Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 IA 85



103 Ia 85

19. Auszug aus dem Urteil vom 2. März 1977 i.S. X. gegen Y. und
Justizdirektion des Kantons Bern Regeste

    Art. 4 BV; Gebühr für öffentliche Beurkundung.

    Anwendung der verfassungsrechtlichen Grundsätze über die Bemessung
einer Verwaltungsgebühr auf das Honorar für die öffentliche Beurkundung
durch ein freies Berufsnotariat.

Sachverhalt

    A.- Y., Notar in Z., beurkundete am 12. März 1975 einen
Kaufrechtsvertrag zwischen Architekt S. und X. betreffend eine überbaute
Liegenschaft zum Preis von Fr. 430'000.--. Am 18. April 1975 wurde vor dem
gleichen Notar ein Nachtrag zu diesem Vertrag errichtet, der die Ausübung
des Kaufrechtes zum Gegenstand hat. Notar Y. stellte X. hiefür Rechnung
im Betrage von Fr. 2'901.--, nämlich Fr. 2'865.-- "Gebühren nach Tarif"
und Fr. 36.-- Barauslagen. X. ersuchte zunächst Notar Y. um Erläuterung
der Gebührenberechnung und stellte in der Folge bei der Justizdirektion
des Kantons Bern auf Grund von Art. 25 des Gesetzes über das Notariat vom
31. Januar 1909 (NotG) ein Gesuch um amtliche Festsetzung der Gebühren. Mit
Entscheid vom 30. September 1976 bestätigte die Justizdirektion die
Rechnung von Notar Y. in vollem Umfange.

    Gegen diesen Entscheid erhebt X. staatsrechtliche Beschwerde wegen
Verletzung von Art. 4 BV. Er stellt nicht in Abrede, dass die Gebühren
für die Beurkundung des Kaufgeschäftes gemäss dem Dekret über die
Notariatsgebühren vom 6. November 1973 korrekt errechnet worden seien,
hält jedoch dafür, diese Gebühren stünden im Widerspruch zu Art. 4 BV.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus dem Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer anerkennt, dass die Gebührenberechnung dem
Dekret über die Notariatsgebühren vom 6. November 1973 entspricht. Er macht
einzig geltend, sie führe in seinem Falle zu einem mit den aus Art. 4
BV abgeleiteten Grundsätzen der Äquivalenz und der Kostendeckung nicht
vereinbaren Ergebnis. Die Rüge der Verfassungswidrigkeit eines Erlasses
kann noch im Zusammenhang mit einem Anwendungsakt erhoben werden. Erweist
sie sich als begründet, so führt dies allerdings nicht zur Aufhebung der
angefochtenen Vorschrift, sondern lediglich zur Kassation des angefochtenen
konkreten Entscheides (BGE 100 Ia 49 E. 4a; 65 E. 1a; 160 E. 4; 173 E. 1;
211 E. 2a; 258 E. 3; 324 E. 1 und 450 E. 5a).

Erwägung 4

    4.- Die Justizdirektion des Kantons Bern macht im angefochtenen
Entscheid und in der Vernehmlassung zur Beschwerde im wesentlichen geltend,
die Kantone seien hinsichtlich der Ansetzung der Gebühren für öffentliche
Beurkundungen frei, solange die Höhe der Ansätze den Gebührencharakter
nicht sprenge und die vom Bundeszivilrecht vorgesehenen öffentlichen
Beurkundungen nicht verunmögliche oder übermässig erschwere. Sie weist
darauf hin, dass in diesem Rahmen die Bedeutung des zu beurkundenden
Geschäftes wesentlich sei. Es sei daher gerechtfertigt, die Gebührenansätze
nach dem Wert der Kaufsache und nicht nach dem Arbeitsaufwand zu
bemessen. Im übrigen legt die Justizdirektion grösstes Gewicht darauf,
dass die im Kanton Bern praktizierenden Notare über eine abgeschlossene
Hochschulausbildung verfügen und demgemäss wesentlich besser in der Lage
seien, das Publikum in zivil- und und steuerrechtlicher Hinsicht zu
beraten als z.B. ein zürcherischer Notar, der neben einer praktischen
Ausbildung nur einen besonderen Lehrgang von vier Semestern an der
Hochschule absolviert habe.

    Demgegenüber betont der Beschwerdeführer, es sei zwischen der
Tätigkeit des Notars als Urkundsperson und derjenigen als Rechtsberater zu
unterscheiden. In einem Falle wie dem seinigen, in dem keine Rechtsberatung
erforderlich gewesen sei, müsse die Gebühr zum Zeitaufwand in Beziehung
gesetzt werden. Rechne man mit insgesamt zehn Arbeitsstunden, die teils
auf den Büroinhaber, teils auf Hilfspersonal entfielen, so komme man zu
einem angemessenen Gebührenbetrag von rund Fr. 500.--. Auch wenn dem
Notar ein Gesamteinkommen in der Grössenordnung anderer juristischer
Berufe zugebilligt und die private Altersvorsorge angemessen in Rechnung
gestellt werde, ändere sich an diesem Ergebnis nichts wesentliches.

    Die Parteien gehen somit von grundsätzlich verschiedenen
Ausgangspunkten aus, um die Angemessenheit der Notariatsgebühr zu
bestimmen. Es ist im folgenden zunächst zu prüfen, welche Betrachtungsweise
der Lehre und Rechtsprechung zu dieser gesetzlich nicht geregelten Frage
besser entspricht.

Erwägung 5

    5.- a) Die Gebühr stellt die Entschädigung dar, welche der
Private für eine bestimmte staatliche Leistung zu erbringen hat. Sie
unterscheidet sich dadurch von der Steuer, die voraussetzungslos, also ohne
Rücksicht auf Gegenleistungen des Staates, zu erbringen ist. Es ist nicht
ausgeschlossen, bei der Handänderung von Grundstücken Abgaben zu erheben,
die teils Gebühren-, teils Steuercharakter haben (Gemengsteuer). Für die
Beurkundungsgebühren des Kantons Bern braucht indessen diese Möglichkeit
nicht näher untersucht zu werden, da Steuern in jedem Falle nur vom
Staat oder der Gemeinde selbst und nicht von Privaten erhoben werden
dürfen. Die Justizdirektion macht denn auch nicht geltend, der streitigen
Gebühr komme der Charakter einer Gemengsteuer zu. Die neuere Lehre
insbesondere zum bernischen Notariatsrecht schliesst weiter die früher
vertretene Auffassung aus, wonach der Anspruch des Notars aus seiner
hauptberuflichen Tätigkeit als Urkundsperson privatrechtlicher Natur
sei (MARTI, Bernisches Notariatsrecht, N. 6 zu Art. 23 NotG; SANTSCHI,
Die Berufspflichten des bernischen Notars, Diss. Bern 1959, S. 137;
CARLEN, Notariatsrecht der Schweiz, S. 155 f.). Es steht somit fest,
dass an sich die bundesrechtlichen Grundsätze über die Bemessung von
Verwaltungsgebühren anzuwenden sind (BGE 83 I 86 ff. E. 5, 6).

    Dass im Kanton Bern die Beurkundungstätigkeit freiberuflich, nicht
durch ein Beamtennotariat ausgeübt wird (Art. 1 Abs. 1 NotG), steht
dieser Annahme nicht entgegen. Wer auf eine amtliche Tätigkeit einer
Privatperson angewiesen ist, und diese Person dafür entschädigen muss,
verdient grundsätzlich den gleichen Schutz wie derjenige, der andere
öffentliche Dienste beansprucht und das Entgelt dafür dem Gemeinwesen zu
entrichten hat (BGE 99 Ia 700 E. 2b). Gemäss Art. 55 Abs. 1 SchlT ZGB sind
zwar die Kantone in der Wahl der Organisationsform des Notariates frei,
d.h. sie können die von Bundesrechts wegen vorgeschriebenen öffentlichen
Beurkundungen entweder beamteten oder freiberuflich tätigen Notaren
übertragen. Das ändert aber nichts am Gebührencharakter des Entgelts für
die öffentliche Beurkundung und die Bindung seiner Bemessung an die im
folgenden darzulegenden Verfassungsgrundsätze. Der Auffassung von CARLEN
(aaO, S. 156), MARTI (aaO, N. 12 zu Art. 23 NotG) und SANTSCHI (aaO S. 143)
kann deshalb nicht beigepflichtet werden, wonach einzige Schranke der
kantonalen Tarifhoheit sei, dass die Höhe der Gebühren die Errichtung der
vom Bundesrecht vorgesehenen öffentlichen Urkunden nicht verunmöglichen
oder übermässig erschweren dürfe. Das gleiche gilt für die entsprechende
Meinungsäusserung in der Vernehmlassung der bernischen Justizdirektion.

    b) Bei der Bemessung einer Verwaltungsgebühr sind nach
bundesgerichtlicher Rechtsprechung (BGE 99 III 78 E. 5b; 97 I 204 E. 6,
334 E. 5; 84 I 165 ff. E. 3 und 4; 83 I 89 f. E. 6; vgl. GRISEL, Droit
administratif Suisse, S. 120, IMBODEN/RHINOW, Verwaltungsrechtsprechung,
5. Aufl., Nr. 110, S. 777 ff.; ZAUGG, Steuer, Gebühr und Vorzugslast,
ZBl 74 1973 S. 220) folgende Grundsätze zu beachten:

    Das bezugsberechtigte Gemeinwesen bzw. die bezugsberechtigte
Amtsperson hat sich nach dem sogenannten Kostendeckungsprinzip zu
richten, wenn die Abgabe ihren Gebührencharakter beibehalten und nicht
zur Steuer werden soll. Nach diesem Grundsatz soll der Gesamtertrag
der Gebühren die Gesamtkosten des betreffenden Verwaltungszweiges in
der Regel nicht übersteigen. Bei der Gebührenbemessung können somit
auch die allgemeinen Unkosten des betreffenden Verwaltungszweiges
mitberücksichtigt werden. Dem Gemeinwesen ist es insbesondere nicht
verwehrt, mit den Gebühren für bedeutende Geschäfte den Ausfall aus
Verrichtungen auszugleichen, für die wegen des mangelnden Interesses keine
kostendeckende Entschädigung verlangt werden kann. Ferner ist es durchaus
angängig, einerseits die Leistungsfähigkeit der staatlichen Einrichtung und
die mit der amtlichen Handlung verbundene Verantwortung, anderseits die
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Pflichtigen und dessen Interessen
an der Amtshandlung angemessen zu berücksichtigen. Der Verteilung der
Gesamtkosten auf die einzelnen gebührenpflichtigen Verrichtungen sind
jedoch Schranken gesetzt. Diese ergeben sich einerseits aus dem Wesen der
Gebühr sowie aus dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit und anderseits aus
dem Gebot der rechtsgleichen Behandlung sowie aus dem Willkürverbot. Die
Gebühr darf zum objektiven Wert der Leistung nicht in ein offensichtliches
Missverhältnis geraten und muss sich in vernünftigen Grenzen bewegen
(Äquivalenzprinzip). Der Tarif muss nach sachlich haltbaren Gesichtspunkten
ausgestaltet sein und darf keine Unterscheidungen treffen, für die ein
vernünftiger Grund nicht ersichtlich ist. Auf keinen Fall soll durch die
Höhe der Gebühr die Benützung bestimmter Institutionen verunmöglicht oder
übermässig erschwert werden.

    c) Es trifft zu, dass die Anwendung der dargelegten
Verfassungsgrundsätze über die quantitative Festlegung einer Gebühr
auf praktische Schwierigkeiten stösst, wenn - wie im Kanton Bern - das
Notariat freiberuflich organisiert ist.

    Zunächst einmal lassen sich die gesamten Kosten der öffentlichen
Beurkundung höchstens annähernd berechnen, weil eine genaue Erhebung
eine Überprüfung der privaten Einkommensverhältnisse aller im Kanton
tätigen freipraktizierenden Notare voraussetzen würde. Hinzu kommt,
dass die Tätigkeit des Notars häufig öffentliche Beurkundung und private
Rechtsberatung miteinander verbindet, sodass das Gesamteinkommen in
die entsprechenden Bestandteile aufgegliedert werden müsste, da nur
der Verdienst aus der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe unter dem
Gesichtspunkt des Kostendeckungsprinzips in Betracht fällt. Für eine
solche Berechnung müsste das Bundesgericht Erhebungen über Tatsachen
anstellen, die auch der kantonalen Behörde nicht von Amtes wegen bekannt
sind, was im Rahmen einer Willkürbeschwerde nicht angeht (BGE 101 Ia 28
E. 1).

    Von den Kosten der einzelnen Verrichtung wiederum kann nur sehr
bedingt auf das Einkommen des einzelnen Notars geschlossen werden. Man
müsste hierzu die Zahl und die Bedeutung der in einer bestimmten Zeit
erledigten Geschäfte der einzelnen Amtsinhaber kennen, die naturgemäss
im Verhältnis zwischen städtischen und ländlichen Regionen und je nach
Einzugsgebiet stark variieren. Der kantonale Tarif muss auch dem weniger
oder mit Geschäften geringerer Bedeutung beschäftigten Landnotar ein
genügendes Einkommen verschaffen, wenn die Erfüllung dieser öffentlichen
Aufgabe auch in diesen Gebieten aufrechterhalten werden soll.

    Was die Höhe des Einkommens betrifft, so müsste bei dessen Überprüfung
die für das Amt vorausgesetzte berufliche Ausbildung berücksichtigt werden,
da sie Leistungsfähigkeit und Arbeitsqualität beeinflusst (unten E. 6b). Es
wäre auch dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der freiberufliche Notar für
Erwerbsausfälle bei Krankheit, Unfall, Ferien, Militärdienst usw. selber
aufzukommen hat, ebenso für die berufliche Altersvorsorge.

    Unter dem Gesichtspunkt des Äquivalenzprinzips fällt ins Gewicht,
dass die Höhe der Gebühr für eine bestimmte notarielle Verrichtung nicht
notwendigerweise ihrem objektiven Wert entsprechen muss; mit den Gebühren
für bedeutende Geschäfte darf der Ausfall aus Verrichtungen ausgeglichen
werden, für die wegen des mangelnden Interesses keine kostendeckende
Entschädigung verlangt werden kann (BGE 97 I 204 E. 6). Es müssten daher
alle Gebühren für notarielle Verrichtungen im Verhältnis zueinander
betrachtet und überprüft werden. Dies würde seinerseits wieder eine
Übersicht über die Gesamtkosten und ihre Zusammensetzung bedingen. -
Abgesehen davon würde eine solche umfassende Prüfung des ganzen Tarifs
den Rahmen der konkreten Normenkontrolle bei weitem sprengen, in der
lediglich eine einzige im konkreten Fall erhobene Gebühr für eine bestimmte
Verrichtung als verfassungswidrig angefochten wird.

    Nach dem Gesagten ergibt sich, dass sich die verfassungsrechtliche
Überprüfung kantonaler Notariatsgebühren bei freiberuflicher Organisation
aus praktischen Gründen auf die folgenden Gesichtspunkte beschränken muss:
Die im konkreten Fall erhobene Gebühr muss in einem vernünftigen Verhältnis
zur erbrachten Leistung stehen (BGE 97 I 205). Ein offensichtliches
Missverhältnis müsste als übermässige Erschwerung der Benützung des
privatrechtlichen Institutes der öffentlichen Beurkundung betrachtet werden
(BGE 83 I 89 f. E. 6), was gegen Sinn und Geist des Bundeszivilrechts
verstossen würde (BGE 96 I 716 E. 3; HUBER, Berner Kommentar, Art. 6
ZGB, N. 213 f., DESCHENAUX, Schweiz. Privatrecht II, Einleitungstitel,
S. 26 f., 29 f.). Im übrigen muss der Tarif nach sachlich haltbaren
Gesichtspunkten ausgestaltet sein und darf keine Unterscheidungen treffen,
für die ein vernünftiger Grund nicht ersichtlich ist (BGE 97 I 205).

Erwägung 6

    6.- Es ist nun die im konkreten Fall beanspruchte Gebühr auf ihre
Vereinbarkeit mit den dargelegten Verfassungsgrundsätzen zu überprüfen.

    a) Ein Vergleich der Gebührenansätze der verschiedenen Kantone
für das gleiche Rechtsgeschäft führt zu den folgenden Ergebnissen: Die
Beurkundung des Verkaufs eines Grundstücks zum Preis von Fr. 430'000.--,
wie sie hier in Frage steht, kostet beispielsweise:

    - im Kanton Bern                             Fr. 2'680.--,

    - im Kanton Tessin                           Fr. 2'183.--,

    - im Kanton Glarus                           Fr. 2'150.--,

    - im Kanton Genf                             Fr. 2'112.50,

    - im Kanton Wallis                           Fr. 1'925.--,

    - im Kanton Waadt                            Fr. 1'920.--,

    - im Kanton Neuenburg                        Fr. 1'840.--,

    - im Kanton Freiburg                         Fr. 1'635.--,

    - im Kanton Aargau                           Fr. 1'300.--,

    - im Kanton Basel-Stadt                      Fr. 1'075.--,

    - im Kanton Solothurn                        Fr.   500.--,

    und in den Kantonen Schaffhausen,

    Thurgau und Zürich                         Fr.   430.--, (vgl. die
Zusammenstellung der am 1. Januar 1975 geltenden Beurkundungsgebühren bei
CARLEN, aaO, S. 163 ff.). Die drei letztgenannten Kantone kennen nur das
Amtsnotariat, während in den westschweizerischen Kantonen, im Kt. Aargau,
im Kt. Basel-Stadt und im Kt. Tessin nur das freie Berufsnotariat
existiert. In anderen Kantonen ist die Beurkundungsbefugnis in mehr oder
weniger weitem Umfange den Anwälten übertragen.

    Es trifft zu, dass der Kanton Bern mit einer Gebühr von Fr. 2'680.--
für die in Frage stehende Verrichtung an der Spitze auch jener Kantone
steht, die ihr Notariat freiberuflich organisiert haben. Die Berner
Gebühr liegt um rund 20% über der nächsttieferen des Kantons Tessin. Aber
der Unterschied ist nicht derart krass, dass unter dem Gesichtspunkt
des Willkürverbots schon allein aufgrund dieses Vergleichs von einem
offensichtlichen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung gesprochen
werden könnte; vielmehr liegt er noch im Rahmen dessen, was durch die
unterschiedlichen tatsächlichen Verhältnisse - Ausbildung, Umsatz, Struktur
des Gesamttarifs - erklärbar, und im übrigen durch das Gestaltungsermessen
des kantonalen Gesetzgebers gedeckt ist.

    b) Die Justizdirektion beruft sich zur Rechtfertigung der Höhe der in
Frage stehenden Gebühr u.a. auf die besonders qualifizierte Ausbildung
der bernischen Notare, die derjenigen der bernischen Fürsprecher
durchaus gleichwertig sei. Die Gleichstellung der beiden Berufe
komme auch darin zum Ausdruck, dass die Mitgliedschaft im bernischen
Obergericht bzw. das Amt eines Gerichtspräsidenten den Besitz eines
bernischen Fürsprecher- oder Notariatspatentes voraussetze (Art. 59 der
bernischen Kantonsverfassung). Daraus sei zu schliessen, dass ein Notar
im Durchschnitt ungefähr gleich gestellt sein sollte wie ein Anwalt.

    Da die Ausbildung die Leistungsfähigkeit des Amtsinhabers und die
Qualität der einzelnen Dienstleistungen beeinflusst, ist sie für die
Beurteilung des Verhältnisses von Leistung (notarielle Verrichtung) und
Gegenleistung (Gebühr) durchaus von Bedeutung. Besonders qualifiziert
ist der Notar, der die Verrichtung der öffentlichen Beurkundung mit einer
kompetenten Rechtsberatung verbinden kann, was für den bernischen Notar
wegen seiner umfassenden Ausbildung, die derjenigen des Fürsprechers
weitgehend entspricht, zutrifft. Nun ist es freilich richtig, dass diese
Rechtsberatung nur in einem Teil der Fälle öffentlicher Beurkundung
notwendig ist. Es mag als unbefriedigend erscheinen, dass jemand, der
den Notar nur zum Zwecke der öffentlichen Beurkundung aufsucht und keine
Rechtsberatung begehrt, über einen auf die durchschnittlichen Kosten
ausgerichteten Gebührentarif trotzdem indirekt einen gewissen Kostenanteil
für die Möglichkeit der Rechtsberatung übernehmen muss. Allein gegen die
dargelegten Verfassungsgrundsätze über die Bestimmung der Höhe einer Gebühr
verstösst dies nicht; der Kanton darf die durchschnittlichen Gesamtkosten
auf die einzelnen Verrichtungen verlegen, ohne dass in jedem einzelnen
Fall der objektive Wert der Leistung der erhobenen Gebühr entsprechen
müsste. Abgesehen davon wäre wohl eine Trennung der Tarife für die
Beurkundung einerseits, die nur in einem Teil der Beurkundungsfälle
erforderliche Rechtsberatung anderseits, kaum praktikabel, weil die
Frage, ob eine Rechtsberatung notwendig ist nicht nur von der Natur des
Geschäftes, sondern ebensosehr vom Wissensstand dessen abhängt, der die
Beurkundung verlangt.

    Wenn sich nun die Justizdirektion zur Begründung der Gebührenhöhe
auf den Einkommensstatus des Fürsprechers beruft, dessen Ausbildung
derjenigen des Notars im wesentlichen entspricht, so kann ihr allerdings
nur mit Vorbehalt gefolgt werden. Es ist zwar nach dem Gesagten richtig,
dass die Qualität der Ausbildung die Gebührenhöhe beeinflusst. Die
Gleichwertigkeit der Ausbildung rechtfertigt jedoch nicht ohne
weiteres die einkommensmässige Gleichbehandlung von Fürsprecher und
Notar, ebensowenig der Umstand, dass nach bernischem Recht beide
Berufsgruppen in bezug auf den Zugang zu den richterlichen Funktionen
die gleichen Möglichkeiten haben. Entscheidend für die Rechtfertigung
einer gewissen Ungleichbehandlung der beiden Berufe bezüglich ihrer
Einkünfte ist vielmehr, dass der Notar bei der Beurkundungstätigkeit eine
öffentliche Aufgabe der freiwilligen Gerichtsbarkeit erfüllt, während
der Fürsprecher in der Regel - d.h. mit Ausnahme der Fälle amtlicher
Vertretung - privatwirtschaftlich und grundsätzlich in den Formen des
Privatrechts (Auftrag im Sinne von Art. 394 ff. OR) tätig ist, wenn
auch im öffentlichen Interesse, unter Bindung an das die Privatautonomie
beschränkende öffentliche Recht (bezüglich der Honoraransätze vgl. Urteil
des Bundesgerichtes vom 15. März 1972 in ZR 71 1972 Nr. 102 S. 317 E. 2)
und unter öffentlicher Aufsicht (vgl. DUBACH, Das Disziplinarrecht der
freien Berufe, ZSR 70 1951 S. 1a ff., 22a f.). Für die öffentliche
Beurkundung muss der Private einen Notar beanspruchen, während er
den Anwalt für die Vertretung im Prozess beiziehen kann, hierzu aber
in der Regel nicht verpflichtet ist. Das Anwaltshonorar unterliegt
demzufolge nicht den strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen,
die für eine Verwaltungsgebühr gelten, auch wenn für seine Bemessung
ähnliche Gesichtspunkte massgebend sind (vgl. BGE 101 II 113 E. 3b,
93 I 121 f. E. 4 und 5a).

    Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der bernische Notar aufgrund seiner
gleichwertigen Ausbildung und des in vielem übereinstimmend ausgestalteten
Rechtsstatus nicht ohne Einschränkung Anspruch auf ein annähernd gleiches
Einkommen wie der bernische Fürsprecher haben kann. Richtig ist dagegen
dass die Ausbildung des bernischen Notars (Art. 5 Abs. 1 Ziff. 3,
Art. 6 und 7 NotG, sowie Prüfungsreglement vom 16. September 1958; mit
Abänderungen vom 2. Juni 1971; vgl. CARLEN, aaO, S. 54 f.) als besonders
umfassend erscheint, was den im Verhältnis zu andern Kantonen hohen Ansatz
der in Frage stehenden Gebühr teilweise erklären mag.

    c) Der Beschwerdeführer beruft sich vor allem auf das
Äquivalenzprinzip. Er stellt Berechnungen nach dem mutmasslichen
Stundenaufwand des Notars und seines Hilfspersonals für das fragliche
Beurkundungsgeschäft an und gelangt so zu einer ihm angemessen scheinenden
Gebühr von rund Fr. 500.--. Auch wenn man davon ausgeht, diese -
vom Beschwerdegegner und von der Justizdirektion nicht bestrittenen
- Ausführungen über den Arbeitsaufwand träfen zu, so ist jedenfalls
der daraus abgeleitete Schluss auf ein bestimmtes Einkommen und eine
entsprechende Gebühr im vorliegenden Fall nicht haltbar. Es lässt sich nach
dem Gesagten nicht von den Kosten einer bestimmten notariellen Verrichtung
auf das Gesamteinkommen des betreffenden Notars und noch weniger auf
das durchschnittliche Einkommen eines bernischen Notars bzw. die für
die öffentliche Beurkundung im Kanton Bern aufgewendeten Gesamtkosten
schliessen, weil diese Grössen von der Struktur des Gesamttarifs
einerseits, von Zahl und Art der Geschäfte anderseits abhängig sind.

    Abgesehen davon beruhen die Berechnungen des Beschwerdeführers auf
der zumindest fragwürdigen Annahme, reine Beurkundungsgeschäfte ohne
Rechtsberatung (Routinegeschäfte, wie sie der Beschwerdeführer nennt)
und solche, in denen eine Rechtsberatung angezeigt ist, liessen sich
tarifmässig trennen (oben E. 6b).

    d) Alles in allem ergibt sich, dass das aufgrund von Art. 9 Abs. 1 des
Dekretes über die Notariatsgebühren errechnete Honorar - auch im Verhältnis
zu andern Kantonen mit der gleichen Organisationsform des Notariats -
als ungewöhnlich hoch erscheint. Das Interesse des Ansprechers an der
Amtshandlung in Abhängigkeit vom Vertragswert des Grundstücks, das bei der
Bemessung der Notariatsgebühr an sich berücksichtigt werden darf, erhält
im vorliegenden Fall ein Gewicht gegenüber anderen Bemessungsfaktoren
(insbesondere dem Arbeitsaufwand), das unter dem Gesichtspunkt des
Äquivalenzprinzips als nicht ganz unbedenklich erscheint. Allein unter
dem Gesichtswinkel des Willkürverbotes (Art. 4 BV) lässt sich nicht sagen,
die erhobene Gebühr stehe in einem offensichtlichen Missverhältnis zur
erbrachten Leistung. Diesen Schluss lässt auch der interkantonale
Vergleich der Kosten für das in Frage stehende Rechtsgeschäft
nicht zu. Es kann schliesslich gar keine Rede davon sein, dass die
Benützung des zivilrechtlichen Instituts der öffentlichen Beurkundung
übermässig erschwert oder gar verunmöglicht würde. Niemand lässt sich
von der Veräusserung eines Grundstücks bzw. vom Kauf desselben deshalb
abhalten, weil er statt 3 oder 4%o 6 bis 7%o des Vertragswertes für
Beurkundungsgebühren aufwenden muss. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.