Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 IB 64



102 Ib 64

13. Auszug aus dem Urteil vom 30. Januar 1976 i.S. Borri und Konsorten
gegen Staatsrat des Kantons Wallis Regeste

    Gewässerschutz: BG vom 8. Oktober 1971 (GSchG); Allgemeine
Gewässerschutzverordnung des Bundesrates vom 19. Juni 1972 (AGSchV).

    - GSchG als Rechtsgrundlage für eine kantonale Abbruchverfügung.

    - Bewilligung für den Bau von Hütten, die der Alpwirtschaft dienen:
Auslegung des revidierten Art. 27 AGSchV; sachliches Bedürfnis und
Notwendigkeit des Bauens ausserhalb der Bauzone; Zweckentfremdungsverbot.

Sachverhalt

    A.- In der Gemeinde Blatten im Lötschental befindet sich auf ungefähr
2000 m Höhe die Alpe Gugginen. Sie liegt oberhalb der Fafleralp und
gehört der Geteilschaft der Alpe Gugginen, einer kantonalrechtlichen
Korporation. Der Zweck der Geteilschaft besteht in der Regelung der Wald-
und Weidennutzung. Die Geteilen können auf der Alp Bauten errichten. Im
Raume des Guggistafels, d.h. des bewohnten Teils der Guggialp, stehen
mehrere, zum Teil verfallene Alphütten. Das Gebiet der Guggialp ist in eine
provisorische Schutzzone nach den Bestimmungen des Bundesbeschlusses vom
17. März 1972 über dringliche Massnahmen auf dem Gebiete der Raumplanung
(BMR) eingewiesen. Nicht eingewiesen ist der bewohnte Teil der Alp, der
Guggistafel. Dieser gehört zu den "nicht ausgeschiedenen Zonen" gemäss
Art. 2 Ziff. 2 der kantonalen Vollziehungsverordnung zum BMR. Nach
Art. 7 dieser Verordnung bedürfen Baubewilligungen in solchen nicht
ausgeschiedenen Zonen der Zustimmung des Staatsrates.

    Verschiedene Geteilen erstellten in den Jahren 1972/73 Alphütten auf
dem Guggistafel, ohne ordnungsgemäss ein Bewilligungsverfahren nach den
Bestimmungen des kantonalen und kommunalen Baurechts einzuhalten. Als
die kantonalen Baupolizeibehörden hievon erfuhren, verfügten sie die
sofortige Baueinstellung und den Abbruch der widerrechtlich erstellten
Bauten. Die Betroffenen wandten sich dagegen an den Staatsrat des Kantons
Wallis. Dieser wies sämtliche Beschwerden gestützt auf die eidgenössische
Gewässerschutzgesetzgebung ab und bestätigte die Abbruchverfügung. Gegen
seine Entscheide richten sich die beim Bundesgericht eingereichten
Beschwerden. Das Bundesgericht heisst die Beschwerden, soweit auf diese
einzutreten war, gut und hebt die angefochtenen Entscheide des Staatsrates
im Sinne der Erwägungen auf.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Die vier angefochtenen Entscheide des Staatsrates ordnen
den Abbruch von Alphütten an, für die eine Baubewilligung nicht erteilt
worden war. Der Abbruchbefehl wird zur Hauptsache damit begründet, dass
eine vorgängige Baubewilligung fehlt und eine nachträgliche aufgrund von
Art. 20 GSchG nicht erteilt werden kann. Kantonalrechtliche Gründe, die
der Bewilligung entgegenstehen, werden nicht angerufen. Daraus folgt,
dass die angefochtenen Entscheide materiell gestützt auf Bundesrecht,
d.h. die eidgenössische Gewässerschutzgesetzgebung ergangen sind.

    Das GSchG enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, was mit
Bauten zu geschehen hat, die ohne Bewilligung errichtet worden sind und
deren Bestand der eidgenössischen Gewässerschutzgesetzgebung widerspricht,
wohl aber das kantonale Baurecht in Art. 19 der Verordnung vom 13. Januar
1967 über die Organisation und die Befugnisse der kantonalen Baukommission,
die sich auf das kantonale Baugesetz vom 19. Mai 1924 stützt. Indessen
obliegt nach Art. 5 GSchG der Vollzug der Gewässerschutzgesetzgebung den
Kantonen. Sie haben die zur Erreichung der in Art. 2 GSchG genannten Ziele
erforderlichen Massnahmen zu treffen und können gemäss Art. 7 GSchG die
angeordneten Massnahmen erzwingen, nötigenfalls auf Kosten der Pflichtigen
selber durchführen. Art. 20 GSchG setzt voraus, dass Bauten ausserhalb des
Baugebiets nur mit Bewilligung errichtet werden können. Die Kantone sind
daher, selbst wenn im kantonalen Recht hiefür keine gesetzliche Grundlage
vorhanden wäre, verpflichtet, ein Baubewilligungsverfahren für jede Baute
durchzuführen, gleichgültig, wo sich diese befindet. Ist für eine Baute
keine Bewilligung erteilt bzw. eingeholt worden und kann eine solche auch
nachträglich nicht zugestanden werden, weil dem Bauvorhaben Bestimmungen
der eidgenössischen Gewässerschutzgesetzgebung entgegenstehen, so muss
die Entfernung der Baute schon gestützt auf das GSchG, also aus Gründen,
die im Bundesrecht liegen, verfügt werden (vgl. Urteil Schulthess
und Wullschleger vom 11. Oktober 1974 E. 5), wobei die allgemeinen
verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Prinzipien des Bundesrechts, zu
denen die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und des Schutzes des guten
Glaubens gehören, zu berücksichtigen sind (vgl. BGE 101 Ib 316 E. 3). Gegen
derartige Abbruchverfügungen ist somit die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
nach Massgabe der Art. 97 ff. OG zulässig, soweit mit dem Rechtsmittel
gerügt wird, die angefochtene Verfügung verletze Verwaltungs- oder
anderes öffentliches Recht des Bundes, bzw. stütze sich, soweit die
Anwendung von Bundesrecht in Frage steht, auf eine unrichtige oder
unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts. In diesem
Zusammenhang kann mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte, wie beispielsweise des Verbots der Willkür,
des Anspruchs auf rechtliches Gehör, der Eigentumsgarantie und anderer,
gerügt werden. Denn insoweit übernimmt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
die Aufgaben der staatsrechtlichen Beschwerde (BGE 99 V 57 E. 3 und 60
E. a). Soweit die Verletzung solcher verfassungsmässiger Rechte behauptet
wird, ist eine staatsrechtliche Beschwerde nicht zulässig.

    Im vorliegenden Streit um den Abbruchbefehl für die Alphütten
auf Guggialp sind die Beschwerdeführer nach Art. 103 lit. a OG
zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt. Hinsichtlich Bregy
ist anzunehmen, dass er nicht für sich persönlich, sondern für die
Erbengemeinschaft handelt. Er ist überdies im Urteilszeitpunkt mündig,
so dass der Einwand, es hätte auch der Vormund im Beschwerdeverfahren
angegeben werden sollen, hinfällig wird. Die Beschwerdeführer Bregy
und Borri haben neben der Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch eine
staatsrechtliche Beschwerde eingereicht, mit der sie die Verletzung von
Art. 4 BV sowie teilweise von Art. 22ter BV rügen. Diese Rügen stehen
aber in unmittelbarem Zusammenhang mit der Anwendung des GSchG. Sie
hätten demzufolge im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht
werden können. Auf diese staatsrechtlichen Beschwerden ist somit nicht
einzutreten.

    b) Willy und Kilian Hildbrand haben gegen den sie betreffenden
Staatsratsbeschluss bloss staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Diese
stützt sich sachlich auf das GSchG. In ihrer staatsrechtlichen Beschwerde
tragen die Beschwerdeführer keine Gründe vor, die sie nicht mit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde hätten geltend machen können. Ihre
staatsrechtliche Beschwerde ist somit unzulässig. Indes kann das
Rechtsmittel nach der Rechtsprechung als Verwaltungsgerichtsbeschwerde
entgegengenommen werden (BGE 98 Ib 87 E. 1a mit Hinweis); im Grunde
behaupten nämlich die Beschwerdeführer, der Staatsrat habe das GSchG
unrichtig auf ihr Bauvorhaben angewendet. Die formellen Voraussetzungen der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wurden mit der Eingabe der Beschwerdeführer
erfüllt.

    Nach dem Ergebnis der Parteibefragung steht fest, dass die erstellte
Baute nicht Vater und Sohn Hildbrand gehört und auch nicht von diesen
erstellt worden ist. Sie haben darüber keine Verfügungsgewalt; diese liegt
bei Hans Käslin. Der materielle Gehalt des Abbruchbefehls trifft ihn und
er hat ein schutzwürdiges Interesse, die Bundesrechtsmässigkeit dieser
Verfügung durch das Bundesgericht überprüfen zu lassen (Art. 103 lit. a
OG). Ein gegen Willi und Kilian Hildbrand gerichteter Abbruchbefehl
wäre denn auch gar nicht durchsetzbar; Adressat der Verfügung musste
vielmehr Hans Käslin sein. Dieser ist in Anwendung von Art. 40 OG
in Verbindung mit Art. 17 BZP in die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
als Partei eingetreten (F. GYGI, Verwaltungsrechtspflege und
Verwaltungsverfahren im Bund, 2. Aufl., S. 93). Hans Käslin wurde
Gelegenheit zur Stellungnahme durch eine Eingabe geboten. Die von ihm
daraufhin als Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereichte Rechtsschrift
ist als solche Eingabe zu behandeln. Willy und Kilian Hildbrand scheiden
als Parteien aus dem Verfahren aus.

Erwägung 4

    4.- Nach Art. 20 GSchG dürfen Bewilligungen für Bauten ausserhalb
der Bauzonen oder des durch ein Generelles Kanalisationsprojekt (GKP)
abgegrenzten Gebietes nur erteilt werden, wenn dafür ein sachlich
begründetes Bedürfnis gegeben ist. Was als sachlich begründetes Bedürfnis
zu werten ist, wird in Art. 27 AGSchV näher ausgeführt. Diese Bestimmung
gilt seit dem 1. Januar 1975 in einer gegenüber der ursprünglichen
Umschreibung geänderten Fassung.

    Das revidierte GSchG vom 8. Oktober 1971 ist seit dem Inkrafttreten
am 1. Juli 1972 auf alle damals noch hängigen Verfahren anwendbar
(BGE 101 Ib 298 E. 2; 99 Ib 152 E. 1; 99 Ia 124 E. 9). In den hier zu
beurteilenden Fällen handelt es sich jedoch nicht um ein eigentliches
Bewilligungsverfahren; streitig ist der von den kantonalen Behörden
angeordnete Abbruch von Bauten, für die eine Bewilligung nicht eingeholt
bzw. verweigert worden ist.

    Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung hat der Abbruch von
Bauten trotz fehlender Baubewilligung zu unterbleiben, wenn die Baute
materiell nicht baurechtswidrig ist und nachträglich bewilligt werden
kann. Bei der Prüfung der Frage, ob eine Baute bei rechtzeitiger Einholung
des Baugesuches hätte bewilligt werden können, ist grundsätzlich auf den
Rechtszustand abzustellen, der im Zeitpunkt der Errichtung der Baute galt
(Urteil Ganz vom 26. März 1975 E. 5). Eine Ausnahme rechtfertigt sich,
wenn bei der Beurteilung einer Abbruchverfügung ein milderes Recht gilt,
nach dem die Baute zulässig wäre. Es wäre nämlich sinnwidrig, eine ohne
Bewilligung erstellte Baute abbrechen zu lassen, obgleich sie anschliessend
in gleicher Weise wieder aufgebaut werden dürfte. Für den vorliegenden Fall
hat das zur Folge, dass die Beschwerdefälle - entgegen der vom Staatsrat
vertretenen Ansicht - nach den Bestimmungen der revidierten AGSchV zu
beurteilen sind, sofern sich deren Vorschriften im Verhältnis zu jenen,
die im Zeitpunkt der vorschriftswidrigen Errichtung der Bauten in Kraft
standen, als weniger streng erweisen. Da der revidierte Art. 27 AGSchV
darauf verzichtet, eine Ausnahmebewilligung nur zu gestatten, wenn der
Gesuchsteller auf das geplante Werk dringend angewiesen ist, kann die neue
Ordnung in dieser Hinsicht als milder betrachtet werden. Die Begründung,
welche vor allem dem Beschwerdeführer Steiner entgegengehalten wurde,
er sei nicht dringend auf die Baute angewiesen, erweist sich darum als
hinfällig.

    Das neue Recht ist auch insofern milder, als es nicht mehr verlangt,
das öffentliche Interesse müsse für den abgelegenen Standort sprechen; es
ist nur noch nötig, dass dem Bau in abgelegener Gegend keine öffentlichen
Interessen entgegenstehen.

Erwägung 5

    5.- a) Es steht ausser Zweifel, dass die vier umstrittenen Alphütten
ausserhalb der Bauzone von Blatten liegen und auch nicht in ein GKP
einbezogen worden sind. Den Akten ist zu entnehmen, dass man in Blatten
im Jahre 1973 erwogen hat, auf dem Guggistafel eine Ferienhauszone zu
bilden. Zurzeit ist davon nicht mehr die Rede.

    b) Nach Art. 27 Abs. 1 der AGSchV in der Fassung vom 6. November
1974 gilt das Bedürfnis für einen Neu- oder Umbau ausserhalb der Bauzonen
bzw. des durch das GKP abgegrenzten Gebietes dann als sachlich begründet,
wenn dessen Zweckbestimmung den beanspruchten Standort ausserhalb der
Bauzonen bzw. des GKP bedingt und dem Bauvorhaben keine überwiegenden
öffentlichen Interessen entgegenstehen.

    Hinsichtlich von Alphütten, die tatsächlich durch den Alpbetrieb
notwendig werden, ist das sachliche Bedürfnis für einen Neu- oder Umbau
zu bejahen und selbstverständlich auch die Notwendigkeit des Bauens
ausserhalb der Bauzone, sofern das Wirtschaftsgebiet ausserhalb derselben
liegt. Art. 27 Abs. 2 AGSchV erwähnt Landwirtschaftsbetriebe als Anlagen,
für die ein sachlich begründetes Bedürfnis bejaht werden kann. Es stehen
in der Regel einem solchen Neu- oder Ausbau auch keine überwiegenden
öffentlichen Interessen entgegen, obwohl in einzelnen Fällen gewichtige
Gründe des Natur- und Heimatschutzes oder andere Umstände einen Bau
als unerwünscht erscheinen lassen. Auf dem Guggistafel gibt es Gründe
der letztern Art nicht; jedenfalls beruft sich der Staatsrat nicht auf
solche. Das EDI macht überzeugend geltend, dass das öffentliche Interesse
sogar dafür spricht, dass die Bewirtschaftung abgelegener Alpweiden
fortgesetzt wird. Ist für die Weiterbewirtschaftung der Bau von Alphütten
nötig, kann für sie das sachlich begründete Bedürfnis bejaht werden. Dabei
erscheint es unerlässlich, die nötigen Wohnräumlichkeiten einzubauen,
wenn für die ordnungsgemässe Bewirtschaftung ein längeres Verweilen der
Bewirtschafter auf der Alp erforderlich ist und diese von den Wohngebieten
fern abliegt, was auf die in Frage stehende Alp zutrifft. Es muss dann
in Kauf genommen werden, dass die Hütte auch in einem gewissen Umfang
als Wochenend- oder Ferienhaus für die Familie gebraucht wird. In den
Berggebieten fallen häufig die Sommer-Schulferien weitgehend mit der
Bewirtschaftungsperiode hochgelegener Alpweiden zusammen.

    Nach dem Ergebnis des Augenscheins ist nicht zweifelhaft, dass
mindestens die für Steiner, die Familie Bregy und Borri bestimmten
Alphütten vorwiegend der landwirtschaftlichen Nutzung der Alp
dienen. Für die Baute Käslin ist das nicht derart augenfällig,
so dass über ihren Weiterbestand gesondert zu befinden ist. Bei der
Beurteilung der beabsichtigten Nutzung ist von den in der betreffenden
Region herkömmlichen Bewirtschaftungsformen auszugehen. Die in den
wenig ergiebigen Berggebieten ansässige Bevölkerung lebt auch heute
noch häufig in sehr einfachen Verhältnissen und ist auf die Ausnützung
bescheidener Bewirtschaftungsmöglichkeiten angewiesen, sei es auch nur
neben einer sonstigen Haupttätigkeit, d.h. im Nebenberuf (BGE 100 Ib
92 E. 5). Das gilt teilweise auch für die Bewohner der Rhoneebene,
die nebenbei Landwirtschaft betreiben. Sie sind darauf angewiesen, im
Sommer ihren kleinen Viehbestand auf Alpweiden halten zu können. Die
von den Beschwerdeführern Steiner, Bregy und Borri beabsichtigte Nutzung
entspricht den in jener Gegend althergebrachten Wirtschaftsformen. Die
zwei bestehenden Bauten sowie die angefangene, aber noch nicht fertig
erstellte, sind auf Sömmerung eines kleinen Viehbestandes während kurzer
Zeit ausgerichtet. Die Wohnungseinrichtungen der beiden fertig gebauten
Alphütten sind von grösster Einfachheit, ebenso ihre Innenausstattung. Die
Baukosten für die beiden Häuser bewegen sich nach den glaubwürdigen Angaben
der Erbauer, deren Eigenleistung nicht eingerechnet, zwischen Fr. 10'000.--
und Fr. 25'000.--. Fliessendes Wasser und elektrischer Strom fehlen und
Anschlussmöglichkeiten an irgendwelche Abwasserbeseitigungsanlagen sind
nicht gegeben. Die hygienischen Einrichtungen halten sich deshalb in einem
äusserst einfachen Rahmen. WC-Anlagen sind zurzeit nicht vorhanden. Die
Wohnungen sind selbst für Leute mit sehr geringen Komfortansprüchen kaum
zur Verwendung als Ferienwohnungen geeignet. Da eine für alle Alpbenützer
zur Verfügung stehende genossenschaftliche Unterkunftsmöglichkeit fehlt,
ist der Bau von betriebseigenen Unterkunftsmöglichkeiten unerlässlich,
wenn das Vieh dort gesömmert werden soll. Ein täglicher Auf- und
Abstieg auf die Fafleralp, nach Blatten oder gar ins Rhonetal wäre
unzumutbar. Die Bauten können daher als standortgebunden im Sinne von
Art. 27 Abs. 1 AGSchV betrachtet werden. Öffentliche Interessen, die
ihrem Bestand entgegenstehen, sind nicht ersichtlich; es ist im Gegenteil
ein gewisses öffentliches Interesse am Bestand der Alphütten in dieser
Gegend gegeben. Damit wird - wie bereits erwähnt - die bestimmungsgemässe
Weiternutzung der Alp in der herkömmlichen Art erleichtert. Dem steht
die Zwecksetzung der eidgenössischen Gewässerschutzgesetzgebung nicht
entgegen. Es hiesse nämlich deren Sinn und Zweck verkennen, wenn, gestützt
auf Art. 20 GSchG und Art. 27 AGSchV, herkömmliche Bewirtschaftungsformen
von der hier zur Diskussion stehenden Art erschwert, geändert oder
verhindert würden.

    Das eben Ausgeführte trifft auch für den weiteren Aufbau des Hauses
Borri zu. Borri besitzt zurzeit 13 Schafe und eine Kuh; im Sommer will
er nach glaubwürdiger Versicherung das Vieh auf der Alp sömmern.

    Aufgrund des geltenden Rechts steht daher der Erteilung einer
Ausnahmebewilligung vom gewässerschutzpolizeilichen Standpunkt her nichts
im Wege. Es braucht deshalb auch nicht weiter untersucht zu werden, ob die
Bauten schon bewilligt werden müssten, weil sie noch vor dem Inkrafttreten
des revidierten GSchG begonnen wurden oder weil die Beschwerdeführer
sich im guten Glauben darauf verlassen durften, es bedürfe, wie dies
offenbar bisheriger Übung entsprach, in sehr abgelegenen Gegenden wie
dem Guggistafel keiner formellen Baubewilligung für die Errichtung einer
Baute. Sämtliche weiter beantragten Beweismassnahmen erweisen sich bei
dieser Sachlage als überflüssig, nachdem der Augenschein für die hier zu
entscheidenden Rechtsfragen hinreichenden Aufschluss gegeben hat.

    c) Unzulässig wären die Bauten allerdings dann, wenn die vorgesehene
Bewirtschaftung bloss vorgeschoben, in Wirklichkeit aber die Erstellung von
Wohn- oder Ferienhäusern beabsichtigt wäre. Bei der Schaffung von Art. 20
GSchG wurde bewusst ein Ziel der Raumplanung verfolgt. Es sollte verhindert
werden, dass ausserhalb des Baugebietes weit verstreut zahlreiche
Wohnhäuser (insbesondere Wochenend- und Ferienhäuser), die nicht an einen
solchen abgelegenen Standort gebunden sind, errichtet werden. Es besteht
die Gefahr, dass diese Zwecksetzung umgangen wird, wenn finanzkräftige
Leute sich durch Kauf und entsprechende Umgestaltung landwirtschaftlicher
Kleinheimwesen eine Wohnung ausserhalb des Baugebietes zu verschaffen
suchen, ohne dass sie die Landwirtschaft weiterzuführen gedenken. Das ist
zu verhindern (BGE 100 Ib 91 E. 4). Eine derart verbotene Zweckentfremdung
ist bei den drei Häusern jedoch nicht ernstlich zu befürchten. Die
Guggialp kann nur in den Hochsommermonaten bewohnt werden. Sie ist
völlig unerschlossen und wird es auf absehbare Zeit bleiben, weil die
erwachsenden Erschliessungskosten enorm wären. Zur Fafleralp besteht keine
Strassenverbindung, nicht einmal ein durchgehender, einigermassen leicht
begehbarer Fussweg. Der Aufstieg zu Fuss nimmt ungefähr eine halbe Stunde
in Anspruch. Einkaufsmöglichkeiten sind nicht vorhanden. Zuleitung von
Wasser und Elektrizität wäre ohne unverhältnismässig grossen Aufwand nur
bei einer Gesamtplanung möglich. Im Winter ist die Alp wegen der grossen,
sie selbst und die Zugänge bedeckenden Schneemassen unzugänglich. Dazu
ist sie im Winter lawinengefährdet, so dass ein Wohnen dort selbst bei
einer Gesamtplanung nur beschränkt möglich wäre. Bei den zurzeit gegebenen
Verhältnissen ist eine Zweckentfremdung praktisch ausgeschlossen.

    Um allfällige Missbrauchsmöglichkeiten weiter einzuschränken, sind
aber die zu erteilenden nachträglichen Baubewilligungen mit der Auflage zu
versehen, dass die Alphütten nur in Verbindung mit der alpwirtschaftlichen
Nutzung bewohnt werden dürfen. Die Beschwerdeführer sind mit einer solchen
Auflage einverstanden.

    Darüber hinaus verlangt die Gewässerschutzgesetzgebung, dass auch für
jeden späteren allfälligen Umbau der Alphütten eine Bewilligung eingeholt
wird (Art. 20 GSchG in Verbindung mit Art. 25 AGSchV).

    d) Hinsichtlich der Baute Käslin sind die tatsächlichen Umstände anders
geartet als bei den Bauten der drei übrigen Beschwerdeführer. Im Gegensatz
zu ihnen hat Käslin noch vor Baubeginn, aber nach dem Inkrafttreten des
revidierten GSchG um eine Baubewilligung nachgesucht bzw. durch Kilian
Hildbrand nachsuchen lassen. Er hat sodann den Eingang der kantonalen
Bewilligung nicht abgewartet, bevor er mit dem Bau begann, und hat diesen
zu Ende geführt, obwohl ihm die kantonale Bewilligung verweigert wurde. Ob
er deswegen Art. 40 GSchG übertreten oder wegen Übertretung kantonalen
Verwaltungsrechtes straffällig geworden ist, hat das Bundesgericht nicht
zu prüfen, da, auch soweit es um die Verletzung eidgenössischen Rechts
geht, die Strafverfolgung den Kantonen obliegt (Art. 43 GSchG). Auf den
Eventualantrag des Staatsrates, Käslin sei zu bestrafen, ist daher in
jedem Fall nicht einzutreten. Es erscheint immerhin nicht unglaubwürdig,
dass Käslin mit den Vorbereitungen für den Bau ebenfalls noch vor dem
Inkrafttreten des revidierten GSchG begonnen hat und dass eine Verzögerung
in der Erstellung dann eingetreten ist, weil ihm angeraten wurde, er
solle das Baugesuch durch Hildbrand stellen lassen, damit sein Vorhaben
bei der Geteilschaft keinen Widerstand auslöse.

    Hinsichtlich der angefochtenen Abbruchverfügung ist jedoch einzig
zu beurteilen, ob die Baute unter dem heutigen Rechtszustand bewilligt
werden kann oder nicht. Der Augenschein hat ergeben, dass das Haus
Käslin komfortabler ausgebaut ist als die Alphütten Steiner und
Bregy. Das ist darauf zurückzuführen, dass Käslin als Bauunternehmer
sich in gehobeneren wirtschaftlichen Verhältnissen befindet als die
drei andern Beschwerdeführer. Sein Haus enthält auch nicht nur eine,
sondern zwei Wohnungen, so dass die Vermutung nahe liegt, die zweite
Wohnung sei zur Ausmietung an Fremde bestimmt. Die Baukosten belaufen
sich nach den Angaben Käslins ohne Einbezug der Eigenleistungen auf etwa
Fr. 60'000.--. Beim Augenschein ist aber glaubwürdig dargetan worden, dass
die zweite Wohnung für den Bruder, Ernst Käslin, Versicherungskaufmann in
Bern, bestimmt ist, der ebenfalls in der Gegend aufgewachsen ist und seine
Jugendzeit im Sommer grossenteils auf der Alp verbracht hat. Die beiden
Brüder werden offensichtlich nur einen kleinen Teil ihrer Zeit für die
Landwirtschaft auf der Guggialp zur Verfügung stellen können. Hans Käslin
will aber die Alp während des Sommers durch einen Hirten bewirtschaften
lassen, der dann darauf angewiesen ist, eine der Wohnungen wenigstens
während der Woche benutzen zu können. Beim Augenschein war ersichtlich,
dass die für landwirtschaftliche Benutzung des Hauses erforderlichen
Räumlichkeiten vorhanden sind und das Gebäude objektiv sich für die
Benutzung als landwirtschaftliche Wohnstätte in dem auf der Alp möglichen
beschränkten Umfang eignet. Der Augenschein hat ferner ergeben, dass es
auf der Alp auch andere Alphütten mit zwei Wohnungen gibt, so dass das
Gebäude nichts Besonderes darstellt. Es ist auch zu berücksichtigen,
dass Käslin kein Ortsfremder, sondern in Gampel aufgewachsen ist und
schon seine Mutter, die am Augenschein teilnahm, Geteile war.

    Zusammenfassend ist zu erwägen, dass auch die von Käslin erstellte
Baute landwirtschaftlichen Zwecken dient und insofern standortgebunden
ist. Sie darf deshalb nach dem geltenden Recht ebenfalls erstellt
werden, so dass der Abbruch unterbleiben kann. Auch hinsichtlich der
nachträglich zu erteilenden gewässerschutzpolizeilichen Bauerlaubnis ist
die Auflage anzubringen, dass das Gebäude nur im Zusammenhang mit der
landwirtschaftlichen Nutzung bewohnt werden darf. Ebenfalls besteht für
einen allfälligen späteren Um- beziehungsweise Ausbau dieses Gebäudes die
Bewilligungspflicht nach Art. 20 GSchG in Verbindung mit Art. 25 AGSchV.

Erwägung 6

    6.- Nach Art. 20 GSchG ist die Baubewilligung nur zu erteilen, wenn
die Ableitung und Reinigung oder eine andere zweckmässige Beseitigung der
Abwässer gesichert ist und die Zustimmung der kantonalen Fachstelle für
Gewässerschutz vorliegt. Nach den Ergebnissen des Augenscheines drängen
sich keine besondern Massnahmen auf. Die Sammlung der geringen häuslichen
Abwässer in einer abflusslosen Grube genügt, sofern die Erstellung einer
solchen überhaupt nötig ist. Der Abwasseranfall wird vorderhand sehr gering
sein, weil fliessendes Wasser zur Versorgung der Bauten nicht zur Verfügung
steht und die Benutzungsdauer sich zurzeit über wenig mehr als zwei Monate
erstrecken wird. Ein fliessendes Gewässer ist nur im Talboden vorhanden.
Wird das Abwasser auf der Alpweide ausgebracht, so wird es, selbst wenn es
versickert, dieses Gewässer nur im gereinigten Zustand erreichen. Das ist
auch die Meinung des Vertreters des EDI. Die kantonale Gewässerschutzstelle
wird diesen Aspekt der Abwasserbeseitigung noch abzuklären haben. Sollten
in der Folge weitere Alphütten in grösserer Zahl erstellt werden, sind
die Verhältnisse neu zu überprüfen; allenfalls müssten dann Gruppen- oder
Einzelreinigungsanlagen vorgeschrieben werden. Für jeden weitern Bau ist
selbstverständlich das Bewilligungsverfahren einzuhalten. Auch sollten
im Interesse des Landschaftsschutzes über Lage, Gestaltung und Grösse
solcher Alphütten durch Geteilschaft, Gemeinde oder Kanton Vorschriften
erlassen werden.

Erwägung 7

    7.- Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die
Verwaltungsgerichtsbeschwerden des Peter Steiner, des Elias Bregy, des
Camill Borri sowie die als Verwaltungsgerichtsbeschwerde behandelte
staatsrechtliche Beschwerde des Willy und des Kilian Hildbrand
beziehungsweise des Hans Käslin gutzuheissen und die angefochtenen
Entscheide im Sinne der angestellten Erwägungen aufzuheben sind, weil
der in den vier Fällen verfügte Abbruch sich nach der eidgenössischen
Gewässerschutzgesetzgebung nicht rechtfertigt. Im Blick auf die
kommunale und kantonale Gesetzgebung werden sich die Beschwerdeführer
nunmehr um eine nachträgliche Bewilligung der Bauten bemühen müssen. Von
gewässerschutzpolizeilicher Seite wird die Bewilligung bei Auferlegung
des erwähnten Zweckentfremdungsverbots gewährt werden können. Ob
allenfalls andere Hindernisse aus dem kantonalen oder kommunalen Recht
der nachträglichen Bewilligung der Alphütten entgegenstehen, ist hier
nicht von Amtes wegen abzuklären. Die kantonalen Behörden selber haben
solche Hindernisse weder in den angefochtenen Entscheiden noch im
Beschwerdeverfahren erwähnt.

    Ununtersucht bleiben kann bei diesem Ausgang des Verfahrens, ob der
Staatsrat - wie mehrfach behauptet worden ist - das Gebot rechtsgleicher
Behandlung verletzt hat, weil er unter anderem einem gewissen Otto
Seiler aus Steg den Fortbestand einer nicht bewilligten Alphütte auf dem
Guggistafel gestattet hat.