Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IB 264



104 Ib 264

42. Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. Dezember 1978 i.S. Lusser und
Mitbeteiligte gegen Eidgenössisches Amt für das Handelsregister Regeste

    Firmenbildung.

    1. Art. 103 lit. a OG. Befugnis eines Gesellschafters, auch im Namen
von Mitgründern einer Aktiengesellschaft Beschwerde zu führen (E. 1).

    2. Art. 944 OR, Art. 45 und 46 HRegV. Zweck und Umfang des Verbotes,
in einer Firma nationale oder territoriale Bezeichnungen zu verwenden
(E. 2). Bedeutung des Firmenbestandteils "ORIENTAL", der nach den Umständen
als unzulässig zu bezeichnen ist (E. 3 und 4).

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen
eine Verfügung des Eidg. Amtes für das Handelsregister, das dem
einzelzeichnungsberechtigten Verwaltungsrat der "PARS-ORIENTAL AG ZÜRICH",
Eduard Lusser, am 29. August 1978 mitgeteilt hat, dass es sich beim
Firmenbestandteil "ORIENTAL" um eine nach Art. 45/46 HRegV unzulässige
territoriale Bezeichnung handle; besondere Gründe, die eine Ausnahme
rechtfertigten, seien nicht dargetan; die Bezeichnung erweise sich vielmehr
als reklamehaft und täuschend und sei daher schon nach Art. 944 Abs. 1
OR sowie gemäss Art. 38 Abs. 1 und Art. 44 Abs. 1 HRegV abzulehnen.

    Mit der Beschwerde wird beantragt, die angefochtene Verfügung
aufzuheben und festzustellen, dass die beanstandete Firmenbezeichnung
zulässig, folglich im Handelsregister einzutragen sei.

    Die Beschwerde ist von Lusser verfasst und eingelegt worden, der
zusammen mit Djafar Fazeli und Hossein Fazeli die PARS-ORIENTAL AG ZURICH
im August 1978 gegründet hat. Die Gründer einer Aktiengesellschaft bilden
bis zu deren Eintragung eine einfache Gesellschaft (BGE 102 II 423). Sie
sind nach Art. 103 lit. a OG zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde befugt,
wenn sie schon im vorinstanzlichen Verfahren Partei gewesen sind (BGE 101
Ib 362). Handelt nur einer der Mitgründer, so darf nach Art. 543 Abs. 2
und 3 OR seine Ermächtigung zur Vertretung der übrigen vermutet werden,
zumal wenn wie hier die Beschwerde vom einzelzeichnungsberechtigten
Verwaltungsrat eingereicht wird (BGE 95 I 278 E. 1b). Obschon keine
schriftliche Vollmacht vorliegt, ist daher auf die Beschwerde Lussers
auch insoweit einzutreten, als sie namens der beiden Mitgründer Fazeli
erhoben worden ist.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 944 OR sind nur Firmen zulässig, deren Inhalt der
Wahrheit entspricht, keine Täuschungen verursachen kann und keinem
öffentlichen Interesse zuwiderläuft (Abs. 1). Der Bundesrat kann
bestimmen, in welchem Umfange nationale und territoriale Bezeichnungen
verwendet werden dürfen (Abs. 2). Er hat angeordnet, dass insbesondere
Handelsgesellschaften keine nationalen Bezeichnungen in ihre Firma
aufnehmen dürfen, das Amt für das Handelsregister jedoch Ausnahmen
gestatten kann, wenn sie durch besondere Umstände gerechtfertigt sind
(Art. 45 HRegV). Diese Bestimmung ist auch auf territoriale und regionale
Zusätze anwendbar (Art. 46 HRegV).

    a) Aus dieser Regelung erhellt, dass das Amt die Verwendung solcher
Bezeichnungen auch dann verbieten kann, wenn sie zu keinen Täuschungen
Anlass geben können, und dass der Zweck des Verbotes sich nicht darin
erschöpft, reklamehaften Zusätzen vorzubeugen; andernfalls hätten die
allgemeinen Vorschriften von Art. 944 Abs. 1 OR und Art. 44 Abs. 1 HRegV
genügt. Die Art. 45 und 46 HRegV gehen über diese Vorschriften hinaus,
da sie nationale und territoriale Bezeichnungen in Firmen grundsätzlich
untersagen und Ausnahmen von besonderen Umständen abhängig machen. Das
Amt folgert daraus, dass die Regelung als Verbots-, nicht bloss als
Missbrauchsgesetzgebung anzusehen sei. Zu dieser Würdigung wurde es
offenbar durch einzelne Bundesgerichtsentscheide veranlasst, wonach die
Art. 45 und 46 HRegV Missbräuche vermeiden, namentlich die täuschende oder
reklamehafte Verwendung solcher Bezeichnungen verhindern wollen (BGE 102
Ib 18 E. 2a, 98 Ib 299 E. 1). Das Bundesgericht begnügte sich in diesen
oder ähnlichen Erwägungen indes nicht damit, den Zweck der Regelung zu
umschreiben, sondern fügte stets bei, dass eine Bezeichnung zugelassen
werden müsse, wenn ein schutzwürdiges Interesse bestehe, sie insbesondere
der Individualisierung des Unternehmens durch ein Element diene, das sie
objektiv von andern unterscheide. Das heisst, dass das Amt nicht schon
deshalb eine Ausnahme zu machen braucht, weil der beanspruchte Zusatz weder
täuschend noch reklamehaft ist, was in andern Entscheiden noch deutlicher
gesagt worden ist(BGE 97 I 75 E. 2, 96 I 611 E. b, 86 I 247 E.4).

    b) Die Beschwerdeführer behaupten mit Recht nicht, dass einer der in
Art. 104 lit. c OG aufgezählten Fälle vorliegt. Fragen kann sich bloss,
ob sie sich auf "Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung
oder Missbrauch des Ermessens" im Sinne von Art. 104 lit. a OG berufen
können. Nach dieser Bestimmung darf das Bundesgericht insbesondere bei
Anwendung der Art. 45 und 46 HRegV nicht sein eigenes Ermessen an die
Stelle des Ermessens der Verwaltungsbehörde setzen, sondern nur prüfen,
ob das Amt auf objektiv massgebende Kriterien abgestellt und dabei sein
Ermessen nicht überschritten habe (BGE 102 Ib 18 E. 2b, 101 Ib 366 E. 5a,
97 I 75 E. 1).

Erwägung 3

    3.- Die seit August 1978 bestehende PARS-ORIENTAL AG ZURICH bezweckt
den "Verkauf von persischen und andern orientalischen Teppichen ab
Freilager Zürich, sowie alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten". Das
Amt anerkennt, dass wegen dieses Zweckes der Zusatz "ORIENTAL" als
Sachbezeichnung und Hinweis auf die Natur des Unternehmens anzusehen
wäre und nicht der Prüfung nach Art. 45 und 46 HRegV unterläge, wenn die
Bezeichnung etwa in "PARS ORIENTAL CARPETS AG" oder "PARS ORIENT-TEPPICHE
AG" verwendet würde (BGE 91 I 214). Die Beschwerdeführer unterstellen
diesen Zusammenhang mit Orientteppichen für den Fachhandel, mit dem ihr
Unternehmen ausschliesslich zu tun habe, als selbstverständlich. Eine
Handelsfirma wendet sich indes nicht nur an ihre Kunden, sondern stets
auch an weitere Kreise; das Amt beurteilte deshalb die beanspruchte
Bezeichnung zu Recht aus der Sicht des Publikums überhaupt (BGE 100 Ib
243 E. 4, 95 I 279 E. 4).

    Die Beschwerdeführer widersprechen der Auffassung des Amtes über
die Bedeutung des Firmenbestandteils "ORIENTAL" denn auch nicht aus
diesem Grunde. Sie machen geltend, mit "Orient" sei vor allem eine
Himmelsrichtung gemeint, während "oriental" eher mit "Abendland" oder
"westlich" zu vergleichen, also nur eine vage territoriale Bezeichnung
sei. Als solche gelten indes nicht bloss Angaben über Gebiete
mit bestimmten politischen Grenzen, sondern auch Hinweise auf einen
geographischen Raum, der nicht genau bestimmbar zu sein braucht (BGE 96 I
611 E. b, 86 I 247 E. 4). In diesem Sinne hat das Bundesgericht z.B. mit
Bezug auf die Bezeichnungen "Middle East" (nicht veröffentlichtes Urteil
vom 11. Mai 1976) und "American" (BGE 91 I 215 E. b) entschieden. Aus
dem Urteil i.S. Consult Overseas Ltd. können die Beschwerdeführer
nichts zu ihren Gunsten ableiten, weil es nur unbestimmte Bezeichnungen
wie Welt, Erde, Ozean, Meer usw. von der Regelung der Art. 45 und 46
HRegV ausnimmt. So allgemein und ungenau sind die Begriffe "Orient"
und "oriental" nicht; wie aus den von den Beschwerdeführern angerufenen
Lexikonstellen erhellt, sind sie jedenfalls auf den Nahen und Mittleren
Osten zu beziehen, folglich auch im vorliegenden Fall so zu verstehen,
zumal es nicht um deren kultur- oder geistesgeschichtliche Bedeutung
geht. Eine solche Nebenbedeutung vermöchte übrigens an ihrem territorialen
Charakter nichts zu ändern. Das Amt hat daher den Firmenbestandteil
"ORIENTAL" zu Recht nach Art. 45 und 46 HRegV beurteilt.

Erwägung 4

    4.- Nach der angefochtenen Verfügung haben die Beschwerdeführer
keine besonderen Umstände im Sinne dieser Bestimmungen vorgebracht,
was sie auch in der Beschwerde nur mit blossen Andeutungen nachzuholen
suchen. Sie berufen sich sinngemäss darauf, dass ihr Unternehmen den
Verkauf von persischen und andern orientalischen Teppichen bezweckt. Gemäss
ständiger Rechtsprechung genügt es jedoch nicht, die Geschäftstätigkeit
einer Gesellschaft auf einen bestimmten Raum auszurichten, um die
Verwendung einer entsprechenden territorialen Bezeichnung in ihrer Firma
zu rechtfertigen (BGE 102 Ib 19 E. 3b, 97 I 76 E. a, 96 I 612). Der
Hinweis auf die PARS EXPORT AG und die PARS IMPORT AG sodann, deren
Räume und Personal von der PARS-ORIENTAL AG angeblich übernommen werden,
vermöchten allenfalls die Verwendung des Firmenbestandteils "PARS"
zu rechtfertigen; für den Zusatz "ORIENTAL", der neu ist, ergibt sich
daraus dagegen nichts. Andere besondere Umstände, welche die Verwendung
als zulässig erscheinen liessen, sind nicht zu ersehen und werden von
den Beschwerdeführern auch nicht behauptet. Bei dieser Sachlage ist die
Annahme des Amtes aber nicht zu beanstanden, die Beschwerdeführer hätten
mit dem streitigen Zusatz bloss das Ansehen der Gesellschaft heben oder
einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz erlangen wollen. Das genügt
nach ständiger Rechtsprechung indes ebenfalls nicht, um eine streitige
Firmenbezeichnung von der Regelung der Art. 45 und 46 HRegV auszunehmen
(BGE 102 Ib 19 E. 3b, 97 I 77 E. b, 92 I 305).

    Da die angefochtene Verfügung vor diesen Bestimmungen standhält,
kann offen bleiben, ob die beanspruchte Firma auch wegen Täuschungsgefahr
gemäss Art. 944 Abs. 1 OR abzulehnen wäre, wie das Amt annimmt.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.