Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 IA 564



103 Ia 564

82. Auszug aus dem Urteil vom 30. November 1977 i.S. Vonarburg und
Unabhängig-christlichsoziale Partei der Stadt Freiburg gegen Grosser Rat
des Kantons Freiburg Regeste

    Art. 85 lit. a OG; Grossratswahlen; Ungültigerklärung systematisch
veränderter Wahlzettel.

    Auslegung von Art. 49 Abs. 3 lit. h des freiburgischen Gesetzes über
die Ausübung der bürgerlichen Rechte, wonach diejenigen Wahlzettel ungültig
sind, die Streichungen, Zusätze oder Änderungen enthalten, die nicht
von der Hand des Wählers stammen und systematisch angebracht worden sind
(E. 3 und E. 4). Solche Wahlzettel haben dann als systematisch verändert zu
gelten, wenn sie in den Urnen in solcher Zahl gefunden werden, dass nicht
anzunehmen ist, sie seien in einer Familie von einem Familienmitglied oder
in ähnlichem Rahmen ausgefüllt worden (E. 4a). Diese Annahme rechtfertigt
sich nur dann, wenn einige wenige Wahlzettel in Frage stehen, nicht jedoch,
wenn die Zahl solcher Wahlzettel um die zwanzig beträgt (E. 4b).

Sachverhalt

    A.- Am 14. November 1976 fanden in Kanton Freiburg Grossratswahlen
statt. In der Folge reichten Dr. Joseph Vonarburg und die
Unabhängig-christlichsoziale Partei der Stadt Freiburg (PICS) beim
Staatsrat zuhanden des Grossen Rates zwei gleichlautende Beschwerden ein,
mit denen sie geltend machten, im Wahlkreis der Stadt Freiburg seien
verschiedene Unregelmässigkeiten vorgekommen. Ein "Aktions-Kommando"
habe den Stimmbürgern Geld oder eine Konsumation in einem Restaurant
angeboten, wenn sie ihre Stimme der Christlichdemokratischen Volkspartei
(CVP) gäben. Wer einverstanden gewesen sei, habe einen Wahlzettel der
CVP erhalten, auf dem sich bereits gewisse handschriftliche Änderungen
befunden hätten. Vonarburg und die PICS legten im kantonalen Verfahren
einen Wahlzettel vor, der angeblich vom besagten "Kommando" stammte und
auf dem einige CVP-Kandidaten gestrichen waren; ferner war der Name des
radikalen Kandidaten A. hinzugefügt.

    Bei der Nachkontrolle des Stimmaterials wurden mehrere Wahlzettel
gefunden, die mit dem von den Beschwerdeführern vorgelegten weitgehend
übereinstimmten. Nach der Botschaft des Staatsrates an den Grossen Rat
handelte es sich um:

    - 21 CVP-Listen mit ungefähr gleichen Streichungen, bei denen - mit
   der gleichen Handschrift - als einzige Ergänzung der Name des radikalen

    Kandidaten A. hinzugefügt war;

    - 5 CVP-Listen aus dem Au-Quartier mit verschiedenen Streichungen,
   bei denen - mit der gleichen Handschrift - als einzige Ergänzung der
   Name des radikalen Kandidaten A. hinzugefügt war; die Handschrift war
   mit derjenigen auf den 21 CVP-Listen jedoch nicht identisch.

    Auf diesen 5 Listen strich das Wahlbüro des Au-Quartiers den

    Namen von A. als ungültig, im übrigen behandelte es die Listen als
   gültig.

    Nach Art. 49 Abs. 3 lit. h des freiburgischen Gesetzes über die
Ausübung der bürgerlichen Rechte von 18. Februar 1976 (GABR) sind
diejenigen Listen ungültig:

    "die Streichungen, Zusätze oder Änderungen enthalten, die nicht von
   der Hand des Wählers stammen und systematisch angebracht worden sind."

    Der Staatsrat wies in der Botschaft an den Grossen Rat darauf hin, dass
erstmals über die Auslegung dieser Bestimmung zu befinden sei. Er schlug
dem kantonalen Parlament vor, Streichungen, Zusätze oder Änderungen,
die nicht von der Hand des Wählers stammten, dann als "systematisch
angebracht" zu betrachten und die fraglichen Listen ungültig zu erklären,
wenn man unlauteren Machenschaften grösseren Ausmasses gegenüberstehe,
welche die Stimmfreiheit, die Stimmsicherheit und das Stimmgeheimnis
verletzten, ihrem Urheber nützten und das zu seinen Gunsten erwartete
Ergebnis zeitigten. Diese Voraussetzungen hielt der Staatsrat im zu
beurteilenden Fall für nicht gegeben. Es erscheine als übertrieben,
von einer systematischen Veränderung zu sprechen, wenn lediglich 26 von
insgesamt 11'000 eingelegten Listen von der gleichen Hand ausgefüllt
worden seien und der Beweis für eine Verletzung der Stimmfreiheit,
der Stimmsicherheit und des Stimmgeheimnisses fehle. Überdies verbiete
sich die Annahme eines systematischen Manövers deshalb, weil die
Ungültigerklärung der fraglichen Listen an der Wahl des Kandidaten A.,
dessen Name jeweils hinzugefügt worden war, nichts ändern würde. Dagegen
hätte sie zur Folge, dass die auf der CVP-Liste gewählte Frl. T., die
mit der ganzen Aktion nichts zu tun habe, ihr Mandat verliere. Das könne
unmöglich der Sinn der Gesesetzesvorschrift sein. - Der Berichterstatter
der Validierungskommission teilte diese Auffassung im wesentlichen
und führte aus, zwar liege eine verwerfliche Handlungsweise vor, doch
bedeute das aus den vom Staatsrat angeführten Gründen noch nicht, dass
die fraglichen Listen "systematisch" abgeändert worden seien. Davon könne
schon deshalb nicht leichthin gesprochen werden, weil sonst unlauteren
Machenschaften gegen einzelne Kandidaten Tür und Tor geöffnet wäre und
weil die aufmerksame Prüfung der eingelegten Wahlzettel, zu der sich die
Wahlbüros veranlasst sähen, das Stimmgeheimnis verletzen könnte.

    Mit Beschlüssen vom 28. Dezember 1976 wies der neubestellte Grosse Rat
die Beschwerde Vonarburgs ab, auf jene der PICS trat er nicht ein. Das
Bundesgericht heisst die dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde
gut, soweit gerügt wird, der Grosse Rat habe das Wahlergebnis unrichtig
ermittelt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die jetzt in Art. 49 Abs. 3 lit. h GABR enthaltene Vorschrift
wurde in die freiburgische Stimmrechtsgesetzgebung mit der Schaffung des
früheren Gesetzes über die Ausübung der bürgerlichen Rechte vom 15. Juli
1966 aufgenommen, und zwar in Anlehnung an entsprechende Bestimmungen
des Bundes- und des waadtländischen Rechts (vgl. CASTELLA, L'exercice du
droit de vote, ZSR 1959, II, S. 575a und 581a).

    a) Auf der Ebene des Bundes wurde das Gesetz über die Wahl des
Nationalrates vom 14. Februar 1919 im Jahre 1938 durch einen neuen
Art. 13bis ergänzt, der vorsieht, dass das "planmässige Einsammeln,
Ausfüllen oder Abändern von Wahlzetteln und das Verteilen so ausgefüllter
oder abgeänderter Wahlzettel" verboten ist. Diese Revision wurde durch
zwei Postulate aus dem Nationalrat veranlasst, die den Bundesrat zur
Prüfung der Frage einluden, ob nicht Wahlzettel, auf denen von der
gleichen Hand planmässig Panaschierungen, Kumulierungen und Streichungen
vorgenommen worden waren, in Zukunft ungültig erklärt werden sollten. Der
Bundesrat ging in seiner Botschaft an die eidg. Räte davon aus, dass die
"organisierte" Abänderung von Wahllisten, wie sie in den letzten Jahren
wiederholt vorgekommen sei, einen Missbrauch darstelle. Er vertrat
jedoch die Auffassung, dass dem nicht durch die Ungültigerklärung der
entsprechenden Wahlzettel begegnet werden könne, da die Untersuchung,
ob Zusätze auf den jeweiligen Wahlzetteln vom Wähler selber oder von
Dritten stammten, einen Einbruch in das Stimmgeheimnis bewirken würde.
Abhilfe sei dadurch zu schaffen, dass die Wahlzettel den Stimmbürgern
künftig nur noch von Amtes wegen - und nicht mehr von den politischen
Parteien - zugestellt würden, was systematische Abänderungen wenn nicht mit
absoluter Sicherheit, so wegen der erforderlichen Umtriebe doch praktisch
ausschliesse (BBl. 1937 II. S. 91 ff.). Diesem Vorschlag erwuchs von Seiten
der Kantone starker Widerstand, weshalb die vorberatende Kommission des
Nationalrates zur Auffassung gelangte, dass der Zweck der Revision am
ehesten mit der Schaffung einer Strafbestimmung zu erreichen sei. Der
Bundesrat arbeitete in der Folge einen neuen Entwurf aus, der weder die
Ungültigerklärung planmässig veränderter Wahlzettel noch die amtliche
Verteilung der Wahlzettel vorsah, sondern eine reine Strafbestimmung
enthielt und der von den eidg. Räten schliesslich als neuer Art. 13bis
des Nationalratswahlgesetzes angenommen wurde (vgl. Sten.Bull. 1938, NR,
S. 686 ff.; SR, S. 455 ff.). Was als "planmässiges" Einsammeln, Ausfüllen
oder Abändern von Wahlzetteln zu gelten habe, wurde im Nationalrat vom
welschen Berichterstatter wie folgt umschrieben:

    "Dans certains cantons, il arrive en famille, peut-être même à
l'atelier,
   que des électeurs bien intentionnés veulent rendre service à autrui en
   remplissant le bulletin de vote d'une autre personne. Nous avons tenu
   compte de ce fait. Nous n'avons pas voulu aller au-delà, empêcher par
   exemple un père de remplir le bulletin de son fils ou vice versa. Nous
   n'avons pas voulu entrer dans le secret du vote individuel ni de la
   vie de famille. En revanche, au moment où les bulletins sont remplis
   de façon systématique par un tiers, là commence un agissement que
   nous entendons condamner. Nous faisons une distinction logique entre
   le cas où quelqu'un aura voulu rendre service à un parent ou à un
   camarade d'atelier et les agissements de celui qui, systématiquement,
   remplit des bulletins pour nuire à un candidat ou bien, au contraire,
   pour le favoriser.

    C'est le critère auquel on doit s'en tenir dans cette matière pour,
dans la
   pratique, faire nettement la distinction nécessaire."

    (Sten.Bull. 1938, NR, S. 690; vgl. auch die entsprechenden Ausführungen
des welschen Berichterstatters im Ständerat: SR, S. 458).

    b) Ähnliche Machenschaften, wie sie sich wiederholt bei den
Nationalratswahlen ereignet hatten, gaben im Jahre 1953 Anlass zur
Ergänzung der waadtländischen Stimmrechtsgesetzgebung. Bei dieser
Revision wurde indes nicht nur - wie in der Gesetzgebung des Bundes -
die systematische Veränderung von Wahlzetteln und die Verteilung solcher
Wahlzettel unter Strafe gestellt, sondern überdies bestimmt, dass das
Wahlbüro Listen als ungültig zu erklären habe, "dont les suppressions,
adjonctions ou modifications ne sont pas de la main de l'électeur et
ont été apportées systématiquement" (Art. 77 Ziff. 3bis, 136 Abs. 1
Ziff. 2 lit. a und b des Gesetzes sur l'exercice des droits politiques
vom 17. November 1948, in der Fassung vom 14. September 1953). In der
Botschaft zur Gesetzesrevision betonte der Staatsrat, dass dem Kriterium
der "systematischen" Veränderung entscheidende Bedeutung zukomme. Nur
wenn die Untersuchung des Stimmaterials ergebe, dass bestimmte Wahlzettel
"systematisch vorfabriziert" worden seien, lasse sich ohne Verletzung des
Stimmgeheimnisses feststellen, dass Beifügungen, Streichungen usw. nicht
von den Hand des jeweiligen Wählers stammten (Bull. du Grand Conseil,
1953, S. 1098).

Erwägung 4

    4.- a) Im freiburgischen Gesetz über die Ausübung der bürgerlichen
Rechte vom 9. Juli 1966 wurde darauf verzichtet, die systematische
Veränderung von Wahlzetteln unter Strafe zu stellen. Dagegen wurde
die waadtländische Bestimmung über die Ungültigerklärung systematisch
veränderter Wahlzettel wörflich übernommen und auch im neuen Gesetz
vom 18. Februar 1976 beibehalten. Was als "systematische" Veränderung
zu gelten habe, kam im freiburgischen Gesetzgebungsverfahren nicht
einlässlich zur Sprache, sondern der Kommissionsberichterstatter führte
einzig aus, die nähere Umschreibung dieses Begriffs werde Sache der
Rechtsprechung sein. Bei dieser Sachlage erscheint es als richtig, dem
Kriterium der "systematischen" Veränderung, wie es im freiburgischen
Gesetz über die Ausübung der bürgerlichen Rechte enthalten ist, den
gleichen Sinn zuzumessen, der dem entsprechenden, in Art. 13bis des
Nationalratswahlgesetzes vom 14. Februar 1919 und der waadtländischen
Stimmrechtsgesetzgebung enthaltenen Begriff zukommt. Das bedeutet, dass
Listen, die von der gleichen Hand stammende Zusätze oder Streichungen
aufweisen, dann als "systematisch" verändert zu gelten haben, wenn sie
in den Urnen in solcher Zahl gefunden werden, dass nicht anzunehmen ist,
sie seien in einer Familie von einem Familienmitglied oder in ähnlichen
Rahmen, z.B. an einem Arbeitsplatz, ausgefüllt worden. Im andern Fall
kann nicht von einer "systematischen" Veränderung gesprochen werden
und es sind die fraglichen Listen als gültig zu erachten. Von dieser
zahlenmässigen Voraussetzung abgesehen ist entgegen der Auffassung des
Staatsrats nicht erforderlich, dass unlautere Machenschaften "in grossem
Massstabe" vorgefallen seien und dass die veränderten Wahlzettel einen
erheblichen Teil aller eingelegter Wahlzettel darstellten. Eine solche
Auslegung von Art. 49 Abs. 3 lit. h GABR wäre dann richtig, wenn das
Vorfinden "systematisch" veränderter Wahlzettel nach der gesetzlichen
Ordnung die Annullierung des ganzen Urnenganges zur Folge hätte. Dies
ist jedoch nicht der Fall, da nur die Ungültigerklärung der jeweiligen
Wahlzettel vorgesehen ist. Finden sich in den Urnen von der gleichen
Hand veränderte Wahlzettel, ohne dass anzunehmen ist, sie seien in einer
Familie oder in ähnlichem Rahmen, z.B. an einem Arbeitsplatz, ausgefüllt
worden, so ist für ihre Ungültigerklärung ferner nicht erforderlich, dass
sich die Veränderung in besonderer Weise als "unlautere Machenschaft"
darstelle, und es ist dem Gesetz auch nicht zu entnehmen, dass von der
gleichen Hand veränderte Listen nur dann als "systematisch" verändert
zu gelten hätten, wenn sie "die Stimmfreiheit, die Stimmsicherheit und
das Stimmgeheimnis verletzten, ihrem Urheber nützten und das zu seinen
Gunsten erwartete Resultat zeitigten". Es wird in vielen Fällen nicht
festzustellen sein, wer Urheber der Machenschaften ist und welches
Ergebnis diese zeitigen sollten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die
systematische Veränderung von Wahllisten nach der massgebenden Gesetzgebung
nicht zur Untersuchung in einem Strafverfahren führt, wie es im Kanton
Freiburg der Fall ist. Beizufügen ist allerdings, dass das planmässige
Einsammeln, Ausfüllen oder Andern von Wahl- oder Stimmzetteln, ferner
das Verteilen solcher Stimm- oder Wahlzettel, bei Annahme des noch dem
Referendum unterliegenden Bundesgesetzes über die politischen Rechte
vom 17. Dezember 1976 künftig sowohl bei eidgenössischen als auch bei
kantonalen Wahlen strafbar sein wird (Art. 86 Ziff. 1 BG, wo die Ergänzung
des StGB durch einen neuen Art. 282bis mit dem Randtitel "Stimmenfang"
vorgesehen ist). Dies vermag an der beschriebenen Auslegung von Art. 49
Abs. 3 lit. h GABR jedoch nichts zu ändern.

    b) Nach den Feststellungen des Grossen Rates wurden in den Wahlurnen
der Stadt Freiburg 21 oder jedenfalls 19 Wahlzettel gefunden, die gleiche
Streichungen aufwiesen und auf denen - mit der gleichen Handschrift -
als einzige Ergänzung der Name des Kandidaten A. hinzugefügt war. Es ist
klar, dass es sich bei diesen Wahlzetteln nicht um solche handeln kann,
die gemeinsam innerhalb einer Familie oder allenfalls in ähnlichem Rahmen,
z.B. an einem Arbeitsplatz, ausgefüllt wurden. Davon kann gesprochen
werden, wenn einige wenige Wahlzettel in Frage stehen, die von der gleichen
Hand stammende Zusätze aufweisen, nicht jedoch, wenn die Zahl derartiger
Wahlzettel um die zwanzig beträgt. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass
die Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren einen Wahlzettel vorlegten,
der angeblich vom "Aktions-Kommando" stammte und der in der gleichen Weise
verändert worden war wie die in den Urnen gefundenen Wahlzettel. Auch
dieser Umstand hätte die Annahme ausgeschlossen, es ständen Wahlzettel
in Frage, die gemeinsam in einer Familie ausgefüllt wurden. Dazu kommt
die Tatsache, dass die Validierungskommission selber der Ansicht war,
die Abänderung der Wahlzettel stelle einen "verwerflichen Akt" und ein
"Wahlmanöver" dar. Es ist deshalb mit Art. 49 Abs. 3 lit. h GABR nicht
vereinbar, wenn der Grosse Rat annahm, es liege keine "systematische"
Veränderung vor und wenn er die fraglichen Wahlzettel als gültig
erachtete. Die Ermittlung des Wahlresultates steht sodann in einem weiteren
Punkt mit den gesetzlichen Vorschriften in Widerspruch. Das Wahlbüro des
Au-Quartiers ging offenbar davon aus, dass fünf dort abgegebene Wahlzettel,
auf welchen jeweils der Name des Kandidaten A. mit der gleichen Handschrift
hinzugefügt war, systematisch verändert worden seien. Es strich aus
diesem Grunde die auf A. entfallenden Stimmen, behandelte die Wahlzettel
im übrigen aber als gültig, was der Grosse Rat nicht beanstandete. Das war
jedoch nicht zutreffend, gleichviel, ob man davon ausgeht, die fraglichen
Listen seien systematisch verändert worden, oder ob man annehmen will, es
liege keine solche Veränderung vor. Geht man davon aus, wie das Wahlbüro
des Au-Quartiers es offenbar tat, es liege eine systematische Veränderung
vor, so hätte nicht lediglich der Name des Kandidaten A. gestrichen werden
dürfen, sondern es hätten die fraglichen Listen in ihrem ganzen Umfang
als ungültig erklärt werden müssen. Im andern Fall hätte dagegen weder
Anlass bestanden, die Wahlzettel insgesamt als ungültig zu erklären,
noch den Namen von A. zu streichen.

    Wären die insgesamt 26 oder jedenfalls 19 Wahlzettel, von denen
eben die Rede war, als ungültig erklärt worden, so hätte das nach den
Feststellungen der grossrätlichen Kommission bewirkt, dass auf der
CVP-Liste H. anstelle von Frl. T. gewählt worden wäre. Es kann deshalb
nicht gesagt werden, die beanstandeten Unregelmässigkeiten seien für
das Wahlergebnis unerheblich gewesen, und der Grosse Rat habe aus diesem
Grunde von einer Berichtigung des Wahlresultats absehen können. Wenn der
Grosse Rat die Ungültigerklärung der fraglichen Wahlzettel ablehnte, so
geschah dies offenbar deshalb, weil weder die Zahl der auf die einzelnen
Listen entfallenden Mandate verändert noch die Wahl von A. auf der
radikalen Liste beeinflusst worden wäre. Der Grosse Rat betrachtete es
unter diesen Umständen wohl als unbillig, wenn die Ungültigerklärung der
Listen allein Frl. T. zum Nachteil gereicht hätte. Diese Überlegungen
sind nach der gesetzlichen Ordnung jedoch nicht massgebend. Sie erweisen
sich überdies nicht als stichhaltig. Im vorliegenden Fall steht nicht
fest, wer die Veränderungen auf den fraglichen Listen vornahm, und
es lässt sich nicht eindeutig sagen, welches die Absicht des Urhebers
war. Zwar unterliegt keinem Zweifel, dass vorab der radikale Kandidat
A. begünstigt werden sollte. Auf den fraglichen Listen wurde indes
nicht einzig dessen Name hinzugefügt, sondern es wurden darüber hinaus
verschiedene CVP-Kandidaten gestrichen. Das gilt insbesondere für H.;
Frl. T. war von den Streichungen dagegen nicht betroffen, was den Grund
dafür bildet, dass bei Ungültigerklärung der 26 Listen H. mit 3'535 Stimmen
(vorher 3'542) anstelle von Frl. T. (nach der Berichtigung: 3'525, vorher:
3'551 Stimmen) gewählt ist. Es erscheint bei dieser Sachlage als durchaus
möglich, dass durch die Veränderung der Listen neben der Begünstigung
von A. eine Benachteiligung von H. bezweckt wurde, was - jedenfalls
indirekt - Frl. T. begünstigte. Es besteht deshalb kein Grund, wegen der
Auswirkungen auf das Wahlergebnis von Frl. T. von einer Ungültigerklärung
der fraglichen Wahlzettel abzusehen, was selbst dann gilt, wenn - wie der
Kommissionsberichterstatter unwiderlegt ausführte - keinerlei Anzeichen
dafür vorliegen, dass Frl. T. mit den beanstandeten Machenschaften
persönlich etwas zu tun hatte. Steht fest, dass das Wahlresultat im
Wahlkreis der Stadt Freiburg nicht richtig ermittelt wurde und dass sich
das auf die Zusammensetzung des neugewählten Grossen Rates auswirkte,
so ist die Beschwerde in diesem Punkte gutzuheissen und der angefochtene
Beschluss insoweit aufzuheben.