Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 IB 232



103 Ib 232

37. Urteil vom 1. Juli 1977 i.S. Gourmesa Gourmet Menu S.A. gegen Eidg.
Departement des Innern Regeste

    Verkehr mit Lebensmitteln.

    Verbot, ein zu 99,8% aus Saccharose und zu 0,2% aus Saccharin
bestehendes Erzeugnis in Verkehr zu setzen.

    Zuständigkeit des Eidg. Gesundheitsamtes (E. 2). Ist ihre nachträgliche
Bestreitung missbräuchlich? Frage offengelassen (E. 1).

    Das Produkt darf weder als diätetisches Lebensmittel noch
als Zucker in Verkehr gebracht werden (E. 3 und 4). Gefahr einer
Irreführung der Konsumenten (E. 5). Grundsatz der Verhältnismässigkeit
(E. 7). Rechtsungleiche Behandlung? (E. 8). Verweigerung des rechtlichen
Gehörs? (E. 9).

Sachverhalt

    A.- Mit Eingabe vom 5. Juni 1975 ersuchte die Gourmesa Gourmet Menu
S.A. das Eidg. Gesundheitsamt (EGA) um die Bestätigung, dass sie das
in Deutschland hergestellte Produkt "Süssli" in der Schweiz vertreiben
dürfe. Sie führte aus, das Erzeugnis bestehe zu 99,8% aus Saccharose
(Zucker) und zu 0,2% aus Saccharin. Bei seiner Herstellung werde
durch ein Instantverfahren das Volumen des Zuckers auf das Doppelte
vergrössert. Anschliessend werde Süssstoff (Saccharin) zugesetzt, bis
die Süsswirkung des Produktes wieder der Süsswirkung des entsprechenden
Volumens reinen Zuckers entspreche. Es handle sich um ein diätetisches
Lebensmittel im Sinne von Art. 180 Abs. 3 lit. b LMV.

    Auf der in Deutschland verwendeten Packung ist der Marke "Süssli"
die Sachbezeichnung "Spezialzucker mit 0,2% Süssstoff" beigefügt. Ein
weiterer Schriftbalken besagt: "50% weniger Kalorien bei gleicher
Süsskraft wie Normalzucker (1 Löffel Süssli süsst wie 1 Löffel
Normal-Zucker)". Auf einer Seitenwand der Packung steht: "Süssli süsst
mit halb soviel Kalorien wie Normal-Zucker. Deshalb: Süssli für gesundes
Schlanksein. Süssli vermindert die Zufuhr von Kohlenhydraten durch den
Gehalt von kalorienfreiem Süssstoff."

    Das EGA lehnte das Gesuch am 11. Juni 1975 ab mit der Begründung:
In der Lebensmittelgesetzgebung gelte das Reinhalteprinzip. Saccharose
sei in Art. 232 LMV beschrieben. Dort sei der Zusatz eines künstlichen
Süssstoffes nicht erwähnt; er sei daher unzulässig (Art. 9 LMV). Anders
wäre auch dann nicht zu entscheiden, wenn das Produkt in die diätetischen
Lebensmittel einzureihen wäre.

    Auf Beschwerde der Gourmesa hin nahm das EGA die Verfügung vom 11. Juni
1975 zurück. Im Einverständnis mit der Beschwerdeführerin unterbreitete
es der wissenschaftlichen Subkommission der Eidg. Ernährungskommission
(EEK) die Frage, ob "Süssli" als diätetisches Lebensmittel betrachtet
werden könne. Die Subkommission verneinte dies.

    Daraufhin lehnte das EGA am 30. Juni 1976 das Gesuch der Gourmesa
erneut ab. Die Beschwerde der Gesuchstellerin gegen diese Verfügung
wurde vom Eidg. Departement des Innern abgewiesen. Die Gourmesa ficht
den Entscheid des Departements mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerdeführerin hat sich selber, mit ihrem Gesuch vom
5. Juni 1975, an das EGA gewandt und von ihm für den Fall der Ablehnung
des Begehrens eine beschwerdefähige Verfügung verlangt. Sie hat sich auf
das Verfahren vor dem EGA eingelassen und der von diesem angeordneten
Beweismassnahme nicht nur zugestimmt, sondern auch beigewohnt. Sie
hat erst im Beschwerdeverfahren, in dem sie den späteren Entscheid des
EGA angefochten hat, dessen Zuständigkeit zum Erlass einer ablehnenden
Verfügung bestritten. Man kann sich fragen, ob ihr nachträglicher Einwand
nicht als rechtsmissbräuchlich zu verwerfen sei (vgl. IMBODEN/RHINOW,
Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., S. 478 f.). Allerdings
ist nach Art. 7 Abs. 2 VwVG die Begründung einer Zuständigkeit durch
Einverständnis zwischen Behörde und Partei zwingend ausgeschlossen. Die
Beschwerdeführerin hat indessen nicht nur selber das EGA angerufen und
damit ihr Einverständnis mit dessen Zuständigkeit zu erkennen gegeben,
sondern auch sich vorbehaltlos auf das Verfahren vor ihm eingelassen und
darin mitgewirkt. Ob ein Missbrauch vorliege, kann jedoch offenbleiben,
wenn die sachliche Zuständigkeit des EGA zu bejahen ist.

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 56 Abs. 1 LMG liegt die Ausführung dieses Gesetzes und
der bundesrätlichen Erlasse, mit Ausnahme der Grenzkontrolle, den Kantonen
ob. Die Anwendung der Lebensmittelgesetzgebung ist demnach in der Regel
primär Sache der kantonalen Instanzen. Die Lebensmittelverordnung weist dem
EGA nur in einigen Fällen Verfügungskompetenzen zu (BGE 97 I 855). Gerade
für diätetische Lebensmittel bestimmt sie aber, dass Anpreisungen, welche
deren besondere Zweckbestimmung und Wirkung hervorheben, der Bewilligung
durch das EGA bedürfen (Art. 19 Abs. 3, Art. 182 Abs. 3). Solche
Anpreisungen stehen auf der von der Beschwerdeführerin vorgelegten
Packung, die in Deutschland verwendet wird. Die Beschwerdeführerin
möchte die Frage, welche Hinweise oder Anpreisungen sie anbringen dürfe,
von derjenigen trennen, ob es sich um ein zulässiges Diäterzeugnis
handle, diese Frage also als Grundsatzfrage vorwegnehmen. Eine solche
Aufspaltung ist aber praktisch kaum durchführbar. Da es zahlreiche Arten
von Diätprodukten für die verschiedensten Ernährungsbedürfnisse gibt,
erscheint eine Spezifikation in jedem Einzelfall unerlässlich und können
die beiden Fragen regelmässig nicht unabhängig voneinander beurteilt
werden. Aber selbst dann, wenn man davon ausginge, dass die Vorfrage,
ob das Produkt als diätetisches Lebensmittel anzuerkennen und zuzulassen
sei, abgetrennt werden könnte, wäre das EGA als zuständig zu erachten,
sie zu beurteilen, weil zwischen ihr und der Frage, welche Hinweise oder
Anpreisungen zulässig seien, ein enger Zusammenhang besteht (vgl. BGE 91 I
56). Der Einwand der Beschwerdeführerin, der Entscheid des EDI sei schon
deswegen zu beanstanden, weil das EGA seine Zuständigkeit überschritten
habe, ist mithin unbegründet.

Erwägung 3

    3.- Es fragt sich vorab, ob Zucker, Spezialzucker oder künstliche
Süssstoffe überhaupt unter die diätetischen Lebensmittel fallen.
Unter solchen Lebensmitteln versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch
Nahrungsmittel und Getränke, nicht einzelne ihrer Bestandteile. Diese
Auffassung liegt auch der Regelung in der Lebensmittelverordnung
zugrunde. Darauf deutet zunächst einmal die allgemeine Umschreibung des
Geltungsbereiches der Verordnung hin: Art. 2 Ziff. 2 lit. a LMV zählt unter
dem Titel "Spezialnahrungsmittel" als Beispiele "diätetischer Nährmittel"
vorab zubereitete oder auf einfache Weise zubereitbare Erzeugnisse auf
(Kindernährmehle, Kraftnahrungsmittel, Malzextrakt, Spezialbrote),
nur in letzter Linie Trockenhefe und Hefeextrakte, die als Zusätze oder
zur Ergänzung der Nahrung bestimmt sind. Die eigentliche Umschreibung
des Begriffs der diätetischen Lebensmittel ist indessen im Abschnitt 17
der Lebensmittelverordnung enthalten. Art. 180 Abs. 1 LMV bestimmt im
ersten Satz:

    "Unter 'diätetischen Lebensmitteln' versteht man Lebensmittel, die dazu
   bestimmt sind, aufgrund ihrer Zusammensetzung den besonderen

    Ernährungsbedürfnissen eines Menschen zu entsprechen, der eine von der
   herkömmlichen Art etwas abweichende Kost benötigt oder bei dem durch
   eine gerichtete Ernährung eine besondere Wirkung erzielt werden soll."
Die Ausdrücke "abweichende Kost" und "gerichtete Ernährung" lassen
darauf schliessen, dass man unter diätetischen Lebensmitteln in erster
Linie, wenn nicht ausschliesslich, gebrauchsfertige Nahrungsmittel oder
Getränke zu verstehen hat. Als gebrauchsfertig hätten sie auch dann
noch zu gelten, wenn sie beispielsweise unter Beifügung von Wasser oder
Milch (Kindernährmittel) zuvor zu kochen oder aufzuwärmen wären. Eine
weitere Bestätigung findet sich in Art. 180 Abs. 3 LMV, wonach unter die
diätetischen Lebensmittel insbesondere Säuglings- und Kindernährmittel,
Lebensmittel für besondere Kostformen (z.B. Kost für Diabetiker, für alte
Leute, für natriumarme oder kalorienarme Ernährung), Kraftnährmittel und
diätetische Frühstücksgetränke fallen. Den gleichen Schluss legt ferner
die Bestimmung im Abschnitt über die diätetischen Lebensmittel nahe,
die verlangt, dass "die Art der verwendeten Bestandteile" auf Packungen
und in Prospekten übersichtlich, in einer bei der Bewilligung des Textes
zu bestimmenden Reihenfolge anzugeben ist (Art. 181 Abs. 1 LMV).

    Eine Ernährung aus blossem Zucker, Spezialzucker oder in Form von
Süssstoffen wird man vernünftigerweise von vornherein nicht in Betracht
ziehen und jedenfalls nicht als Diätkost verstehen. Eine Auslegung, die
völlig an den Lebensgewohnheiten vorbeiginge, kann nicht zutreffen. Ein
Spezialzucker mit geringfügigem Saccharinzusatz kann demnach für
sich allein nicht als diätetisches Nahrungsmittel gelten, ob nun der
Kaloriengehalt auf das Gewicht oder auf das Volumen bezogen wird.

    Diese Auslegung wird durch Art. 180 Abs. 1 Satz 2 LMV gestützt,
wonach die diätetischen Lebensmittel sich von anderen Lebensmitteln
vergleichbarer Art durch ihre Zusammensetzung oder ihre Eigenschaften
wesentlich unterscheiden müssen. Dieser Bestimmung wird jedenfalls
der Spezialzucker, den die Beschwerdeführerin vertreiben möchte, nicht
gerecht. Er besteht nach ihren eigenen Angaben zu 99,8% aus Saccharose,
also aus Zucker. Der gewöhnliche Zucker muss nach Art. 232 LMV ebenfalls
mindestens 98% Saccharose enthalten. Der Spezialzucker "Süssli"
unterscheidet sich also von ihm in der Zusammensetzung hinsichtlich des
wichtigsten Bestandteils nicht wesentlich.

    Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass das Gemisch "Süssli" nicht
als diätetisches Lebensmittel in Verkehr gebracht werden darf.

Erwägung 4

    4.- Der Inverkehrsetzung dieses Produktes stehen aber noch andere
Gründe entgegen. Jedes Lebensmittel muss eine Sachbezeichnung tragen
(Art. 13 LMV), die selbstverständlich nicht täuschend sein darf. Für
ein Erzeugnis mit 99,8% Saccharose müsste die Sachbezeichnung den
Ausdruck Zucker enthalten. "Süssli" wird denn auch auf der in Deutschland
verwendeten Packung als "Spezialzucker" bezeichnet. Die Inverkehrsetzung
des Produktes als Zucker ist indessen nach der Lebensmittelverordnung
gerade ausgeschlossen. Es enthält noch 0,2% Saccharin. Dieser Zusatz
bedeutet eine fremde Beimischung im Sinne des Art. 9 LMV, da Saccharin
nicht schon natürlicherweise im Zucker oder in den Zuckerrohstoffen
enthalten ist. Nach Art. 9 Abs. 1 LMV dürfen fremde Beimischungen zur
Herstellung oder Behandlung von Lebensmitteln nicht verwendet werden,
sofern diese Verordnung es nicht ausdrücklich erlaubt. In den besonderen
Bestimmungen über den Zucker (Art. 232 ff. LMV) findet sich jedoch keine
Vorschrift, welche ausdrücklich gestatten würde, dass dem Zucker ein
künstlicher Süssstoff wie Saccharin beigemischt wird.

    In dieser Beziehung gilt also das in Art. 9 LMV ausgesprochene
Reinhalteprinzip. Es bedeutet, dass die Lebensmittel in der Regel
ohne Veränderung ihrer natürlichen Beschaffenheit in Verkehr gebracht
werden sollen, damit der Konsument gegen Täuschung über die Echtheit und
Reinheit der gekauften Ware geschützt wird (vgl. BURCKHARDT, Komm. der BV,
3. Aufl. S. 620 f.; BGE 94 IV 109 ff.).

Erwägung 5

    5.- Die Beschwerdeführerin macht geltend, keiner der Zwecke der
Lebensmittelgesetzgebung - Schutz der Gesundheit, Verhütung von Täuschung -
stehe der Zulassung des Produktes "Süssli" entgegen.

    Wesentlich ist, ob ein Lebensmittel mit den Vorschriften der
Lebensmittelverordnung nach richtiger Auslegung im Einklang steht oder
nicht und dass diese Vorschriften selbst geeignet sind, dem Gesetzeszweck
zu dienen (BGE 99 Ib 380, 389 E. 3, 98 IV 135). Eine Gefährdung des
geschützten Gutes muss nicht in jedem Einzelfall dargetan sein (BGE 100
Ib 98 f.; ANDREAS JOST, Die neueste Entwicklung des Polizeibegriffs im
schweizerischen Recht, Diss. Bern 1975, S. 81).

    Übrigens lässt sich im vorliegenden Fall eine Gefährdung nicht mit
Grund bestreiten. Im Verkehr mit diätetischen Lebensmitteln bedürfen
die Konsumenten des Schutzes gegen Täuschung in besonderem Mass (BGE 98
IV 136). Wohl enthält ein bestimmtes Volumen des Produktes "Süssli" 50%
weniger Kalorien als das gleiche Volumen reinen Zuckers; bezogen auf die
Gewichtsbemessung, die bei der Zubereitung von Speisen üblich ist, macht
aber die Kalorienverminderung bloss 0,2% aus. Die Gefahr einer Irreführung
des Konsumenten liegt deshalb auf der Hand. Dort, wo der Zucker als Zusatz
zu Speisen und Getränken dient, wäre die Verwendung des Gemisches "Süssli"
geeignet, den Konsumenten zu der irrigen Vorstellung zu verleiten, dass
er sich allein schon deswegen kalorienarm ernähre. Diese Einschätzung
wäre nicht einmal begründet, wenn die Süssung nach Volumen erfolgt, und
schon gar nicht, wenn für die Zubereitung der Speisen - wie üblich in
den Rezepten - das Gewicht massgebend ist. Die Gefahr einer Irreführung
der Konsumenten bestände erst recht dann, wenn das Produkt nicht als
Zusatz zu Speisen oder Getränken, sondern als Nahrungsmittel für sich
verwendet würde.

Erwägung 6

    6.- Der Vorhalt der Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit
hat hier keine selbständige Bedeutung. Es wird behauptet, die
Ablehnungsverfügung ermangle der gesetzlichen Grundlage; es fehle an
einer klaren und unzweideutigen Grundlage in der LMV. Damit wird geltend
gemacht, dass die Nichtzulassung des Spezialzuckers nicht durch die
Vorschriften der Verordnung gedeckt sei, also auf unrichtiger Anwendung
dieser Vorschriften beruhe. Das trifft nach den vorstehenden Ausführungen
nicht zu. Die Anforderung der klaren und unzweideutigen Grundlage, auf
die sich die Beschwerdeführerin bezieht, betrifft die Frage, in welchem
Umfang das Bundesgericht auf staatsrechtliche Beschwerde hin kantonale
Eingriffe in die Freiheitsrechte zu überprüfen hat (vgl. z.B. BGE 101 Ia
219). Sie spielt bei der Beurteilung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde
gegen eine bundesrechtliche Gewerbebeschränkung keine Rolle. Es war nur zu
prüfen, ob die Beschränkung bei richtiger Auslegung durch die in Betracht
fallenden Bestimmungen der Lebensmittelverordnung gedeckt ist.

    Wenn mit der in diesem Punkt unklaren Beschwerde überdies gerügt sein
sollte, dass die massgebenden Bestimmungen der Lebensmittelverordnung
selbst nicht gesetzmässig seien oder der Handels- und Gewerbefreiheit
widersprächen, so fehlt es an Ausführungen, die eine Prüfung nach dieser
Richtung angezeigt erscheinen lassen könnten. Es besteht kein Anlass,
von Amtes wegen eine solche Prüfung vorzunehmen.

Erwägung 7

    7.- Die Beschwerdeführerin macht auch geltend, der Grundsatz der
Verhältnismässigkeit sei verletzt, weil mit erläuternden Hinweisen jede
Gefahr einer Täuschung oder Verwirrung vermieden werden könnte. Sie
setzt sich damit vorab mit ihrem eigenen Standpunkt in Widerspruch,
wonach im vorliegenden Verfahren nur zu prüfen sei, ob man es mit einem
diätetischen Lebensmittel zu tun habe, nicht auch, ob der Begleittext
zu bewilligen sei. Im übrigen verhält es sich hier ähnlich wie mit
der Gefahrenverwirklichung (E. 5 hiervor): Massgebend ist, ob die
Vorschriften selbst verhältnismässig sind. Die mit dem verbindlichen Sinn
übereinstimmende Auslegung und Rechtsanwendung darf nicht im Einzelfall
unter Berufung auf das Prinzip der Verhältnismässigkeit unterbleiben (JOST
aaO S. 91). Die Lebensmittelgesetzgebung hat vielfach zu entscheiden, ob
man es mit einer Deklaration statt einem Verbot bewenden lassen könnte
(gerade z.B. hinsichtlich der Beimischung). Die strengere Auffassung
muss sich oftmals deswegen durchsetzen, weil erfahrungsgemäss der
Durchschnittskonsument bei der üblichen Sorgfalt Hinweise übersehen
oder fehldeuten kann. Das kann sich besonders bei der Präsentation eines
Produktes ereignen, das in bezug auf die Kalorienbelastung je nachdem,
ob man von der üblichen Gewichtsbemessung oder von der aussergewöhnlichen
Volumenbemessung ausgeht, ganz verschieden eingeschätzt werden kann.

Erwägung 8

    8.- Der Vorwurf der Verletzung der Rechtsgleichheit hält nicht
Stich. Er wäre nur begründet, wenn in Ansehung einer bestimmten Vorschrift
Sachverhalte, die sich im wesentlichen gleichen, unterschiedlich behandelt
würden oder die in der Verordnung getroffene Regelung selbst mit dem
Grundsatz der Rechtsgleichheit in Widerspruch stände. Anscheinend wird
nur das erste geltend gemacht, jedoch ohne triftigen Grund.

    Das Erzeugnis "Sionon", auf dessen Zulassung die Beschwerdeführerin
hinweist, ist zu 99,89% aus dem Zuckerersatz Sorbit (vgl. Art. 183 Abs. 3
LMV in der Fassung vom 11. Februar 1970) und zu 0,11% aus Saccharin
zusammengesetzt. Dies wird im angefochtenen Entscheid festgestellt und ist
nicht bestritten. Das Erzeugnis ist mithin nicht aus Zucker und künstlichem
Süssstoff zusammengesetzt und wird ebensowenig als kalorienarmer Zucker,
sondern als für Diabetiker bestimmter Zuckeraustauschstoff im Verkehr
gebracht. Der Sorbit ist in der Lebensmittelverordnung nicht definiert. Er
ist den künstlichen Süssstoffen gleichgestellt (Art. 183 Abs. 3 LMV),
deren Mischung gestattet ist (Art. 238 Abs. 3 LMV). Das Reinhalteprinzip
steht somit der Zulassung des Produktes "Sionon" nicht entgegen. Aus diesen
Gründen kann von einer unterschiedlichen Behandlung zweier im wesentlichen
gleicher Sachverhalte keine Rede sein, so dass die Gleichbehandlung
nicht begehrt werden kann. Daher braucht nicht geprüft zu werden, ob
die Voraussetzungen eines Anspruches auf "unrechtsgleiche" Behandlung im
Sinne der Rechtsprechung (BGE 99 Ib 384) gegeben wären. Übrigens trifft
die Darstellung der Beschwerdeführerin, dass auf der Packung für "Sionon"
eine Kalorienreduktion in bezug auf das Volumen angegeben sei, nicht zu;
vielmehr wird dort gesagt: 100 g = 400 Kalorien.

Erwägung 9

    9.- Unbegründet ist auch der Vorhalt der Verweigerung des rechtlichen
Gehörs. Der Beizug der wissenschaftlichen Subkommission der EEK ist üblich
und für Sachfragen angezeigt (vgl. BGE 100 Ib 300), ganz abgesehen davon,
dass die Beschwerdeführerin ihm förmlich zugestimmt und den Verhandlungen
der Subkommission mit zwei Vertretern beigewohnt hat. Es kann deshalb
nicht grundsätzlich beanstandet werden, dass die Vorinstanz auf den Befund
dieser Kommission abgestellt hat, wenn sie eine solche Begutachtung als
notwendig erachtete. Das ist im Regelfalle der Sinn der Befragung von
Sachverständigen. Darin kann jedenfalls keine Verweigerung des rechtlichen
Gehörs erblickt werden. Es ist eine materiell-rechtliche Frage und keine
Frage des rechtlichen Gehörs, ob der Sachverständigenbefund von der
urteilenden Instanz ganz oder teilweise übernommen und der Entscheidung
zugrunde gelegt werden kann. Die Beschwerdeführerin hat sich im übrigen
gegenüber der Vorinstanz zu der Auffassung der wissenschaftlichen
Subkommission der EEK äussern können. Sie hat damals keine neue Expertise
beantragt.

    Der Einwand ist vor allem aber auch deswegen zu verwerfen, weil aus
den vorstehenden Erwägungen hervorgeht, dass die Beschwerdesache ohne
Rückgriff auf die Meinung der Sachverständigen aufgrund der anerkannten
Zusammensetzung des Produktes "Süssli" und der Auslegung der massgebenden
Vorschriften beurteilt werden kann.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.