzehn Monaten. Sie berücksichtigte dabei, dass dem Fehlbaren bereits
durch Verfügung des Strassenverkehrsamtes des Kantons Bern vom 4. Juni
1974 der Führerausweis für die Dauer von zwei Monaten entzogen worden
war, weil er mit seinem Personenwagen in angetrunkenem Zustand gefahren
war. Aufgrund einer Rekurseingabe, in welcher X. darauf hinwies, dass er
auf den Ausweis für die Kategorie C (Lastwagen) angewiesen sei, zog die
Polizeidirektion ihre Verfügung vom 13. Juni 1977 in Wiedererwägung. Am
29. August 1977 erliess sie eine neue Verfügung, mit welcher sie gestützt
auf Art. 34 Abs. 2 der Verordnung vom 27. Oktober 1976 über die Zulassung
von Personen und Fahrzeugen zum Strassenverkehr (VZV) den Führerausweis für
Fahrzeuge der Kategorie B (Personenwagen) auf die Dauer von achtzehn und
für Fahrzeuge der Kategorie C auf die Dauer von zwölf Monaten entzog. Der
Rekurs des X. gegen diese Verfügung wurde vom Regierungsrat des Kantons
Zürich am 1. Februar 1978 abgewiesen.

    X. erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren,
die Entzugsdauer sei für Fahrzeuge der Kategorie C auf zwei Monate
herabzusetzen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

    Da der Beschwerdeführer am 19. Mai 1977 in angetrunkenem Zustand
gefahren ist, musste ihm der Führerausweis entzogen werden, und zwar
für alle Motorfahrzeugkategorien (Art. 16 Abs. 2 lit. b SVG, Art. 34
Abs. 1 VZV). Weil dem Beschwerdeführer der Ausweis bereits im Jahre 1974
aus dem gleichen Grunde hatte entzogen werden müssen, war nach Art. 17
Abs. 1 lit. d SVG die Dauer des neuen Entzuges mindestens auf ein Jahr
festzusetzen.

    Die Vorinstanzen haben die Voraussetzungen für einen sogenannten
differenzierten Entzug nach Art. 34 Abs. 2 VZV als erfüllt
betrachtet. Diese Bestimmung lautet:

    "In Härtefällen kann - unter Einhaltung der gesetzlichen Minimaldauer
   für alle Kategorien - der Führerausweisentzug für verschiedene

    Ausweiskategorien von unterschiedlicher Dauer verfügt werden. Dies ist
   namentlich zulässig, wenn der Ausweisinhaber die Widerhandlung, die
   zum Entzug führte, mit einem Fahrzeug begangen hat, auf dessen

    Benützung er beruflich nicht angewiesen ist, und wenn der Betroffene
als

    Führer der Kategorie, für die die Entzugsdauer verkürzt werden soll,
   unbescholten ist."

    Die Beschwerde wendet sich nicht dagegen, dass hier die Entzugsdauer
für die Kategorie B auf achtzehn Monate bemessen worden ist. Beanstandet
wird nur, dass die kantonale Behörde die Dauer für die Kategorie C auf
ein Jahr festgesetzt hat. Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass
er beidemal mit einem Personenwagen in angetrunkenem Zustand gefahren
ist und dass er als Führer von Lastwagen unbescholten ist. Er meint, in
einem solchen Fall sei hinsichtlich der Kategorie C unter der gesetzlichen
Minimaldauer im Sinne des Art. 34 Abs. 2 VZV das in Art. 17 Abs. 1 lit. b
SVG festgelegte Mindestmass von zwei Monaten zu verstehen. Art. 34
Abs. 2 VZV gestatte der Behörde, dem in einer Motorfahrzeugkategorie
unbescholtenen Führer eine Wohltat zu erweisen, und lasse ihr dafür einen
weiten Spielraum des Ermessens. Mit dieser Auslegung werde dem Bedürfnis
nach Sicherung des Verkehrs genügend Rechnung getragen.

    Die Auffassung des Beschwerdeführers ist mit der gesetzlichen Ordnung
nicht vereinbar. Ein wegen Verletzung von Verkehrsvorschriften verfügter
Führerausweisentzug dient der Besserung des Führers und der Bekämpfung von
Rückfällen (Warnungsentzug, Art. 30 Abs. 2 VZV). Dies gilt insbesondere
auch für den Entzug wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand. In dieser
Beziehung trifft Art. 17 Abs. 1 SVG eine Unterscheidung: Wenn ein Führer
innert fünf Jahren seit Ablauf eines früheren Entzuges wegen Fahrens
in angetrunkenem Zustand erneut in diesem Zustand gefahren ist, muss
ihm der Führerausweis für mindestens ein Jahr entzogen werden (lit. d);
liegt kein solcher Rückfall vor, so ist die Entzugsdauer mindestens auf
zwei Monate festzusetzen (lit. b). Für die Anwendung dieser Vorschriften
ist es gleichgültig, mit welcher der Fahrzeugkategorien, für die ein
Führerausweis erforderlich ist, der Fehlbare die Widerhandlung begangen
hat. Jedem Lenker, der innert fünf Jahren seit Ablauf eines früheren
Entzuges wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand nochmals ein Fahrzeug
irgendeiner Ausweiskategorie in diesem Zustand führt, muss nach Art. 17
Abs. 1 lit. d SVG der Ausweis für mindestens ein Jahr entzogen werden,
wobei der Entzug des Ausweises für eine bestimmte Fahrzeugkategorie den
Entzug für alle Kategorien zur Folge hat (Art. 34 Abs. 1 VZV). In jedem
solchen Fall stellt die Mindestdauer von einem Jahr hinsichtlich aller
Motorfahrzeugkategorien die "gesetzliche Minimaldauer" im Sinne des
Art. 34 Abs. 2 VZV dar. Das ergibt sich zwingend aus Sinn und Zweck von
Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG. Diese Bestimmung beruht auf der Überlegung,
dass bei Rückfall eine erhöhte Mindestdauer des Entzuges erforderlich
ist, damit genügende Gewähr für die Wirksamkeit des Warnungsentzuges
besteht. Rückfällig im Sinne von Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG ist jeder
Lenker, der innert fünf Jahren zum zweiten Mal ein Fahrzeug irgendeiner
Ausweiskategorie in angetrunkenem Zustand führt. Er kann nicht für eine
Fahrzeugkategorie als rückfälliger und für andere Kategorien als nicht
rückfälliger Führer behandelt werden, weil sonst die Erreichung des
von Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG angestrebten Zweckes in vielen Fällen
vereitelt würde.

    Die Tatsache, dass der Lastwagenchauffeur X. zweimal einen
Personenwagen auf privater Fahrt in angetrunkenem Zustand gelenkt
hat, ist demnach kein Grund, Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG nur für die
Fahrzeugkategorie B anzuwenden, dagegen für die Kategorie C auf
lit. b daselbst abzustellen. Die Behörde ist im vorliegenden Fall
auch hinsichtlich der Kategorie C an die in Art. 17 Abs. 1 lit. d SVG
festgesetzte Mindestdauer von einem Jahr gebunden.