Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 IV 63



103 IV 63

17. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. März 1977
i.S. B. gegen Schweizerische Bundesanwaltschaft Regeste

    Art. 64bis Abs. 2 BV; Art. 343, Art. 365, Art. 371 StGB; Art.
247 Abs. 2 BStP; Art. 82 VStrV. Der in diesen Bestimmungen für das
gerichtliche Verfahren ausgesprochene Vorbehalt des kantonalen Rechts
bedeutet nicht, dass dieses dadurch zu Bundesrecht wird.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 82 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht
(VStrR) gelten, soweit die Art. 73-81 VStrR nichts anderes bestimmen,
für das Verfahren vor den kantonalen Gerichten die Vorschriften des
kantonalen Rechts. Der Beschwerdeführer leitet daraus ab, das kantonale
Prozessrecht werde bei Anwendung in diesem Verfahren zu Bundesrecht,
dessen Verletzung mit Nichtigkeitsbeschwerde gerügt werden dürfe.

    Gemäss Art. 64bis Abs. 2 BV verbleibt das gerichtliche Verfahren im
Gebiete des Strafrechts (ebenso wie gemäss Art. 64 Abs. 3 BV im Gebiete des
Zivilrechts) den Kantonen. Es ist ihnen auch beim Erlass des Bundesgesetzes
über die Bundesstrafrechtspflege, des schweizerischen Strafgesetzbuches
und des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht ausdrücklich
belassen worden (Art. 247 Abs. 2 BStP, Art. 343, 365, 371 StGB, Art. 82
VStrR). Der Bund darf jedoch insoweit Verfahrensvorschriften erlassen,
als es zur richtigen Anwendung des eidgenössischen materiellen Rechts
nötig ist (BGE 78 IV 139). Die eidgenössische Regelung reicht indessen
nicht weiter, als dies aus der Fassung und dem vernünftigen Zweck der
bundesgesetzlich getroffenen Anordnungen unzweifelhaft hervorgeht; im
Zweifel ist zugunsten der Herrschaft des kantonalen Rechts zu entscheiden
(BGE 56 II 322, 69 II 122).

    Soweit Art. 82 VStrR für das Verfahren vor den kantonalen Gerichten
die Vorschriften des kantonalen Rechts anwendbar erklärt, liegt darin
unzweifelhaft nichts weiter als die Bestätigung des entsprechenden
verfassungsrechtlichen Grundsatzes. Der Versuch des Beschwerdeführers,
diesen Vorbehalt des kantonalen Rechts in dessen Erhebung zu Bundesrecht
umzudeuten, hätte übrigens die absurde Folge, dass das Bundesrecht,
begrifflich ein in der ganzen Schweiz einheitliches Recht, im
Verwaltungsstrafverfahren von Kanton zu Kanton verschieden wäre.