Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 III 44



103 III 44

10. Auszug aus dem Entscheid vom 12. Juli 1977 i.S. Y. Regeste

    Art. 1 GebTSchKG

    Der Beizug eines Dritten für Verrichtungen, die dem Konkursamt
obliegen, darf nicht zu einer die Ansätze des Gebührentarifs übersteigenden
Belastung der Masse bzw. von Pfandgläubigern führen. Die Missachtung von
Art. 1 GebTSchKG hat nicht Nichtigkeit zur Folge.

Sachverhalt

    A.- Im Konkurs der X. AG beauftragte das Konkursamt, das an der
Gläubigerversammlung vom 1. Oktober 1975 zum freihändigen Verkauf von
18 Eigentumswohnungen ermächtigt worden war, mit fast einstimmiger
Billigung der Gläubiger ein Auktionshaus, die Wohnungen "auktionsmässig
zu verkaufen", nachdem es sich vergeblich selbst um eine Veräusserung
bemüht hatte. Wie den Gläubigern in einem Rundschreiben vom 21. November
1975 angezeigt worden war, wurde im "Auktionsvertrag" ein Honorar von
1,5% "des erzielten Umsatzes, mindestens aber des Anschlagspreises"
vereinbart. In der Folge wurden drei Wohnungen durch das Auktionshaus
und eine weitere Wohnung durch das Konkursamt selbst veräussert. An allen
vier Grundstücken stand Y. ein Pfandrecht zu.

    Mit Eingabe vom 9. Februar 1977 focht dieser die Abrechnung des
Konkursamtes über die Verwertung der vier Eigentumswohnungen bei der
kantonalen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs an. Er
verlangte unter anderem die Festsetzung eines dem Gebührentarif
zum Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (GebTSchKG) entsprechenden
Verkaufshonorars.

    In diesem Punkt wies die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde
mit Entscheid vom 9. Juni 1977 ab.

    Hiegegen hat Y. an das Bundesgericht rekurriert.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 1 GebTSchKG dürfen die für Zwangsvollstreckung,
Nachlass und Notstundung zuständigen Ämter, Behörden und übrigen Organe
für ihre Verrichtungen, die sie in Anwendung des Schuldbetreibungs- und
Konkursgesetzes oder anderer Erlasse des Bundes vornehmen, nur die in
diesem Tarif vorgesehenen Gebühren und Entschädigungen beziehen. Der
Grundsatz der Ausschliesslichkeit gilt auch dann, wenn eine der
genannten Behörden sich für gewisse Verrichtungen der Dienste eines
Dritten bedient, ausser es sei etwas anderes bestimmt. So dürfen bei der
Pfändung die Kosten der Schätzung durch (ausseramtliche) Sachverständige
als Auslagen belastet werden (Art. 22 Abs. 5 GebTSchKG) oder ist die
Nachlassbehörde befugt, das Entgelt des Sachwalters pauschal festzusetzen
(Art. 61 Abs. 1 GebTSchKG). Für jene Fälle ist jedoch der Beizug einer
Drittperson gesetzlich vorgesehen (vgl. Art. 97 Abs. 1 bzw. Art. 295 Abs. 1
SchKG), was für Verwertungshandlungen im Konkurs nicht zutrifft. Ob die
Übertragung der Veräusserung des gemeinschuldnerischen Grundvermögens
an ein privates Auktionshaus vor dem Bundesrecht standzuhalten vermöge,
braucht hier nicht geprüft zu werden. Auf jeden Fall darf sie nicht
zu einer die Ansätze des Gebührentarifs übersteigenden Belastung der
Masse bzw. von Grundpfandgläubigern führen. Allfällige Mehrkosten
sind vom auftraggebenden Amt bzw. von der Staatskasse zu tragen
(vgl. STRAESSLE/KRAUSKOPF, Erläuterungen zum GebTSchKG, S. 53 unten).

    Von der Absicht des Konkursamtes, ein von den Ansätzen für
den freihändigen Verkauf (Art. 34 GebTSchKG) abweichendes Honorar
zu vereinbaren, erhielten die Gläubiger durch das Rundschreiben vom
21. November 1975 Kenntnis, in welchem ihnen zugleich Frist zur Einsprache
gegen die Beauftragung des Auktionshauses angesetzt wurde. Der Rekurrent
macht geltend, er habe nur deshalb keinen Widerspruch erhoben, weil das
Konkursamt in Aussicht gestellt habe, die grundpfandgesicherten Forderungen
würden bei einer Veräusserung durch das Auktionshaus gedeckt. Die Erklärung
im Rundschreiben, auf die er hinweist, darf indessen nicht als feste
Zusicherung ausgelegt werden, sondern ist lediglich als Ausdruck einer
Hoffnung zu verstehen. War der Rekurrent mit dem Honorar, welches das
Konkursamt dem Auktionshaus einzuräumen gedachte, nicht vorbehaltlos
einverstanden, hätte er die im Rundschreiben enthaltene Verfügung des
Konkursamtes anfechten müssen, wozu jedoch die Frist bei Erhebung der
diesem Verfahren zugrunde liegenden Beschwerde längst abgelaufen war. Von
Amtes wegen einzugreifen, hat das Bundesgericht keinen Anlass, da es sich
beim umgangenen Art. 1 GebTSchKG nicht um eine Bestimmung handelt, die
im öffentlichen Interesse oder im Interesse eines unbestimmten Kreises
Dritter aufgestellt und daher zwingend ist (vgl. BGE 101 III 45 mit
Hinweisen). Die durch seine Missachtung allein betroffenen Gläubiger
wurden durch die Zustellung des Rundschreibens in die Lage versetzt,
rechtzeitig Beschwerde zu führen.