Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 IV 131



103 IV 131

37. Urteil des Kassationshofes vom 12. September 1977 i.S. R. gegen B.
Regeste

    Art. 29 StGB, Art. 35 Abs. 1 OG. Wahrung der Antragsfrist.

    1. Der Strafantrag in Ehrverletzungssachen ist im Kanton Zürich
nur gültig, wenn innert der bundesrechtlichen Frist von drei Monaten
sowohl Anklage beim zuständigen Bezirksgericht erhoben als auch beim
Friedensrichter das Sühnebegehren gestellt wird (E. 1).

    2. Blosse Rechtsunkenntnis ist kein Grund zur Wiederherstellung der
versäumten Frist (E. 2).

Sachverhalt

    A.- Am 8. Februar 1977 reichte Frau R. beim Präsidenten des
Bezirksgerichts Pfäffikon Klage gegen B. wegen Ehrverletzung ein. Mit
Verfügung vom 17. März 1977 setzte der Instruktionsrichter der Klägerin
eine Frist von 20 Tagen an, um dem Gericht die Weisung des zuständigen
Friedensrichteramtes einzureichen. Aus der innert Frist abgegebenen
Weisung ergab sich, dass das Sühnebegehren dem Friedensrichter erst am
7. März 1977 zugegangen war.

    Am 29. März 1977 beschloss das Bezirksgericht Pfäffikon, die Anklage
von der Hand zu weisen.

    Das Obergericht des Kantons Zürich wies einen gegen diesen Beschluss
eingelegten Rekurs der Klägerin am 16. Mai 1977 ab.

    Eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde der Klägerin wurde vom
Kassationsgericht des Kantons Zürich am 25. Juli 1977 abgewiesen.

    Frau R. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag,
den Beschluss des Obergerichts aufzuheben.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Es steht fest, dass die Beschwerdeführerin von den als
ehrverletzend eingeklagten Äusserungen der Beschwerdegegnerin am
10. November 1976 Kenntnis erhalten hat. Die Frist von drei Monaten,
innert der nach Art. 29 StGB Strafantrag zu stellen ist, lief somit
am 10. Februar 1977 ab (BGE 97 IV 239). Wo und in welcher Form der
Strafantrag einzureichen ist, bestimmt das kantonale Prozessrecht (BGE
78 IV 49 E. 2). Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz
muss nach zürcherischem Prozessrecht in Ehrverletzungssachen innert der
Antragsfrist sowohl Anklage beim zuständigen Bezirksgericht erhoben als
auch beim Friedensrichter das Sühnebegehren gestellt werden. Nur wenn
beide Erfordernisse erfüllt worden sind, liegt ein Strafantrag im Sinne
der Rechtsprechung vor, der die Strafverfolgung endgültig und unbedingt in
Gang setzt, so dass das Verfahren ohne weitere Erklärung des Antragstellers
seinen Lauf nimmt (BGE 98 IV 247).

    Die Beschwerdeführerin hat nur rechtzeitig beim Bezirksgericht Klage
eingereicht, das Sühnebegehren dagegen erst am 7. März 1977, also nach
Ablauf der Antragsfrist, beim Friedensrichteramt gestellt. Das Obergericht
hat daher den Rekurs gegen den Entscheid des Bezirksgerichts, durch den
die Klage wegen Verwirkung des Antragsrechts von der Hand gewiesen wurde,
zu Recht abgewiesen. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie sei durch
die Verfügung des Bezirksgerichts vom 17. März 1977 irregeführt worden,
hält nicht stand. Durch diese Verfügung wurde die Beschwerdeführerin
nur aufgefordert, innert 20 Tagen die Weisung des Friedensrichters
einzureichen, nicht aber, innert dieser Frist das Sühnebegehren zu
stellen. Dass die Beschwerdeführerin die angeforderte Weisung innerhalb
der angesetzten Frist beibrachte, ändert nichts daran, dass sie den
Sühnevorstand nicht innert der gesetzlichen Antragsfrist verlangt und
damit keinen gültigen Strafantrag gestellt hatte.

Erwägung 2

    2.- Aus den Akten ist kein Grund ersichtlich, der die
Beschwerdeführerin gehindert hätte, das Sühnebegehren rechtzeitig
zu stellen. Blosse Rechtsunkenntnis entschuldigt die Fristversäumnis
nicht. Ausserdem hat die Beschwerdeführerin nicht innert 10 Tagen nach
Wegfall des Hindernisses um die Wiederherstellung gegen die Folgen der
Säumnis nachgesucht. Die Voraussetzungen des Art. 35 Abs. 1 OG sind daher
nicht gegeben.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.