Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 103 IA 494



103 Ia 494

73. Auszug aus dem Urteil vom 6. Dezember 1977 i.S. H. gegen Instalex Ltd.
und Einzelrichter im summarischen Verfahren am Bezirksgericht Horgen
Regeste

    Bundesrechtsmässigkeit eines ausserordentlichen kant.  Rechtsmittels
gegen die Bewilligung des Arrestes.

    Art. 279 Abs. 1 SchKG schliesst nicht aus, dass die Kantone gegen
die Bewilligung des Arrestes ein ausserordentliches Rechtsmittel
vorsehen, das sich hinsichtlich der Beschwerdegründe und der sonstigen
prozessualen Ausgestaltung im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde
hält. Die zürcherische Nichtigkeitsbeschwerde nach § 344 aZPO erfüllt
diese Voraussetzung.

Sachverhalt

    A.- Der Einzelrichter im summarischen Verfahren am Bezirksgericht
Horgen erliess auf Begehren der japanischen Firma Instalex Ltd. einen
Arrestbefehl gegen H.; dieser erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem
Antrag, der Arrestbefehl sei aufzuheben. Gerügt wird eine Verletzung von
Art. 4

BV, im wesentlichen mit der Begründung, der Einzelrichter habe willkürlich
angenommen, die Forderung der Firma Instalex Ltd. sei glaubhaft gemacht.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) (Zulässigkeit der Nichtigkeitsbeschwerde gegen den Arrestbefehl
nach § 344 der alten zürcherischen ZPO vom 13. April 1913).

    b) Nach Art. 279 Abs. 1 SchKG findet gegen den Arrestbefehl
"weder Berufung noch Beschwerde" statt. Aufgrund dieser Bestimmung
ist in Rechtsprechung und Lehre die Auffassung vertreten worden,
gegen den Arrestbefehl sei von Bundesrechts wegen überhaupt jedes
kantonale Rechtsmittel unzulässig (so, jedoch ohne einlässliche
Begründung, der bernische Appellationshof in ZBJV 83/1947, S. 402,
ferner das zürcherische Obergericht in SJZ 46/1950, S. 26 f.; JÄGER,
Kommentar zum SchKG, Bd. II, N. 1 zu Art. 279 SchKG; BLUMENSTEIN,
Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, S. 837; KELLER,
in: Monatsblätter für Betreibungs- und Konkursrecht, II/1909, N. 80,
S. 229). Teilweise wird in dieser Bestimmung lediglich ein Verbot
ordentlicher kantonaler Rechtsmittel gegen den Arrestbefehl erblickt (so
im Grundsatz das zürcherische Obergericht in ZR 71/1972, Nr. 22; ferner
das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, zit. in HABERTHÜR,
Praxis zur Basler Zivilprozessordnung, Bd. II, S. 1007; dieser Autor
vertritt die Auffassung, das Rechtsmittel sei bundesrechtswidrig;
vgl. ferner STRÄULI/MESSMER, N. 38 zu 213 ZPO, wo zur zürcherischen
Praxis ausgeführt wird, mit der bundesrechtlichen Ordnung dürften auch
ausserordentliche Rechtsmittel nicht unbeschränkt vereinbar sein). Das
Bundesgericht hat im nicht veröffentlichten Urteil i.S. The Bristol
Steam Navigation Company vom 29. März 1972, in welchem es verlangte, dass
vor Ergreifung der staatsrechtlichen Beschwerde gegen den Arrestbefehl
von der zürcherischen Nichtigkeitsbeschwerde Gebrauch zu machen sei,
die Frage der Bundesrechtsmässigkeit dieses Rechtsmittels nicht näher
geprüft. Auf sie ist deshalb im vorliegenden Falle näher einzugehen.

    Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts kann die Bewilligung
des Arrestes mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4
BV angefochten werden, wenn mit ihr die vom Arrestrichter angenommene
Glaubhaftigkeit von Bestand, Fälligkeit oder Höhe der Forderung bestritten
wird (BGE 97 I 680). Zuvor war das Bundesgericht nur auf solche gegen
den Arrestbefehl gerichtete Beschwerden eingetreten, die eine Verletzung
von Art. 59 BV (vgl. für die hier allerdings nicht einheitliche Praxis:
BGE 40 I 495 E. 1) oder von Staatsverträgen beziehungsweise allgemeinen
völkerrechtlichen Grundsätzen zum Gegenstand hatten und die eine
Erschöpfung des kantonalen Instanzenzuges nicht voraussetzten (BGE 82 I
80 E. 2 und 3 mit Hinweisen auf frühere Urteile). Was die Vereinbarkeit
der staatsrechtlichen Beschwerde mit Art. 279 Abs. 1 SchKG betrifft,
hielt das Bundesgericht bereits in BGE 40 I 497 und später erneut
in BGE 82 I 80 E. 2 fest, dass diese Bestimmung die staatsrechtliche
Beschwerde nicht ausschliesse, da sie nur die ordentlichen, in Art. 36
SchKG aufgezählten Rechtsmittel im Auge habe. Schliesst das SchKG die
in Art. 36 genannten ordentlichen Rechtsmittel aus, so ist daraus ohne
weiteres zu folgern, dass es den Kantonen verwehrt ist, entsprechende
Rechtsmittel gegen die Bewilligung des Arrestes in ihren eigenen
Prozessordnungen vorzusehen. Soweit indes das Bundesrecht selber
den ausserordentlichen Rechtsbehelf der staatsrechtlichen Beschwerde
(einschliesslich der Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV) gegen
den Arrestbefehl zulässt, so bestehen keine hinreichenden Gründe, es den
Kantonen zu verwehren, gegen die Bewilligung des Arrestes ihrerseits
ein ausserordentliches Rechtsmittel vorzusehen, das sich hinsichtlich
der Beschwerdegründe und der sonstigen prozessualen Ausgestaltung
(aufschiebende Wirkung) im Rahmen der staatsrechtlichen Beschwerde
hält. Dies ist für die zürcherische Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 344
aZPO der Fall, die auf der kantonalen Ebene eine Funktion erfüllt, welche
jener der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV
gleich oder zumindest ähnlich ist (BGE 101 Ia 68 E. 1). Es kann deshalb
nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer habe auf die Ergreifung der
Nichtigkeitsbeschwerde verzichten können, weil ein solches Rechtsmittel
von Bundesrechts wegen unzulässig sei.