Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 II 111



102 II 111

19. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 6. April 1976 i.S.
American Brands Inc. gegen Silva-Verlag. Regeste

    Streit zwischen zwei Markeninhabern über die Priorität von Drittmarken.

    1. Abweisung der Widerklage durch die kantonale Instanz; Verzicht
der betroffenen Partei auf Anfechtung (Erw. 1).

    2. Art. 5 und 6 Abs. 1 MSchG. Die Priorität einer Marke wird durch
den Gebrauch, nicht durch die Eintragung bestimmt, wenn die Marke bereits
benutzt wird, bevor eine andere mit ihr verwechselbare eingetragen oder
verwendet wird (Erw. 2).

    3. Art. 9 Abs. 1 MSchG und Art. 8 ZGB.

    - Das Recht an der Marke bleibt bestehen, solange der Gebrauch durch
den Berechtigten, und wäre es auch nur in geringem Umfange, andauert
(Erw. 3).

    - Auch mit der Hinterlegung einer bereits gebrauchten Marke beginnt
eine dreijährige Karenzfrist (Erw. 4a).

    - Wer behauptet, eine Marke habe wegen einer älteren Drittmarke durch
Hinterlegung nicht gültig entstehen können, hat dies zu beweisen. Das
gleiche gilt für den, der geltend macht, die Drittmarke sei unentschuldigt
während mehr als drei Jahren in der Schweiz nicht gebraucht worden
(Erw. 4b und c).

    4. Art. 29 ZGB. Offen gelassen, ob die Verwendung des Wortes Silva
Namensrechte des Silva-Verlages verletze (Erw. 5).

Sachverhalt

    A.- Die Genossenschaft Silva-Verlag hinterlegte am 26. April 1948
beim eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum als Kollektivmarke das
Wort SILVA. Dieses Zeichen ist für Nahrungs- und Genussmittel sowie
Seifenprodukte, d.h. für Waren der internationalen Klassen 3 und 29-34
bestimmt; es wurde unter Nr. 131'970 registriert und am 20. März 1968
unter Nr. 230'479 erneuert.

    Das Wort SILVA kommt auch in verschiedenen vom internationalen Büro
oder vom eidgenössischen Amt registrierten Marken anderer Hinterleger vor,
besonders in der schweizerischen Wortmarke Nr. 227'189 SILVA THINS, die
am 7. Juli 1967 von der Firma The American Tobacco Company zum Gebrauch
für Tabak und Tabakfabrikate, d.h. für Waren der internationalen Klasse
34 angemeldet wurde.

    B.- Die Genossenschaft Silva-Verlag klagte im Herbst 1968 gegen die
American Tobacco Company, die heute American Brands Inc. heisst, auf
Ungültigerklärung der Marke 227'189 und auf Erlass eines gerichtlichen
Verbotes, die Bezeichnung SILVA THINS im Zusammenhang mit Tabak und
Tabakfabrikaten im gesamten geschäftlichen Verkehr in der Schweiz zu
benützen.

    Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage und erhob Widerklage auf
Feststellung der Nichtigkeit der Kollektivmarke Nr. 230'479 der Klägerin.

    Das Handelsgericht des Kantons Zürich hiess am 25. Mai 1972 die Klage
gut und wies die Widerklage mit der Begründung ab, die Kollektivmarke der
Klägerin könnte nur für nichtig erklärt werden, wenn die Beklagte selber
Inhaberin einer älteren Marke wäre; das treffe nicht zu.

    Die Beklagte führte gegen dieses Urteil kantonale
Nichtigkeitsbeschwerde. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hiess
sie am 15. November 1972 in dem Sinne gut, dass es einen Teil der
Eventualbegründung des angefochtenen Urteils strich. Das Handelsgericht
hatte darin einen angeblichen Verstoss der Kollektivmarke gegen die
Marken DA SILVA'S PORT und PORTO DA SILVA, welche die portugiesische
Firma Antonio José Da Silva & Ca. Lda. am 16. Oktober 1957 für Portwein
international hinterlegt, aber schon vor dem zweiten Weltkrieg in der
Schweiz gebraucht haben soll, mangels Beweises verneint.

    C.- Die Beklagte legte gegen das Urteil des Handelsgerichtes auch
Berufung ein. Sie beantragte, die Klage abzuweisen und in Gutheissung der
Widerklage festzustellen, dass die Kollektivmarke der Klägerin nichtig sei.

    Das Bundesgericht hiess die Berufung am 3. April 1973 dahin gut, dass
es das angefochtene Urteil aufhob und die Sache zu neuer Beurteilung an
das Handelsgericht zurückwies. Es führte in Bestätigung der Rechtsprechung
insbesondere aus, der Beklagten dürfe nicht verwehrt werden, sich auf die
Ungültigkeit der Kollektivmarke SILVA zu berufen, wenn ihre Marke SILVA
THINS sich, wie behauptet, mit den angeblich zuerst gebrauchten Zeichen
der Firma Antonio José Da Silva vertrage, die Kollektivmarke der Klägerin
aber nicht. Da das angefochtene Urteil nach dem Kassationsentscheid keine
Erwägungen mehr über die Marken dieser Firma enthalte, sei die Sache zu
neuer Beurteilung zurückzuweisen (BGE 99 II 104 ff.).

    Durch Urteil vom 13. September 1975 hiess das Handelsgericht
die Klage erneut gut und wies die Widerklage ab. Es hielt einen
prioritätsbegründenden Gebrauch der Portweinmarken PORTO DA SILVA und
DA SILVA'S PORT bis zum 22. November 1955 in der Schweiz für erwiesen,
fand aber, dass der Beweis für die sechziger Jahre nicht als erbracht
gelten könne.

    D.- Die Beklagte erklärte die Berufung und stellte am 14. Februar
1975 zudem beim Handelsgericht ein Revisionsgesuch, das am 16. Dezember
1975 abgewiesen wurde.

    Mit der Berufung beantragt die Beklagte, das angefochtene Urteil
aufzuheben und die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt, die Berufung abzuweisen und das Urteil des
Handelsgerichtes zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beklagte erklärt einleitend, sie habe den mit der Widerklage
geltend gemachten Löschungsanspruch damit begründet, dass das klägerische
Zeichen keine Kollektivmarke sein könne und zudem nicht markenmässig
benutzt werde. Das Bundesgericht habe dieses Begehren bereits am 25. Mai
1972 abgewiesen, und sie komme darauf nicht zurück, obschon die Widerklage
im Urteil des Handelsgerichtes vom 13. September 1974 (formell) als noch
weiter bestehend behandelt und im Dispositiv abgewiesen worden sei.

    Die Beklagte irrt. Am 25. Mai 1972 hat nicht das Bundesgericht,
sondern das Handelsgericht erstmals geurteilt, Wobei die Widerklage
abgewiesen worden ist. Die Beklagte hat dieses Urteil auch bezüglich
der Widerklage, deren Gutheissung sie mit der Berufung beantragte, an das
Bundesgericht weitergezogen. Dieses hat sodann den angefochtenen Entscheid
in vollem Umfange aufgehoben und die Sache zur neuen Beurteilung an die
Vorinstanz zurückgewiesen. Das Handelsgericht hat daher zu Recht im Urteil
vom 13. September 1974 auch über die Widerklage entschieden.

    Die Erklärung der Beklagten ist als Verzicht auf die Anfechtung dieses
Teils des vorinstanzlichen Urteils zu verstehen. Antrag und Begründung
der Berufung beschränken sich denn auch auf die Hauptklage.

Erwägung 2

    2.- Auszugehen ist von der Rechtsprechung, die im Rückweisungsentscheid
des Bundesgerichtes vom 3. April 1973 überprüft und mit einlässlicher
Begründung bestätigt worden ist (BGE 99 II 112 Erw. 5 mit Zitaten). Danach
darf nicht bloss der Inhaber einer prioritätsberechtigten Marke, sondern
jedermann, der ein schutzwürdiges Interesse hat, die Marke eines anderen
wegen mangelnder Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 6 MSchG ungültig
erklären lassen. Die hiegegen erhobene Kritik (KUMMER, in ZBJV 111 (1975)
S. 156 ff.; L. DAVID, Supplement zu H. Davids Kommentar zum MSchG S. 47)
beruht zur Hauptsache auf einer anderen Wertung der wirtschaftlichen
Interessen oder auf bereits widerlegten Einwänden. Es erübrigt sich, dazu
erneut Stellung zu nehmen, zumal nicht nur die kantonale Instanz, sondern
das Bundesgericht selber an die im Rückweisungsentscheid ausgesprochene
Rechtsauffassung gebunden ist (BGE 90 II 308 Erw. 2a, 98 II 328, 101
II 145/6).

    Die Klägerin versucht freilich auf diese Rechtsprechung zurückzukommen,
indem sie einwendet, zur Frage, ob die Portweinmarken überhaupt ältere
Drittrechte seien, habe das Bundesgericht im Rückweisungsentscheid nicht
Stellung genommen; das hange nach dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 MSchG
von der Eintragung, nicht vom Gebrauch der Marken ab.

    Damit verkennt die Klägerin indes, dass das Recht an einer Marke schon
durch ihren der Hinterlegung vorausgehenden befugten markenmässigen
Gebrauch erworben werden kann. Hinterlegung und Eintragung wirken
nicht konstitutiv; sie sind gemäss Art. 4 MSchG bloss Voraussetzungen
für den Anspruch auf gerichtlichen Schutz der Marke (vgl. auch Art. 28
Abs. 3 MSchG). Das Recht an der Marke steht vermutungsweise dem ersten
Hinterleger zu (Art. 5 MSchG), dem Vorbenutzer nur dann, wenn er die
Vermutung widerlegt (BGE 93 II 49 Erw. 4 mit Hinweisen, ferner BGE 96
II 407, 98 Ib 185). Daraus folgt, dass die Priorität einer Marke durch
den Gebrauch, nicht durch die Eintragung bestimmt wird, wenn die Marke
bereits benützt wird, bevor eine mit ihr verwechselbare andere eingetragen
oder verwendet wird. Diesfalls geht die zuerst in Gebrauch genommene der
anderen also selbst dann vor, wenn sie als zweite eingetragen wird. KUMMER
räumt in seiner Kritik denn auch ein, dass die Priorität schon durch
den markenmässigen Gebrauch erworben werden kann, "solange diese wenig
glückliche Mischung der beiden Begründungselemente Eintragung und Gebrauch
Gesetz ist" (ZBJV 111 S. 158).

Erwägung 3

    3.- Das Handelsgericht hat der Beklagten am 9. November 1970 unter
anderem den Hauptbeweis dafür auferlegt, dass die Portweinmarke DA SILVA'S
PORT oder PORTO DA SILVA vor dem 26. April 1948, als die Kollektivmarke
der Klägerin hinterlegt wurde, in der Schweiz gebraucht und dass der
Gebrauch nicht unentschuldigt während mehr als drei Jahren unterbrochen
worden sei. Gleichzeitig hat es die Klägerin zum Gegenbeweis zugelassen.

    Die Beklagte nannte insbesondere den geschäftsführenden Generalsekretär
der Firma Da Silva, Fernando van Zeller, als Zeugen. Die Vorinstanz schloss
aus dessen Aussagen und den von ihm eingelegten Urkunden, die Firma Da
Silva habe beide Portweinmarken bereits vor dem zweiten Weltkrieg in
der Schweiz gebraucht. Sie habe auch nach dem Krieg von 1946 bis 1955
unter diesen Marken Portwein einführen und hier durch schweizerische
Wiederverkäufer, zuletzt durch die Firma Fontanellaz & Cie. in Bern,
absetzen lassen, ohne dass es zu rechtlich erheblichen Unterbrüchen
gekommen wäre. Die letzte nachgewiesene Bestellung eines Kunden in La
Chaux-de-Fonds sei am 22. November 1955 ausgeführt worden. Durch diesen
markenmässigen Gebrauch ihrer Zeichen sei die Firma Da Silva der Klägerin
in der Schweiz zuvorgekommen, habe ihr gegenüber also ein Prioritätsrecht
erworben.

    Die Klägerin hält dem entgegen, die letzte Lieferung vom 22. November
1955 habe nur aus 24 Flaschen bestanden und falle deshalb entgegen der
Annahme der Vorinstanz als markenmässiger Gebrauch ausser Betracht; vor
der Eintragung der Marke komme es auf den wettbewerbsrechtlichen Gebrauch
an, der aber erheblich sein müsse. Bis 1953 habe sich der Gebrauch der
Portweinmarken durch die Firma Fontanellaz übrigens auf die Stadt Bern
und ihre Umgebung beschränkt. Das Prioritätsrecht der Firma Da Silva,
das die Vorinstanz aus ihren Feststellungen ableite, gelte daher nur mit
dieser zeitlichen und örtlichen Einschränkung.

    Für eine solche Beschränkung des Gebrauches ist den Feststellungen des
Handelsgerichtes indes nichts zu entnehmen. Sie wäre rechtlich übrigens
unbeachtlich. Der Gebrauch durch die Firma Fontanellaz in Bern gilt für die
ganze Schweiz. Die Auffassung der Vorinstanz sodann, für den Fortbestand
des Rechtes an der Marke genüge, dass diese tatsächlich, wenn auch in
geringem Umfange gebraucht werde, verletzt das Gesetz ebenfalls nicht;
es entstände gegenteils die Gefahr erheblicher Rechtsunsicherheit,
wenn der Bestand des Rechtes laufend von der Einhaltung des üblichen
Absatzes der mit der Marke versehenen Ware abhängig gemacht würde (BGE
81 II 287). Schon deshalb geht es nicht an, die für die Entstehung eines
Wettbewerbsverhältnisses geltenden Kriterien, so insbesondere den Betrieb
eines Geschäftes in nennenswertem Umfang (BGE 79 II 314 Erw. 2b, 90 II 199
und 320, 98 II 62), auf das Markenschutzrecht zu übertragen, wo das Recht
an einem Warenzeichen schon durch den markenmässigen Gebrauch erworben
werden kann. Das Recht am Zeichen bleibt bestehen, solange der Gebrauch
durch den Berechtigten andauert. Dabei genügt auch ein geringer Umsatz von
Waren, wenn der Berechtigte den ernsthaften Willen hat, jedes auftretende
Bedürfnis des Marktes zu befriedigen (BGE 81 II 287; H. DAVID, N. 8 zu
Art. 5 MSchG). Dies gilt umsomehr, als das Gesetz das einmal entstandene
Recht sogar während eines dreijährigen Nichtgebrauches der Marke schützt
(Art. 9 MSchG).

    BGE 100 II 233/4 steht dem nicht entgegen. Dort ging es um die Frage,
ob ein Zeichen, das nur auf Exportgütern verwendet wird, gegenüber
einer im schweizerischen Markt gebrauchten Marke ein Vorrecht geniessen
könne. Die Frage wurde mit der Begründung verneint, das blosse Anbringen
einer Marke auf Waren, die ausschliesslich für den Export bestimmt
sind, gelte nach schweizerischer Auffassung nicht als markenmässiger
Gebrauch. Im vorliegenden Fall wurden die mit den Marken versehenen Weine
jedoch eingeführt und in der Schweiz vertrieben, die Marken also auch hier
benützt. Dazu gehören übrigens nicht bloss Lieferungen an Detailhändler,
sondern auch der Vertrieb an das kaufende Publikum; warum dieser vom
Gebrauch im Sinne des Markenschutzgesetzes ausgenommen werden sollte,
ist nicht zu ersehen, zumal das Interesse des letzten Käufers, nicht
getäuscht zu werden, bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine
erhebliche Rolle spielt (BGE 92 II 275 Erw. 3 mit Zitaten).

Erwägung 4

    4.- Für die Zeit vom 22. November 1955 bis 1967, als die Firma Da
Silva ihre Ware durch die Mövenpick-Gruppe vertreiben liess, nahm das
Handelsgericht an, der Beweis für einen rechtsgenügenden Gebrauch der
Portweinmarken in der Schweiz könne nicht als erbracht gelten; das durch
die frühere Ingebrauchnahme erworbene Prioritätsrecht der Firma sei
daher nach Ablauf der dreijährigen Frist, die am 16. Oktober 1957 mit
der Hinterlegung der Marken begonnen habe, untergegangen und die seit
1948 ununterbrochen gebrauchte Kollektivmarke der Klägerin sei daraufhin
gültig geworden.

    a) Die Klägerin wirft dem Handelsgericht Verletzung von Art. 9 MSchG
vor, dem nichts dafür zu entnehmen sei, dass die am 16. Oktober 1957
erfolgte Hinterlegung einen mehr als drei Jahre dauernden Nichtgebrauch
der Portweinmarken heilen könne. Sie geht dabei von der Annahme aus,
die Marken seien in der Schweiz schon seit 1953 nicht mehr verwendet
worden; sie lässt also die Lieferung vom 22. November 1955 an einen
Kunden in La Chaux-de-Fonds ausser acht. Die Vorinstanz erblickte in
dieser Lieferung indes zu Recht einen Gebrauch im Sinne von Art. 9 MSchG,
weshalb die Portweinmarken bis zu ihrer Eintragung am 16. Oktober 1957
nicht untergingen und der Anspruch der Klägerin auf gerichtlichen Schutz
ihrer Kollektivmarke noch nicht entstehen konnte.

    Mit der Hinterlegung der Portweinmarken begann sodann, wie die
Vorinstanz zutreffend annimmt, eine dreijährige Karenzfrist zugunsten
der Firma Da Silva. Art. 9 MSchG gilt sowohl für eingetragene wie für
schon gebrauchte, aber noch nicht eingetragene Marken; diesfalls kann
der Berechtigte mit Hilfe der Eintragung den gesetzlichen Schutz für die
Dauer von drei Jahren erwirken, dem Ablauf der Frist also vorbeugen,
wenn er die Marke vorübergehend nicht mehr verwendet hat (vgl. BGE
100 II 236). Es lässt sich deshalb entgegen den Einwänden der Klägerin
nicht sagen, die dreijährige Karenzfrist vom Hinterlegungsdatum an sei
nur für den vorgesehen, der die Marke eintragen lasse, aber noch nicht
gebrauche. Träfe dies zu, so würde derjenige, der eine Marke schon vor der
Eintragung benützt, schlechter gestellt als derjenige, der ein Zeichen
bloss hinterlegt, aber nicht gebraucht. Dies widerspräche dem System
des Gesetzes, wonach das Prioritätsrecht nicht dem ersten Hinterleger,
sondern dem Vorbenutzer zukommt.

    Wenn der letzte Gebrauch vor der Hinterlegung fast drei Jahre
zurückliegt und nachher fast wieder drei Jahre bis zur ersten Benutzung
verstreichen, heisst das freilich, dass eine Marke geschützt bleibt,
obschon sie während nahezu sechs Jahren nicht verwendet wird. Das ist
jedoch die Folge davon, dass die Hinterlegung die gleiche Wirkung hat wie
der markenmässige Gebrauch, der ihr vorausgeht. Nach MATTER (Kommentar
zum MSchG S. 148/9) ist die Eintragung denn auch einem ersten Akt der
Benutzung gleichzusetzen. Ist eine Marke schon vorher verwendet worden,
so hat die Hinterlegung den Sinn eines neuen Gebrauches, der das Recht an
der Marke ebenfalls wahrt, wenn ein anderer inzwischen kein besseres Recht
erworben hat. Dies war hier nicht der Fall. Die Auffassung der Vorinstanz,
mit der Eintragung der Portweinmarken habe eine neue Karenzfrist zugunsten
der Firma Da Silva zu laufen begonnen, ist deshalb nicht zu beanstanden.

    b) Mit der Wendung, für die Zeit von 1955 bis 1967 könne der Nachweis
für eine rechtsgenügende Benützung der Portweinmarken in der Schweiz nicht
als erbracht gelten, hat das Handelsgericht nicht einen Nichtgebrauch
der Marken festgestellt, wie die Klägerin geltend macht. Das folgt
insbesondere nicht aus seinen Erwägungen über die Aussagen des Zeugen van
Zeller, der sich ausdrücklich ausserstande erklärte, mit Bestimmtheit
Lieferungsunterbrüche von drei Jahren oder mehr zu verneinen. Die
Beweiswürdigung der Vorinstanz kann vielmehr nur dahin verstanden werden,
dass ein rechtsgenügender Gebrauch der Marken von 1955 bis 1967 sich mit
Sicherheit weder bejahen noch verneinen liess, also beweislos geblieben
ist. Wer die Folgen davon zu tragen hat, ergibt sich aber nicht aus der
Beweislosigkeit, sondern aus der Beweislast, welche das Handelsgericht
nach der Auffassung der Beklagten falsch verteilt haben soll.

    Die Beklagte behauptete im kantonalen Verfahren, die klägerische
Kollektivmarke habe wegen der älteren Portweinmarken durch die Hinterlegung
nicht gültig entstehen können. Da sie daraus Rechte ableitete, hatte
sie gemäss Art. 8 ZGB ihre Behauptung zu beweisen. Dieser Beweis ist
der Beklagten gelungen. Indem das Handelsgericht ihr darüber hinaus die
Beweislast dafür auferlegte, dass die älteren Marken ohne unentschuldigte
Unterbrechung von mehr als drei Jahren bis 1967 in der Schweiz gebraucht
wurden, machte es eine Einrede der Klägerin zum Beweisthema; für diese
Tatsache war nicht die Beklagte, sondern die Klägerin beweispflichtig. Denn
die Löschung einer Marke wegen Nichtgebrauchs während dreier Jahre ist
nach Art. 9 MSchG auf Klage einer interessierten Partei anzuordnen,
die den Nichtgebrauch nicht bloss zu behaupten, sondern auch zu beweisen
hat (H. DAVID, Kommentar zum MSchG, N. 9 zu Art. 9). Im Supplement dazu
(S. 62) stellt L. DAVID dies nicht in Frage; er führt nur ergänzend aus,
der Markeninhaber sei nach Treu und Glauben verpflichtet, zur Abklärung
des Sachverhaltes beizutragen und den Gebrauch nach Möglichkeit zu
belegen. Damit behandeln diese Autoren den Fall, in dem nur zwei Marken im
Spiele stehen und der Inhaber der jüngeren den Nichtgebrauch der älteren,
also eine sog. negative Tatsache nachzuweisen hat (vgl. BGE 66 II 147,
76 II 71, 95 II 233). Im vorliegenden Fall geht es dagegen um ältere
Marken eines Dritten, nämlich der Firma Da Silva, die auf Begehren
der Beklagten veranlasst worden ist, durch Zeugen und Urkunden den
Gebrauch der Portweinmarken darzutun, was eine Mitwirkung der Beklagten
weitgehend erübrigte. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Klägerin
grundsätzlich den angeblichen Nichtgebrauch der älteren Drittmarken zu
behaupten und zu beweisen hatte, da sie aus dieser Tatsache das Erlöschen
des Rechtsschutzes ableitete, den die Marken durch die Vorbenutzung und die
Eintragung erlangt hatten (BGE 97 II 343; KUMMER, N. 125 zu Art. 8 ZGB).

    Dasselbe folgt daraus, dass die Klägerin dem von der Beklagten
bewiesenen prioritätsbegründeten Gebrauch der Portweinmarken einredeweise
eine rechtsvernichtende Tatsache entgegengehalten hat. Der Beweis für
solche Tatsachen obliegt nach der allgemeinen Regel des Art. 8 ZGB dem,
der den Untergang des Rechtes behauptet. Dass der Hauptbeweis den Bestand
von Drittrechten und die Einrede den angeblichen Untergang dieser Rechte
betreffen, schliesst die Anwendung der allgemeinen Regel nicht aus
(vgl. GULDENER, Beweiswürdigung und Beweislast, S. 28 Ziff. 1; KUMMER,
N. 130 und 160 zu Art. 8 ZGB).

    Dazu kommt, dass die Firma Da Silva nicht bloss Vorbenützerin, sondern
erste Hinterlegerin war. Die Eintragung der klägerischen Kollektivmarke
für Genussmittel war ungültig und konnte nach dem, was bereits feststeht,
jedenfalls vor dem 16. Oktober 1960 nicht wirksam werden. Die Firma
Da Silva hatte daher als erste Hinterlegerin die Vermutung für sich,
dass sie die wahre Berechtigte sei (Art. 5 MSchG). Auch deshalb traf
nicht die Beklagte die Last des Beweises, dass die Portweinmarken in
den sechziger Jahren in der Schweiz mangels Gebrauches untergingen;
dies zu behaupten und darzutun, war vielmehr Sache der Klägerin. Die
gesetzliche Vermutung ist in einem gerichtlichen Verfahren selbst dann
zu berücksichtigen, wenn sie zugunsten einer Drittmarke besteht, die
erwiesenermassen vor ihrer Hinterlegung im Sinne des Gesetzes gebraucht
worden ist. Dadurch unterscheidet der vorliegende Fall sich denn auch von
dem in BGE 17 S. 262 veröffentlichten, auf den MATTER (S. 93 Ziff. II
am Ende) verweist. Dort berief die Beklagte sich auf die gesetzliche
Vermutung zugunsten einer Drittfirma, wies den Gebrauch der Marke aber
nicht nach. Entgegen L. DAVID (Supplement S. 47 N. 16 zu Art. 5 MSchG)
kommt es daher nicht notwendig auf den Zeitpunkt der Eintragung an. Eine
Marke, die im Zeitpunkt der Eintragung wegen Verwechslungsgefahr mit
einer älteren nichtig war, kann gemäss BGE 83 II 219 erst gültig werden,
wenn die ältere wegen Nichtgebrauchs untergeht oder infolge Verzichts
gelöscht wird (vgl. TROLLER, Kurzlehrbuch des Immaterialgüterrechts,
S. 121; H. DAVID, N. 16 und 17 am Ende zu Art. 5 MSchG).

    c) Hatte somit die Klägerin zu behaupten und zu beweisen, dass die
Portweinmarken nach der Hinterlegung in der Schweiz nicht mehr im Sinne des
Gesetzes gebraucht wurden, so hat die Vorinstanz zu Unrecht angenommen,
die Beklagte habe die Folgen davon zu tragen, dass der Beweis nicht als
erbracht gelten könne. Das angefochtene Urteil ist deshalb gestützt auf
Art. 64 Abs. 1 OG aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an das
Handelsgericht zurückzuweisen. Seinem Urteil ist nicht zu entnehmen, ob die
Klägerin sich durch die Beweisverfügung vom 9. November 1970 irreführen
liess oder ob sie die Einrede des Nichtgebrauches prozesskonform
erhoben hat. Das Handelsgericht hat sie unter diesem Vorbehalt zum
Beweise zuzulassen, dass die Markenrechte der Firma Da Silva nach dem
16. Oktober 1957, als die Portweinmarken international registriert wurden,
mangels rechtsgenügenden Gebrauchs der Zeichen in der Schweiz erloschen
sind. Falls die Klägerin dafür Beweise anbietet, darf der Beklagten nicht
verwehrt werden, Gegenbeweise einzureichen. Dass die Beklagte gegen das
Urteil des Handelsgerichtes über ihr Revisionsgesuch Kassationsbeschwerde
eingereicht hat, steht dem nicht im Wege, sondern macht den Entscheid
des Kassationsgerichtes allenfalls gegenstandslos.

Erwägung 5

    5.- Ist das angefochtene Urteil schon aus diesen Gründen aufzuheben,
so kann offen bleiben, ob die klägerische Kollektivmarke auch deshalb
nichtig sei, weil die Marken "DaSilva" und "BraSilva" der Firma Weitnauer
Trading Company Ltd. in Basel angeblich 1955 für Tabakwaren in Gebrauch
genommen worden sind, wie die Beklagte behauptet.

    Ebensowenig braucht geprüft zu werden, ob die Klage auch nach
Namensrecht begründet wäre, wie die Klägerin im Berufungsverfahren
geltend machte. Das angefochtene Urteil enthält keine Feststellungen zu
dieser Frage. Dies gilt insbesondere von der Behauptung der Klägerin,
der Bestandteil "Silva" ihrer Firmenbezeichnung sei im Geschäftsverkehr
sogar zu ihrem Kurznamen geworden. Den Sachverhalt in dieser Beziehung
zu ergänzen und ihn darauf hin zu prüfen, ob die Klage allenfalls aus
namensrechtlichen Gründen gutzuheissen sei, ist Sache des Handelsgerichts,
das sich ohnehin nochmals mit dem Fall befassen muss.

Entscheid:

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des
Handelsgerichtes des Kantons Zürich vom 13. September 1974, soweit es
angefochten ist, aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne
der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.