Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 II 294



103 II 294

49. Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. September 1977 i.S. Verband
Schweizerischer Filmgestalter gegen Schweizerischen Filmverleihverband
Regeste

    Art. 6 Abs. 1 KG; Klagerecht des Verbandes.

    1. Aus eigenem Recht kann ein Verband klagen, wenn er selber durch eine
unzulässige Wettbewerbsbehinderung geschädigt oder gefährdet wird (E. 1).

    2. Nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes kann er ferner im eigenen
Namen, aber im Interesse seiner betroffenen Mitglieder klagen, wenn er
gemäss den Statuten entsprechende Interessen der Mitglieder zu wahren
hat und diese selber zur Klage berechtigt sind (E. 2 - 4).

    3. Diese Voraussetzungen eines Verbandsklagerechtes im Interesse von
Mitgliedern sind hier erfüllt (E. 5).

Sachverhalt

    A.- Der Verband Schweizerischer Filmgestalter (VSFG) ist ein Verein
gemäss Art. 60 ff. ZGB, der im Oktober 1962 gegründet worden ist und heute
etwa 45 Mitglieder zählt. Laut seinen Statuten will er die Entwicklung
eines eigenständigen schweizerischen Films fördern und die beruflichen
Interessen seiner Mitglieder verteidigen (Art. 2). Zu diesem Zweck bekämpft
er Bestrebungen, welche dem schweizerischen Film im allgemeinen oder den
Verbandsmitgliedern im besonderen schaden könnten; er unternimmt ferner
die geeigneten Schritte, um die beruflichen Interessen seiner Mitglieder
zu wahren (Art. 3 lit. f und h).

    Die Filmgestalter stehen drei Organisationen der Filmwirtschaft
gegenüber, nämlich einerseits dem Schweizerischen Filmverleiher-Verband
(SFV) und anderseits dem Schweizerischen Lichtspieltheater-Verband
für die deutsche und italienische Schweiz (SLV) sowie der Association
Cinématographique Suisse Romande (ACSR). Diese Organisationen sind unter
sich durch Vereinbarungen gebunden, die in einer Filmmarktordnung
zusammengefasst sind. Dazu gehört insbesondere, dass die im SFV
zusammengeschlossenen Verleiher Filme grundsätzlich nur an Kinobesitzer
des SLV und der ACSR abgeben und diese ihrerseits Filme nur von den
Mitgliedern des SFV beziehen dürfen. Die Filmmarktordnung ist vor allem
von Bedeutung, weil die Einfuhr ausländischer Spielfilme gemäss Art. 11
ff. des Filmgesetzes kontingentiert ist.

    Im Herbst 1969 vereinbarte der SFV mit dem VSFG für den Verleih von
Schweizer Filmen eine Sonderregelung. Danach hatte ein Hersteller seinen
Film zuerst dem SFV anzubieten, der seine Mitglieder benachrichtigte. Kam
innert 30 Tagen nicht ein Verleihvertrag mit einem Mitglied zustande,
so durfte der Film direkt den Lichtspieltheatern angeboten und von
diesen aufgeführt werden. Die Sonderregelung lief am 1. November
1971 aus. Als Bemühungen um eine neue Vereinbarung erfolglos blieben,
stellte der VSFG beim Richter ein Begehren um vorsorgliche Massnahmen
gegen die drei Filmwirtschaftsverbände. Das Begehren wurde am 22. März
1973 gegenstandslos, weil durch Vermittlung eines Dritten eine weitere
Regelung getroffen werden konnte, die bis Ende 1975 befristet wurde. Nach
der neuen Regelung konnten am Verleih interessierte Mitglieder des SFV
schon während der Herstellungszeit des Filmes sich mit dem Produzenten in
Verbindung setzen und sich orientieren lassen. Bis zur Fertigstellung des
Filmes durften sie zudem verlangen, dass ihnen der Film vorgeführt werde.
Konnte daraufhin oder nach einem allfälligen Schlichtungsverfahren kein
Verleihvertrag geschlossen werden, so durfte der Hersteller den Film
direkt an Kinobesitzer abgeben.

    Die Filmgestalter konnten sich damit nicht abfinden. Sie verlangten
deshalb 1975 neue Verhandlungen, die daran scheiterten, dass die
Filmverleiher jedenfalls für Filme mit ausländischer Beteiligung an der
bisherigen Regelung festhalten wollten. Die Filmgestalter lehnten das
ab, weil die meisten Schweizer Spielfilme mit ausländischer Beteiligung
hergestellt würden.

    B.- Ende April 1976 ersuchte der VSFG das Richteramt II Bern, die drei
Verbände der Filmwirtschaft zum Sühneversuch vorzuladen. Der SFV blieb
aus. Der SLV und die ACSR erklärten dagegen, dass sie ihre Mitglieder zur
direkten Übernahme von Schweizer Filmen ermächtigten. Der VSFG klagte daher
im Juli 1976 nur noch gegen den SFG. Er beantragte dem Handelsgericht des
Kantons Bern insbesondere: 1. festzustellen, dass die Filmmarktordnung
insoweit widerrechtlich sei, als sie die Mitglieder des SLV und der
ACSR verpflichte, Schweizer Filme nur von Mitgliedern des Beklagten zu
beziehen, und ihnen die Aufführung solcher Filme sonst untersage; 2. den
Vorstand des Beklagten zu verurteilen, seinen Verbandsmitgliedern und
den Vorständen des SLV und der ACSR innert zehn Tagen mitzuteilen, dass
der Verleih und das Recht zur Aufführung von Schweizer Filmen keiner
Beschränkung unterliegen; 3. dem Beklagten bei Strafe zu verbieten,
irgendwelche Vorkehren zu treffen, durch die der freie Verleih und das
Recht zur Aufführung von Schweizer Filmen behindert werden könnten.

    Der Kläger machte geltend, die Filmmarktordnung sei als Kartell zu
werten, welches die Herstellung von Schweizer Filmen, wie Beispiele
zeigten, im Wettbewerb erheblich behindere. Die Herstellung solcher
Filme werde vom Bund gefördert, ihre Verbreitung von den Filmverleihern
dagegen erschwert, weil sie daran nur wenig interessiert seien. Wenn
eine Amtsstelle die Projekte anhand des Drehbuches und weiterer Angaben
beurteilen könne, dürfe auch vom Verleiher verlangt werden, über die
Übernahme des Filmes vor Beginn der Dreharbeiten zu entscheiden.

    Der Beklagte bestritt, dass eine Behinderung nach Kartellrecht vorliege
und der Kläger ihn deswegen belangen dürfe.

    Das Handelsgericht beschränkte das Verfahren einstweilen auf die
Frage der Aktivlegitimation. Mit Entscheid vom 3. März 1977 verneinte es
sie und wies die Klage ab.

    C.- Der Kläger hat gegen diesen Entscheid Berufung eingelegt mit dem
Antrag, ihn aufzuheben und zu erkennen, dass er zu den Klagebegehren
legitimiert sei. Er verlangt ferner, die Sache zur Beurteilung und
Gutheissung seiner Begehren an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Im kantonalen Verfahren leitete der Kläger seine Befugnis zur Klage
ausschliesslich aus Bestimmungen des Kartellgesetzes (KG) ab. Auch das
Handelsgericht beschränkte sich bei der Prüfung der Streitfrage auf dieses
Gesetz, das nach seiner Auffassung ein Klagerecht von Berufsverbänden
im Interesse ihrer Mitglieder nicht kennt. Gemäss Art. 6 Abs. 1 KG hat
Anspruch auf Feststellung der Widerrechtlichkeit, auf Unterlassung von
Vorkehren und Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes, wer durch eine
unzulässige Wettbewerbsbehinderung geschädigt oder gefährdet wird.

    a) Der Wortlaut dieser Bestimmung schliesst nicht nur eine
Popularklage, sondern auch ein Klagerecht jedes Interessierten, wie es
z.B. in Art. 28 PatG vorgesehen ist, zum vorneherein aus. Berechtigt ist
nur, wer durch die Wettbewerbsbehinderung betroffen wird. Das entspricht
dem Gesetz und dem System des Kartellrechtes, das den zur wirtschaftlichen
Persönlichkeit gehörenden Anspruch auf Wettbewerbsfreiheit schützen
will. Dagegen steht ausser Frage, dass gemäss Art. 6 Abs. 1 KG auch ein
Verband als juristische Person klagen darf, wenn er durch eine unzulässige
Wettbewerbsbehinderung geschädigt oder gefährdet wird. Diesfalls macht
der betroffene Verband ein Recht geltend, das ihm um seiner eigenen
wirtschaftlichen Persönlichkeit willen zusteht. Das setzt indes voraus,
dass der Betroffene ein wirtschaftliches Unternehmen führt, am Wettbewerb
also selber teilnimmt (Botschaft zum Entwurf eines UWG, BBl 1942 S. 694;
G. ROOS, Das Klagerecht der Berufs- und Wirtschaftsverbände nach UWG, S.
62; VON BÜREN, Kommentar zum UWG S. 181; vgl. auch BGE 93 II 140).

    Das Handelsgericht verneint ein solches Klagerecht für den Kläger,
weil er Filme nur fördere, nicht aber herstelle und weil die behauptete
Behinderung nicht ihn, sondern bloss seine Mitglieder treffe. Der Kläger
erblickt darin eine Verletzung von Bundesrecht. Er macht geltend,
Filmförderung sei mit Filmherstellung gleichzusetzen. In seinen
Bestreben, den Schweizer Film zu fördern, werde er durch den Beklagten,
der den Verleih und die Aufführung solcher Filme beschränke, aber direkt
behindert und in seinen Rechten getroffen. Auch vertrete er nicht nur
die Interessen seiner Mitglieder, sondern aller Hersteller und damit des
Schweizer Films überhaupt.

    Diese Einwände ändern indes nichts daran, dass der Kläger selber am
Wettbewerb, der angeblich, vom Beklagten behindert wird, in keiner Weise
teilhat. Das gilt selbst dann, wenn die sachlichen Voraussetzungen eines
Wettbewerbes nicht nur für die Herstellung, sondern auch für die übrigen
Stufen des Filmgewerbes bejaht werden. Der Kläger gibt sich nach seinen
Statuten als Verein aus, widmet sich also einer nicht wirtschaftlichen
Aufgabe (Art. 60 Abs. 1 ZGB). Er betreibt zu deren Lösung auch kein
Gewerbe, das ihn zur Eintragung in das Handelsregister verpflichten würde
(Art. 61 Abs. 2 ZGB). Er beschränkt sich darauf, die Interessen Dritter,
nämlich seiner Mitglieder und angeblich auch der anderen Hersteller von
Schweizer Filmen zu fördern. Mit der Klage will er offensichtlich diese
Interessen wahren und verteidigen, was er aber nicht aus eigenem Recht
tun kann. Ein direktes Klagerecht um seiner selbst willen steht ihm daher
nach Art. 6 Abs. 1 KG nicht zu.

    b) Aus diesem Grund stützt der Kläger sich in der Berufung auch
auf die Art. 28 ZGB und 19 OR, was zwar neu, aber als Rechtserörterung
zulässig ist (BGE 98 II 194). Es ist nicht zu bestreiten, dass der Kläger
als Verein Ansprüche aus Verletzung eines Persönlichkeitsrechtes haben
kann (BGE 97 II 100 mit Hinweisen) und dass solche auch in Bereichen des
Wettbewerbes entstehen können (ROOS, aaO S. 22; KUMMER, Anwendungsbereich
und Schutzgut der privatrechtlichen Rechtssätze gegen unlauteren und
gegen freiheitsbeschränkenden Wettbewerb, S. 55; MERZ, Das schweizerische
Kartellgesetz, S. 131). Von einem eigentlichen Persönlichkeitsrecht,
ungehindert Hersteller von Schweizer Filmen fördern zu können, kann
jedoch nicht die Rede sein, ganz abgesehen davon, dass die Förderung
bei zunehmender Behinderung umso nötiger wird. Der Kläger selber wird
von der angeblichen Behinderung seiner Mitglieder nur mittelbar, durch
Reflexwirkung betroffen, was ihn nach allgemeinen Grundsätzen noch nicht
berechtigt, sich als Geschädigten auszugeben (BGE 73 II 68 und 99 II 223;
ROOS, aaO S. 18). Aus eigenem Recht kann der Kläger daher den streitigen
Anspruch nicht erheben. Es geht ihm in Wirklichkeit, wie er noch in der
Berufungsschrift einräumt, denn auch um die Kollektivinteressen seiner
Mitglieder.

Erwägung 2

    2.- Eine andere Frage ist, ob sich dem Kartellgesetz ein
Verbandsklagerecht entnehmen lasse, das dem Kläger gestatten würde, seine
Rechtsbegehren im eigenen Namen, jedoch im Interesse seiner angeblich
betroffenen Mitglieder gegen den Beklagten durchzusetzen. Um eine blosse
Abart der Popularklage kann es sich dabei allerdings nicht handeln,
zumal ein solches Klagerecht in anderen Bereichen schon vor Erlass des
Kartellgesetzes bejaht worden ist.

    a) So anerkennt das Bundesgericht die Legitimation von Berufsverbänden,
zugunsten ihrer Mitglieder staatsrechtliche Beschwerde einzureichen,
schon seit Jahrzehnten (Art. 88 OG; BGE 100 Ia 99 mit Hinweisen); diese
Rechtsprechung ist inzwischen auch auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
ausgedehnt worden (Art. 103 OG; BGE 101 Ib 110, 100 Ib 336 mit
Zitaten). Dabei wird stets vorausgesetzt, dass der Verband nach seinen
Statuten entsprechende Interessen seiner Mitglieder zu wahren hat und dass
diese selber zur Beschwerde berechtigt wären. Damit stimmt überein, dass
auch das Filmgesetz den Berufsverbänden das Recht einräumt, Entscheide
über Kontingente und Bewilligungen mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
anzufechten (Art. 17 Abs. 2 und 20 Abs. 2). Dass diese öffentlichrechtliche
Ordnung aus Gründen der Rechtsgleichheit auch eine zivilrechtliche Befugnis
zur Klage verlangt, trifft entgegen der Auffassung des Klägers allerdings
nicht zu (ROOS, aaO S. 26).

    Das Handelsgericht hält diese Rechtsprechung nicht für massgebend,
sondern beruft sich auf die Anregung von DESCHENAUX in ZBJV 110/1974
S. 140, dass gegen Ende des 20. Jahrhunderts die überholte "Dichotomie"
zwischen privatrechtlichen und öffentlichrechtlichen Aspekten des nämlichen
Problems endlich aufgegeben werden sollte. Dies sollte indes eher Anlass
sein, die beiden Betrachtungsweisen einander anzunähern, statt aus dem
Unterschied, wie die Vorinstanz es tut, einen Gegensatz zu machen.

    b) Auch auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes finden
sich schon seit langem Hinweise auf ein Verbandsklagerecht. Das gilt
nach ausdrücklicher Vorschrift für Klagen über Herkunftsbezeichnungen
gemäss Art. 27 Ziff. 2 lit. a MSchG und nach der Rechtsprechung für
Patentnichtigkeitsklagen gemäss Art. 28 PatG (BGE 66 II 62, TROLLER
Immaterialgüterrecht II S. 1160, BLUM/PEDRAZZINI, Patentrecht II
S. 243). Ausdrücklich vorgesehen ist das Klagerecht für Berufs-
und Wirtschaftsverbände ferner in Art. 2 Abs. 3 UWG, und zwar unter
der doppelten Voraussetzung, dass die Verbände nach den Statuten die
wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder zu wahren haben und die
Mitglieder ebenfalls klageberechtigt sind. Wie das Handelsgericht unter
Hinweis auf MERZ (aaO S. 131) richtig bemerkt, beruhen das UWG und das
KG auf dem gleichen Grundgedanken, da beide Gesetze einen lauteren und
freien Wettbewerb sichern wollen. Es handelt sich nur um zwei Seiten
des gleichen Gesamtverhältnisses, um einen zweigeteilten negatorischen
Schutz des Rechts auf Wettbewerb (KUMMER, aaO S. 122 und 124; SCHÜRMANN,
Textausgabe des Kartellgesetzes mit Erläuterungen, S. 175/6). Unter
Berufung auf die bundesrätliche Botschaft zum KG (BBl 1961 II S. 588)
nimmt die Vorinstanz denn auch an, dass bei der Anwendung des KG auch
auf die Bestimmungen des UWG abgestellt werden darf.

    Dennoch rechtfertigt es sich nach der Ansicht des Handelsgerichtes, das
Klagerecht der Verbände nach den beiden Gesetzen verschieden zu behandeln,
weil unlauterer Wettbewerb jedermann schädige, seine Bekämpfung folglich
im öffentlichen Interesse liege, während Kartelle durchaus nützliche
Ordnungselemente darstellten. Das überzeugt nicht. Das UWG richtet sich
nur gegen unlautere Erscheinungsformen des Wettbewerbs, das KG bloss gegen
Missbräuche der Kartelle; in beiden Bereichen können aber Individual-
und Allgemeininteressen in gleicher Weise zusammentreffen.

    Von Bedeutung ist dagegen, dass das Verbandsklagerecht in der
Botschaft zum UWG (BBl 1942 S. 675) damit begründet worden ist, dass der
einzelne Verletzte das Prozessrisiko oder die Rolle des Angreifers scheue
und deshalb von einer Klage absehen könnte. In dieser Rücksichtnahme
erblickt VON BÜREN (aaO S. 183) zu Recht ein Zugeständnis an den
kleinen Gewerbetreibenden, der wegen seiner wirtschaftlichen Lage nicht
benachteiligt sein sollte.

    c) Von gleichen allgemeinen Erwägungen ging das Bundesgericht gestützt
auf Art. 28 ZGB auch in seiner Rechtsprechung zum widerrechtlichen Boykott
aus. Im Jahre 1947 anerkannte es ein Klagerecht zugunsten des Schweiz.
Coiffeurgehilfen-Verbandes, obschon Art. 28 ZGB dieses Recht nur dem
Verletzten zugesteht und keine Popularklage zulässt (BGE 95 II 537). Es
umschrieb die Legitimation des Verbandes in analoger Anwendung von Art. 2
Abs. 3 UWG und berief sich u.a. ebenfalls darauf, dass die einzelnen
Verbandsmitglieder kaum in der Lage oder bereit wären, selber zu klagen
(BGE 73 II 67).

    Diese Rechtsprechung wurde namentlich von GUHL (ZBJV 84/1948
S. 514) und M. MEYER (SJZ 44/1944 S. 185) befürwortet. Sie wurde in
BGE 75 II 309 und 86 II 21 bestätigt, wobei in Anlehnung wiederum an
das UWG Schadenersatz- und Genugtuungsprüche ausgenommen wurden. Dass
diese Entscheide Arbeitsstreitigkeiten betrafen, ändert nichts an ihrer
grundsätzlichen Bedeutung. Sie entsprechen, wie auch die übrigen Beispiele
und Art. 2 Abs. 3 UWG zeigen, einer allgemeinen Tendenz, die bei der
Auslegung des KG zu berücksichtigen ist. Dazu gehört auch, was Lehre und
Rechtsprechung zu Art. 27/28 ZGB und zu Art. 2 UWG ausführen (VON BÜREN,
aaO S. 183; SCHÜRMANN, aaO S. 100; MERZ, aaO S. 38).

Erwägung 3

    3.- Das Handelsgericht untersucht anhand der Entstehungsgeschichte
des KG, ob das Schweigen des Gesetzgebers in diesem Punkte gewollt sei
und das Verbandsklagerecht ausschliesse oder ob das Gesetz dieses Recht
als selbstverständlich voraussetze. Die Prüfung der Gesetzesmaterialien
ergibt was folgt:

    a) Mit dem angefochtenen Urteil darf davon ausgegangen
werden, dass den Verfassern der Vorentwürfe, namentlich dem BIGA
und den Kommissionsmitgliedern, die angeführte Rechtsprechung des
Bundesgerichtes von 1947 bekannt war. Sowohl MERZ (Über die Schranken
der Konzernbildung, S. 48 und 63) als auch HUG (in Wirtschaft und Recht,
10/1958 S. 114/5), die beide der Expertenkommission angehörten, haben die
Frage eines Verbandklagerechts denn auch schon vor Beginn der Vorarbeiten
aufgeworfen. Daraus folgt indes nicht notwendig, ein solches Klagerecht
sei in der Folge bewusst abgelehnt worden; denn man konnte die Frage auch
weiterhin der Rechtsprechung überlassen. MERZ (S. 45-51) befasste sich
übrigens nur mit dem Schutz der Konsumenten, die anders als nach Art. 2
Abs. 2 UWG vom KG ausgenommen werden. Für HUG (aaO) sodann war die Frage
gar nicht aktuell, weil Aussenseiter überhaupt nicht und Konsumenten
jedenfalls nicht in aktionsfähigen Verbänden organisiert seien.

    b) Für das Handelsgericht ist entscheidend, dass in den
parlamentarischen Beratungen ein Klagerecht der Verbände nie auch nur
erwogen, geschweige denn beantragt worden ist. Das trifft nach den
Materialien in der Tat zu; ebensowenig ist der Entstehungsgeschichte
aber zu entnehmen, dass ein Verbandsklagerecht je ausdrücklich abgelehnt
oder verneint worden ist, und zwar auch nicht sinngemäss mit den von der
Vorinstanz angeführten Äusserungen. Das folgt insbesondere nicht aus dem
Votum von Ständerat Obrecht, wonach keine Popularklage zugelassen werde,
der Konsument im verwaltungsrechtlichen Verfahren Schutz finde und nur
direkt beteiligte Kreise klagen könnten (Protokoll der ständerätlichen
Kommission S. 11). Gewiss sollten nach diesem Votum Klagen von Konsumenten
ausgeschlossen werden; die Verbandsklage kann aber durchaus als solche
"beteiligter Kreise" verstanden werden.

    Die vom Handelsgericht angeführten weiteren Voten der Nationalräte
Weber, Borel und Huber stimmen in der Befürchtung überein, ein Einzelner
werde sich wegen des Kostenrisikos nur schwerlich entschliessen können,
sich in einem langen und kostspieligen Prozess für die Wettbewerbsfreiheit
zu wehren (Sten.Bull. 1962 NR S. 615, 619 und 630). Sie erklären
zum Teil auch, warum neben dem Zivilweg neu ein Verwaltungsverfahren
eingeführt werden sollte. Vor allem befassen sie sich aber mit der Lage
des Aussenseiters, der im Kampf gegen das Kartell allein steht und deshalb
nicht auf die Hilfe eines Verbandes zählen kann.

    c) Im Parlament kam das Verbandsklagerecht nicht zur Sprache. Das
lässt sich weitgehend damit erklären, dass darüber in der Botschaft
nichts gesagt worden ist. Nicht zu ersehen ist hingegen, warum die
Frage in der Expertenkommission nicht behandelt wurde, zumal das BIGA
eine "Diskussionsgrundlage" vorlegte, in der unter der Überschrift
"Klagelegitimation" die zu behandelnden Themen wie folgt angegeben wurden:
"a) ausschliessliche Legitimation des Geschädigten (gegenwärtiger Zustand),
b) Legitimation von Verbänden, c) Legitimation einer Behörde." Die
Kommission begnügte sich immer wieder mit dem Hinweise, die vorgesehene
Bestimmung entspreche Art. 2 UWG, ohne aber je auf Abs. 3 dieser Vorschrift
einzugehen (vgl. z.B. Protokoll 2 S. 43/44 und 47, Schlussbericht S.
22 und 44).

    Dagegen wurde schon in den Beratungen der Expertenkommission und
in den Berichten zu den Vorentwürfen ausdrücklich Bezug genommen auf
die Urteilspublikation und auf vorsorgliche Massnahmen gemäss Art. 6
und 9 ff. UWG; das Ergebnis davon war, dass in Art. 6 Abs. 3 und 10
KG ähnliche Bestimmungen aufgenommen wurden. Bei der Bestimmung über
die Urteilspublikation blieb es, obschon man darin anfänglich einen
allgemein anerkannten Rechtssatz erblickte und sie deshalb für unnötig
hielt. Trotz den in Art. 3 und 7 UWG enthaltenen Sondernormen über die
Geschäftsherrenhaftung und die Verjährung verzichtete man dagegen auf
entsprechende Bestimmungen im KG, weil dafür die allgemeinen Regeln
genügten (vgl. z.B. Bericht des BIGA zum Vorentwurf vom 15. September
1958, S. 15 und 21).

    d) Den Gesetzesmaterialien ist somit über die Ablehnung einer
Klageberechtigung von Verbänden keine klare Antwort zu entnehmen. Das
wäre aber Voraussetzung dafür, dass die Materialien in diesem Sinne
bei der Auslegung des Gesetzes berücksichtigt werden dürfen. Dies
gilt auch von Äusserungen einzelner Beteiligter, selbst wenn sie
unwidersprochen geblieben sind (BGE 101 Ia 362, 101 Ib 240, 100 II
57/8 und dort angeführt Urteile). Eindeutig ergibt sich aber aus der
Entstehungsgeschichte, dass der Gesetzgeber an die bundesgerichtliche
Rechtsprechung anschliessen, ja diese kodifizieren und weiterentwickeln
wollte (Bericht der Expertenkommission von April 1959 S. 8; Protokoll
der nationalrätlichen Kommission S. 9, Sten.Bull. 1962 NR S. 613; MERZ,
Kartellgesetz, S. 38); ferner dass sich das KG im verfahrensrechtlichen
Bereich, namentlich bei Art. 6, eng an das UWG anlehnte und dessen System
übernahm (BBl 1961 II S. 588; SCHÜRMANN, aaO S. 99).

Erwägung 4

    4.- Entgegen der Annahme der Vorinstanz sprechen die
Gesetzesmaterialien somit eher für als gegen ein Klagerecht der
Verbände. Bei diesem Ergebnis darf der Richter nicht beim Wortlaut des
Art. 6 Abs. 1 KG stehen bleiben, sondern muss auch prüfen, wie es sich
nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes mit der Streitfrage verhält (BGE
101 Ia 320, 100 II 189, 95 II 267).

    a) Dem Gesetzgeber ging es vor allem um den zivilrechtlichen Schutz,
der womöglich verbessert, jedenfalls aber nicht verschlechtert werden
sollte (BBl 1961 II S. 563 und 575; SCHÜRMANN, aaO S. 58; Bericht BIGA zum
Vorentwurf vom 7. August 1958, S. 27; Schlussbericht der Expertenkommission
vom April 1959, S. 8). Dazu gehört auch die schon vor Erlass des Gesetzes
bestehende bundesgerichtliche Rechtsprechung, die einer allgemeinen
Tendenz folgend besonders zum Schutze des sozial Schwächeren eingeleitet
worden ist (VON BÜREN, aaO S. 183, ROOS, aaO S. 92). Dieser Schutz
würde entgegen der Absicht des Gesetzgebers aber abgebaut, wenn man die
Verbandsklage ausschliessen wollte. Dagegen ist mit dem Hinweis auf das
Verwaltungsverfahren der Kartellkommission und die verwaltungsrechtliche
Klage ans Bundesgericht nicht aufzukommen, weil der betroffene Private
auf dieses Verfahren keinen Anspruch hat und die Klage ein besonderes
öffentliches Interesse voraussetzt; das Verwaltungsverfahren soll die
Beteiligten denn auch schon nach der Botschaft nicht davon entheben,
eine Zivilklage einzureichen (BBl 1961 II S. 599).

    Diese Schutzfunktion der Verbandsklage ist auch im vorliegenden Fall
nicht zu übersehen, da die Mitglieder des Klägers unbestrittenermassen
meist mit grossen finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben und die
prozessuale Auseinandersetzung mit dem Beklagten ohne die Solidarität
des Verbandes, wie im Nationalrat ausgeführt worden ist, scheuen könnten.

    b) Die Verbandsklage ändert nichts an der Grundhaltung des Gesetzes,
das die Vertragsfreiheit der Kartelle weitgehend wahrt und im Vergleich
mit ausländischen Lösungen als durchaus kartellfreundlich gilt (BBl 1961
II S. 561). Bundesrat Schaffner erklärte im Nationalrat denn auch,
der Entwurf sei insgesamt das Ergebnis sehr sorgfältiger Abwägungen,
welche sowohl die bewährte Tradition der wirtschaftlichen Zusammenarbeit
als die Erfordernisse einer modernen Marktwirtschaft berücksichtigten;
die freigewählte Solidarität der Berufsgenossen und ihre Selbsthilfe,
die man von den Kartellen verlange, werde vom Gesetz nicht berührt
(Sten.Bull. 1962 NR S. 635). Mit Recht verweist der Kläger auf diese
Grundhaltung des Gesetzes, kann er doch ebenso wie ein Kartell für sich
in Anspruch nehmen, die Ideen von Solidarität und Selbsthilfe seiner
Mitglieder zu verwirklichen. Zutreffend ist auch sein Hinweis auf die
Bedeutung der Berufs- und Wirtschaftsverbände in der heutigen Zeit, deren
Mitspracherecht teilweise sogar in Verfassungsnormen festgehalten ist
(Art. 32 Abs. 3 und 34ter lit. c BV).

    Dieser Einsicht kann sich auch der Beklagte als Wirtschaftsverband
nicht verschliessen, zumal er den Kläger bisher stets als Verhandlungs-
und Vertragspartner anerkannt hat. Dies genügt freilich nicht, die Einrede
fehlender Aktivlegitimation als missbräuchlich zu bezeichnen, mag diese
mit dem früheren Verhalten der Beklagten auch nicht leicht zu vereinbaren
sein (BGE 73 II 71/2). So oder anders ist dem Verbandsgedanken auch auf
seiten des Klägers gebührend Rechnung zu tragen. Dies rechtfertigt sich
umsomehr, als das Verbandsklagerecht gemäss Art. 2 Abs. 3 UWG vor allem
den Kartellen zugute kommt, die gegen ungetreue Mitglieder oder gegen
Aussenseiter vorgehen wollen (ROOS, aaO S. 93).

    Dass auf dem Gebiete des Kartellrechtes ein solches Klagerecht, das
im Ausland sehr verbreitet ist, unerwünschte Auswirkungen haben könnte,
ist nicht zu ersehen; der Verband ist ja nur soweit legitimiert, als
gemäss Art. 6 Abs. 1 KG auch seine Mitglieder klagen könnten. Ob ein
Klagerecht zugunsten der Konsumentenverbände zu verneinen wäre und die
Wettbewerbskommission der Schweiz. Studiengesellschaft für Wirtschafts-
und Sozialpolitik sich nur im Hinblick auf solche Verbände dagegen
ausgesprochen habe, ein Verbandsklagerecht ins Gesetz aufzunehmen, kann
offen bleiben. Die Stellungnahme der Kommission schliesst nicht aus,
dass die Verbandsklage in Fällen, wie hier, nach dem Sinn und Zweck des
geltenden Art. 6 Abs. 1 KG zuzulassen ist. Und wenn gegenteils bei der
Revision ein Verbandsklagerecht Gesetz werden sollte, würde dies nichts
ändern, weil darin bloss eine erwünschte gesetzgeberische Klarstellung
zu erblicken wäre.

Erwägung 5

    5.- Zu prüfen bleibt, ob die gleich wie in Art. 2 Abs. 3 UWG zu
umschreibenden Voraussetzungen für ein solches Verbandsklagerecht hier
erfüllt sind, der Kläger also nach den Statuten die wirtschaftlichen
Interessen seiner Mitglieder vertritt und diese selber zur Klage berechtigt
wären.

    Gemäss seinen Statuten hat der Kläger ganz allgemein die
beruflichen Interessen der Mitglieder zu verteidigen und durch geeignete
Vorkehren wahrzunehmen (Art. 2 und 3 lit. h; er hat überdies allen
Bestrebungen entgegenzuwirken, die den Mitgliedern schaden könnten
(Art. 3 lit. f). Das genügt, um die erstgenannte Voraussetzung zu
bejahen. Dass der Kläger für das schweizerische Filmschaffen geradezu
repräsentativ sei, wie der Beklagte im kantonalen Verfahren verlangt hat,
ist nicht erforderlich. Abgesehen davon muss der Beklagte sich immerhin
entgegenhalten lassen, das er den Kläger bisher als repräsentativen
Vertragspartner anerkannt hat, dieser über die den Filmschaffenden
vorbehaltenen Sitze in der eidg. Filmkommission verfügt und dass etwa 80%
der Schweizer Filme von seinen Mitgliedern hergestellt werden.

    Ebensowenig lässt sich im Ernst bestreiten, dass auch die Mitglieder
des Klägers zur Klage befugt wären. Diese Befugnis entfällt entgegen der
Annahme des Beklagten nicht schon deshalb, weil angeblich kein Mitglied
in seinen Persönlichkeitsrechten betroffen worden ist. Das Gesetz setzt
keine Schädigung voraus, sondern lässt eine blosse Gefährdung genügen
(Art. 6 Abs. 1 KG). Eine solche wäre aber zu bejahen, wenn die vom Kläger
behauptete Behinderung seiner Mitglieder durch den Beklagten zutrifft.

    Das Handelsgericht hat somit die Klage zu Unrecht wegen fehlender
Aktivlegitimation des Klägers abgewiesen. Sein Entscheid ist daher
aufzuheben und die Sache zur materiellen Beurteilung der Klagebegehren
an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Entscheid:

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichtes
des Kantons Bern vom 3. März 1977 aufgehoben und die Sache zur neuen
Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.