Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 IB 1



103 Ib 1

1. Auszug aus dem Urteil vom 4. Februar 1977 i.S. X. gegen Schweizerische
Eidgenossenschaft Regeste

    Art. 13 und Art. 42 der EVK-Statuten; Übertritt von der Einlegerkasse
zur Versicherungskasse; Berechnung der Einkaufssumme.

    Die Einkaufssumme ist aufgrund des beim Eintritt in die Einlegerkasse
versicherbaren Jahresverdienstes und nicht aufgrund des beim Übertritt
in die Versicherung versicherbaren Gehalts zu berechnen.

Sachverhalt

    A.- Der am 23. August 1924 geborene Fürsprech X. trat am 11.
Oktober 1971 als nichtständiger Angestellter in den Bundesdienst
ein. Auf den 1. Februar 1972 wurde er gemäss Art. 38 der Statuten der
Eidgenössischen Versicherungskasse vom 29. September 1950 (SR 172.222.1;
EVK) in die Einlegerkasse aufgenommen. Im Dezember 1974 wählte ihn
das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) mit Amtsantritt auf
den 1. Januar 1975 zum wissenschaftlichen Adjunkten des Bundesamtes
für Zivilschutz mit einer jährlichen Grundbesoldung im Rahmen der
3. Besoldungsklasse von Fr. 44'960.--. Gestützt auf Art. 12 EVK wurde er
ohne Vorbehalt als Mitglied der Versicherungskasse aufgenommen, wofür er
gemäss Art. 13 EVK eine Einkaufssumme zu entrichten hatte. Der Übertritt
von der Einlegerkasse zur Versicherungskasse erfolgte auf den 1. Januar
1975. Der Beginn der Versicherungszeit wurde auf den 1. September 1954
(vollendetes 30. Altersjahr) festgelegt, derjenige der Beitragszeit
auf den Zeitpunkt seines Eintritts in die Einlegerkasse (1. Februar
1972). Die einzukaufenden Jahre wurden vom vollendeten 30. Altersjahr
bis zum Eintritt in die Einlegerkasse gezählt, was 17 5/12 einzukaufende
Jahre ergab. Nach der in Art. 13 Abs. 2 EVK vorgesehenen Berechnung betrug
hierfür die Einkaufssumme 149% des versicherten Jahresverdienstes. Diesen
bestimmte die Versicherungskasse aufgrund der seit dem 1. Januar 1975
bezogenen neuen Besoldung und legte der Berechnung der Einkaufssumme
entsprechend einen versicherten Jahresverdienst von Fr. 42'850.--
zugrunde. Die Einkaufssumme belief sich danach auf Fr. 63'846.50.--.

    X. beanstandete die Höhe dieser Einkaufssumme in bezug auf den der
Berechnung zugrunde gelegten versicherten Jahresverdienst. Er stellte sich
auf den Standpunkt, dieser sei aufgrund seiner Besoldung beim Eintritt
in die Einlegerkasse zu bestimmen und nicht aufgrund der neuen Besoldung,
die er seit dem 1. Januar 1975 beziehe. Die Versicherungskasse konnte sich
dieser Auffassung nicht anschliessen. Sie teilte dies X. mit Schreiben vom
6. Februar 1976 mit und wies ihn darauf hin, dass dieses Schreiben "als
die der Beschwerde unterliegende Verfügung im Sinne des Bundesgesetzes über
das Verwaltungsverfahren" gelte, falls er an seinem Standpunkt festhalte.

    Mit verwaltungsrechtlicher Klage bzw. Verwaltungsgerichtsbeschwerde
verlangt X., die Einkaufssumme sei - richterliches Ermessen vorbehalten
- auf Fr. 51'134.-- festzusetzen, evtl. sei die Streitsache an die
Versicherungskasse zur materiellen Prüfung zurückzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- (Das Bundesgericht behandelt die Eingabe des X. als
verwaltungsrechtliche Klage.)

Erwägung 2

    2.- Streitig ist, welcher Verdienst dem für die Berechnung der
Einkaufssumme massgeblichen "versicherten Verdienst" im Sinne von Art. 42
EVK zugrunde zu legen ist. Die Versicherungskasse ist der Auffassung,
die Einkaufssumme müsse vom neuen, beim Übertritt zur Kategorie der
Versicherten bestehenden versicherbaren Jahresverdienst berechnet werden,
obwohl sie nur von den Jahren bis zum Eintritt in die Einlegerkasse zu
entrichten sei und nicht auch für die Einlegerzeit selber. Der Kläger
verlangt, dass die Einkaufssumme aufgrund des beim Eintritt in die
Einlegerkasse versicherbaren Gehalts berechnet werde - allenfalls mit
einer Verzinsung bis zum Übertritt.

    Art. 42 EVK bestimmt folgendes:

    "Übertritt zur Versicherung

    Tritt der Einleger zu den Versicherten über, so wird die Kassenleistung
   nach

    Artikel 41 der Versicherungskasse überwiesen. Die Einlegerzeit gilt als

    Beitrags- und Versicherungszeit. Für den allfälligen Einkauf auf das

    30. Altersjahr zurück ist die Einkaufssumme nach Artikel 13 Absatz 2
   aufgrund des zu versichernden Verdienstes zu entrichten."

    a) Die Versicherungskasse vertritt die Auffassung, der letzte Satz
dieser Vorschrift weise eindeutig darauf hin, dass der zu versichernde
Verdienst nach der Besoldung im Zeitpunkt des Übertritts zu berechnen
sei. Die sprachliche Formulierung des Art. 42 EVK ist indessen in dieser
Hinsicht nicht schlüssig. Dem Text und insbesondere der Formulierung
"aufgrund des zu versichernden Verdienstes" lässt sich nicht entnehmen,
von welchem Jahresverdienst bei einem Übertritt für die Berechnung
der Einkaufssumme auszugehen ist. Der letzte Satz der Bestimmung
beschränkt sich darauf, auf die Berechnungsregel von Art. 13 Abs. 2 EVK zu
verweisen. Daraus, dass in Art. 42 von einem zu versichernden Verdienst,
in den Art. 13, 14 und 15 aber von einem versicherten Verdienst die Rede
ist, lässt sich ebenfalls nichts ableiten. Vielmehr wird mit dem Adjektiv
"versichert" lediglich der gemäss Art. 14 versicherbare Teil vom nicht
versicherbaren Teil der Besoldung unterschieden. Es lässt sich demnach
nicht sagen, der Wortlaut des Art. 42 EVK schliesse jede andere als die
von der Versicherungskasse vertretene Interpretation aus. Es ist daher
jene Lösung zu wählen, die dem Grundgedanken der Vorschrift am besten
gerecht wird.

    b) Art. 42 EVK stellt unverkennbar das Prinzip auf, dass bei einem
Übertritt die Einlegerzeit als bisher vollversicherte Zeit gelten
soll. Gemäss Art. 39 Abs. 1 EVK leisten die Einleger die gleichen
Beiträge wie die Versicherten; im besonderen entrichten sie auch
den einmaligen Beitrag bei Verdiensterhöhungen gemäss Art. 15 Abs. 2
EVK. Diese Gleichstellung in bezug auf die Beitragspflicht erfolgte
durch die Änderung der EVK vom 7. Februar 1968 (AS 1968, 826). Sie wurde
bewusst herbeigeführt, um den Einlegern den Übertritt zur Versicherung
zu erleichtern (vgl. Botschaft BBl 1968 I 311). Dass eine gewissermassen
rückwirkende Aufnahme des Einlegers der gesetzgeberischen Absicht zugrunde
lag, zeigt auch die Äusserung des Bundesrates, eine Einkaufssumme solle
nach dieser Regelung nur noch dann entrichtet werden müssen, wenn der
Übertretende beim Eintritt in die Einlegerkasse über 30 Jahre alt war
(aaO). Eine Gleichstellung zwischen Einlegern und Versicherten in bezug
auf den für die Einkaufssumme massgeblichen versicherten Verdienst ist
auch sachlich zu rechtfertigen, da der Übertretende in der Einlegerzeit
bereits im Bundesdienst gestanden ist und Beiträge geleistet hat wie
ein Versicherter.

    c) Gegen die von der Versicherungskasse vertretene Auslegung
des Art. 42 EVK spricht vor allem, dass sie für den Übertretenden
systemwidrige, sachlich nicht gerechtfertigte Nachteile zur Folge hat.

    Während der Versicherte Erhöhungen des versicherten Jahresverdienstes
durch die Zahlung eines einmaligen Beitrages von 50% voll einkauft, muss
der Einleger, der diesen einmaligen Beitrag für Erhöhungen während der
Einlegerzeit ebenfalls zahlte, beim Übertritt in die Versicherungskasse
die gesamten während der Einlegerzeit "eingekauften" Erhöhungen mit der
ordentlichen Einkaufssumme "nochmals einkaufen". Er wird also eindeutig
ungünstiger behandelt, als wenn er von Anfang an versichert gewesen wäre,
obschon die Versicherungskasse mit dem Übertritt von der Einlegerkasse
genau das erhält, was ihr ein Versicherter mit gleicher Salärentwicklung
in der Einlegerzeit an Beiträgen bezahlt hätte.

    Aber auch zwischen übertretenden Einlegern schafft die von
der Versicherungskasse vertretene Interpretation sachlich nicht zu
rechtfertigende Ungleichheiten: Wer als Einleger Lohnerhöhungen erhalten
und dafür den einmaligen Beitrag von 50% bezahlt hat, wird benachteiligt
gegenüber demjenigen, der als Einleger keine Lohnerhöhungen bekam, aber
schliesslich als Beamter mit gleichem Verdienst versichert wird. Beide
bezahlen die gleiche Einkaufssumme, obschon der eine die als Einleger
erhaltenen Erhöhungen mit einmaligen Beiträgen von 50% bereits "eingekauft"
hat.

    Eine weitere Unstimmigkeit besteht ferner gegenüber jenen Einlegern,
die beim Übertritt keine Einkaufssumme zu entrichten haben. Diese
bezahlen selbstverständlich für Lohnerhöhungen in der Einlegerzeit nur
den einmaligen Beitrag gemäss Art. 15 Abs. 2 EVK.

    d) Die von der Versicherungskasse vertretene Auslegung des Art. 42 EVK
kann daher nicht als eine angemessene und systemkonforme Lösung bezeichnet
werden. Vielmehr ist auch in bezug auf den nach dieser Bestimmung für die
Berechnung der Einkaufssumme massgeblichen versicherten Jahresverdienst
von der Fiktion auszugehen, der Übertretende werde rückwirkend auf
den Zeitpunkt seines Eintritts in die Einlegerkasse als Versicherter
aufgenommen. Die Einkaufssumme ist demnach nicht von dem beim Übertritt
in die Versicherung versicherbaren Gehalt, sondern von dem beim Eintritt
in die Einlegerkasse versicherbaren Jahresverdienst zu berechnen.

    e) Es fragt sich freilich, ob bei dieser Lösung nicht folgerichtig
von der auf den Eintritt in die Einlegerkasse berechneten Einkaufssumme
noch der Zins bis zum Übertritt verlangt werden muss, wie dies der
Kläger - richterliches Ermessen vorbehalten - selber vorschlägt. Von
einer solchen Verzinsung ist in Art. 42 EVK indessen nicht die
Rede. Ein schlichter Verzicht auf die Verzinsung ist aber durchaus zu
begründen. Die Versicherungskasse hatte während der Einlegerzeit die
versicherten Risiken (Tod, Invalidität) nicht zu tragen. Die pauschale
Regel, dass der Jahreszins etwa der Risikoprämie entspreche, ist in der
Personalversicherung weit verbreitet.

    f) Die Klage ist daher gutzuheissen und die Versicherungskasse
anzuweisen, die vom Kläger geschuldete Einkaufssumme aufgrund des von
diesem beim Eintritt in die Einlegerkasse (1. Februar 1972) versicherbaren
Jahresverdienstes neu festzusetzen.