Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 IV 83



102 IV 83

21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. Mai 1976
i.S. M. gegen Generalprokurator des Kantons Bern. Regeste

    Art. 148, 18 Abs. 2 StGB. Die Bereicherungsabsicht muss nicht
ausschliessliches Motiv sein; es genügt, dass sie mitbestimmend ist.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht vor, es habe
bei den drei Betrugsfällen nicht berücksichtigt, dass nach dem
psychiatrischen Gutachten der Grund seines Handelns "zumindest ebensosehr
in tieferliegenden, persönlichkeitsbedingten, triebhaften Motiven" gelegen
habe. Mit der Annahme, er habe sich auch von Bereicherungsabsicht leiten
lassen, verletze die Vorinstanz das Gesetz; Schuldspruch wegen Betrugs
setze voraus, dass der Täter bewusst die einzelnen Tatbestandsmerkmale
verwirklicht habe. Das sei nicht der Fall, wenn er überwiegend aus
triebhaften Motiven handle, denn dann fehle eine freie Verwirklichung
der Bereicherungsabsicht. Das Bestehen einer "untergeordneten"
Bereicherungsabsicht genüge nicht.

    In einer von der Vorinstanz wörtlich übernommenen Äusserung hat
der Gutachter indessen nicht ein Überwiegen des triebhaften Handelns
angenommen, sondern bloss festgestellt, dieses sei von zumindest
gleich grosser Bedeutung wie die Bereicherungsabsicht gewesen. Dass die
Vorinstanz trotzdem die Bereicherungsabsicht bejahte, verletzt das Gesetz
nicht. Es genügt schon eine bloss mitgewollte oder in Kauf genommene
Bereicherung. Voraussetzung ist, dass die Absicht des Täters selbst
dann, wenn er die Bereicherung bloss für möglich hält, auf Erlangung des
Vorteils gerichtet ist, er will die Bereicherung für den Fall, dass sie
eintritt. Anders verhält es sich, wenn die Erlangung des Vorteils nur
eine notwendige, dem Täter vielleicht gleichgültige oder gar unerwünschte
Nebenfolge eines von ihm erstrebten andern Erfolges ist (BGE 69 IV 80,
72 IV 125, 74 IV 45, 98 IV 66, 101 IV 207). Die Vorinstanz stellt in
tatsächlicher Hinsicht und damit für den Kassationshof verbindlich fest
(Art. 277bis Abs. 1 BStP), dass der Beschwerdeführer, der sich in prekärer
finanzieller Lage befand, auch in Bereicherungsabsicht gehandelt hat,
dass diese auf der Hand liege, auch wenn Geltungssucht mitgespielt haben
möge. Der Vermögensvorteil war demnach für den Beschwerdeführer nicht bloss
gleichgültige oder gar unerwünschte notwendige Folge seines Handelns. Die
Bereicherungsabsicht war also mitbestimmend, was nach Art. 148 StGB genügt.