Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IB 176



104 Ib 176

30. Verfügung vom 3. November 1978 i.S. Aktionskomitee N 14, Buchrain,
und Mitbeteiligte gegen Kanton Luzern und Regierungsrat des Kantons
Luzern Regeste

    Nationalstrassengesetz; Einsprache gegen das Ausführungsprojekt,
aufschiebende Wirkung.

    Dass Einsprachen gegen das Ausführungsprojekt hängig sind, hindert eine
vorzeitige Besitzeinweisung nicht, gleichgültig ob der benötigte Boden auf
dem Enteignungswege oder durch ein Landumlegungsverfahren erworben wird
(Art. 37 und Art. 39 NSG, Art. 76 EntG). Der Verwaltungsgerichtsbeschwerde,
die sich gegen die Genehmigung des Ausführungsprojektes und die Abweisung
der dagegen erhobenen Einsprachen richtet, kann daher in der Regel keine
aufschiebende Wirkung nach Art. 111 Abs. 2 OG verliehen werden.

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der Regierungsrat des Kantons Luzern entschied am 14.
August 1978 über die gegen das Ausführungsprojekt N 14, Teilstrecke
Sedel-Kantonsstrasse Buchrain/Inwil, eingereichten Einsprachen und
wies sie grösstenteils ab. Mit zusätzlichem Entscheid gleichen Datums
genehmigte er unter Abweisung der erhobenen Einsprachen das Projekt für
den Halbanschluss Buchrain an die Nationalstrasse N 14.

    Gegen diese beiden Entscheide haben das Aktionskomitee N 14, Buchrain,
und 25 Eigentümer von in Buchrain liegenden Grundstücken am 18. September
1978 Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht. Gleichzeitig ist ein
Gesuch um aufschiebende Wirkung der Beschwerde gestellt worden.

Erwägung 2

    2.- Nach Auffassung der Beschwerdeführer ist der Beschwerde gegen
den Einspracheentscheid des Regierungsrates aufschiebende Wirkung zu
erteilen, da andernfalls die Möglichkeit bestehe, dass schon während
des Beschwerdeverfahrens mit dem Bau der Autobahn begonnen werde und die
bereits ausgeführten Arbeiten bei Gutheissung der Beschwerde nicht wieder
rückgängig gemacht werden könnten. Diese Befürchtungen sind grundlos.

    Mit dem Bau der Nationalstrasse kann erst nach Abschluss des
Landerwerbsverfahrens oder nach vorzeitiger Inbesitznahme des benötigten
Landes begonnen werden. Die Möglichkeit der vorzeitigen Besitzeinweisung
wird für den Fall, dass der Landerwerb im Landumlegungsverfahren erfolgt,
in Art. 37 des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen vom 8. März
1960 (NSG) und für den Fall einer Enteignung in Art. 39 Abs. 3 NSG
vorgesehen. Sowohl Art. 39 Abs. 3 wie auch Art. 37 NSG stellen Parallel-
bzw. Spezialbestimmungen zu Art. 76 des Bundesgesetzes über die Enteignung
vom 20. Juni 1930 (EntG) dar und sind im Zusammenhang mit diesem auszulegen
und anzuwenden (vgl. Botschaft des Bundesrates zum Entwurf des NSG, BBl
1959 II S. 123 f., 126 f.). Insbesondere darf auch im Landerwerbsverfahren
für den Nationalstrassenbau dem Gesuch um vorzeitige Besitzeinweisung,
falls noch Einsprachen gegen das Ausführungsprojekt hängig sind, nur
insoweit entsprochen werden, als keine bei nachträglicher Gutheissung
nicht wieder gutzumachenden Schäden entstehen (vgl. Art. 76 Abs. 4
EntG). Dagegen ist der Enteigner des für den Autobahnbau benötigten Landes
gemäss ausdrücklicher Vorschrift (Art. 39 Abs. 3 NSG) vom Nachweis befreit,
dass ihm ohne die vorzeitige Inbesitznahme bedeutende Nachteile entstehen
müssten. Nach Ansicht des Gesetzgebers liegen diese Nachteile beim Bau von
ganzen Autobahnabschnitten derart auf der Hand, dass sich deren Nachweis
im Einzelfall erübrigt (vgl. Botschaft des Bundesrates zum Entwurf des
NSG, aaO, S. 126 f.). Das gleiche muss auch gelten, wenn der Kanton
den Boden für den Strassenbau nicht auf dem Enteignungswege, sondern
im Landumlegungsverfahren erwirbt. Die vorzeitige Inbesitznahme gemäss
Art. 37 NSG ist daher - analog Art. 39 Abs. 3 NSG - unter erleichterten
Bedingungen möglich.

    Vor dem Entscheid über das Gesuch um vorzeitige Besitzeinweisung
sind die betroffenen Grundeigentümer anzuhören (Art. 37, Art. 39
Abs. 1 und 3 NSG in Verbindung mit Art. 76 EntG). Die Ermächtigung zur
vorzeitigen Inbesitznahme, die im Enteignungsverfahren vom Präsidenten der
Schätzungskommission (Art. 39 Abs. 2 und 3 NSG in Verbindung mit Art. 76
Abs. 2 EntG), im Landumlegungsverfahren von der zuständigen kantonalen
Behörde (Art. 37 NSG) erteilt wird, kann mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde
beim Bundesgericht bzw. mit allfälligen kantonalen Rechtsmitteln
und anschliessender Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden
(vgl. Art. 76 Abs. 6 EntG, Art. 98 lit. g in Verbindung mit Art. 99
lit. c OG).

    Könnte somit im vorliegenden Fall nur nach vorzeitiger
Besitzeinweisung mit den Bauarbeiten an der N 14 begonnen werden, und
haben die Beschwerdeführer im Besitzeinweisungsverfahren die Möglichkeit,
ihr Interesse an der Erhaltung des bisherigen Zustandes zu verfechten,
so besteht kein Anlass, den im Einspracheverfahren erhobenen Beschwerden
aufschiebende Wirkung zu verleihen. Durch die Gewährung der aufschiebenden
Wirkung würde das Landerwerbsverfahren nur unnötigerweise blockiert und die
zum Entscheid über die vorzeitige Besitzeinweisung zuständige Stelle daran
gehindert, die ihr vom Gesetzgeber übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Das
Gesuch um Gewährung der aufschiebenden Wirkung ist daher abzuweisen.