Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 IB 6



103 Ib 6

2. Urteil der I. Zivilabteilung vom 8. Februar 1977 i.S. Schweizerische
Energie-Stiftung gegen Eidg. Amt für das Handelsregister Regeste

    Name einer Stiftung. Eintragung in das Handelsregister.

    1. Über die Zulässigkeit des Namens einer Stiftung hat das Amt im
Verfahren nach Art. 115 HRegV zu befinden (E. 2 und E. 3).

    2. Auf den Namen von Stiftungen ist Art. 38 Abs. 1 HRegV, nicht aber
Art. 944 Abs. 1 OR anwendbar (E. 4).

    3. Der Name "Schweizerische Energie-Stiftung" ist nicht täuschend
(E. 5).

Sachverhalt

    A.- Rechtsanwalt X. sandte dem Handelsregisteramt des Kantons Zürich am
1. Oktober 1976 die Statuten der in Gründung begriffenen "Schweizerischen
Energie-Stiftung" zur Kenntnisnahme. Das Handelsregisteramt antwortete
ihm am 4. Oktober, die Verwendung "Schweizerische" im Namen der Stiftung
sei bewilligungspflichtig, und ersuchte ihn, ein Gesuch um Erteilung
der Bewilligung an das Eidgenössische Amt für das Handelsregister zu
richten. X. tat dies am 6. Oktober, wobei er jedoch die Auffassung
vertrat, Art. 45 HRegV sei auf nationale Bezeichnungen im Namen von
Stiftungen nicht anwendbar. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister
pflichtete ihm am 29. Oktober 1976 in diesem Punkte bei, bemerkte jedoch,
die Zulässigkeit der nationalen Bezeichnung einer Stiftung sei unter dem
Gesichtspunkt von Art. 944 Abs. 1 OR zu prüfen und es wünsche dies schon
vor der Anmeldung zur Eintragung zu tun, weil die Eintragung verzögert
würde, wenn die Prüfung - gemäss Art. 115 HRegV - erst nachträglich
stattfände. Den Namen "Schweizerische Energie-Stiftung" erachtete es als
täuschend, weil der Durchschnittsleser dahinter eine Organisation vermute,
die gesamtschweizerisch eine offizielle oder offiziöse Tätigkeit entfalte
oder sonst eine überragende Stellung innehabe. Der gleichen Auffassung
sei das Eidgenössische Amt für Energiewirtschaft. Im weiteren sei seitens
der Träger der schweizerischen Energiewirtschaft die Errichtung einer
Stiftung geplant, bei der auch der Bund im Stiftungsrat vertreten sein
solle. Diese Stiftung könnte eher als "Stiftung der Schweizerischen
Energiewirtschaft" oder als "Energiestiftung" bezeichnet werden. Da
der Name der "Schweizerischen Energie-Stiftung" täuschend sei, könne
er gemäss Art. 944 Abs. 1 OR und Art. 38 Abs. 1 HRegV nicht zugelassen
werden. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister bezeichnete seine
Stellungnahme als Verfügung, gegen die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
erhoben werden könne.

    Die Schweizerische Energie-Stiftung, die sich zur Eintragung
in das Handelsregister angemeldet hat, führt gegen die Verfügung des
Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister Verwaltungsgerichtsbeschwerde
mit dem Antrag, dieses Amt sei zu verpflichten, die Eintragung unter dem
Namen "Schweizerische Energie-Stiftung" zuzulassen, sie zu genehmigen und
sie zu veröffentlichen. Das Eidgenössische Amt für das Handelsregister
beantragt die Abweisung der Beschwerde. Der Beschwerde wurde in dem
Sinne aufschiebende Wirkung erteilt, dass das Handelsregisteramt des
Kantons Zürich angewiesen wurde, die Eintragung der Beschwerdeführerin
unter dem Namen "Schweizerische Energie-Stiftung" nicht wegen angeblicher
Unzulässigkeit dieses Namens zu verweigern.

Auszug aus den Erwägungen:

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Stiftungen erlangen das Recht der Persönlichkeit durch
die Eintragung in das Handelsregister (Art. 52 Abs. 1 ZGB). Auf die
Beschwerdeführerin trifft keiner der Ausnahmefälle des Art. 52 Abs. 2 ZGB
zu. Ob sie inzwischen in das Handelsregister eingetragen worden ist, kann
indessen dahingestellt bleiben, ist doch einer Stiftung die Rechtsfähigkeit
und damit die Partei- und Prozessfähigkeit schon vor ihrer Eintragung
unter der Bedingung zuzuerkennen, dass sie tatsächlich eingetragen werde
(BGE 99 II 265). Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn es darum geht,
die Eintragung der Stiftung in das Handelsregister zu erwirken. Die
Beschwerdeführerin ist daher ohne weiteres zur Beschwerdeführung befugt,
da das Amt ihre Eintragung in das Handelsregister abgelehnt hat mit der
Begründung, der von ihr gewählte Name sei unzulässig.

Erwägung 2

    2.- Gemäss seinem Wortlaut findet Art. 45 HRegV nur auf Einzelfirmen,
Handelsgesellschaften und Genossenschaften Anwendung. Die Namen von
Stiftungen dürfen deshalb nationale Bezeichnungen enthalten und unterliegen
auch keinem Bewilligungsverfahren im Sinne einer Vorprüfung nach den
Art. 45 und 46 HRegV. Die Beschwerdeführerin hatte daher Anspruch darauf,
dass der von ihr gewählte Name eingetragen werde, sofern die Anmeldung
an sich in Ordnung war. Falls das Amt die Bezeichnung "Schweizerische"
als unzulässig erachtete, hätte es diese im Verfahren nach Art. 115 HRegV
nicht genehmigen sollen.

Erwägung 3

    3.- Stiftungen können ihren Namen grundsätzlich frei wählen (F. VON
STEIGER, Schweizerisches Firmenrecht, Zürich 1938, S. 45). Es steht dem
Amt nicht zu, ihn mit Rücksicht auf irgendwelche bestehende oder künftige
Umstände nicht zu genehmigen. Gemäss Art. 115 HRegV hat das Amt nur zu
prüfen, ob die erfolgte Eintragung den Vorschriften entspricht, bevor es
die Publikation anordnet. Der Umstand, dass die Errichtung einer andern
Stiftung geplant ist, die sich ebenfalls mit Energiefragen befassen
will und bei welcher der Bund im Stiftungsrat vertreten sein soll, ist
unerheblich. Für Stiftungen - gleich wie für Vereine (BGE 83 II 259) -
gilt der Grundsatz der Priorität, welcher denjenigen, der einen Namen als
erster verwendet, davor schützt, dass andere sich einen Namen zulegen,
der ihn in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt.

Erwägung 4

    4.- Stiftungen sind keine Geschäftsunternehmungen im Sinne des
31. Titels des OR und führen auch keine Firma, sondern einen Namen. Art.
944 Abs. 1 OR, welcher sich auf Geschäftsfirmen bezieht, ist deshalb
auf den Namen von Stiftungen nicht anwendbar (BGE 102 II 165). So wurde
in ständiger Rechtsprechung auch bezüglich des Namens von Vereinen
entschieden und zwar unbekümmert darum, ob diese verpflichtet sind,
sich ins Handelsregister eintragen zu lassen (BGE 99 Ib 37, 83 II 255,
80 II 284, 34 II 121; in BGE 99 Ib 38 wird zu Unrecht auf Art. 944
OR Bezug genommen; vgl. auch HIS, Berner Kommentar, N. 31 und 32 zu
Art. 944 OR sowie N. 3 zu Art. 956 OR). Selbst eine analoge Anwendung
des Firmenrechts wurde abgelehnt (BGE 83 II 255). Die Frage, ob Art. 944
Abs. 1 OR anwendbar ist, hat aber im vorliegenden Falle keine praktische
Bedeutung, da die in Ausführung von Art. 929 und 936 OR erlassene HRegV
in Art. 38 Abs. 1 bestimmt, dass alle Eintragungen in das Handelsregister
wahr sein müssen und weder zu Täuschungen Anlass geben noch öffentlichem
Interesse widersprechen dürfen. Mehr schreibt auch Art. 944 Abs. 1 OR
nicht vor.

Erwägung 5

    5.- a) Das Amt ist der Auffassung, dass der durchschnittlich
aufmerksame Betrachter hinter der Bezeichnung "Schweizerische
Energie-Stiftung" eine Organisation vermute, die gesamtschweizerisch
eine offizielle oder offiziöse Tätigkeit entfalte oder sonst eine
überragende Stellung innehabe. Angesichts der zahlreichen Stiftungen
und eintragungspflichtigen Vereine, welche sich als "schweizerisch"
bezeichnen, kann den Ausführungen des Amtes nicht beigepflichtet
werden. Die Bezeichnung "schweizerisch" hat nicht die Bedeutung von
"offiziell", "amtlich" oder "offiziös". In der Regel wird sie nicht mit
dem Staat und seinen Organen in Verbindung gebracht. Zu Recht weist
die Beschwerdeführerin auf das Gutachten des Eidgenössischen Justiz-
und Polizeidepartementes vom 13. Januar 1927 hin (VEB 1927 Nr. 25),
in welchem ausgeführt wird, dass das Eigenschaftswort "schweizerisch"
im Gegensatz zu "eidgenössisch" nicht eine einzige, scharf abgegrenzte
Bedeutung habe. Da mit diesem Wort die verschiedensten Beziehungen zum
Gebiet, Volk oder Staatswesen der Schweiz ausgedrückt werden könnten, weise
die Bezeichnung nicht notwendig auf einen amtlichen Charakter oder auch
nur auf irgendwelche Beziehungen zu den Behörden hin. Auch rein private
Institutionen könnten sich deshalb als "schweizerisch" bezeichnen. Diese
Darlegungen sind auch heute noch gültig. Im vorliegenden Fall weist zudem
auch der Namensbestandteil "Stiftung" auf eine private Organisation hin,
gibt es doch eine einzige öffentliche Stiftung des Bundes, nämlich die
"Pro Helvetia" (VPB 1975 Nr. 1 S. 3).

    b) Die Vorinstanz hat eine Stellungnahme des Eidgenössischen
Amtes für Energiewirtschaft eingeholt, das der Meinung ist, der von
der Beschwerdeführerin vorgesehene Name weise einen unzulässigen
Monopolcharakter auf; dieser Auffassung scheint sich die Vorinstanz
anzuschliessen. Die Stellungnahme des Eidgenössischen Amtes für
Energiewirtschaft ist indessen belanglos. Über die Zulässigkeit der
Eintragung hat im Falle einer Stiftung allein das Eidgenössische Amt
für das Handelsregister zu wachen, und zwar im Verfahren nach Art. 115
HRegV. Davon, dass der Name der Beschwerdeführerin einen Monopolcharakter
habe, kann nicht die Rede sein. Es bestehen zahlreiche Stiftungen und
Körperschaften des privaten Rechts, die sich "schweizerisch" nennen
und darüber hinaus Sachbezeichnungen im Namen oder in der Firma führen,
ohne dass auf ein Monopol geschlossen wird. Weshalb dies ausgerechnet bei
einer Stiftung der Fall sein soll, die sich mit Fragen der Energie und der
Energieträger, wie Brennstoffe, Wasserkraft, Atomenergie, Erdwärme usw.
befasst, ist nicht zu ersehen. Der Umstand, dass gegenwärtig gerade
Energiefragen sehr aktuell sind, darf nicht zur Anwendung neuer Massstäbe
führen. Auch der Einwand des Amtes, die Beschwerdeführerin erwecke mit
ihrem Namen den Eindruck, sie sei der Dachverband der schweizerischen
Energiewirtschaft, hält nicht Stich, bezeichnet sich doch jene ausdrücklich
als Stiftung. Sie gibt damit klar zu erkennen, dass lediglich ein Vermögen
für einen besonderen Zweck gewidmet worden ist (Art. 80 ZGB). Bei dieser
Sachlage kann auch nicht behauptet werden, der täuschende Eindruck werde
dadurch verstärkt, dass der nationalen Bezeichnung "nur eine sehr allgemein
gehaltene Sachbezeichnung und die Rechtsform beigefügt sind". Der Name
der Beschwerdeführerin erweist sich somit nicht als täuschend.

    c) Dass der von der Beschwerdeführerin vorgesehene Name nicht wahr
sei oder öffentlichen Interessen widerspräche, hat das Amt nicht behauptet
und ist auch nicht ersichtlich. Es sind deshalb die Voraussetzungen nicht
gegeben, die erlauben würden, der Beschwerdeführerin die Eintragung ihres
Namens in das Handelsregister zu verweigern. Dies führt zur Gutheissung
der Beschwerde.

Entscheid:

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen, die Verfügung des Eidgenössischen
Amtes für das Handelsregister vom 29. Oktober 1976 aufgehoben und das Amt
angewiesen, die erfolgte oder noch erfolgende Eintragung zu genehmigen
und die Publikation anzuordnen.