Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IA 88



104 Ia 88

19. Auszug aus dem Urteil vom 8. März 1978 i. S. Schweizerische
Journalisten-Union und Hanspeter Bürgin sowie Gasser AG und Kons. gegen
Regierung des Kantons Graubünden Regeste

    Art. 4, 31, 55 BV sowie Meinungsäusserungsfreiheit,
Informationsfreiheit und Art. 10 EMRK; Information der Öffentlichkeit
durch Regierung und Verwaltung.

    1. Die Meinungsäusserungsfreiheit und die Pressefreiheit gewährleisten
die Freiheit der Meinung, die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung
von Nachrichten und Meinungen einschliesslich der Freiheit, sich aus
allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten (E. 4).

    2. Die von der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit miterfasste
Informationsfreiheit verpflichtet die Behörden indessen nicht,
Informationen bekanntzugeben. Sofern sie freilich über ihre Tätigkeit
informieren und Auskunft erteilen, sind sie an das Rechtsgleichheitsgebot
und an das Willkürverbot gebunden (E. 5).

    3. Die Bündner Richtlinien für die Information der Öffentlichkeit
durch Regierung und Verwaltung vom 12. Juli 1976 verstossen nicht gegen
die genannten Grundrechte (E. 6-12).

Sachverhalt

    A.- Am 12. Juli 1976 erliess die Regierung des Kantons Graubünden
die folgenden "Richtlinien für die Information der Öffentlichkeit durch
Regierung und Verwaltung" (Richtlinien):

    "I. Allgemeines

    Grundsatz

    Art. 1. Die Öffentlichkeit ist nach Massgabe des allgemeinen

    Interesses über die Regierungs- und Verwaltungstätigkeit zu
   orientieren.

    Besondere Fälle

    Art. 2. Für die Information über das Gerichtswesen sind die

    Gerichte zuständig. Die Information im Bereich der Staatsanwaltschaft
   und der Polizei richtet sich nach den gesetzlichen

    Bestimmungen und den Weisungen des vorgesetzten Departementes.

    Grenzen der Information

    Art. 3. Die Informationstätigkeit gemäss Art. 1 wird begrenzt
   durch

    a) entgegenstehende öffentliche Interessen;

    b) schutzwürdige private Interessen, namentlich den

    Persönlichkeitsschutz;

    c) die Pflicht zur Geheimhaltung.

    Verzeichnis der Informationsempfänger

    Art. 4. Die Standeskanzlei führt ein Verzeichnis der

    Informationsempfänger. Im Zweifelsfall entscheidet die Regierung über
   die Aufnahme in das Verzeichnis.

    II. Informationsstellen

    Standeskanzlei

    a) Informationsdienst der Regierung

    Art. 5. Die Standeskanzlei besorgt den Informationsdienst der

    Regierung. Sie ist insbesondere beauftragt und ermächtigt;

    a) den Informationsempfängern gemäss offiziellem Verzeichnis
   die im Druck erscheinenden Botschaften und Berichte an den

    Grossen Rat sowie allfällige weitere für den Grossen Rat bestimmte

    Unterlagen zuzustellen;

    b) unter Berücksichtigung von Art. 1 und 3 dieser Richtlinien
   nach jeder Sitzung eine schriftliche Mitteilung über die Verhandlungen
   der Regierung herauszugeben, wobei in wichtigen Angelegenheiten dem
   zuständigen Departementsvorsteher ein Textvorschlag zu unterbreiten ist;

    c) im Einvernehmen mit der Regierung beziehungsweise mit
   dem zuständigen Departementsvorsteher den Informationsempfängern

    Beschlüsse, Stellungnahmen und allfällige weitere Unterlagen
   zuzustellen;

    d) in bezug auf die Mitteilungen und Unterlagen im Sinne von
   lit. b und lit. c Auskunft zu erteilen beziehungsweise beim zuständigen

    Departement zu vermitteln.

    b) Koordination

    Art. 6. Die Standeskanzlei koordiniert die Zustellung von

    Informationsunterlagen der kantonalen Verwaltung.

    Schriftliche Informationsunterlagen der Departemente und

    Abteilungen, die nicht die Staatsanwaltschaft und das Polizeikommando
   betreffen, sind in der Regel der Standeskanzlei zur

    Weiterleitung an die Informationsempfänger abzuliefern. In besonderen

    Fällen kann die Standeskanzlei das offizielle Verzeichnis
   der Informationsempfänger den Departementen zur direkten

    Zustellung von Unterlagen zur Verfügung stellen.

    Information im Departementsbereich

    Art. 7. In den Zuständigkeitsbereichen der Departemente bestimmen
   die Departementsvorsteher, ob und welche Informationen erteilt werden.

    Die Erteilung von Auskünften durch Mitarbeiter des Departementes
   setzt das Einverständnis des Departementsvorstehers voraus.

    Pressekonferenzen

    Art. 8. Über die Durchführung von Pressekonferenzen und
   -besichtigungen entscheiden die Departementsvorsteher.

    Pressekonferenzen, die den Bereich mehrerer Departemente betreffen,
   werden von der Regierung einberufen.

    Die Koordination der Pressekonferenzen erfolgt jeweils vor
   der Einladung durch gegenseitige Orientierung in der wöchentlichen

    Regierungssitzung.

    Pressezusammenkunft

    Art. 9. Die monatliche Zusammenkunft mit den Vertretern der
   bündnerischen Presse einschliesslich Radio und Fernsehen dient in
   erster Linie der gegenseitigen Information und gemeinsamen

    Aussprache.

    III. Weitere Bestimmungen

    Anfragen

    a) Allgemeines

    Art. 10. Die Information auf Anfrage hin erhält nur der Fragesteller.

    Bei Anfragen ist jeweils zu prüfen, ob im Hinblick auf das
   allgemeine Interesse, die Bedeutung der Sache oder den Grundsatz der
   gleichzeitigen Information eine allgemeine Mitteilung im

    Sinne von Art. 5 lit. b oder Art. 6 Abs. 2 zweckmässig ist.

    b) Abklärung

    Art. 11. Vor der Erteilung mündlicher Auskünfte auf Anfrage
   hin hat sich die Informationsstelle allenfalls über Namen und

    Adresse eines unbekannten Fragestellers sowie über das
Informationsorgan
   zu vergewissern, in dessen Auftrag er handelt.

    c) Auschluss von der Information

    Art. 12. Presseorgane, Agenturen oder Einzelpersonen, welche
   unter Umgehung dieser Richtlinien Informationen erschleichen, erhaltene
   Informationen missbräuchlich verwenden, die Wahrheitspflicht bei der
   Berichterstattung vorsätzlich oder grobfahrlässig verletzen oder der
   Berichtigungspflicht nicht nachkommen, kann die Regierung von der
   Bedienung mit Informationen zeitweise oder dauernd ausschliessen.

    IV. Schlussbestimmungen

    Inkrafttreten und Mitteilung

    Diese Richtlinien treten am 1. August 1976 in Kraft. Sie sind
   allen Departementen und Abteilungen der kantonalen Verwaltung mit
   Einschluss der Anstalten und Betriebe sowie an die

    Empfänger der Pressemitteilungen zuzustellen."

    Die Schweizerische Journalisten-Union und Hanspeter Bürgin
(Beschwerdeführer I) sowie die Gasser AG, Druck und Verlag, Chur,
Hanspeter Lebrument und Dr. Daniel Witzig (Beschwerdeführer
II) erheben je staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der
Meinungsäusserungsfreiheit, von Art. 10 EMRK, der Pressefreiheit,
der Informationsfreiheit, der Handels- und Gewerbefreiheit, des
Gewaltenteilungsprinzips sowie von Art. 4 BV. Sie verlangen insbesondere
die Aufhebung der Art. 1, 3, 4, 7, 10, 11 und 12 der Richtlinien. Die
Regierung des Kantons Graubünden schliesst auf Nichteintreten, eventuell
auf Abweisung der Beschwerden. Das Bundesgericht weist sie ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- Die Verfassungsmässigkeit der Richtlinien beurteilt sich vorab
nach Massgabe der Meinungsäusserungsfreiheit und, soweit sie die Presse
betreffen, nach Massgabe der Pressefreiheit. Der Anspruch auf freie
Meinungsäusserung wird auch in Art. 10 EMRK gewährleistet. Wie das
Bundesgericht in BGE 101 Ia 69 (vgl. auch BGE 102 Ia 381) ausgeführt hat,
übernimmt und entwickelt die EMRK Bestimmungen weiter, die zahlreiche
Staatsverfassungen im Rahmen der Freiheitsrechte gewährleisten oder die
die Vertragsstaaten als ungeschriebene Verfassungsrechte anerkennen. Das
bedeutet, dass die von der Konvention geschützten Rechte in Verbindung
mit den entsprechenden Individualrechten unseres geschriebenen und
ungeschriebenen Verfassungsrechts zu bestimmen sind. Die Frage, ob die
Richtlinien vor der Verfassung und der EMRK standhalten, ist demnach im
folgenden grundsätzlich nach der im ungeschriebenen Verfassungsrecht des
Bundes garantierten Meinungsäusserungsfreiheit, beziehungsweise nach der
in Art. 55 BV gewährleisteten Pressefreiheit zu beurteilen, für deren
Konkretisierung die angerufene Garantie der EMRK beizuziehen ist (BGE 102
I a 381 E. 2 mit Hinweis). In diesem Zusammenhang wird auch der Bestand
und Inhalt der von den Beschwerdeführern angerufenen Informationsfreiheit
zu prüfen sein.
   a) Art. 10 Ziff. 1 EMRK lautet:

    "Jedermann hat Anspruch auf freie Meinungsäusserung. Dieses

    Recht schliesst die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang
   (receive, recevoir) und zur Mitteilung (impart, communiquer) von

    Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne

    Rücksicht auf Landesgrenzen ein..."

    Die EMRK enthält demnach eine Gewährleistung der Informationsfreiheit,
die darin besteht, dass jedermann ein Recht auf freien Empfang
von Nachrichten oder Ideen hat. Welches die nähere Bedeutung der
Gewährleistung ist, lässt sich unter Heranziehung der am 10. Dezember
1948 durch die Vereinten Nationen verkündeten "Allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte" bestimmen. Diese schützt in Art. 19 die Freiheit,
Informationen zu empfangen (receive, recevoir) und zu verbreiten (impart,
répandre). Sie schliesst indes auch die Freiheit, Informationen zu
beschaffen (seek, chercher, wörtlich: suchen) in ihren Schutzbereich
ein. Bei der Ausarbeitung der EMRK stellte sich die Frage, ob die Freiheit,
Nachrichten und Meinungen zu beschaffen, ebenfalls in die Konvention
aufgenommen werden sollte. Die juristische Expertenkommission arbeitete
gleichzeitig zwei Entwürfe aus: Während die Variante A, welche sich stark
an den Wortlaut der programmatisch abgefassten UNO-Menschenrechtserklärung
anschloss, die Informationsbeschaffungsfreiheit einbezog, beschränkte
sich die Variante B auf die Gewährleistung des freien Empfangs und
der freien Verbreitung von Nachrichten oder Ideen (Recueil des Travaux
Préparatoires de la CEDH, Bd. IV, S. 53, 63). In der Folge wurde von
einer Kommission hoher Regierungsbeamter ein neuer Vorschlag eingebracht,
der von der Variante B ausging, jedoch verschiedene Elemente der Variante
A aufnahm. Die freie Nachrichtenbeschaffung (das heisst das Wort "seek,
chercher") blieb vom Grundrechtsschutz ausgeschlossen (Recueil des Travaux
Préparatoires de la CEDH, Bd. IV, S. 281). Daraus kann freilich nicht
abgeleitet werden, man habe mit der Streichung des Wortes "seek, chercher"
den Schutzbereich der Informationsfreiheit auf ein ausschliesslich passives
Verhalten einschränken und die aktive Erschliessung von Informationsquellen
vom Grundrechtsschutz vollständig ausnehmen wollen. Vielmehr sollte
wohl lediglich der Diskussion ein Ende gesetzt werden, ob und wieweit
das Recht auf Informationsbeschaffung die Verpflichtung der Behörden
nach sich ziehe, die Öffentlichkeit mit Informationen zu versehen (vgl.
ROBERTSON, Human rights in Europe, Manchester 1977, S. 95; und zur Frage
der Informationspflicht hinten E. 5). Die herrschende Lehre nimmt denn auch
ohne weiteres an, die Freiheit, Nachrichten und Meinungen ohne Eingriffe
der Behörden zu empfangen, schliesse das Recht ein, sich zu diesem Zweck
aus allgemein zugänglichen Quellen aktiv zu unterrichten (ERMACORA,
Handbuch der Grundfreiheiten und der Menschenrechte, Wien 1963, S. 328,
341; GURADZE, Die EMRK, 1968, S. 143; HOFFMANN-REMY, Die Möglichkeiten der
Grundrechtseinschränkungen nach den Art. 8-11 Abs. 2 EMRK, 1976, S. 165;
MOSER, Die EMRK und das Bürgerliche Recht, 1972, S. 229 f.; SCHORN, Die
EMRK, 1965, S. 254, 258; anders: BARRELET, La liberté de l'information,
Diss. Neuchâtel 1972, S. 60; PARTSCH, Die Rechte und Freiheiten der EMRK,
in: Die Grundrechte, Bd I/1, 1966, S. 435).

    b) Was die schweizerische Bundesverfassung betrifft, so wird in
der Lehre mehrheitlich die Ansicht vertreten, sie gewährleiste die
Informationsfreiheit zumindest als Recht, Informationen zu empfangen und
sich aus allgemein zugänglichen oder verfügbaren Quellen zu unterrichten
(AUBERT, La liberté d'opinion ZSR 92/1973, S. 433; BARRELET, aaO, S. 97;
FISCHER, Über den Geltungsbereich der Pressefreiheit, Diss. Zürich
1973, S. 82; dort zit.: HUBER, Gutachten über Radio und Fernsehen vom
4. September 1967, S. 53; FLEINER Th., Demokratie und Informationsfreiheit,
ZSR 89/1970 I. S. 382; MORAND, Tendances récentes dans le domaine de la
liberté d'expression, 12e journée juridique (1972) de la faculté de droit
de Genève S. 44 ff.; REHBINDER, Schweizerisches Presserecht, 1975 S. 19;
SALADIN, Grundrechte im Wandel, 1975, S. 85). Das Bundesgericht selber
führte in BGE 80 II 42 aus, die Informationsfreiheit bestehe darin dass
der Staat die Presse in der Beschaffung des zur Erfüllung ihrer Aufgabe
benötigten Materials nicht behindern dürfe. Es äusserte sich indes nicht
ausdrücklich darüber, ob die Informationsfreiheit als Bestandteil der
Pressefreiheit gewährleistet sei oder nicht (vgl. auch BGE 98 Ia 413). Der
Inhalt der Meinungsäusserungsfreiheit wurde vom Bundesgericht jedoch in BGE
97 I 896 in allgemeiner Weise als "faculté de faire connaître librement ses
opinions et de les répandre en usant des moyens légaux" umschrieben. Es
hielt deshalb in BGE 101 IV 172 E. 5 fest, die Fähigkeit, seine Meinung
bekanntzugeben, setze auf der andern Seite die Fähigkeit des Publikums
voraus, die Ansicht eines andern zur Kenntnis zu nehmen. Tatsächlich wäre
der rechtliche Schutz einer ins Leere geäusserten Meinung sinnlos. Es
ergibt sich demnach, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes der
freie Empfang von Informationen gewährleistet ist. Diese Rechtsprechung ist
dahin zu verdeutlichen, dass die Informationsfreiheit als Bestandteil der
Meinungsäusserungsfreiheit und der Pressefreiheit das Recht gewährleistet,
Nachrichten und Meinungen (BGE 101 Ia 150) ohne Eingriffe der Behörden
zu empfangen und sich aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten.

Erwägung 5

    5.- Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, die EMRK und die
Bundesverfassung gewährleisteten auch die Informationsfreiheit des
Inhalts, dass die Behörden verpflichtet seien, die Öffentlichkeit über
ihre Tätigkeit zu informieren.

    a) Art. 10 EMRK begründet keine Informationspflicht der Behörden. Das
ergibt sich einerseits daraus, dass das Recht, Informationen zu "suchen",
vom Grundrechtsschutz ausdrücklich ausgeschlossen wurde (vgl. E. 4a), und
andererseits aus dem Umstand, dass seit dem Abschluss der EMRK verschiedene
Vorstösse mit dem Zweck unternommen wurden, den durch Art. 10 EMRK
gewährleisteten Schutz zu verstärken und die Informationspflicht in den
Schutzbereich aufzunehmen (vgl. Empfehlung 582 (1970), Ziff. 8 lit. e (i);
Resolution 428 (1970) Ziff. 3; Actes du Colloque du Conseil de l'Europe
sur la liberté d'information et l'obligation pour les pouvoirs publics
de communiquer les informations à Graz, Strasbourg 1977, insb. S. 62;
Activités du Conseil de l'Europe au cours de l'année 1977 H. (78) 3). In
der geltenden Fassung sieht die EMRK demnach keine Informationspflicht vor
(BARRELET, aaO, S. 60; HOFFMANN-REMY, aaO, S. 164; MOSER, aaO, S. 230;
PARTSCH, aaO, S. 435).

    b) Was die schweizerische Bundesverfassung anbelangt, so
wurde die Forderung nach Aufnahme der Informationsfreiheit nach
dem 2. Weltkrieg, unter dem Einfluss der internationalen Diskussion,
aufgestellt. Die Forderung beschränkte sich zunächst auf die Einführung
der Informationsempfangs- und Informationsbeschaffungsfreiheit
(vgl. Botschaft des Bundesrates über die Revision von Art. 55 BV vom
19. Oktober 1951, BBl. 1951 III S. 141 ff. insb. 247; zu diesem Aspekt der
Informationsfreiheit vgl. oben E. 4b). Die vom Eidgenössischen Justiz-
und polizeidepartement eingesetzte Expertenkommission sah indes in
ihrem Bericht vom 1. Mai 1975 (Presserecht, Presseförderung, Bern 1975,
S. 47) neben der Informationsfreiheit als Abwehrrecht auch die Pflicht
der Behörden von Bund und Kantonen vor, Informationen von allgemeinem
Interesse bekanntzugeben, soweit nicht überwiegende öffentliche oder
private Interessen entgegenstehen. Die Kommission vertrat die Ansicht
(aaO S. 53), eine Informationsfreiheit, die keinerlei Anspruch auf
Lieferung von Informationen durch die Behörden einschliesse, wäre eines
wesentlichen Teils ihres Gehalts beraubt. Auch der Verfassungsentwurf
der Expertenkommission für die Vorbereitung einer Totalrevision
der Bundesverfassung bestimmt in Art. 7, die Behörden müssten über
ihre Tätigkeit ausreichend informieren, wenn nicht überwiegende
öffentliche oder private Interessen entgegenstünden. Diese Bestrebung
in Richtung einer Revision von Art. 55 BV und einer Totalrevision der
Bundesverfassung zeigen, dass jedenfalls das geltende Verfassungsrecht
keine Informationsfreiheit des Inhalts gewährleistet, dass die Behörden
über ihre Tätigkeit zu informieren hätten. Eine solche Pflicht kann zudem
weder aus der Meinungsäusserungsfreiheit noch aus der Pressefreiheit,
bei der es sich nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung um einen
Teilbereich der Meinungsäusserungsfreiheit handelt (BGE 98 Ia 421 mit
Hinweisen), abgeleitet werden. Wie das Bundesgericht wiederholt erkannte,
gewährleisten diese Grundrechte die freie vom Staate nicht behinderte
Betätigung in den betreffenden Bereichen des Lebens; sie vermitteln keinen
Anspruch auf positive Leistungen des Staates (BGE 98 Ia 367 E. 5a; 97 I
896 E. 4; 80 II 42).

    c) Es kann sich demnach einzig noch die Frage stellen, ob der positive
Anspruch des Bürgers auf Information durch die staatlichen Behörden als
ungeschriebenes Grundrecht anzuerkennen sei. Das Bundesgericht hat die
Frage in BGE 80 II 42 verneint. Diese Auffassung wird in der Lehre teils
unterstützt (FISCHER, aaO, S. 82; LUDWIG, Schweizerisches Presserecht,
1964, S. 113; REHBINDER, aaO, S. 19), teils aber auch abgelehnt (BARRELET,
aaO, S. 111; SALADIN, aaO, S. 83 ff., 416); teils wird die Meinung
vertreten, eine Informationspflicht könne nur de lege ferenda eingeführt
werden (AUBERT, aaO, S. 440; vgl. TH. FLEINER, aaO, S. 390/91).

    Eine Gewährleistung von in der Verfassung nicht genannten
Freiheitsrechten durch ungeschriebenes Verfassungsrecht wurde vom
Bundesgericht bisher nur in bezug auf solche Befugnisse angenommen, welche
die Voraussetzung für die Ausübung anderer (in der Verfassung genannter)
Freiheitsrechte bilden oder sonst als unentbehrliche Bestandteile der
demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung des Bundes erscheinen
(BGE 100 Ia 400 E. 4c mit Hinweisen). Um die dem Verfassungsrichter
gesetzten Schranken nicht zu überschreiten, hat das Bundesgericht stets
auch geprüft, ob die in Frage stehende Gewährleistung bereits einer
weitverbreiteten Verfassungswirklichkeit in den Kantonen entspreche und
von einem allgemeinen Konsens getragen sei (vgl. BGE 100 Ia 400/401;
GRISEL, La liberté personnelle et les limites du pouvoir judiciaire, in:
Revue internationale de droit comparé 27/1975, S. 566).

    Es kann wohl nicht bestritten werden, dass eine sinnvolle Ausübung
der Volksrechte im demokratischen Staat eine gutinformierte öffentliche
Meinung voraussetzt, und dass der Rechtsstaat seine Legitimation auch aus
der steten Rechtfertigung seiner Tätigkeit vor dem Bürger schöpft. Der
Anspruch auf Information durch die Behörden wird indes, im Gegensatz
zur Meinungsäusserungsfreiheit, zur persönlichen Freiheit und zur
lange Zeit als ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes anerkannten
Eigentumsgarantie durch die kantonalen Verfassungen nicht gewährleistet
(vgl. aber Art. 33 KV von Solothurn); die wenigsten Kantone kennen
überhaupt eine rechtliche Regelung der Information durch die Behörden
(vgl. aber Genf, Luzern, Obwalden). Es verhält sich hier nicht wesentlich
anders als bezüglich der Demonstrationsfreiheit, die vom Bundesgericht
in BGE 100 Ia 400 nicht als ungeschriebenes Verfassungsrecht anerkannt
wurde. Bei dieser Sachlage muss die Einführung des in Frage stehenden
Grundrechts in dem für Verfassungsänderungen vorgesehenen Verfahren
erfolgen.

    Die Meinungsäusserungsfreiheit und die Pressefreiheit gewährleisten
nach dem geltenden Verfassungsrecht demnach die Freiheit der Meinung,
die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Meinungen
einschliesslich der Freiheit, sich aus allgemein zugänglichen Quellen
zu unterrichten. Die von der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit
miterfasste Informationsfreiheit verpflichtet die Behörden indessen nicht,
Informationen bekanntzugeben. Sofern sie freilich über ihre Tätigkeit
informieren und Auskunft erteilen, sind sie an das Rechtsgleichheitsgebot
und an das Willkürverbot gebunden.

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerdeführer II verlangen die Aufhebung von Art.  1 und
3 der Richtlinien. Nach Art. 1 ist die Öffentlichkeit nach Massgabe des
allgemeinen Interesses über die Regierungs- und Verwaltungstätigkeit zu
orientieren und nach Art. 3 wird die Informationstätigkeit begrenzt durch
entgegenstehende öffentliche sowie schutzwürdige private Interessen,
namentlich den Persönlichkeitsschutz, sowie durch die Pflicht zur
Geheimhaltung. Die Legitimation der Beschwerdeführer zur Anfechtung
dieser Bestimmungen erscheint fraglich (vgl. E. 2a) braucht aber nicht
abschliessend beurteilt zu werden, weil die Rüge offensichtlich unbegründet
ist. Die Abgrenzungskriterien sind weder unhaltbar noch verletzen sie das
Rechtsgleichheitsgebot. Gegenteils entspricht es einem das gesamte Staats-
und Verwaltungsrecht beherrschenden Grundsatz, dass Kollisionen zwischen
verschiedenen öffentlichen oder zwischen öffentlichen und privaten
Interessen durch wertende Gegenüberstellung und Interessenabwägung
zu lösen sind (BGE 94 I 548 E. 5; GRISEL, Droit administratif suisse,
S. 172; IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Bd. I,
Nr. 57 IV, S. 335 f.). Dieselbe Interessenabwägung verlangt sowohl die von
der Expertenkommission für die Revision des Art. 55 BV vorgeschlagene
Bestimmung, als auch der Vorentwurf der Expertenkommission für die
Vorbereitung einer Totalrevision der Bundesverfassung (vgl. E. 5b).

Erwägung 7

    7.- In beiden Beschwerden wird die Aufhebung von Art. 4 der
Richtlinien verlangt, der bestimmt, dass die Standeskanzlei ein
Verzeichnis der Informationsempfänger führt. Im Zweifelsfall entscheidet
die Regierung über die Aufnahme in das Verzeichnis. Die Beschwerdeführer
machen geltend, die Bestimmung verletze die Verfassung, weil sie die
Kriterien für die Aufnahme in das Register nicht angebe. Die Rüge ist
offensichtlich unbegründet. Wenn im Reglement selber Kriterien fehlen,
bedeutet das nicht, dass die Regierung die Aufnahme in das Register
im Einzelfall aus unhaltbaren Gründen verweigern darf. Soweit es sich
bei den Gesuchstellern um Gewerbegenossen handelt, muss auch das aus
Art. 31 BV abgeleitete Gleichheitsgebot berücksichtigt werden. Die
Beschwerdeführer machen zu Recht nicht geltend, das Fehlen eines
Reglements verletze an sich die Verfassung; tatsächlich kennen die
wenigsten Kantone Informationsrichtlinien. Daraus ist zu schliessen, dass
auch derjenige Kanton die Verfassung nicht verletzt, der zwar Richtlinien
erlässt, dort aber die Kriterien für die Aufnahme in das Verzeichnis der
Informationsempfänger nicht aufführt. Die durch keine Anwendungsfälle
erhärtete Befürchtung, eine Vorschrift könnte rechtsungleich angewendet
werden, kann nicht deren Aufhebung zur Folge haben. Die Beschwerdeführer
verlangen, dass nicht nur die Pressevertreter, sondern alle Personen,
die ein Gesuch stellen, in das Register aufgenommen werden. Da Art. 4 der
Richtlinien keine Kriterien über die Aufnahme, beziehungsweise Verweigerung
der Aufnahme enthält, ist vorerst offen, nach welchen Kriterien die
Regierung die Aufnahme gewähren oder verweigern wird und das Bundesgericht
hat keine Veranlassung, im vorliegenden abstrakten Normkontrollverfahren
die von den Beschwerdeführern angeführten Ausscheidungskriterien auf ihre
Verfassungsmässigkeit hin zu überprüfen. Sollte ihnen die Aufnahme in das
Register unter Anwendung von Kriterien verweigert werden, die nach ihrer
Ansicht vor der Verfassung nicht standhalten, wird es ihnen unbenommen
sein, den Anwendungsakt mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten.

Erwägung 8

    8.- Gemäss Art. 7 der Richtlinien bestimmen in den
Zuständigkeitsbereichen der Departemente die Departementsvorsteher, ob
und welche Informationen erteilt werden. Die Erteilung von Auskünften
durch Mitarbeiter des Departementes setzt das Einverständnis des
Departementsvorstehers voraus. Kurz nach Erlass der Richtlinien stellte
die Standeskanzlei den Informationsempfängern in Anwendung von Art. 7
Abs. 2 der Richtlinien ein Verzeichnis der Auskunftspersonen zu. In diesem
Verzeichnis sind 77 Personen aufgeführt, die in den einzelnen Departementen
im Rahmen von Art. 3 der Richtlinien zur Erteilung von Auskünften
berechtigt sind. Daraus und aus der Vernehmlassung der Regierung ist
zu schliessen, dass nicht in jedem einzelnen Fall das Einverständnis
des Departementsvorstehers eingeholt werden muss. Die Beschwerdeführer
rügen eine Verletzung der Pressefreiheit, der Meinungsfreiheit, der
Informationsfreiheit sowie von Art. 10 EMRK und machen geltend, alle
Beamten seien im Rahmen der Geheimhaltungspflicht befugt, die Journalisten
mit Auskünften zu versehen. Wie dargetan, vermittelt keines der angeführten
verfassungsmässigen Rechte einen positiven Anspruch des Einzelnen auf
Information durch die Behörden, so dass die Rügen unbegründet sind. Die
generelle Beschränkung der Zahl der für Auskünfte zuständigen Beamten
verletzt auch das in Art. 4 BV enthaltene Gleichheitsgebot nicht, werden
doch alle Informationsempfänger gleichermassen von der Einschränkung
betroffen.

    Die Beschwerdeführer haben die Rüge, die Richtlinien verletzten
die Meinungsäusserungsfreiheit des Staatspersonals jedenfalls nicht
ausdrücklich erhoben und auch nicht genügend begründet, sondern
die Richtlinien ausschliesslich vom Standpunkt des Journalisten und
Bürgers her angefochten. Es braucht deshalb nicht geprüft zu werden,
ob eine derartige Aufzählung der zur Auskunft zuständigen Personen
die Meinungsäusserungsfreiheit derjenigen Beamten verletze, die keine
Auskunft erteilen dürfen, und es kann ebenso dahingestellt bleiben,
ob die Beschwerdeführer zur Erhebung dieser Rüge befugt sind.

Erwägung 9

    9.- Gemäss Art. 9 der Richtlinien findet monatlich eine Zusammenkunft
mit den Vertretern der bündnerischen Presse einschliesslich Radio und
Fernsehen statt; diese dient in erster Linie der gegenseitigen Information
und gemeinsamen Aussprache. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung der
Rechtsgleichheit, der Handels- und Gewerbefreiheit, der Pressefreiheit
und von Art. 10 EMRK, weil die Bestimmung die Zulassung zur monatlichen
Zusammenkunft auf Vertreter der bündnerischen Presse beschränke, während
Vertreter der ausserkantonalen Presse ausgeschlossen seien.

    Bei der Prüfung der Verfassungsmässigkeit von gesetzlichen
Vorschriften im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle ist massgebend,
ob der betreffenden Norm nach den anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn
zugemessen werden kann, der sie mit dem angerufenen Grundrecht vereinbar
erscheinen lässt. Das Bundesgericht hebt die angefochtene kantonale
Vorschrift nur auf, wenn sie sich jeder verfassungskonformen Auslegung
entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise
zugänglich ist (BGE 102 Ia 109 E. 1b mit Hinweisen).

    Tatsächlich gibt der Wortlaut der Bestimmung zu Zweifeln Anlass. Die
Regierung führt in ihrer Vernehmlassung aus, an der Pressezusammenkunft
beteiligten sich regelmässig auch Korrespondenten, die vor allem für
Zeitungen ausserhalb des Kantons schreiben, zum Beispiel auch Vertreter
der Schweizerischen Depeschenagentur. Es seien bisher keine Gesuche
um Teilnahme an der Pressezusammenkunft abgelehnt worden, so dass auch
niemand diskriminiert worden sei. Das Bundesgericht nimmt Kenntnis von
den Ausführungen der Regierung und stellt fest, dass die Auslegung,
welche sie der Bestimmung beilegt, die Rechtsgleichheit und die andern
angerufenen Verfassungsbestimmungen nicht verletzt. Sofern unter dem
Begriff der bündnerischen Presse diejenigen Medien verstanden werden,
die regelmässig über die wesentlichen Ereignisse im Kanton Graubünden
berichten, ist die Vorschrift nicht verfassungswidrig.

Erwägung 10

    10.- Nach Art. 10 Abs. 1 der Richtlinien erhält nur der Fragesteller
die Information auf Anfrage hin. Nach Art. 10 Abs. 3 ist bei Anfragen
jeweils zu prüfen, ob im Hinblick auf das allgemeine Interesse, die
Bedeutung der Sache oder den Grundsatz der gleichzeitigen Information
eine allgemeine Mitteilung im Sinne von Art. 5 lit. b oder 6 der
Richtlinien zweckmässig sei. Die Beschwerdeführer legen die Bestimmung
in der Weise aus, dass dem Fragesteller die gewünschte Information erst
anlässlich der allgemeinen Mitteilung zugestellt werde. Die Regierung
führt demgegenüber aus, dass stets dann, wenn die allgemeine Mitteilung
im Hinblick auf das öffentliche Interesse oder die Bedeutung der Sache
geprüft werden müsse, dem Fragesteller die die Information sofort
erteilt werden könne. Die allgemeine Mitteilung werde in diesem Falle
erst nachträglich an alle Informationsempfänger zugestellt. Lediglich
dann, wenn die allgemeine Mitteilung im Hinblick auf den Grundsatz der
gleichzeitigen Information geprüft werden müsse, habe der Fragesteller
zuzuwarten. Dieser Fall bilde indessen die Ausnahme und trete nur beim
Vorliegen besonderer Umstände ein. Die Beschwerdeführer anerkennen,
dass ihre Rüge bei der genannten Auslegung gegenstandslos werde.
Das Bundesgericht nimmt Kenntnis von der Auslegung, die die Regierung
der angefochtenen Bestimmung beilegen will, und stellt fest, dass diese
die Verfassung nicht verletzt. Es wäre im übrigen kaum anzunehmen, dass
die gleichzeitige Information aller Informationsempfänger Art. 4 BV oder
das Gleichbehandlungsgebot der Gewerbegenossen verletzen könnte. Dass
die weiteren von den Beschwerdeführern angerufenen Verfassungsrechte
(Meinungsäusserungsfreiheit, Pressefreiheit, Informationsfreiheit)
angesichts des Umstandes, dass sie keine positive Leistungspflicht des
Staates vermitteln, nicht verletzt sein können, wurde bereits wiederholt
festgestellt.

Erwägung 11

    11.- Art. 11 der Richtlinien bestimmt, dass sich die Informationsstelle
vor der Erteilung mündlicher Auskünfte auf Anfrage hin allenfalls
über Namen und Adresse eines unbekannten Fragestellers sowie über das
Informationsorgan, in dessen Auftrag er handelt, zu vergewissern hat.

    In der Beschwerde I wird geltend gemacht, die Bestimmung gehe
darauf aus, Unterschiede je nach der Person oder dem Auftraggeber des
Fragestellers zu machen. Die Regierung bestreitet in ihrer Vernehmlassung
diese Auslegung. Art. 11 und die Richtlinien überhaupt wollen nach ihrer
Auffassung die Arbeit der Journalisten nicht verhindern oder erschweren,
sondern in geordnete Bahnen lenken und die Informationstätigkeit
verbessern. Die Identitätsangabe sei nötig, um einem Missbrauch mit
der Antwort vorzubeugen. Tatsächlich entspricht es bereits dem Gebot des
Anstandes, dass sich ein Fragesteller vorstellt, wenn er mit der Verwaltung
in Kontakt tritt. Aus der Bestimmung selber lässt sich, entgegen der
Ansicht der Beschwerdeführer, nicht ableiten, dass die Behörden eine
rechtsungleiche Behandlung der Fragesteller beabsichtigen. Mit ihrer
Verfassungsrüge legen sie der Bestimmung einen Sinn bei, der sich aus
ihrem Wortlaut nicht ergibt. Die Rüge ist daher unbegründet.

Erwägung 12

    12.- Gemäss Art. 12 der Richtlinien kann die Regierung die
Presseorgane, Agenturen oder Einzelpersonen von der Bedienung mit
Informationen zeitweise oder dauernd ausschliessen, welche unter Umgehung
der Richtlinien Informationen erschleichen, erhaltene Informationen
missbräuchlich verwenden, die Wahrheitspflicht bei der Berichterstattung
vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzen oder der Berichtigungspflicht
nicht nachkommen. Die Beschwerdeführer verlangen die Aufhebung der
Vorschrift.

    a) Diese Bestimmung bedroht zunächst diejenigen Personen mit
der Sanktion des Informationsentzuges, welche unter Umgehung der
Richtlinien Informationen erschleichen. Damit wird zwar die Freiheit,
sich Informationen zu beschaffen, beschränkt, doch gewährleistet die
Informationsfreiheit lediglich das Recht, sich aus allgemein zugänglichen
Quellen zu unterrichten. Die Verwaltung gehört grundsätzlich nicht
zu den allgemein zugänglichen Informationsquellen. Deren Tätigkeit
und die Verhandlungen der exekutiven Behörden sind im allgemeinen und
insbesondere im Kanton Graubünden nicht öffentlich (BUSER, Information
und Amtsverschwiegenheit, ZBJV 103/1967, S. 213 f.; GRISEL, Droit
administratif suisse, S. 253; IMBODEN/RHINOW, aaO S. 519), so dass der
Bürger und die Presse lediglich geltend machen können, mit dem angedrohten
Informationsentzug werde eine Ungleichbehandlung in Aussicht gestellt,
die sich auf keinen genügenden sachlichen Grund stützen lasse und deshalb
Art. 4 BV verletze.

    Das Schweizerische Strafgesetzbuch (StGB) verwendet den Begriff des
Erschleichens in Art. 151 StGB (Erschleichen einer Leistung, obtention
frauduleuse d'une prestation), in Art. 170 StGB (Erschleichen eines
gerichtlichen Nachlassvertrages, obtention frauduleuse d'un concordat
judiciaire) und in Art. 253 StGB (Erschleichen einer falschen Beurkundung,
obtention frauduleuse d'une constatation fausse). Insbesondere der
französische Text macht deutlich, dass mit dem Begriff des Erschleichens
stets auf ein unlauteres Verhalten hingewiesen wird. Die strafrechtliche
Begriffsbestimmung ist zwar nicht massgebend, aber sie kann zur Auslegung
der Richtlinien beigezogen werden. Das bedeutet, dass eine Sanktion
nicht schon dann ergriffen werden darf, wenn ein Informationsempfänger
die Richtlinien in irgendeiner Weise verletzt, sich zum Beispiel an einen
Beamten wendet, der nicht im Verzeichnis der Auskunftspersonen aufgeführt
ist, jedenfalls dann nicht, wenn ihm die gewünschte Auskunft nicht
vorher von zuständigen Behördemitgliedern oder Chefbeamten ausdrücklich
verweigert worden ist. Eine Sanktion darf vielmehr nur dann Platz
greifen, wenn unlauteres Verhalten vorliegt. Ein solches Verhalten ist
insbesondere dann anzunehmen, wenn der Informationsempfänger zum Zwecke der
Informationsbeschaffung einen Vertrauensbruch oder einen Rechtsmissbrauch
begeht. Wird Art. 12 der Richtlinien in diesem engen Sinne ausgelegt,
ist er nicht verfassungswidrig, denn die Verfassung gewährleistet nicht
treuwidrige oder rechtsmissbräuchliche Informationsbeschaffung.

    b) Art. 12 der Richtlinien bedroht auch den Informationsempfänger
mit dem Informationsentzug, der erhaltene Informationen missbräuchlich
verwendet oder die Wahrheits- und Berichtigungspflicht verletzt. In diesen
Fällen wird von den Informationsempfängern ein Verhalten gefordert, das
sie in ihrer Meinungsäusserungs- beziehungsweise Pressefreiheit beschränkt.

    Die Freiheitsrechte können nach dem Verfassungsrecht des Bundes
gestützt auf eine genügende gesetzliche Grundlage eingeschränkt werden,
sofern der Eingriff zum Schutze der öffentlichen Ordnung, Sicherheit,
Sittlichkeit oder Gesundheit sowie der Lauterkeit im Geschäftsverkehr
erforderlich ist und dem Gebot der Verhältnismässigkeit entspricht (BGE
96 I 589 mit Hinweisen). Art. 10 Ziff. 2 EMRK umschreibt die Schranken
der Meinungsäusserungsfreiheit wie folgt:

    "Da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung
   mit sich bringt, kann sie bestimmten, vom Gesetz vorgesehenen

    Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen
   unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im
   Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit
   oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung
   und der

    Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des

    Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer notwendig sind, um
   die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das

    Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten."

    Dass die Richtlinien eine genügende gesetzliche Grundlage darstellen,
wurde bereits erkannt. In diesem Zusammenhang ist lediglich einschränkend
festzustellen, dass die Sanktion des Informationsentzugs nur bei
Pflichtverletzungen gegenüber der informierenden Behörde ausgesprochen
werden darf. Weitergehende Aussenwirkungen vermag die Verwaltungsverordnung
nicht abzudecken. Die Verhinderung von Rechtsmissbräuchen und Unwahrheiten
bei der Verbreitung von Informationen sowie die Durchsetzung der
gesetzlich vorgesehenen Berichtigungspflicht (§ 12 des Gesetzes
wider den Missbrauch der Pressefreiheit vom 13. Juli 1839) ist in
ihrer abstrakten Formulierung nicht zu beanstanden; doch wird in jedem
Einzelfall sorgfältig zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen für einen
Eingriff in die Meinungsäusserungs- oder Pressefreiheit gegeben sind,
und ob der Verhältnismässigkeitsgrundsatz die Massnahme zulässt. Die
Regierung hat diesbezüglich in ihrer Vernehmlassung dem Willen Ausdruck
verliehen, die Bestimmung nicht extensiv zu verstehen und auszulegen. Es
sei selbstverständlich, dass die Grundsätze des rechtlichen Gehörs und
der Verhältnismässigkeit im Einzelfall beachtet würden.