Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 III 6



103 III 6

2. Auszug aus dem Entscheid vom 7. September 1977 i.S. B. Regeste

    Art. 92 Ziff. 5 SchKG. Unpfändbarkeit einer Sammlung von Silbermünzen,
die ausser Kurs gesetzt sind, aber bei der Schweizerischen Nationalbank
zum vollen Nennwert in gültige Noten und Münzen umgetauscht werden können.

Sachverhalt

    A.- Am 24. Januar 1977 pfändete das Betreibungsamt W. beim Schuldner
B. u.a. vorgefundene Barmittel im Betrage von Fr. 621.55. Auf Beschwerde
des Schuldners hin verfügte die obere kantonale Aufsichtsbehörde am
30. März 1977, der Pfändungsbeschlag über das gepfändete Bargeld von
Fr. 621.55 sei aufzuheben und B. in die volle Verfügungsmacht über
diesen Betrag wieder einzusetzen. Am 23. Mai 1977 erhob B. eine weitere
Beschwerde, in welcher er die Nichtzustellung der Pfändungsurkunde und die
Pfändung verschiedener Kompetenzstücke rügte. Die untere Aufsichtsbehörde
entschied am 8. Juni 1977, die in Ziffer 2 und 3 der Pfändungsurkunde
aufgeführten Barschaften seien soweit aus der Pfändung zu entlassen,
als es sich um gültige Zahlungsmittel handle. Dieser Entscheid wurde von
der obern kantonalen Aufsichtsbehörde am 6. Juli 1977 bestätigt.

    B. hat ihren Entscheid an das Bundesgericht weitergezogen. Die
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer heisst den Rekurs teilweise gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

    Den zum Teil unklaren Ausführungen in der Rekursschrift lässt sich nur
mit Mühe ein den Anforderungen von Art. 79 Abs. 1 OG genügender Antrag
entnehmen. Bei wohlwollender Betrachtungsweise lässt sich indessen
aus der Rekursschrift herauslesen, dass der Rekurrent die Entlassung
der am 24. Januar 1977 gepfändeten Silbermünzen aus der Pfändung im
"Mindestbetrag von Fr. 104.--" verlangt und diese ausser Kurs gesetzten
Münzen als Barmittel im Sinne von Art. 92 Ziff. 5 SchKG beansprucht. Nach
dieser Vorschrift sind die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei
auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel
oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen
unpfändbar.

    Den beiden kantonalen Aufsichtsbehörden ist insofern beizupflichten,
dass Silbermünzen, die ausser Kurs gesetzt und damit nicht mehr als
gültiges Zahlungsmittel verwendbar sind, grundsätzlich gepfändet werden
können. Doch stellt sich die Frage, ob dies auch dann gelten soll,
wenn der Schuldner mit den verfügbaren Barmitteln seinen Notbedarf
im Sinne von Art. 92 Ziff. 5 SchKG nicht zu decken vermöchte und
die gepfändeten Silbermünzen sich ohne grosse Schwierigkeiten in ein
gültiges Zahlungsmittel umwandeln lassen. Weder der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung noch der Lehre lässt sich eine direkte Antwort auf diese
Frage entnehmen. Indessen hat das Bundesgericht Art. 92 Ziff. 5 SchKG
bisher nicht einschränkend interpretiert, wie dies die beiden Vorinstanzen
in den angefochtenen Entscheiden getan haben, sondern es hat sich eher
für eine weitherzige Auslegung dieser Bestimmung ausgesprochen. So wird
in BGE 97 III 25 festgehalten, die Unpfändbarkeit eines Sparguthabens im
Sinne von Art. 92 Ziff. 5 SchKG komme in Frage, falls es für Anschaffung
der notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel flüssig gemacht oder doch
belehnt werden könne. Bereits in BGE 78 III 163 hat das Bundesgericht die
fragliche Bestimmung grosszügig ausgelegt, indem es die dem Schuldner und
seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen
Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen
Barmittel oder Forderungen als schlechthin unpfändbar bezeichnete,
gleichgültig, ob der Schuldner Arbeitsverdienst hat oder in nächster
Zeit haben wird. Eine andere Auslegung würde auch dem Sinn von Art. 92
Ziff. 5 SchKG widersprechen, wonach für den Schuldner und seine Familie
der notwendige Lebensunterhalt während der zwei der Pfändung folgenden
Monate auf jeden Fall sichergestellt sein soll. Dazu kommt im vorliegenden
Fall, dass gemäss einer Auskunft der Schweizerischen Nationalbank vom
1. September 1977 die beim Rekurrenten gepfändeten Silbermünzen gegenwärtig
immer noch zum vollen Nennwert bei dieser Bank in gültige Noten oder Münzen
umgetauscht werden können. Entgegen der Meinung des Betreibungsamtes macht
sich der Eigentümer ausser Kurs gesetzter Silbermünzen auch nicht strafbar,
wenn er damit Handel treibt und sie einem Sammler zu einem höheren Preis
als dem Nennwert verkauft. Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich,
die gepfändeten Silbermünzen insoweit zu den gemäss Art. 92 Ziff. 5 SchKG
unpfändbaren Barmitteln zu zählen, als sie zur Deckung des Notbedarfs des
Rekurrenten benötigt werden, und sie in diesem Umfang vom Pfändungsbeschlag
zu befreien.