Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 IV 126



103 IV 126

35. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. Mai 1977
i.S. R. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern Regeste

    Art. 272 Abs. 2 BStP. Frist zur Beschwerdebegründung.

    Eine nach Ablauf der Frist eingereichte Beschwerdebegründung ist
nur rechtsgültig, wenn die Voraussetzungen der Wiederherstellung nach
Art. 35 Abs. 1 OG erfüllt sind. Das gilt auch, wenn der Beschwerdeführer
einen Anwalt beiziehen und ein Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung
gemäss Art. 152 Abs. 2 OG stellen will.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

    Die Frist zur Begründung der Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 272
Abs. 2 BStP ist eine gesetzliche Frist, die gemäss Art. 33 Abs. 1 OG nicht
erstreckt werden kann. Auch finden die Vorschriften über den Stillstand
der Fristen in Strafsachen keine Anwendung (Art. 34 Abs. 2 OG). Eine von
einem Verteidiger des Beschwerdeführers verfasste Beschwerdebegründung
könnte daher nach Ablauf der gesetzlichen Frist nur entgegengenommen
werden, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederherstellung gemäss Art. 35
Abs. 1 OG erfüllt wären, insbesondere wenn der Beschwerdeführer durch ein
unverschuldetes Hindernis abgehalten worden wäre, fristgerecht eine durch
einen Verteidiger verfasste Beschwerdebegründung einreichen zu lassen.

    Ein solches Hindernis lag hier nicht vor. Der Beschwerdeführer
wusste bereits am 24. oder 25. März 1977, dass er keinen
Verteidiger mehr hatte. Auch war ihm in diesem Zeitpunkt bekannt,
dass noch eine Beschwerdebegründung einzureichen war, nachdem er die
Nichtigkeitsbeschwerde bereits am 18. März angemeldet hatte. Er hätte
daher sogleich durch den Anwalt, den er als Verteidiger beiziehen will, ein
Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung gemäss Art. 152 Abs. 2 OG stellen
lassen sollen. Statt unverzüglich zu handeln, hat er bis zum 12. April 1977
gewartet und damit beinahe drei Wochen nutzlos verstreichen lassen, um
dann kurz vor Ablauf der Begründungsfrist die Bestellung eines amtlichen
Verteidigers zu verlangen. Der Umstand, dass innert der gesetzlichen
Frist des Art. 272 Abs. 2 BStP das Gesuch nicht mehr behandelt werden
konnte und demzufolge für den Fall der Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege auch nicht mehr rechtzeitig eine Beschwerdebegründung eines
rechtskundigen Verteidigers hat eingereicht werden können, ist somit vom
Beschwerdeführer selbst verschuldet worden.

    Entfällt demnach für den Beschwerdeführer die Möglichkeit der
nachträglichen Einreichung einer Beschwerdebegründung durch einen
Verteidiger, wird das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
gemäss Art. 152 Abs. 2 OG gegenstandslos.