Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 II 23



102 II 23

5. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. Februar 1976 i.S.
Luftseilbahn Betten-Bettmeralp AG gegen Erben der Margrete Hennemuth
Regeste

    Art. 1 Abs. 1 EHG; Passivlegitimation hinsichtlich einer
Schadenersatzklage.

    Voraussetzungen, unter denen eine Unternehmung gestützt auf Art. 1
Abs. 1 EHG für Schäden beim Betrieb einer Luftseilbahn haftet, die nicht
in ihrem Eigentum steht und für die sie auch nicht Konzessionarin ist
(Erw. 3, 5 und 6).

Sachverhalt

                   Gekürzter Sachverhalt:

    Im Raume Betten - Bettmeralp bestehen drei Luftseilbahnen:

    - Eine erste Sektion führt von der Bahnstation der Furka-Oberalpbahn
(Nussbaumbrücke) nach Betten-Dorf (im folgenden 1. Sektion genannt),

    - eine zweite von Betten-Dorf nach Bettmeralp (im folgenden 2. Sektion
genannt) und

    - eine 1974 in Betrieb genommene Parallelbahn von der Nussbaumbrücke
nach Bettmeralp (im folgenden Parallelbahn genannt).

    Eigentümerin und Konzessionärin der 1. Sektion ist die Gemeinde Betten,
Eigentümerin und Konzessionärin der 2. Sektion und der Parallelbahn die
"Luftseilbahn Betten - Bettmeralp AG" (im folgenden AG genannt). Die
Gemeinde Betten hat den Betrieb der 1. Sektion der AG übertragen. Als
Betriebsleiter beider Sektionen amtete im Jahr 1972 Moritz Imhof, der
zugleich Gemeindepräsident von Betten war.

    Am 12. Juli 1972 ereignete sich auf der 1. Sektion ein schweres
Unglück. Das Zugseil riss, und die Fangbremsen entfalteten nicht die
ihnen zugedachte Wirkung, so dass die Kabine talwärts raste und in der
Talstation zerschellte. Zwölf Personen fanden dabei den Tod, unter ihnen
auch die in Deutschland wohnhaft gewesene Margrete Hennemuth. Ihre beiden
Kinder Peter und Monika überlebten das Unglück mit schweren Verletzungen.

    Am 23. September 1974 reichten die Erben von Margrete Hennemuth beim
Instruktionsgericht Brig eine Schadenersatzklage gegen die "Luftseilbahn
Betten - Bettmeralp AG" ein. Diese erhob die Einrede der fehlenden
Passivlegitimation, die - in einem Zwischenentscheid - am 10. März 1975
vom Instruktionsgericht Brig und (auf Berufung der AG hin) am 11. September
1975 vom Kantonsgericht des Kantons Wallis abgewiesen wurde.

    Den Entscheid des Kantonsgerichts hat die Beklagte mit Berufung an
das Bundesgericht weitergezogen.

Auszug aus den Erwägungen:

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Formelles).

Erwägung 2

    2.- Beide Parteien wie auch die kantonalen Instanzen gingen
zu Recht davon aus, dass die drei Luftseilbahnen nach Betten und
Bettmeralp dem Bundesgesetz betreffend die Haftpflicht der Eisenbahn-
und Dampfschiffahrtsunternehmungen und der Post vom 28. März 1905 (EHG)
unterstehen (dazu OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, 2. A.,
Band II/1 S. 300). Wird beim Betrieb einer Bahn ein Mensch getötet
oder verletzt, so haftet nach Art. 1 dieses Gesetzes der "Inhaber der
Eisenbahnunternehmung" für den daraus entstandenen Schaden, sofern er nicht
beweist, dass der Unfall durch höhere Gewalt, durch Verschulden Dritter
oder durch Verschulden des Getöteten oder Verletzten verursacht worden ist.

    Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Gemeinde Betten den
Betrieb der 1. Sektion der Beklagten übertragen hat. Streitig ist dagegen,
wer unter diesen Umständen als "Inhaber" der 1. Sektion im Sinne von
Art. 1 EHG zu betrachten sei. Nach der Meinung der Kläger ist es die AG,
nach jener der Beklagten dagegen die Gemeinde.

Erwägung 3

    3.- a) Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist Inhaber einer
Bahnunternehmung im Sinne von Art. 1 EHG zunächst derjenige, "auf dessen
Rechnung und Gefahr" der Betrieb im Zeitpunkt des Unfalles geführt wurde
(BGE 82 II 69 Erw. 4). Diese Umschreibung war vom Bundesgericht schon in
früheren Entscheiden verwendet worden (BGE 26 II 18 und 9 S. 282; vgl. auch
BGE 31 II 224/25 und 19 S. 181) und hat auch Eingang in die Literatur
gefunden (OFTINGER, aaO S. 306; KELLER, Haftpflicht im Privatrecht,
S. 200; GUYER, Kommentar zum EHG, N. 15 zu Art. 1; vgl. auch GRIVEL,
La responsabilité civile des entreprises de transport, Diss. Lausanne
1934 S. 28).

    Das Bundesgericht liess es indessen nicht bei dieser engen Umschreibung
bewenden, sondern führte im Entscheid 82 II 62 ff. im Sinne einer
Weiterentwicklung der Rechtsprechung unter Hinweis auf Oftinger aus,
neben der Frage, auf wessen Rechnung und Gefahr ein Betrieb laufe, könne
auch von Bedeutung sein, wer über die zum Betrieb notwendigen Gegenstände
und Personen die "tatsächliche, unmittelbare Verfügung" besitze. Die
Unternehmung, auf welche diese Merkmale zuträfen, habe nach dem Sinn des
EHG die Haftpflicht zu tragen; wem die Bahnanlagen und Transportmittel
gehörten, sei unerheblich; nicht diese Gegenstände an und für sich seien
die Gefahrenquelle, sondern der mit ihrer Hilfe durchgeführte Betrieb
(S. 69 Erw. 4). Im selben Entscheid führte das Gericht weiter aus (S. 71),
die Frage, wer Unternehmer eines Betriebes sei, beurteile sich nicht
darnach, wem dieser am meisten nütze, sondern in erster Linie darnach,
wer die allfälligen Betriebseinnahmen beziehe und die Betriebskosten trage;
etwas anderes sei nicht gemeint, wenn frühere Entscheide darauf abgestellt
hätten, wer den Betrieb ökonomisch für sich ausnütze oder wer in eigenem
Interesse und auf eigene Kosten den Transport besorge.

    b) Hat ein Unternehmen durch Vertrag die tatsächliche Ausübung des
Betriebs einer andern Unternehmung übertragen, so ist nach OFTINGER (aaO
S. 308) und SCHÄRER (Das Haftpflichtrecht der Automobile, Eisenbahnen,
Elektrizitätsanlagen und Luftfahrzeuge, Bern 1929, S. 51 sowie Recht und
Gerichtspraxis über Haftpflicht und Schadenersatz, Bern 1940, S. 175) die
Konzessionärin und nicht die betriebführende Unternehmung haftpflichtig,
sofern der Betrieb auf Rechnung und Gefahr der Konzessionärin geführt
wird. Im Gegensatz zur Beklagten scheint Oftinger darin allerdings
nicht eine allgemeine und ausnahmslos geltende Regel sehen zu wollen,
denn er fügt bei, die Frage sei nach den Verhältnissen im einzelnen Fall
zu beurteilen.

    Einem - dem vorliegenden ähnlichen - Fall, den das Bundesgericht vor
beinahe hundert Jahren zu beurteilen hatte (BGE 4 S. 440 ff.), lag der
folgende Sachverhalt zugrunde:

    Die AG Wädenswil - Einsiedeln hatte im Jahre 1870 die Konzession für
eine Eisenbahn von Wädenswil nach Einsiedeln erhalten. 1875 schloss sie
mit der Schweizerischen Nordostbahn-Gesellschaft einen Vertrag, durch
den sie dieser zwar nicht die Konzession, wohl aber den gesamten Bau und
Betrieb der Bahn übertrug. Die Nordostbahn-Gesellschaft hatte darnach den
Bau zu veranlassen und den Betrieb der Bahn namens und auf Rechnung der AG
Wädenswil - Einsiedeln sicherzustellen, wobei sie auch für die Beschaffung
des Betriebsmaterials zu sorgen hatte. Die Bauverträge mit den Unternehmern
schloss sie in eigenem Namen ab. Das Bundesgericht bezeichnete diesen
Vertragsinhalt als "Übertragung konzessionsmässiger Rechte" bzw. als
"Konzessionsübertragung der Ausübung nach" und führte weiter aus, mit
einer solchen Übertragung der Rechte seien auch die damit zusammenhängenden
Pflichten auf die Nordostbahn übergegangen; zu diesen Pflichten gehörten
auch jene, die das Gesetz an das Innehaben einer Konzession knüpfe, also
auch die Verantwortlichkeit für die Tötung und Verletzung von Personen. Das
Bundesgericht bejahte daher die Passivlegitimation der Nordostbahn (BGE
4 S. 440 ff., insbes. S. 448-451).

    In einer älteren Schrift hatte auch ERISMANN (Das schweizerische
Eisenbahn-Haftpflicht-Gesetz, Basel 1895, S. 8) ausgeführt, wenn eine
Bahngesellschaft ihre Konzession in der Weise auf eine andere Gesellschaft
übertrage, dass die Zessionarin den gesamten Bau und Betrieb namens und
auf Rechnung der Zedentin zu übernehmen habe, dann involviere dieses
Rechtsgeschäft eine Übertragung nicht nur der Rechte, sondern auch der
mit der Ausübung der Konzession verbundenen Pflichten, mithin auch der
Verantwortlichkeit für Betriebsunfälle; im Fall einer solchen Übertragung
sei deshalb die Zessionarin für Haftpflichtansprüche passiv legitimiert.

    c) Wer Inhaber einer Bahnunternehmung im Sinne von Art. 1 EHG ist und
damit für Haftpflichtansprüche belangt werden kann, bestimmt sich nach der
dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung somit nicht nur darnach, auf
wessen Rechnung und Gefahr der Betrieb geführt wird, sondern auch darnach,
wer die tatsächliche und unmittelbare Verfügungsgewalt über die zum Betrieb
notwendigen Gegenstände und Personen besitzt oder die Betriebseinnahmen
bezieht und die Betriebskosten bezahlt. Wo ein Unternehmen den Betrieb
einer Bahn mit allen aus der Konzession hervorgehenden Rechten und
Pflichten auf eine andere Gesellschaft übertragen hat, gelten die in BGE
4 S. 440 ff. entwickelten Grundsätze, von denen abzuweichen kein Anlass
besteht. Immerhin sind dabei die konkreten Verhältnisse zu berücksichtigen.

Erwägung 4

    4.- Auf Grund der verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen
hat das Bundesgericht im vorliegenden Fall seinem Entscheid folgenden
Sachverhalt zugrunde zu legen (Art. 63 Abs. 2 OG):

    Der Zweck der AG war ursprünglich wie folgt umschrieben: "Errichtung
und Betrieb einer Luftseilbahn für den Transport von Personen und
Sachen (Waren) von Nussbaumbrücke nach Betten und Bettmeralp. Als
Erwerbsgesellschaft fördert sie anderseits auch die Entwicklung des
Dorfes Betten". Um für die 1. Sektion im Hinblick auf die Erschliessung
des Dorfes Betten in den Genuss von Subventionen zu gelangen, wurde an
der ausserordentlichen Generalversammlung vom 28. Oktober 1961 folgende
Neufassung des Gesellschaftszwecks angenommen: "Errichtung und Betrieb
einer Luftseilbahn von Betten nach der Bettmeralp zur Beförderung von
Personen und Waren sowie die Erstellung von Skiliften und ähnlichen
Anlagen zur Förderung des Winter- und Sommertourismus". Seither hat die
Zweckbestimmung keine Änderung mehr erfahren, obschon der AG am 28. Februar
1972 auch die Konzession für die Parallelbahn erteilt wurde.

    Am 19. Juni 1961 wurde der AG die Konzession für die 2. Sektion
und am 25. September 1964 der Gemeinde Betten die Konzession für die
1. Sektion erteilt. Am 28. Februar 1972 erhielt die AG die Konzession für
die 2. Sektion und die Parallelbahn zusammen, womit die frühere Konzession
für die 2. Sektion aufgehoben wurde.

    Die 1. Sektion steht im Eigentum der Gemeinde Betten, die 2. Sektion
und die Parallelbahn im Eigentum der AG. Den Betrieb ihrer Bahn hat die
Gemeinde jedoch der AG übertragen. Diese hatte somit zur Zeit des Unfalles
die umfassende und ausschliessliche Betriebsführung beider Sektionen inne
und besass die tatsächliche, unmittelbare Verfügungsgewalt über die zum
Betrieb beider Bahnen notwendigen Gegenstände und Personen; sie liess
beispielsweise Revisionen durchführen und Rollen auswechseln; sie stellte
das Personal ein, besoldete dieses und erteilte ihm Weisungen. Moritz
Imhof, der seinen Lohn von der AG - und nicht etwa von der Gemeinde -
bezog, war für beide Sektionen der vom Eidg. Amt für Verkehr bestätigte
Betriebsleiter und verantwortliche technische Angestellte, der (neben
andern Organen der AG) jeweils mit der Aufsichtsbehörde verhandelte.

    Sodann lauteten alle Montageberichte (Rapporte über Revisionen und
Unterhaltsarbeiten) auf die AG und nicht auf die Gemeinde. Das gleiche gilt
für die Betriebs-Monatsrapporte, die der "Inhaber der Bahnunternehmung"
monatlich an das Eidg. Amt für Verkehr einzureichen hat. Auf all diesen
Betriebsberichten war als "Unternehmung" mittels Stempelaufdruck stets
die AG und nicht die Gemeinde vermerkt worden.

    Art. 12 der am 25. September 1964 der Gemeinde erteilten Konzession
schreibt vor, die Konzessionärin müsse sich gegen die Folgen ihrer
Haftpflicht versichern und die entsprechenden Versicherungsverträge
durch die Aufsichtsbehörde genehmigen lassen; ohne die vorgeschriebene
Haftpflichtversicherung sei der Betrieb verboten. Der entsprechende
Versicherungsvertrag wurde - mit Wirkung ab 1. August 1969 - zwischen
der "Schweizer Union", Allgemeine Versicherungsgesellschaft in Genf, und
der durch Moritz Imhof vertretenen AG (nicht der Gemeinde) abgeschlossen
und in der Folge vom Eidg. Amt für Verkehr genehmigt. Zum versicherten
Risiko zählte nach der Police der Betrieb der 1. und 2. Sektion. Die
Versicherungsprämien wurden jeweils gesamthaft von der AG bezahlt, in
der Folge aber intern zu 40% der 1. Sektion bzw. der Gemeinde belastet.

    Von den Jahresrechnungen 1972 lautete diejenige für die 1. Sektion auf
die Gemeinde, diejenige für die 2. Sektion auf die AG. Die Buchhaltung
wurde jedoch gesamthaft durch die Angestellten der AG geführt, wobei
die Aufwendungen und Erträge nach einer internen Vereinbarung zwischen
der 1. und der 2. Sektion im Verhältnis 2:3 aufgeteilt wurden. Die
Angestellten der AG waren es auch, die ein Treuhandbüro mit der Erstellung
der Jahresrechnungen beauftragten und die Übermittlung der Rechnungen
an das Eidg. Amt für Verkehr anordneten. Das am Unfalltag ausgegebene
Retourbillet trug die Aufschrift:
      "Luftseilbahn AG Betten-Bettmeralp (VS) Gültig 10 Tage Betten FO
      Bettmeralp Fr. 5.80"

Erwägung 5

    5.- Gelangte die Vorinstanz bei der geschilderten Sachlage zum
Ergebnis, die Beklagte habe im Zeitpunkt des Unfalles die tatsächliche und
unmittelbare Verfügungsmacht über alle zum Betrieb notwendigen Gegenstände
und Personen gehabt, so ist dies nicht zu beanstanden. Wenn aber die
Gemeinde Betten durch einen mündlichen Vertrag die gesamte Betriebsführung
der 1. Sektion der AG übertrug, war das offenbar so zu verstehen, dass
nicht nur die Rechte, sondern auch die mit der Konzession zusammenhängenden
Pflichten übertragen werden wollten. Die Beklagte fasste jedenfalls den
Betriebsvertrag offensichtlich in diesem Sinne auf und verhielt sich auch
entsprechend: Sie schloss die Haftpflichtversicherung ab, sorgte für die
Anstellung, Unterrichtung und Besoldung des Personals, veranlasste die
notwendigen Revisionen, erstellte die Montageberichte und Monatsrapporte,
führte die Buchhaltung und veranlasste die Erstellung und Weiterleitung
der Jahresberichte. Insbesondere kann daraus, dass die Beklagte die
Haftpflichtversicherung abschloss - was nach den Konzessionsbestimmungen
der Gemeinde als Konzessionärin obgelegen hätte -, abgeleitet werden,
sie sei bereit gewesen, auf Grund des mündlichen Betriebsvertrages auch
die Haftpflicht zu übernehmen. Die Beklagte war denn auch allein in der
Lage und daher verpflichtet, das zur Vermeidung von Schäden Notwendige
vorzukehren (vgl. dazu OFTINGER aaO S. 306). Wenn die Vorinstanz unter
diesen Umständen deren Passivlegitimation bejahte, hat sie damit in
Anbetracht der dargelegten Rechtsprechung und Lehre den Begriff des
"Inhabers der Eisenbahnunternehmung" im Sinne von Art. 1 EHG zutreffend
ausgelegt. Ihr Urteil verstösst mithin nicht gegen Bundesrecht.

Erwägung 6

    6.- Die in der Berufungsbegründung vorgebrachten Einwände sind
nicht geeignet, die Richtigkeit des angefochtenen Entscheides in Frage
zu stellen.

    a) Zunächst macht die Beklagte geltend, entscheidend sei vor allem,
wer an der fraglichen Fahrt gewonnen oder verloren habe; Gewinn und Verlust
der 1. Sektion seien nun aber der Gemeinde Betten zugefallen. Sie fasst
ihren Standpunkt mit den Worten "Wer gewinnt, der haftet" zusammen.

    Dieser Argumentation kann - zumal in ihrer absoluten Formulierung -
nicht gefolgt werden. Sie lässt ausser acht, dass es bei der Ermittlung
des Betriebsinhabers im Sinne von Art. 1 EHG nicht nur darauf ankommt,
auf wessen Rechnung das Unternehmen geführt wird, sondern auch darauf,
wer die Verfügungsmacht über die zum Betrieb gehörenden Gegenstände
und Personen besitzt. Nach der angeführten bundesgerichtlichen Praxis
beurteilt sich die Eigenschaft des Betriebsinhabers nicht darnach, wem
der Betrieb am meisten nützt, das heisst, wem letztlich der Reingewinn
zufällt, sondern darnach, wer die allfälligen Betriebseinnahmen bezieht
und die Betriebskosten deckt. Im vorliegenden Fall ist unbestritten,
dass die Betriebseinnahmen (aus Billetverkauf und Transportaufträgen)
zunächst der Beklagten zukamen und dass diese für alle Betriebskosten,
einschliesslich der Prämien für die Haftpflichtversicherung, aufzukommen
hatte. Dass der Reingewinn aus dem Betrieb der 1. Sektion letztlich der
Gemeinde zufiel, ist unter diesen Umständen ohne Belang.

    b) Daraus, dass die Haftpflichtversicherung durch die Beklagte
abgeschlossen worden war, leitete die Vorinstanz ab, die 1. Sektion sei
"auf Gefahr" der Beklagten betrieben worden. Dieser Schluss ist nicht zu
beanstanden. Wenn die Beklagte für die Gefahren des Betriebes nicht hätte
einstehen wollen und müssen, so wäre nicht einzusehen, weshalb sie die
Haftpflichtversicherung hätte abschliessen sollen. Der Abschluss dieser
Versicherung ist ein wichtiges Indiz dafür, dass die Beklagte den Betrieb
auf ihre Gefahr führen wollte und musste und tatsächlich auch führte.

    Die Beklagte anerkennt übrigens ausdrücklich, dass sie gemäss
mündlichem Betriebsvertrag zur Prämienzahlung verpflichtet war. Sie
macht jedoch geltend, der Versicherungsvertrag habe deshalb von ihr
abgeschlossen werden müssen, weil die Prämien nach Umsatz zu zahlen seien
und eine Ausscheidung zwischen der 1. und 2. Sektion nicht möglich
sei. Allein, dies wäre für einen Vertragsabschluss durch die Gemeinde
kein unüberwindbares Hindernis gewesen. Mit Bezug auf ihre Sektion hätte
trotz allem diese als Versicherungsnehmerin auftreten können, wobei unter
den besonderen Vertragsbestimmungen zu vereinbaren gewesen wäre, die
Prämien würden in ihrem Namen und Auftrag zusammen mit jenen für die 2.
Sektion von der Beklagten entrichtet.

    Die Beklagte weist schliesslich in diesem Zusammenhang darauf hin,
dass Moritz Imhof nicht nur ihr Betriebsleiter, sondern zugleich
auch Gemeindepräsident von Betten gewesen sei. Was damit für den
vorliegenden Fall gewonnen werden will, ist nicht ersichtlich. Die
Beklagte behauptet jedenfalls zu Recht nicht, Imhof habe beim Abschluss
des Versicherungsvertrages nicht als ihr Vertreter, sondern (auch) als
Vertreter der Gemeinde gehandelt und deshalb (auch) Rechtsbeziehungen
zwischen der Versicherungsgesellschaft und der Gemeinde herstellen wollen.

    c) Weiter rügt die Beklagte, dass die Vorinstanz die Gewinnverteilung
auf die 1. und 2. Sektion als einen rein internen Vorgang bezeichnet
hat, der mit dem Betrieb einer Eisenbahnunternehmung recht wenig zu tun
habe. Sie macht ferner geltend, ihre namentliche Erwähnung auf dem Billet
vermöge entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil nichts über
die wirtschaftliche Beziehung auszusagen und sei deshalb kein Hinweis
auf den Betriebsinhaber der 1. Sektion.

    Wie es sich mit diesen Rügen verhält, kann offen bleiben. Selbst wenn
sie berechtigt wären, wenn also die fragliche Gewinnverteilung mehr als
nur ein interner Vorgang wäre und den tatsächlichen Betriebsverhältnissen
der beiden Sektionen entspräche und wenn ferner aus dem Billetaufdruck
nichts zu Ungunsten der Beklagten abgeleitet werden dürfte, wäre für
diese damit nichts gewonnen. Es bliebe dabei, dass die 1. Sektion auf
Gefahr der Beklagten betrieben wurde und dass diese die Verfügungsmacht
über alle zum Betrieb notwendigen Gegenstände und Personen hatte.

    d) Die Beklagte wirft schliesslich die Frage auf, ob nicht allenfalls
Art. 9 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 und Art. 17 der
Konzession vom 25. September 1964 Anwendung fänden. Beide Bestimmungen
besagen im wesentlichen übereinstimmend, die Konzessionsbehörde könne
die Konzession auf Gesuch des Konzessionsinhabers auf eine andere
Unternehmung oder einen Dritten übertragen; würden nur einzelne durch
Gesetz und Konzession begründete Pflichten übertragen, bedürften die
darüber abgeschlossenen Verträge, um rechtsverbindlich zu sein, der
Genehmigung durch die Konzessionsbehörde; der Konzessionsinhaber hafte
dem Bund weiterhin für die Erfüllung der durch Gesetz und Konzession
begründeten Pflichten. Inwiefern diese vorwiegend verwaltungsrechtlichen
Bestimmungen am angefochtenen Urteil etwas ändern könnten, ist nicht
ersichtlich. Eine Übertragung der Konzession von der Gemeinde Betten
auf die AG stand nie zur Diskussion und ist nach der angeführten
Rechtsprechung auch nicht Voraussetzung für die Haftpflicht und damit
die Passivlegitimation der Beklagten. Der zwischen der Gemeinde und der
Beklagten mündlich abgeschlossene Betriebsvertrag ist im übrigen vom
Eidg. Amt für Verkehr (zumindest stillschweigend) genehmigt worden, hat
doch diese Amtsstelle Moritz Imhof als Betriebsleiter und verantwortlichen
technischen Angestellten für beide Sektionen bestätigt, die Monatsrapporte
und Revisionsberichte für beide Sektionen stets von der Beklagten
entgegengenommen und ausschliesslich mit ihr verkehrt. Dass die Gemeinde
Betten dem Bund (und allenfalls auch geschädigten Dritten) gegenüber
weiterhin für die Erfüllung der durch Gesetz und Konzession begründeten
Pflichten haftet, schliesst das Recht nicht aus, die Betriebsführung
in solcher Art und in solchem Umfange der Beklagten zu übertragen, dass
diese die Haftpflicht für Betriebsunfälle gegenüber Dritten trifft. Ob
andererseits neben der Beklagten allenfalls auch die Gemeinde Betten für
den von den Klägern geltend gemachten Schaden haftet, ist im vorliegenden
Verfahren nicht zu prüfen.

Entscheid:

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts
(Zivil-Gerichtshof) Wallis vom 11. September 1975 bestätigt.