Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 II 176



103 II 176

31. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. September
1977 i.S. Akeret gegen Metz Regeste

    Übertragbare Personaldienstbarkeit (Art. 781 Abs. 2 ZGB); Wohnrecht.

    Ein dem Wohnrecht entsprechendes, aber erbliches und übertragbares
Benützungsrecht an einer Wohnung kann nicht in die Form einer übertragbaren
Personaldienstbarkeit im Sinne von Art. 781 Abs. 2 ZGB gekleidet werden
(E. 2).

    Konversion der nichtigen Personaldienstbarkeit in ein Wohnrecht (E. 3)
oder in ein Mietverhältnis von unbestimmter Dauer (E. 4)?

Sachverhalt

    A.- Hermann Akeret ist Eigentümer des Hauses "Sur Punt" in
St. Moritz-Bad. Am 12. September 1961 schloss er mit Arthur Metz einen
schriftlichen Mietvertrag, gemäss welchem er diesem eine unmöblierte
3 1/2-Zimmer-Wohnung im Haus "Sur Punt" zu einem jährlichen Mietzins
(ohne Nebenkosten) von Fr. 2'700.-- zur Benützung überliess. Es wurde
eine feste Mietzeit von zwei Jahren vereinbart, die vom 1. März 1962
bis 29. Februar 1964 dauern sollte; ohne Kündigung seitens einer der
Parteien sollte sich der Vertrag hernach automatisch um jeweils sechs
Monate verlängern. In einem gleichentags unterzeichneten Anhang zum
Mietvertrag erklärte sich H. Akeret bereit, A. Metz wahlweise an der
von diesem gemieteten 3 1/2-Zimmer-Wohnung oder an einer im gleichen
Hause befindlichen 4 1/2-Zimmer-Wohnung ein "Wohnungs-Eigentumsrecht"
einzuräumen. Als Gegenleistung wurde die Übernahme eines unkündbaren
Inhaberschuldbriefes im Betrage von Fr. 60'000.-- (resp. von Fr. 75'000.--
im Falle der Wahl der 4 1/2-Zimmer-Wohnung) durch A. Metz vorgesehen. Die
näheren Bedingungen sollten in einem besonderen Vertrag festgelegt werden.

    Weil die Begründung von Stockwerkeigentum damals noch nicht möglich
war, suchten die Vertragspartner nach einer möglichst ähnlichen Lösung. Zu
diesem Zweck schlossen sie am 19. Januar 1962 einen Vertrag ab, der im
wesentlichen folgendes bestimmte:

    "1. Herr Akeret räumt hiermit Herrn Metz an der unmöblierten

    3 1/2-Zimmer-Wohnung im Osten des 2. Stockes der Liegenschaft "Sur

    Punt" ein unkündbares, erbliches und veräusserliches
   ausschliessliches Benutzungsrecht ein, das im Grundbuch als übertragbare
   Personaldienstbarkeit im Sinne von Art. 781 ZGB eingetragen wird.

    2. Herr Metz verpflichtet sich, als Gegenleistung, einen
   bereits bestehenden Inhaberschuldbrief in der Höhe von

    Fr. 61'000.-- im 2. Rang (Vorrang Fr. 180'000) zu übernehmen, der
   durch die Einräumung des Benutzungsrechtes unverzinslich und für beide
   Teile unkündbar wird. Herr Akeret hat das Vorkaufsrecht.

    3. (nähere Beschreibung der Wohnung und der vom Berechtigten
   mit benützbaren Räume und Einrichtungen).

    4. Die Nebenkosten sind vom jeweiligen Wohnungsbenützer
   monatlich zu vergüten.

    Dies sind: ...

    5. Da der von Herrn Metz zu übernehmende, bereits bestehende

    Inhaber-Schuldbrief den im Vertrag vom 12.9.61 festgesetzten Betrag
   von Fr. 60'000.-- um Fr. 1'000.-- übersteigt, wird Herr Akeret für
   den Betrag von Fr. 1'000.-- an der Wohnung wertvermehrende

    Verbesserungen (evt. Einbau eines separaten WC) vornehmen.

    6. Sollte das mit diesem Vertrag festgesetzte Benutzungsrecht
   aus irgend einem Grunde aufgehoben oder als nichtig erklärt werden,
   hat Herr Metz Anrecht auf eine Entschädigung in der Höhe der bis zu
   jenem Zeitpunkt eingetretenen Wertsteigerung der Wohnung. Da der bei
   Vertragsabschluss festgesetzte Wert von Fr. 60'000.-- der

    Kapitalisierung der Miete von Fr. 2'700.-- zu 4 1/2% entspricht,
   gilt als Wert der Wohnung im Zeitpunkt einer allfälligen Aufhebung
   bzw. Nichtigerklärung ebenfalls der zu 4 1/2%  kapitalisierte, im
   dannzumaligen Zeitpunkt erzielbare Mietpreis.

    7. Nach Inkrafttreten der vorgesehenen Revision der

    Bestimmungen des ZGB über das Miteigentum und der Ergänzung mit

    Vorschriften über Wohnungs- bzw. Stockwerkseigentum ist Herr Metz
   berechtigt, sich als Eigentümer der unter 1. genannten Wohnung ins

    Grundbuch eintragen zu lassen, und zwar ohne zusätzliche

    Leistungen, auch wenn der dannzumalige Wert der Wohnung den Betrag
   von Fr. 61'000.-- übersteigt.

    8. ...

    9. ...

    10. ...

    11. Dieser Vertrag tritt am 1. Februar 1962 in Kraft, sofern
   der jetzige Mieter die Wohnung bis zu diesem Zeitpunkt verlassen hat,
   andernfalls wird die Übergabe der Wohnung bis spätestens 1.

    März 1962 hinausgeschoben.

    Der Vertrag hat auch für die Rechtsnachfolger der beiden

    Parteien Gültigkeit."

    Am 16. Februar 1962 liessen H. Akeret und A. Metz einen
Dienstbarkeitsvertrag öffentlich beurkunden, worin sie die Errichtung
folgender Personaldienstbarkeit im Sinne von Art. 781 ZGB vereinbarten:

    "Ausschliessliches Benützungsrecht an der 3 1/2-Zimmer-Wohnung
   im Osten des 2. Stockes des Hauses No. 59 auf Parzelle No. 1846,
   bestehend aus Wohnzimmer mit Cheminée, Wohndiele, zwei

    Doppelschlafzimmern, Küche mit elektr. Kochherd und eingebauten

    Küchenmöbeln, Badezimmer mit WC, sowie einem Estrich-Raum, zu

    Gunsten von Herrn Arthur Metz, Zürich. Dem Berechtigten
   wird ferner das Recht eingeräumt, die für die Bewohnung der

    Wohnung notwendigen Gebäudeteile, wie Treppenhaus, Waschküche mit
   vollautomatischer Waschmaschine, Trockenraum mit Wäschehänge, sowie
   ein Drittel der im 1. Stock gelegenen Terrasse, ferner

    Luftschutzkeller und ein Parkplatz, mitzubenützen. Das Recht ist
   unkündbar, vererblich und veräusserlich, d.h. übertragbar. Herr

    Arthur Metz ist berechtigt, die Wohnung durch von ihm bezeichnete

    Dritte benützen zu lassen.

    Die Wohnung ist an die Zentralheizung und die zentrale

    Warmwasseranlage des Hauses No. 59 angeschlossen.

    Die Nebenkosten sind vom Berechtigten monatlich zu vergüten,
   gemäss separater Abmachung."

    Mit Nachtrag vom 12. Februar 1964 wurde dieser Dienstbarkeitsvertrag
dahin abgeändert, dass das A. Metz eingeräumte ausschliessliche
Benützungsrecht auf ein weiteres Zimmer sowie auf einen Kellerraum
ausgedehnt wurde; demgegenüber wurde das Recht auf Benützung eines
Teils des Estrichs aufgehoben. Als Gegenleistung für die Erweiterung des
Benützungsrechts wurde der von A. Metz übernommene Inhaberschuldbrief
gegen Bezahlung von Fr. 5'000.-- auf den Betrag von Fr. 66'000.--
erhöht. Sowohl der Dienstbarkeitsvertrag vom 16. Februar 1962 als auch
der Nachtrag vom 12. Februar 1964 wurden im Grundbuch der Gemeinde St.
Moritz auf Blatt Nr. 1114 eingetragen.

    B.- Am 27. Januar 1973 leitete H. Akeret beim Vermittleramt
Oberengadin gegen A. Metz Klage ein. Er beantragte im wesentlichen, es
sei festzustellen, dass der Dienstbarkeitsvertrag vom 16. Februar 1962
dahingefallen sei, und das Grundbuchamt St. Moritz sei anzuweisen, das
zugunsten des Beklagten im Grundbuch eingetragene Wohnungsbenützungsrecht
zu löschen. Der Beklagte hielt an der Gültigkeit des Benützungsrechts
fest und verlangte für den Fall von dessen Aufhebung eine Entschädigung
in der Höhe von Fr. 242'666.--.

    Mit Urteil vom 30. August 1976 hiess das Kantonsgericht von Graubünden
in zweiter Instanz die Klage teilweise gut. Es stellte fest, dass der
zwischen den Parteien am 19. Januar 1962 geschlossene Vertrag sowie der
Dienstbarkeitsvertrag vom 16. Februar 1962 und die dazu gehörige Ergänzung
vom 12. Februar 1964 aufgelöst seien und verpflichtete den Kläger, dem
Beklagten für die Auflösung des Benützungsrechtes eine Entschädigung von
Fr. 89'180.-- zu bezahlen.

    C.- Gegen dieses Urteil erklärte der Kläger die Berufung ans
Bundesgericht, worauf der Beklagte Anschlussberufung erhob.

    Das Bundesgericht weist sowohl die Berufung als auch die
Anschlussberufung ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- In materieller Hinsicht ist in erster Linie streitig, ob das von
den Parteien als Dienstbarkeit im Sinne von Art. 781 ZGB vereinbarte Recht
des Beklagten auf Benützung einer Wohnung im Hause des Klägers unwirksam
sei. Währenddem der Kläger in Übereinstimmung mit der Vorinstanz die
Auffassung vertritt, die im Grundbuch eingetragene Servitut verstosse gegen
zwingende Grundsätze des Sachenrechts und müsse daher gelöscht werden,
hält der Beklagte sie für zulässig und verlangt in seiner Anschlussberufung
die Feststellung der Gültigkeit des Grundbucheintrags.

    Seit dem Inkrafttreten des ZGB bis zur Einführung des
Stockwerkeigentums am 1. Januar 1965 hat die Frage, ob sich mit
Hilfe von Dienstbarkeiten eine dem Stockwerkeigentum wirtschaftlich
entsprechende Lösung verwirklichen lasse, Praxis und Rechtswissenschaft
immer wieder beschäftigt. Ursprünglich war die Meinung allgemein
verbreitet, dass das ZGB es zulasse, ein mit dem Stockwerkeigentum
vergleichbares Benützungsrecht an einem Stockwerk oder an einer Wohnung
als übertragbare Personalservitut im Sinne von Art. 781 eintragen zu
lassen, sei es in Verbindung mit der Begründung von Miteigentum zwischen
den einzelnen Benützungsberechtigten, sei es ohne eine solche (zu den
verschiedenen Lehrmeinungen und Lösungsvorschlägen vgl. H. SATTIVA,
Recherches sur la propriété par étages, Diss. Lausanne 1954, S. 88
ff.). In einem Kreisschreiben vom 10. Oktober 1951 an die kantonalen
Aufsichtsbehörden über das Grundbuch vertrat auch das eidgenössische
Justiz-und Polizeidepartement unter Hinweis auf die einstimmige
Entgegennahme eines Postulates Cottier (Lausanne) durch den Nationalrat die
Auffassung, dass eine Änderung des ZGB nicht notwendig sei, weil dieses
den Beteiligten Ersatzformen zur Verfügung stelle, die zwar nicht nach
der rechtlichen Konstruktion, wohl aber in bezug auf die wirtschaftliche
Auswirkung die Begründung von Stockwerkeigentum ermöglichten. Den
kantonalen Aufsichtsbehörden wurde empfohlen, die Grundbuchämter auf
diese im Kreisschreiben näher dargestellten Ersatzformen hinzuweisen
(ZBGR 32/1951 S. 349/350). Die neuere Lehre ist demgegenüber einhellig
zur Auffassung gelangt, das ZGB lasse eine dienstbarkeitsrechtliche
Ersatzlösung für das Stockwerkeigentum nicht zu. Insbesondere FLATTET,
LIVER, FRIEDRICH und SATTIVA gelangten zum Ergebnis, dass eine übertragbare
und vererbliche Personaldienstbarkeit, die dem Berechtigten ein mit
dem Stockwerkeigentum vergleichbares dauerndes und ausschliessliches
Benützungsrecht verleihen würde, nach dem ZGB nicht begründet werden könne
(nebst dem bereits zitierten Werk von SATTIVA, S. 109 f., sei vor allem
verwiesen auf FLATTET, La propriété par étages, ZSR 75/1956 II S. 591a ff.,
insbesondere S. 663a und 681a; LIVER, Das Stockwerkeigentum, Umwandlung und
Neubegründung, ZBGR 35/1954 S. 67 ff., insbesondere S. 69 f., und Kommentar
zum Sachenrecht, N. 64 der Einleitung sowie N. 6 ff. zu Art. 730 ZGB;
FRIEDRICH, Die Wiedereinführung des Stockwerkeigentums in der Schweiz,
ZSR 75/1956 II S. 43a ff., insbesondere S. 47a).

    Die erwähnten Autoren gehen davon aus, dass das ZGB in den Art. 776-778
die Befugnis, ein Stockwerk oder eine Wohnung ausschliesslich zu benützen,
in der Form des Wohnrechts als Personaldienstbarkeit abschliessend geregelt
hat. Aus dem Umstand, dass das Wohnrecht nach der zwingenden Anordnung in
Art. 776 Abs. 2 ZGB weder übertragen noch vererbt werden kann, leiten sie
ab, dass es mit dem Sinn dieser Regelung nicht vereinbar wäre, ein Recht
gleichen Inhalts als übertragbare Dienstbarkeit gemäss Art. 781 Abs. 2 ZGB
begründen zu können. Diese Auslegung des Gesetzes vermag zu überzeugen. Es
wäre in der Tat nicht einzusehen, weshalb das Wohnrecht als eine auf das
Leben des Berechtigten begrenzte, unübertragbare Personaldienstbarkeit
ausgestaltet worden wäre, wenn es zulässig sein sollte, das gleiche
Recht gestützt auf Art. 781 ZGB als übertragbare und vererbliche Servitut
zu begründen. Diese Überlegung erhält noch vermehrtes Gewicht durch den
Umstand, dass das Sachenrecht des ZGB vom Grundsatz der geschlossenen Zahl
der dinglichen Rechte beherrscht ist und dass die inhaltliche Ausgestaltung
der einzelnen Rechte, soweit eine solche durch das Gesetz überhaupt erfolgt
ist, zwingenden Charakter aufweist (zum Prinzip der Typengebundenheit und
Typenfixierung vgl. MEIER-HAYOZ, Kommentar zum Sachenrecht, Systematischer
Teil, N. 35 ff. und 41; sowie LIVER, Kommentar zum Sachenrecht, N. 61
ff. der Einleitung). Das Wohnrecht gehört wie die Nutzniessung zu den
inhaltlich näher bestimmten Dienstbarkeiten. Der Grund für die Regelung
des Inhalts dieser Rechte und für die Begrenzung ihrer Dauer ist, wie
besonders LIVER hervorhebt (aaO N. 64), darin zu erblicken, dass sie wegen
ihres umfassenden Charakters das Eigentum sehr stark einschränken. Es
würde deshalb gegen den zwingenden Charakter dieser gesetzlichen Ordnung
verstossen, wenn inhaltlich gleiche Rechte als übertragbare irreguläre
Personaldienstbarkeiten oder als Grunddienstbarkeiten, deren Dauer nicht
begrenzt ist, begründet werden könnten (vgl. in diesem Sinne auch LEEMANN,
N. 37 zu Art. 781 ZGB; HOMBERGER und MARTI, SJK 567, Ziff. I; PIOTET,
Dienstbarkeiten und Grundlasten, in: Schweizerisches Privatrecht, Band V/1,
S. 549).

    Die Erkenntnis, dass ein dem Wohnrecht entsprechendes Benützungsrecht
an einem Stockwerk oder an einer Wohnung nicht in die Form einer
übertragbaren Personalservitut im Sinne von Art. 781 Abs. 2 ZGB
gekleidet werden kann, bildete denn auch einen der rechtlichen Gründe
für die Einführung des Stockwerkeigentums. Die bundesrätliche Botschaft
vom 7. Dezember 1962 hob hervor, dass die Zulassung einer solchen
Dienstbarkeit mit dem Prinzip der geschlossenen Zahl und der Typizität
der Dienstbarkeiten unvereinbar wäre. Sie kam zum Schluss, dass es eine
Ersatzform für das Stockwerkeigentum, "die allen praktischen Anforderungen
genügen könnte und die sich dem geltenden Recht widerspruchslos einfügen
liesse", nicht gebe (vgl. BBl 1962 II S. 1466). Mit der Einführung des
Stockwerkeigentums hat sich der Gesetzgeber der Ablehnung von übertragbaren
irregulären Personalservituten mit dem Inhalt des Wohnrechts oder der
Nutzniessung durch die neuere Lehre angeschlossen.

    Heute besteht jedenfalls keinerlei Anlass mehr, eine
servitutarische Ersatzform für das Stockwerkeigentum zuzulassen, die
dem Dienstbarkeitsrecht widerspricht. Vor der Gesetzesrevision führte
vor allem Art. 114 Abs. 2 der Grundbuchverordnung zu einer grossen
Rechtsunsicherheit. Diese Bestimmung sah in ihrer ursprünglichen Fassung
vor, altrechtliches Stockwerkeigentum könne in der Weise dem Grundbuchrecht
des ZGB angepasst werden, dass zugunsten des einen Berechtigten das
Eigentum an Grund und Boden und zugunsten des andern eine übertragbare
Dienstbarkeit im Sinne von Art. 781 ZGB eingetragen werde. Die Tragweite
dieser Vorschrift, die unter den Schluss- und Übergangsbestimmungen
figurierte, beschränkte sich zwar bei richtiger Betrachtung schon auf Grund
ihrer systematischen Stellung auf die Umwandlung von Stockwerkeigentum
des bisherigen kantonalen Rechts. Trotzdem gab sie immer wieder zu
Zweifeln Anlass, ob Art. 781 Abs. 2 ZGB nicht auch die Begründung neuer
Benützungsrechte an Stockwerken und Wohnungen in der Form übertragbarer
Personalservituten zulasse. Im Zusammenhang mit der Einführung des
Stockwerkeigentums ist Art. 114 Abs. 2 der Grundbuchverordnung jedoch
geändert worden. In seiner heutigen Fassung erwähnt er die in Frage
stehende Ersatzform für das Stockwerkeigentum nicht mehr. Dafür sieht der
neu eingefügte Art. 22bis SchlT ZGB vor, dass das früher vom kantonalen
Recht beherrschte Stockwerkeigentum den neuen Vorschriften des ZGB
unterstellt ist. Heute besteht somit eine klare Rechtslage. Auch unter
diesem Gesichtspunkt ist es angezeigt, dass sich das Bundesgericht der
in der neueren Lehre vertretenen Auffassung vorbehaltlos anschliesst
und übertragbare irreguläre Personalservituten, die inhaltlich einem
Wohnrecht gleichkommen, als mit dem Gesetz unvereinbar und daher als
nichtig betrachtet. Dass viele solche Dienstbarkeiten begründet worden
sind, wie der Beklagte geltend macht, kann einer solchen Entscheidung nicht
entgegenstehen, und zwar umso weniger, seitdem das Gesetz die Möglichkeit
ausdrücklich vorsieht, ein dauerndes Benützungsrecht an Stockwerken und
Wohnungen in Form von Stockwerkeigentum zu begründen.

    Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Eintragung der streitigen
Dienstbarkeit im Grundbuch müsse aufrecht erhalten bleiben, selbst
wenn sie zu Unrecht erfolgt sein sollte. Er beruft sich hiefür
einerseits auf Heilung des Mangels durch ordentliche Ersitzung und
andererseits darauf, die Geltendmachung der Nichtigkeit durch den Kläger
sei rechtsmissbräuchlich. Dabei übersieht er jedoch, dass ein nicht
eintragungsfähiges Recht wie die hier in Frage stehende Dienstbarkeit weder
durch Ersitzung geheilt noch auf Grund des Verbots des Rechtsmissbrauchs
unanfechtbar werden kann (BGE 93 II 298/299 E. 4; LIVER, N. 149 zu
Art. 734 ZGB). Es ist dies eine notwendige Folge des Grundsatzes der
Typengebundenheit der dinglichen Rechte. Der Schutz des guten Glaubens
kann nicht dazu führen, dass Rechte, die nicht mit dinglicher Wirkung
begründet werden können, zufolge ihrer Eintragung ins Grundbuch oder wegen
ihrer langjährigen unangefochtenen Ausübung eine solche Wirkung erlangen.

Erwägung 3

    3.- Erweist sich die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit als
mit dem Gesetz unvereinbar und daher unwirksam, haben die kantonalen
Instanzen zu Recht deren Löschung angeordnet, indem sie den vom Kläger
als Eigentümer des belasteten Grundstücks erhobenen Anspruch auf
Berichtigung des Grundbuchs gestützt auf Art. 975 Abs. 1 ZGB schützten
(vgl. dazu BGE 93 II 299 E. 6 und LIVER, N. 150 zu Art. 734 ZGB).
Der Beklagte wendet dagegen ein, die Unzulässigkeit der unbeschränkten
Dauer der eingetragenen Dienstbarkeit bilde keinen ausreichenden Grund,
den Grundbucheintrag als nichtig zu betrachten und zu löschen; es müsse
vielmehr die Servitutsdauer auf das zulässige Mass herabgesetzt werden. Er
beantragt allerdings nicht, die Berichtigung des Grundbuchs auf eine
solche Herabsetzung der Dauer des eingetragenen Rechts zu beschränken,
wie es dem von ihm eingenommenen Standpunkt eigentlich entsprechen würde,
sondern er vertritt die Auffassung, dem Kläger stehe zur Zeit noch gar
kein Anspruch auf Grundbuchberichtigung zu.

    Ungeachtet dieser offensichtlich unhaltbaren Schlussfolgerung wirft
der Beklagte damit die Frage auf, ob der unwirksame Grundbucheintrag
nicht dadurch in einen gültigen verwandelt werden könne, dass an seiner
Stelle ein zeitlich begrenztes, unübertragbares Benützungsrecht - mithin
ein Wohnrecht - im Grundbuch eingetragen werde. Eine solche Konversion der
nichtigen irregulären Personaldienstbarkeit in ein Wohnrecht muss indessen
allein schon deshalb abgelehnt werden, weil für die Eintragung eines
Wohnrechts kein genügender Rechtsgrund vorhanden ist. Der von den Parteien
am 16. Februar 1962 öffentlich beurkundete Dienstbarkeitsvertrag bildet,
so wie er abgefasst ist, keine taugliche Grundlage für die Eintragung
eines Wohnrechts. Eine Abänderung des Eintrages in ein Wohnrecht ist
aber auch aus materiellen Gründen nicht möglich. Eine Konversion setzt
voraus, dass die Parteien bei Kenntnis der Ungültigkeit des von ihnen
abgeschlossenen Rechtsgeschäfts das Ersatzgeschäft gewollt hätten. Ein
solcher hypothetischer Parteiwille kann nur angenommen werden, wenn das
Ersatzgeschäft einen ähnlichen Zweck und Erfolg hat wie das nichtige
(BGE 93 II 228 E. 3 und 452 E. 5). Im vorliegenden Fall steht fest,
dass die Parteien bei Vertragsschluss beabsichtigten, dem Beklagten
eine dem Stockwerkeigentum möglichst nahekommende Rechtsstellung zu
verschaffen. Aus diesem Grunde vereinbarten sie ein übertragbares und
vererbliches Wohnungsbenützungsrecht in der Form einer irregulären
Personaldienstbarkeit. Mit dem Wohnrecht hätten sie wegen dessem
Unübertragbarkeit und beschränkten Dauer einen ähnlichen Zweck nicht
erreichen können. Es kann deshalb nicht angenommen werden, die Parteien
hätten ein Wohnrecht vereinbart, wenn sie gewusst hätten, dass die von
ihnen gewollte Dienstbarkeitsart unzulässig sei. Es muss somit bei der
Löschung der unwirksamen Servitut sein Bewenden haben, was gleichzeitig
zur Abweisung der mit der Anschlussberufung gestellten Hauptanträge führt.

Erwägung 4

    4.- Die Vorinstanz hat in ihrem Entscheid auch die Frage
geprüft, ob die Unwirksamkeit der streitigen Dienstbarkeit zur
Nichtigkeit des Vertrages vom 19. Januar 1962 und des darauf beruhenden
Dienstbarkeitsvertrages führe oder ob die von den Parteien getroffenen
Vereinbarungen nach dem Grundsatz der Konversion in ein obligatorisches
Rechtsverhältnis umgewandelt werden könnten. Sie ist dabei zum Schluss
gelangt, der Vertrag vom 19. Januar 1962 sei in einen Mietvertrag von
unbestimmter Dauer umzudeuten, der gemäss Art. 267 Abs. 2 Ziff. 1 OR
kündbar gewesen und vom Kläger denn auch auf den 1. August 1973 durch
Kündigung aufgelöst worden sei.

    Der Beklagte wendet ein, dass eine solche Lösung den Absichten,
welche die Parteien bei Vertragsabschluss gehabt hätten, diametral
widerspreche. Die Frage nach der Absicht der Parteien im Falle der Kenntnis
der Nichtigkeit ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht prüfen kann,
da es sich nicht um die Erforschung eines tatsächlichen, sondern eines
hypothetischen Parteiwillens handelt (BGE 80 III 57, 76 II 15; VON
TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des OR, Band I, S. 229 N. 38; JÄGGI, N. 90
zu Art. 11 OR). Dabei ist darauf abzustellen, welchen Zweck die Parteien
mit dem nichtigen Vertrag verfolgten. Es steht fest, dass die Parteien
eine dem Stockwerkeigentum möglichst nahekommende Lösung suchten und
deshalb ein dauerndes und übertragbares Wohnungsbenützungsrecht begründen
wollten. Ein Mietvertrag von unbestimmter Dauer hätte aber diesem Zweck
nicht in ähnlicher Weise dienen können. Ein solcher Vertrag hätte wegen der
Möglichkeit einer Kündigung keinerlei Gewähr für eine lange Dauer geboten.
Im angefochtenen Urteil wird anderseits zutreffend darauf hingewiesen,
dass ein Mietvertrag nicht auf unbegrenzte Dauer abgeschlossen werden
kann, weil dies zu einer mit Art. 27 ZGB unvereinbaren Beschränkung der
persönlichen Freiheit führen würde. Daraus ist der Schluss zu ziehen,
dass mit einem rein obligatorischen Rechtsgeschäft wie der Miete ein
ähnlicher Zweck wie mit der von den Parteien vereinbarten Dienstbarkeit
nicht hätte erreicht werden können. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz
ist daher eine Konversion des an einem Nichtigkeitsgrund leidenden
Vertrages vom 19. Januar 1962 in ein Ersatzgeschäft obligatorischer Natur
nicht möglich. Der Vertrag ist somit gemäss Art. 20 Abs. 1 OR wegen
Unmöglichkeit seines Inhalts als nichtig zu betrachten (MEIER/HAYOZ,
aaO N. 38 des systematischen Teils). Wegen Formmangels nichtig ist zudem
Art. 7 dieses Vertrags, wo dem Beklagten das Recht eingeräumt wird, sich
nach Einführung des Stockwerkeigentums im Grundbuch als Eigentümer der
Wohnung eintragen zu lassen. Eine solche Abrede hätte zu ihrer Gültigkeit
der öffentlichen Beurkundung bedurft (Art. 712d lit. d Abs. 3 ZGB).