Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 V 83



103 V 83

22. Urteil vom 26. Mai 1977 i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
gegen F. und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen Regeste

    Art. 82 Abs. 1 KUVG.

    - Keine Beschränkung der Abfindung ausschliesslich auf Neurosefälle.

    - Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit ist gesetzliche Voraussetzung
der Abfindung.

    - Zur Annahme, dass der Neurotiker die Erwerbsfähigkeit nicht wieder
erlangen werde, bedarf es einer ganz eindeutigen, allgemein geltender
Lehrmeinung entsprechender Aussage eines Psychiaters.

Sachverhalt

    A.- Am 15. Dezember 1972 erlitt F. einen Betriebsunfall, indem eines
der Grossflächen-Schalungselemente beim Abladen auf einem Bauplatz
auf ihn stürzte. Dabei erlitt er eine Oberkiefer-Jochbein-Fraktur
und eine Felsenbeinlängsfraktur, verschiedene Rissquetschwunden im
Gesicht, eine Luxationsfraktur des linken Oberarmes und eine Läsion des
Fazialisstirnastes links. Während Dr. M. eine Commotio cerebri verneinte,
ergab die Untersuchung im Krankenhaus G., Wo der Versicherte unmittelbar
nach dem Unfall eingeliefert worden war, keinen Anhaltspunkt für eine
Commotio (Arztberichte vom 21. Dezember 1972 und 3. Januar 1973).

    Auf Grund seiner Untersuchung vom 21. Mai 1973 veranlasste der
SUVA-Kreisarzt, der ein erhebliches psychoorganisches Syndrom vermutete,
eine psychiatrische Abklärung durch Dr. R. Dieser stellte die Diagnose
einer schweren hysterischen Unfallneurose bei debilem Hilfsarbeiter
mit simulatorischen und gewissen Begehrens-Tendenzen, Der Arzt vertrat
die Auffassung, dass der Versicherte veranlasst werden sollte, halbtags
leichtere Arbeit zu verrichten; nachher sollte die Leistung sukzessive
gesteigert werden (Gutachten vom 5. Juli 1973). Am 19. Juli 1973 nahm
F. seine Tätigkeit bei der frühern Arbeitgeberfirma wieder auf. Seine
Leistungen waren unterschiedlich und lagen, nach den Erhebungen der SUVA
an Ort und Stelle, eher unter 50%.

    Mit Verfügung vom 28. Januar 1974 sprach die SUVA dem Versicherten
eine am 17. November 1973 beginnende Rente wegen 35%iger Invalidität zu.

    B.- Am 5. Februar 1974 teilte der Arbeitgeber der SUVA mit, F. habe
von Mitte November bis Ende 1973 praktisch nicht gearbeitet. Seit
Januar arbeite er 4-6 Stunden täglich, doch sei das Ergebnis so dürftig,
dass die Lohnzahlung einem Geschenk gleichkomme. Der Versicherte klage
ständig über Kopfschmerzen und andere Beschwerden. Darauf liess ihn
die SUVA nochmals neuropsychiatrisch begutachten. Der Experte Dr. P.,
Chefarzt der kantonalen Heilanstalt W., diagnostizierte eine "schwere
hysterische Unfallreaktion (fast im Sinne einer hysterischen Psychose)
nach erheblichem Schädelunfall, vermutlich Contusio cerebri (15. Dezember
1972), ohne nennenswerte neurologische Folgen, jedoch mit groteskem
Fehlverhalten und Pseudodemenz; bei der massiven hysterischen Symptomatik
könnten allenfalls gewisse hirnorganische Schädigungen vorliegen,
vor allem organische Wesensveränderung". Der Versicherte habe sich in
seine psychische Fehlhaltung schon völlig eingelebt. Der Unfall sei keine
adäquate Ursache für die schwere seelische Fehlentwicklung. Dr. P. empfahl,
den Fall auf der Basis hälftiger Arbeitsfähigkeit während drei Jahren
mit einer Abfindung zu erledigen.

    Die SUVA hob in der Folge die Invalidenrente auf den 1. Juli 1974 auf
und gewährte F. gleichzeitig eine dem Vorschlag von Dr. P. entsprechende
Abfindung. Sie begründete dies damit, dass keine organischen Schädigungen
mehr vorhanden seien, welche die Arbeitsfähigkeit messbar beeinträchtigen
würden (Verfügung vom 2. Juli 1974).

    C.- Der Arbeitgeber hielt die Abfindung für "völlig indiskutabel"
und riet F., die Abfindungszahlung nicht anzunehmen. Der Versicherte sei
wegen seiner geringen Leistung für den Betrieb nicht mehr tragbar (Brief
an die SUVA vom 3. Juli 1974). Rechtsanwalt Dr. X. ersuchte die SUVA,
F. stationär begutachten zu lassen. Die SUVA kam diesem Begehren nach und
beauftragte Dr. G., Chefarzt der Kantonalen neuropsychiatrischen Klinik
in M., mit der entsprechenden Untersuchung. Zu diesem Zweck hielt sich der
Versicherte vom 17. Oktober bis 22. Dezember 1974 in der genannten Klinik
auf. Dr. G. verneinte das Vorliegen eines eigentlichen psychoorganischen
Syndroms und schrieb das Verhalten des F. einer Psychoneurose als Folge
und Komplikation des Unfallereignisses zu (Gutachten vom 14. Januar 1975).

    Gestützt auf dieses Gutachten teilte die SUVA am 27. Januar 1975
dem Rechtsvertreter des Versicherten verfügungsweise mit, dass sie an
der Abfindung, wie sie in ihrem Verwaltungsakt vom 2. Juli 1974 verfügt
worden sei, grundsätzlich festhalte. Hingegen lege sie der Berechnung der
Abfindung eine medizinische Invalidität von 100%, 75% und 50% für je ein
Jahr zugrunde. Damit erhöhe sich die Abfindungssumme auf Fr. 37'000.--.

    D.- F. liess am 23. Juli 1975 beim Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen "Anfechtungsklage" erheben, indem er die Aufhebung der Verfügung
vom 2. Juli 1974 bzw. 27. Januar 1975 verlangte und die Gewährung einer
Rente wegen vollständiger Invalidität beantragte.

    Das kantonale Versicherungsgericht stellte zunächst fest, dass
die "Klage" gegen die Verfügung vom 2. Juli 1974, weil nach Ablauf
der sechsmonatigen Rechtsmittelfrist eingereicht, eindeutig verspätet
sei. Indessen sei an die Stelle jener Verfügung diejenige vom 27. Januar
1975 getreten, welche das ganze Streitthema umfasse. Im allgemeinen
sei es zwar der SUVA nicht gestattet, auf eine "klagefähige" Verfügung
während der Rechtsmittelfrist zurückzukommen. Wegen der Besonderheit des
vorliegenden Falles sei aber die Verfügung vom 27. Januar 1975 zulässig
gewesen. Auf die "Klage" sei daher einzutreten, soweit sie sich gegen die
Verfügung vom 27. Januar 1975 richte. - In materieller Hinsicht vertrat
die Vorinstanz die Auffassung, dass die Psychoneurose rein unfallbedingt
sei, weshalb die SUVA grundsätzlich voll dafür einzustehen habe. Indessen
könne die Leistungseinbusse nicht durch eine Abfindung abgegolten werden,
weil nicht anzunehmen sei, dass der Versicherte nach Erledigung seiner
Versicherungsansprüche wieder erwerbsfähig würde. Offenbar realisiere
er überhaupt nicht, welche Bewandtnis es mit der Unfallversicherung
habe. Er sei vorwiegend in Wahnideen verfangen, die mit der Versicherung
nichts zu tun hätten. Demzufolge habe er weiterhin Anspruch auf eine
Invalidenrente, die auf den 1. Juli 1974 neu festzusetzen sei. Der
Versicherte sei vollständig erwerbsunfähig geblieben, was übrigens auch von
der Invalidenversicherungs-Kommission anerkannt worden sei. Vorbehalten
bleibe die Revision gemäss Art. 80 KUVG und allenfalls die Herabsetzung
der Rente gemäss Art. 45 IVG. In diesem Sinn hiess das kantonale
Versicherungsgericht am 5. Februar 1976 die "Klage" gut ...

    E.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf
Wiederherstellung ihrer Verfügungen vom 2. Juli 1974 bzw. 27. Januar 1975.

    Für F. trägt dessen Rechtsvertreter auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an ... Zur Begründung wird im wesentlichen
erneut die Meinung vertreten, der Beschwerdegegner werde auch nach
Erledigung seiner Versicherungsansprüche die Erwerbsfähigkeit nicht wieder
erlangen, weshalb die Voraussetzungen zur Gewährung einer Abfindung nicht
erfüllt seien.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Wenn von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung eine namhafte
Besserung des Gesundheitszustandes des Versicherten nicht erwartet werden
kann und der Unfall eine voraussichtlich bleibende Erwerbsunfähigkeit
hinterlässt, so hören die bisherigen Leistungen auf und der Versicherte
erhält eine Invalidenrente (Art. 76 KUVG).

    Wenn von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung eine namhafte
Besserung des Gesundheitszustandes nicht erwartet werden kann, jedoch
die Annahme begründet ist, dass der Versicherte nach Erledigung
seiner Versicherungsansprüche und bei Wiederaufnahme der Arbeit
die Erwerbsfähigkeit wieder erlangen werde, so hören die bisherigen
Leistungen auf, und der Versicherte erhält statt einer Rente eine Abfindung
(Art. 82 Abs. 1 KUVG). Diese Bestimmung ist insbesondere auf Versicherte
anwendbar, die sich von den somatischen Unfallfolgen erholt haben, aber
durch psychogene Störungen von der Wiederaufnahme der Erwerbstätigkeit
abgehalten werden. In solchen Fällen soll die Abfindung den Verunfallten
von der Versicherung lösen und ihm eine schrittweise Wiedergewöhnung
an seine Arbeit ermöglichen (BGE 100 V 17, EVGE 1960 S. 265 f., 1951
S. 8, 1950 S. 82, RSKV 1976 S. 37, unveröffentlichte Urteile vom 3.
Februar 1976 i.S. Rapuano, vom 8. Januar 1974 i.S. De Girolamo und vom
23. Mai 1972 i.S. Wasmer). Nach der zitierten Rechtsprechung haftet die
SUVA nur für die Unfall- und Behandlungsneurosen. Dagegen sind die Renten-
oder Begehrungsneurosen von der Versicherung ausgeschlossen, weil es hier
an einem rechtserheblichen Kausalzusammenhang zwischen diesen Störungen
und dem Unfall fehlt (BGE 100 V 18, EVGE 1960 S. 260 und 1950 S. 77, RSKV
1976 S. 36, unveröffentlichte Urteile i.S. Rapuano und vom 6. September
1973 i.S. Perilli sowie vom 24. August 1971 i.S. Parisenti; vgl. MAURER,
Recht und Praxis der Schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung,
2. Aufl., S. 255 f.).

Erwägung 2

    2.- Die Vorinstanz nimmt - im Wesentlichen in Übereinstimmung mit
dem Beschwerdegegner - anhand der medizinischen Unterlagen an, dass
F. an einer unfallbedingten, die volle Haftung der SUVA begründenden
Psychoneurose leide, die seine Erwerbsfähigkeit beeinträchtige. Sie
hält aber dafür, dass der Fall nicht mit einer Abfindung abgeschlossen
werden dürfe, weil im Sinne des Wahrscheinlichkeitsbeweises die Annahme
nicht begründet sei, dass der Beschwerdegegner nach Erledigung seiner
Versicherungsansprüche bei Wiederaufnahme der Arbeit die Erwerbsfähigkeit
wieder erlangen werde. Demgegenüber macht die SUVA geltend, Art. 82
KUVG sei nicht dem Wortlaut, wohl aber dem Sinne nach eine Speziallösung
für Neurosen, "basierend auf der Vorstellung, dass die Abfindung die
Neurose automatisch verschwinden lässt"; es sei deshalb "den das Gesetz
Anwendenden grundsätzlich verwehrt, sich auf den Standpunkt zu stellen,
vom Gesetzeswortlaut her sei die Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit eine
weitere Voraussetzung zur Abfindung, und bei Zweifeln in dieser Richtung
auf Rente zu erkennen". Unabhängig von dieser Prognose müsse immer dort
abgefunden werden, "wo eine abfindungswürdige Unfallneurose vorliegt".

    Gewiss ist Art. 82 KUVG dem Sinne nach in erster Linie auf Neurosen
zugeschnitten. Der Wortlaut dieser Bestimmung verlangt aber nicht,
dass dies der einzige Anwendungsfall sei. Schon in seinem Urteil
i.S. Schwab vom 19. November 1921 (zitiert bei LAUBER, Praxis des
sozialen Unfallversicherungsrechts der Schweiz, S. 115) hat das Eidg.
Versicherungsgericht erklärt: "Die Neurose, an welche bei Erlass dieser
Gesetzesbestimmung hauptsächlich gedacht Wurde, ist zwar ihr wichtigster,
aber nicht ihr einziger Anwendungsfall." MAURER (S. 261) verweist auf
diesen Fall mit der Bemerkung, Art. 82 sei in der Praxis gelegentlich
nicht nur auf Neurosen, sondern auch auf organische Leiden, z.B. auf
Ekzeme, angewandt worden. In die gleiche Richtung weist das in RSKV
1976 S. 35 publizierte Urteil, wo erklärt wird, dass Art. 82 Abs. 1 vor
allem ("anzitutto") die Fälle von Neurosen betreffe (S. 37). Jedenfalls
besteht kein triftiger Grund dafür, diese Bestimmung zum vorneherein
nur auf Neurosen anzuwenden, auch wenn sie "zur Hauptsache auf das ihm
schon ursprünglich zugedachte Gebiet der Neurose beschränkt" bleibt
(MAURER S. 262). Daher kann der SUVA nicht beigepflichtet werden, wenn
sie meint, "der gesetzliche Hinweis" des Art. 82 auf die Wiedererlangung
der Erwerbsfähigkeit nach Aufnahme der Arbeit bedeute nur, dass "nach
KUVG die Abfindung die Therapie der Wahl für Neurosen darstellt", und er
sei "blosser Ausfluss der Erfahrung, dass der Abfindung dieser Erfolg
an sich schon eignet" mit der Wirkung, dass in der Wiedererlangung der
Erwerbsfähigkeit keine selbständige Voraussetzung für die Zusprechung
einer Abfindung erblickt werden dürfe. Vielmehr ist die begründete Annahme,
der Versicherte werde nach Erledigung der Versicherungsansprüche und bei
Wiederaufnahme der Arbeit die Erwerbsfähigkeit wieder erlangen, eine vom
Gesetz verlangte Voraussetzung für den Abschluss eines Versicherungsfalles
durch Abfindung.

    Im häufigsten Anwendungsfall der Neurose ist erfahrungsgemäss
die Abfindung in der Regel das geeignete therapeutische Mittel, um dem
Versicherten zur Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit zu verhelfen. Eine
Ausnahme von dieser Regel in dem Sinne, dass die Abfindung diesen
Zweck nicht erreichen werde, dürfte nur angenommen werden, wenn sie im
konkreten Fall durch eine ganz eindeutige, allgemein geltender Lehrmeinung
entsprechende Beurteilung eines Psychiaters bestätigt würde.

Erwägung 3

    3.- Es ist unbestritten, dass F. an einer Psychoneurose leidet,
für welche der Betriebsunfall vom 15. Dezember 1972 adäquat kausal ist.
Wenn der Experte Dr. P. in seinem Gutachten nebenbei bemerkt, natürlich
sei der "Unfall vom 15. Dezember 1972 keine adäquate Ursache für diese
schwere seelische Fehlentwicklung", so will er damit offensichtlich nur auf
die Diskrepanz zwischen der relativ geringfügigen somatischen Ursache und
der schweren seelischen Fehlverarbeitung hinweisen und nicht das Fehlen
der adäquaten Kausalität im Rechtssinne feststellen, wozu ohnehin nicht
der Arzt, sondern der Richter zuständig ist. Bezeichnenderweise legt
denn auch Dr. P. in seinem Gutachten vorgängig der erwähnten Bemerkung
dar, es liessen sich am jetzigen Zustandsbild keine eigentlichen
unfallfremden Faktoren feststellen. Die Parteien stimmen auch darin
überein, dass die weitere ärztliche Behandlung den Gesundheitszustand
nicht namhaft bessern wird. Damit ist nach allgemeiner Erfahrung zu
vermuten, der Beschwerdegegner werde nach der von Dr. P. vorgeschlagenen
abfindungsmässigen Erledigung des Versicherungsfalles die Arbeit Wieder
aufnehmen und seine Erwerbsfähigkeit wieder erlangen, sofern nicht das
Ergebnis psychiatrischer Untersuchungen diese rechtliche Vermutung als
unzutreffend erscheinen lässt.

    Was das kantonale Versicherungsgericht anführt, um zu begründen, dass
eine Abfindung den mit ihr verfolgten Zweck beim Beschwerdegegner nicht
erreichen wird, ist nicht stichhaltig. Es beruft sich zunächst auf die
Aussagen des Dr. med. W., der am 28. Juni 1975 der Invalidenversicherung
berichtete, seit dem Unfall sei es nicht gelungen, dem Versicherten
eine entsprechende Arbeit zuzuteilen, weshalb die Prognose schlecht
sei. An eine Arbeitsaufnahme sei nicht zu denken. Auch hätten sich
Schlaflosigkeit, Kopfweh und Wesensveränderung durch verschiedene
Behandlungsversuche kaum beeinflussen lassen. Demgegenüber ist
festzustellen, dass Dr. W. Allgemeinpraktiker und nicht Facharzt auf dem
hier zur Diskussion stehenden medizinischen Spezialgebiet der Psychiatrie
ist. Zudem stützt sich seine schlechte Prognose allein auf die bisher mit
dem Beschwerdegegner gemachten Erfahrungen, während aber für die Anwendung
von Art. 82 KUVG von der allgemeinen Erfahrung auszugehen ist, dass die
Abfindung als solche künftig einen therapeutischen Effekt haben wird.

    Die Vorinstanz stützt sich ferner auf den Bericht der Regionalstelle
St. Gallen für berufliche Eingliederung vom 8. Juli 1974, worin
auf Grund von Abklärungen am Arbeitsplatz und zuhause jegliche
Eingliederungsmöglichkeit des Versicherten verneint wird. Aber auch
diese Beurteilung beruht auf dem bisherigen Zustandsbild und lässt die
therapeutische Wirkung einer Abfindung unberücksichtigt.

    Ist somit nicht dargetan, dass sich im vorliegenden Fall ein Abweichen
von der Regel, wonach bei Unfallneurosen die abfindungsmässige Erledigung
den Versicherten zur Wiedererlangung der Erwerbsfähigkeit führen werde,
rechtfertigt, so durfte die SUVA die Invalidenrente durch eine Abfindung
ersetzen. Und da diese in masslicher Hinsicht, wie sie mit Verfügung
vom 27. Januar 1975 festgesetzt wurde, nicht bestritten ist, hat es bei
jenem Verwaltungsakt sein Bewenden.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid
des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 5. Februar 1976
aufgehoben.