Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 104 IA 367



104 Ia 367

56. Auszug aus dem Urteil vom 15. November 1978 i.S. Banque Centrale de la
République de Turquie gegen Weston Compagnie de Finance et d'Investissement
S.A. und Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts
Zürich Regeste

    1. Voraussetzungen für die vollstreckungsrechtliche Immunität fremder
Staaten (Erw. 2).

    2. Kann sich eine dem Privatrecht des ausländischen Staates
unterstehende Aktiengesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, die
öffentlich-rechtliche Funktionen innehat, auf die Lehre von der Immunität
der Staaten berufen? Frage offen gelassen (Erw. 3).

    3. Staatliche Zahlungsrestriktionen, die einen Darlehensnehmer
verpflichten, die Rückzahlung über die Staatsbank zu leiten, ändern
an der privatwirtschaftlichen Natur des Geschäftes und damit der
Rückzahlungsforderung nichts (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Im Jahre 1977 gewährte die Firma The Lloyds Bank International Ltd
(nachfolgend Lloyds Bank genannt) in Zürich der Türkiye Garanti Bankasi
A.S. in Istanbul ein Time Deposit in der Höhe von einer Million SFr. Die
Rückzahlung hätte am 3. Mai 1978 geleistet werden sollen und zwar auf
Grund der türkischen Devisengesetzgebung unter Einschaltung der Banque
Centrale de la République de Turquie, der türkischen Staatsbank. Nachdem
sie nicht fristgerecht erfolgt war, trat die Lloyds Bank ihren Anspruch ab
an die Weston Compagnie de Finance et d'Investissement S.A. (nachfolgend
Weston Cie. genannt).

    Am 30. Juni 1978 erliess der zuständige Einzelrichter des
Bezirksgerichts Zürich auf Begehren der Weston Cie. gegen die Banque
Centrale de la République de Turquie einen ersten Arrestbefehl für
die Forderungssumme von Fr. 1'000'000.- nebst Zinsen und Kosten. Als
Forderungsgrund wurde angegeben: "Time Deposit Nr. 100034/086 gemäss
Communiqué No. 176 des türkischen Gesetzes". Der Arrest, der sich auf
Guthaben der Arrestschuldnerin bei drei schweizerischen Grossbanken in
Zürich erstreckte, wurde vollzogen und die Arresturkunde am 7. Juli 1978
ausgestellt. Mit Zahlungsbefehl vom 28. Juli 1978 prosequierte die
Weston Cie. den Arrest. Am 25. Juli 1978 erging ein zweiter Arrestbefehl
für die nämliche Forderung, gerichtet auf sämtliche Vermögenswerte
der Arrestschuldnerin in den Räumen ihrer Repräsentanz in Zürich. Der
Vollzug erfolgte am 26. Juli 1978, die Arresturkunde wurde am 31. Juli
1978 ausgestellt. Die Banque Centrale de la République de Turquie
erhob hierauf staatsrechtliche Beschwerde, mit welcher sie beantragte,
die beiden Arrestbefehle wie deren Vollzug und der Zahlungsbefehl vom
28. Juli 1978 seien aufzuheben. Sie macht geltend, die angefochtenen
betreibungsrechtlichen Verfügungen verletzten ihre völkerrechtliche
Immunität. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Zwischen der Schweiz und der Türkischen Republik besteht kein
Staatsvertrag, der sich auf die Frage der gegenseitigen Immunität der
beiden Staaten und ihrer öffentlichrechtlichen Körperschaften bezöge. Auch
ist kein internationales Abkommen anwendbar. Wohl besteht seit dem
16. Mai 1972 eine "Convention européenne sur l'immunité des Etats",
doch wurde diese von der Schweiz zwar unterzeichnet, aber bis heute noch
nicht ratifiziert. Die Türkei ist der Konvention nicht beigetreten. Die
Sache ist daher auf Grund der ungeschriebenen Regeln des Völkerrechtes
zu entscheiden, die sich in Lehre und Rechtsprechung - für die Schweiz
insbesondere in derjenigen des Bundesgerichtes - widerspiegeln. Die in
der "Convention européenne" enthaltenen Grundsätze können immerhin als
Ausdruck der Entwicklungstendenz des modernen Völkerrechtes betrachtet
und in diesem Sinne mit herangezogen werden.

    b) Sollen gegen einen fremden Staat prozessuale oder
Zwangsvollstreckungsmassnahmen getroffen werden, so stehen sich zunächst
zwei völkerrechtliche Prinzipien gegenüber:

    - nach dem Grundsatz der Territorialität untersteht der Gerichtsbarkeit
des Staates all das, was sich auf seinem Hoheitsgebiet befindet;

    - nach dem Grundsatz der Souveränität kann die Hoheit des einen
Staates nicht durch einen andern eingeschränkt werden (DIEZ, Arrest-
und Zwangsvollstreckungsmassnahmen gegen Vermögen ausländischer Staaten,
in SJZ 52/1956, S. 353).

    Lehre und Rechtsprechung vieler zum europäisch/amerikanischen
Kulturkreis gehörenden Staaten haben seit Beginn des 19. Jahrhunderts
versucht, zwischen diesen beiden Extremen für die Praxis brauchbare
Mittellösungen zu finden. Es ist nicht notwendig, hier diese historische
Entwicklung des näheren darzustellen, sondern es kann verwiesen werden
auf die Arbeiten von E.A. GMÜR (Zur Frage der gerichtlichen Immunität
fremder Staaten und Staatsunternehmungen, in: Schweiz. Jahrbuch für
internationales Recht, Band VII/1950, S. 9 ff.); J.-F. LALIVE (L'Immunité
de juridiction des Etats et des organisations internationales, in:
Recueil des Cours de l'Académie de droit international 1953/III, S. 209
ff.) und E. DIEZ (vorstehend zitiert). Näher einzutreten ist hier dagegen
auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtes und auf neueste internationale
Tendenzen.

    c) Das Bundesgericht hat bereits in BGE 44 I 49 ff. (Fall Dreyfus) in
Anlehnung an die italienische und belgische Rechtsprechung den Standpunkt
eingenommen, es sei hinsichtlich der Gerichtsbarkeit über fremde Staaten
zu unterscheiden je nachdem, ob der fremde Staat in Ausübung seiner
Hoheitsgewalt (iure imperii) oder als Subjekt von Privatrechtsverhältnissen
(iure gestionis) handle. Es hat demgemäss einen Arrest für eine
Rückforderung aus in der Schweiz ausgegebenen österreichischen
Staatsschatz-Anweisungen zugelassen. In BGE 56 I 237 ff. (Fall Walder)
hielt das Bundesgericht an dieser Rechtsprechung grundsätzlich fest,
betonte jedoch in vermehrtem Masse den schon im vorstehend erwähnten
Entscheid angedeuteten Satz, dass es für die Zulässigkeit der Arrestnahme
nicht genüge, wenn ein auf dem ius gestionis beruhendes Rechtsgeschäft
vorliege; es müsse vielmehr hinzukommen, dass die streitige Forderung "dem
schweizerischen Gebiet angehöre", d.h. dass sie entweder vom Schuldner
hier begründet, eingegangen oder durchzuführen gewesen sei oder dass
mindestens Handlungen vorlägen, aus denen auf die Schweiz als Erfüllungsort
zu schliessen sei. Mangels einer solchen Binnenbeziehung wurde ein Arrest
schweizerischer Gläubiger gegen die Hellenische Republik für Guthaben
aus Obligationen, die von einer in der Zwischenzeit verstaatlichten
Eisenbahn-Aktiengesellschaft ausgegeben worden waren, als unzulässig
erklärt. Im Urteil BGE 82 I 75 ff. wurde unter ausdrücklicher Bestätigung
dieser Rechtsprechung und unter Hinweis auf die erwähnten sowie auf
mehrere nicht veröffentlichte Entscheide wiederum festgestellt, es fehle
die nötige Beziehung zwischen dem Schuldverhältnis und der Schweiz,
weshalb der Arrest (gegen Griechenland) unzulässig sei, In BGE 86 I
23 ff. schliesslich wurde der Arrest einer in der Schweiz wohnhaften
Privatperson gegenüber der Vereinigten Arabischen Republik für eine in
der Schweiz zahlbare Mietzinsschuld betreffend eine an die ägyptische
Botschaft in Wien vermietete Villa als zulässig erklärt. Hinsichtlich
der Abgrenzung zwischen Geschäften auf Grund des ius imperii und des ius
gestionis finden sich in diesem Urteil einige wesentliche Präzisierungen,
die auch als Weiterentwicklung der Rechtsprechung im Sinne einer gewissen
Einschränkung der Immunität zugunsten des Territorialitätsprinzips
entsprechend den Anregungen von LALIVE (aaO S. 279 und S. 285 ff.) und
LAUTERPACHT (The problem of jurisdictional immunities of foreign
States, in: The British Year Book of international law, 1951, S. 255
f., einlässlich zitiert bei LALIVE, aaO S. 266 ff.; vgl. a. FAVRE,
Principes du droit des gens, Ed. Universitaires Fribourg, 1974, S. 467
ff.) verstanden werden können. In den Urteilserwägungen wird dargelegt,
bei der schwierigen Unterscheidung zwischen Handlungen iure imperii und
solchen iure gestionis sei nicht auf den Zweck, sondern auf die Natur
des Rechtsverhältnisses abzustellen, das in der Schweiz durchgesetzt
werden solle. Es komme darauf an, ob die dieses Rechtsverhältnis
begründende Handlung auf der staatlichen Gewalt beruhe oder ob sie
derjenigen eines Privaten vergleichbar sei. Anhaltspunkte für die
Unterscheidung könne z.B. auch der Ort des Handelns liefern. Trete der
fremde Staat ausserhalb seiner Grenzen mit einem Privaten in Beziehung,
ohne dass dabei die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaten
im Spiele seien, so liege darin ein ernsthaftes Indiz für einen Akt iure
gestionis. Weiter wird in diesem Urteil festgestellt, es bestehe kein
Anlass, um Zwangsvollstreckungsmassnahmen und insbesondere die Arrestnahme
gegenüber fremden Staaten in weitergehendem Masse einzuschränken als die
schweizerische Zivilgerichtsbarkeit als solche (BGE 86 I 30 E. 4). Neuere
Entscheide des Bundesgerichtes zum Problem der Immunität fremder Staaten
sind nicht bekannt.

    d) Was die Praxis des Auslandes betrifft, sei auf ein Urteil des
deutschen Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 1963 betreffend
die Kosten einer Reparatur der Heizungsanlage im Gebäude der iranischen
Botschaft in Köln hingewiesen (BVerfGE 16, 27 ff.). Nach diesem Entscheid
deckt sich die Praxis der Bundesrepublik Deutschland zur streitigen Frage
im wesentlichen mit der schweizerischen. Auch wird dort festgestellt, dass
die Gerichte Italiens, Belgiens, Österreichs, Frankreichs, Griechenlands,
Ägyptens und Jordaniens Immunität eindeutig nur für Hoheitsakte fremder
Staaten gewährten, wogegen in Grossbritannien und in den Vereinigten
Staaten sowie in Japan, den Philipinen und den Staaten Osteuropas sowohl
für hoheitliche als auch für nicht-hoheitliche Akte Immunität gewährt
werde; in den Vereinigten Staaten und in Grossbritannien sei immerhin eine
Tendenz feststellbar, von der unbeschränkten Staatsimmunität abzugehen
(vgl. Zusammenfassung bei MÜLLER/WILDHABER, Praxis des Völkerrechts,
S. 300 ff.). Im "Bulletin d'information sur les activités juridiques" des
Europarates, Juni-Heft 1978, S. 15, findet sich eine kurze Zusammenfassung
eines Urteils des englischen Court of Appeal vom 19. April 1977. Es
ging dort um die Geltendmachung der Forderung aus einem von der Bank von
Nigeria für eine Warenlieferung ausgestellten Kreditbrief. Das Gericht
hat in diesem Falle festgestellt, die Doktrin über die Immunität von
Staaten beziehe sich nicht auf kommerzielle Transaktionen. Die eingangs
erwähnte europäische Konvention wurde als Beispiel für die heute fast
allgemein herrschende Lehre von der relativen Geltung der staatlichen
Immunität angeführt.

    e) Die erwähnte, hier nicht anwendbare "Convention européenne sur
l'immunité des Etats" vom 16. Mai 1972 (veröffentlicht im Schweiz. Jahrbuch
für internationales Recht XXXI/1975 S. 273 ff.) regelt die staatliche
Immunität zur Hauptsache in der Form, dass eine ganze Reihe von
Tatbeständen umschrieben sind, in denen die Immunität gegenüber einem
anderen Staat nicht angerufen werden kann. Für den hier zu entscheidenden
Fall sind die Art. 4 und 27 von Interesse. Sie lauten (im französischen
Originaltext) wie folgt:

    "Article 4

    1. Sous réserve des dispositions de l'article 5, un Etat Contractant ne
   peut invoquer l'immunité de juridiction devant un tribunal d'un autre

    Etat Contractant si la procédure a trait à une obligation de l'Etat
qui, en
   vertu d'un contrat, doit être exécutée sur le territoire de l'Etat
   du for.

    2. Le paragraphe 1 ne s'applique pas:

    (a) lorsqu'il s'agit d'un contrat conclu entre Etats;

    (b) lorsque les parties au contrat en sont convenues autrement;

    (c) lorsque l'Etat est partie à un contrat conclu sur son territoire et
   que l'obligation de l'Etat est régie par son droit administratif."

    "Article 27

    1. Aux fins de la présente Convention, l'expression "Etat Contractant"
   n'inclut pas une entité d'un Etat Contractant distincte de celui-ci
   et ayant la capacité d'ester en justice, même lorsqu'elle est chargée
   d'exercer des fonctions publiques.

    2. Toute entité visée au paragraphe 1 peut être attraite devant les
   tribunaux d'un autre Etat Contractant comme une personne privée;
   toutefois, ces tribunaux ne peuvent pas connaître des actes accomplis
   par elle dans l'exercice de la puissance publique (acta iure imperii).

    3. Une telle entité peut en tout cas être attraite devant ces tribunaux
   lorsque ceux-ci, dans des circonstances analogues, auraient pu connaître
   de la procédure si elle avait été engagée contre un Etat Contractant."

    Die Konvention, die als Ausdruck moderner westeuropäischer
Rechtsauffassungen betrachtet werden kann, entfernt sich somit im
Ergebnis kaum von der herrschenden schweizerischen Praxis, wenn auch eine
gewisse Tendenz zu weiterer Einschränkung der Immunität unverkennbar ist
(ausdrücklich statuierte Ausnahme für vertragliche Verpflichtungen,
die in dem Staate zu erfüllen sind, dessen Gerichtsstand in Anspruch
genommen wird; Vermutung gegen die Immunität bei juristischen Personen
des öffentlichen Rechts).

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin ist, wie sie selbst ausführt,
eine Aktiengesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, die dem
türkischen Privatrecht untersteht. Mindestens 51% der Aktien müssen
sich im Besitze des türkischen Staates befinden. Die Beschwerdeführerin
hat die Funktion einer Noten- und Zentralbank. Ihr Gouverneur wird auf
Vorschlag des Verwaltungsrates durch den Ministerrat ernannt. Rechtlich
besteht somit zwischen der Beschwerdeführerin und der Türkischen Republik
keine Identität. Es stellt sich daher die Frage, ob sich jene überhaupt
auf die Lehre von der Immunität der Staaten berufen könne. Die ältere
Rechtsprechung des Bundesgerichtes hat dies verneint für Körperschaften,
denen nach dem Recht ihres Sitzes eigene Rechtspersönlichkeit zukommt
(BGE 73 III 164; nicht veröffentlichte Urteile vom 6. November 1931
i.S. Banque Nationale de Bulgarie gegen Alcalay und vom 30. Juni 1942
i.S. Bovard gegen Caisse autonome d'Amortissement de la Dette Publique
Chilienne; sinngemäss auch Urteil vom 12. April 1940 i.S. Seckel gegen
Österreichischer Bundesschatz; vgl. ferner GMÜR, aaO S. 65). Ob an dieser
Rechtsprechung festgehalten werden könne, steht allerdings nicht ausser
jedem Zweifel. Es wird heute in der schweizerischen und ausländischen
Rechtsprechung allgemein den wirtschaftlichen Zusammenhängen grössere
Bedeutung beigemessen als vor Jahrzehnten; ja es wird des öftern mit
Rücksicht auf diese sogar über die nach aussen in Erscheinung tretende
Rechtsform hinweggesehen (Durchgriff bei der Einmann-Aktiengesellschaft;
wirtschaftliche Betrachtungsweise im Steuerrecht). Auch der vorstehend
angeführte Art. 27 der "Convention européenne" spricht gegen die Annahme,
dass mit dem Staat eng verbundene selbständige öffentlichrechtliche
oder privatrechtliche Körperschaften sich von vornherein nicht auf die
staatliche Immunität berufen können. Die Frage kann jedoch offen bleiben,
wenn die Immunität aus anderen Gründen zu verneinen ist.

Erwägung 4

    4.- Von der Sache her bleiben somit die beiden Fragen zu entscheiden,
ob die mit dem angefochtenen Arrest geltend gemachte Verpflichtung auf
der Herrschaftsgewalt des türkischen Staates (ius imperii) oder auf einer
anderen, einem privatrechtlichen Verhältnis gleichwertigen Rechtsgrundlage
(ius gestionis) beruhe; ferner ob die auch bei Annahme eines auf dem
ius gestionis beruhenden Verhältnisses notwendige Binnenbeziehung zur
Schweiz bestehe.

    a) Bei der Unterscheidung zwischen Verpflichtungen iure imperii und
solchen iure gestionis ist nicht auf den Zweck, sondern auf die Natur
des Rechtsverhältnisses abzustellen. Es ist zu prüfen, ob ein für die
öffentliche Gewalt kennzeichnender Akt vorliege oder ein Rechtsverhältnis,
wie es in gleicher oder ähnlicher Form auch zwischen Privaten eingegangen
werden könnte (BGE 86 I 29 E. 2 a.E.). Im vorliegenden Falle geht es um
die Rückforderung eine s sogenannten "Time Deposit". Die Beschwerdeführerin
hat sich über die Rechtsnatur dieses Institutes nicht ausgesprochen. Nach
der Natur der Sache kann es sich im Sinne des schweizerischen Rechtes nur
um ein depositum irregulare (Art. 481 OR) oder um ein Darlehen handeln,
wobei die Interessenlage eher für ein Darlehen zu sprechen scheint. Es
handelt sich um ein Rechtsgeschäft zwischen zwei Handelsbanken, nämlich
der Lloyds Bank in Zürich und der Türkiye Garanti Bankasi in Istanbul,
wie es in ähnlicher Weise zwischen Banken der ganzen Welt abgeschlossen zu
werden pflegt. Der türkische Staat war nicht Vertragspartei, so dass sich
die Frage, ob ein Akt iure imperii vorgelegen haben könnte, hinsichtlich
des Geschäftes als solches überhaupt nicht stellt.

    b) Die Beschwerdeführerin legt entscheidendes Gewicht auf die
türkische Devisengesetzgebung. Deren wesentlicher Inhalt lässt sich
dahin zusammenfassen, dass Darlehen in ausländischer Währung über die
Beschwerdeführerin als Staatsbank geleitet werden müssen. Diese schreibt
der kreditnehmenden Bank den Gegenwert in türkischer Währung gut und
leistet nach Ablauf der Vertragsdauer die Rückzahlung in ausländischen
Devisen, nachdem sie von der Kreditnehmerin Deckung in türkischer Währung
erhalten hat. Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie handle bei diesem
Vorgehen in Ausführung von Weisungen des Finanzministeriums, und sie
will daraus ableiten, es liege ihr gegenüber ein Rechtsverhältnis vor,
das auf der staatlichen Herrschaftsgewalt beruhe.

    Diesem Standpunkt kann nicht beigepflichtet werden. Entscheidend ist,
wie bereits dargetan, die Rechtsnatur des Grundverhältnisses und nicht die
Art, wie dieses von Seite des ursprünglichen türkischen Vertragspartners
erfüllt werden kann. Könnte die Lloyds Bank oder ihre Rechtsnachfolgerin
direkt gegen die Türkiye Garanti Bankasi vorgehen, so würde es sich um die
Abwicklung eines gewöhnlichen zivilrechtlichen Geschäftes handeln. Die
staatlichen Zahlungsrestriktionen ändern daran nichts. Zwar untersteht
die Türkiye Garanti Bankasi dem türkischen Devisenrecht und damit dem auf
diesem Gebiet vom Staat in Anspruch genommenen ius imperii; dagegen hatte
die Lloyds Bank mit dessen Herrschaftsmacht überhaupt nichts zu tun, wenn
man davon absieht, dass sie sich von vornherein den geltenden Bedingungen
über die Rückzahlung des Darlehens in von der Türkei aus gesehen fremder
Währung unterzogen hat. Auf Grund der einlässlich dargelegten Lehre und
Rechtsprechung kann nicht angenommen werden, dass durch solche reine
Zahlungsvorschriften ein privatwirtschaftliches Geschäft in ein solches
des ius imperii umgestaltet werde. Weder die zitierten BGE 86 I S. 29/30
und 82 I S. 90/91 noch die in der "Convention européenne" und in der
neuen deutschen und englischen Rechtsprechung zum Ausdruck gelangenden
Tendenzen lassen einen solchen Schluss zu.

    c) Die Beschwerdeführerin scheint die heutigen Beziehungen zwischen ihr
und der Weston Cie. völlig losgelöst vom ursprünglichen Vertragsverhältnis
zwischen der Türkiye Garanti Bankasi und der Lloyds Bank betrachten zu
wollen. Nur so könnte sich überhaupt die Frage nach einem Akt auf Grund
des ius imperii stellen. Diese Betrachtungsweise geht aber am Kern der
Sache vorbei; denn die Weston Cie. hat in den angefochtenen Arrestbefehlen
klar zum Ausdruck bringen lassen, dass ihre Forderung auf einem bestimmten,
auf Grund seiner Ordnungsnummer durch die Beschwerdeführerin ohne weiteres
identifizierbaren "Time Deposit" beruhe. Von einem neuen, selbständigen
Rechtsverhältnis kann somit keine Rede sein.

    Eine andere Frage ist allerdings die, ob die Beschwerdeführerin
zivilrechtlich für die Rückerstattung des Darlehens in Schweizer Franken
hafte. Die Weston Cie. hatte dies im Arrestbewilligungsverfahren nicht
zu beweisen, sondern lediglich glaubhaft zu machen. Der Einzelrichter
hielt dieses Erfordernis wohl auf Grund der vorgelegten Auszüge aus der
türkischen Devisengesetzgebung und eines Schreibens der Beschwerdeführerin
an die Weston Cie. vom 16. März 1978, in dem die Rückzahlung des Darlehens
zugesichert wurde, als erfüllt. Dies schliesst nicht aus, dass die
Beschwerdeführerin im Arrestprosequierungsprozess ihre Passivlegitimation
- wie auch die Aktivlegitimation der Weston Cie. - bestreiten kann. Im
vorliegenden Verfahren, in dem es lediglich um die Frage der Immunität
geht, ist hierauf nicht weiter einzutreten.

    d) Nach der zitierten Rechtsprechung wäre - vorbehältlich der Frage
nach den in der Person der Beschwerdeführerin liegenden Voraussetzungen
- deren Immunität gegenüber Zwangsvollstreckungsmassnahmen des
schweizerischen Rechtes trotz Vorliegens eines auf dem ius gestionis
beruhenden Rechtsverhältnisses dann zu bejahen, wenn eine Binnenbeziehung
dieses Verhältnisses zur Schweiz fehlen würde. Die Frage dieser
Binnenbeziehung ist jedoch im vorliegenden Falle nicht streitig. Es
steht vielmehr fest, dass die Darlehenssumme in Schweizer Franken
bei einer schweizerischen Bank hätte zurückerstattet werden müssen
(vgl. BGE 86 I 30). Auch unter diesem Gesichtswinkel kann sich somit
die Beschwerdeführerin nicht auf den Grundsatz der staatlichen Immunität
berufen.