Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 IB 35



102 Ib 35

7. Urteil des Kassationshofes vom 10. Februar 1976 i.S. L. gegen
Eidgenössisches Militärdepartement Regeste

    Art. 100 lit. f OG, Art. 31 Ziff. 2 MStG.

    1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine Strafvollzugsverfügung
ist auch zulässig, wenn die Strafe von einem Militärgericht ausgesprochen
wurde (Erw. 1).

    2. Nicht willkürliche Anordnung der Schutzaufsicht über einen bedingt
Entlassenen (Erw. 2).

Sachverhalt

    A.- L. wurde in der Zeit vom 3. Dezember 1970 bis 2. Juli 1975 wegen
militärischer Delikte vom Divisionsgericht 6 zu vier Freiheitsstrafen,
darunter eine Zusatzstrafe, von insgesamt mehr als einem Jahr Gefängnis
verurteilt. Während die beiden ersten Strafen teilweise militärisch
vollzogen worden waren, hatte L. einen Teil davon und die beiden folgenden
Strafen von zusammen 8 Monaten und 14 Tagen Gefängnis in der kantonalen
Strafanstalt Saxerriet zu verbüssen, wo er am 4. Juli 1975 eingewiesen
wurde.

    B.- Das von L. am 18. November 1975 eingereichte Gesuch um bedingte
Entlassung aus der Strafanstalt wurde vom Oberauditor am 10. Dezember
1975 abgelehnt.

    Gegen diese Verfügung erhob der Gesuchsteller Beschwerde beim
Eidgenössischen Militärdepartement. Dieses ordnete am 8. Januar 1976 die
bedingte Entlassung auf den 11. Januar 1976 an, setzte die Probezeit auf 4
Jahre fest und stellte L. für die Dauer der Probezeit unter Schutzaufsicht.

    C.- L. führt gegen den Entscheid des Militärdepartements
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, die
Anordnung der Schutzaufsicht sei aufzuheben.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Art. 100 lit. f OG schliesst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
an das Bundesgericht nur gegen Verfügungen auf dem Gebiet der
Strafverfolgung aus, lässt sie jedoch gegen Verfügungen im Bereich
des Strafvollzuges zu (BGE 98 Ib 402). Die Bestimmung beschränkt den
Anwendungsbereich des Rechtsmittels nicht auf den Vollzug von Strafen,
die von bürgerlichen Gerichten ausgesprochen wurden, so dass gegen
Vollzugsverfügungen, die militärgerichtliche Strafen betreffen, ebenfalls
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig sein muss. Die bundesrätliche
Verordnung vom 24. Februar 1971 über den militärischen Strafvollzug
bestimmt in Art. 10 denn auch ausdrücklich, dass die auf diesem Gebiet
ergangenen Beschwerdeentscheide des Eidgenössischen Militärdepartements
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unterliegen
(SR 345.2). Umso mehr muss dieser Rechtsweg auch offen stehen, wenn von
Militärgerichten verhängte Freiheitsstrafen in kantonalen Strafanstalten
vollzogen werden.

    Die im Zusammenhang mit der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers
angeordnete Stellung unter Schutzaufsicht stellt zweifelsfrei einen
Akt des Strafvollzuges dar. Auch die Voraussetzungen des Art. 5 VwG
und Art. 98 lit. b OG sind gegeben. Es ist daher auf die Beschwerde
einzutreten. Innerhalb des Bundesgerichts ergibt sich die Zuständigkeit
des Kassationshofes aus Art. 7bis des Bundesgerichtsreglements.

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerde richtet sich nicht gegen die Dauer der Probezeit,
sondern einzig gegen die Anordnung einer Schutzaufsicht während der
Bewährungsfrist.

    Ob der bedingt Entlassene unter Schutzaufsicht gestellt werden soll,
entscheidet das Eidgenössische Militärdepartement gemäss Art. 31 Ziff. 2
MStG nach seinem Ermessen. Es hat dieses nicht überschritten. Aus dem
angefochtenen Entscheid ergibt sich, dass die bedingte Entlassung nur
mit Bedenken gewährt wurde. Anlass dazu gaben schon die sich in kurzen
Zeitabständen folgenden Verurteilungen, vor allem aber die Tatsache,
dass der Beschwerdeführer bereits zweimal innerhalb der angesetzten
Probezeit wieder straffällig geworden ist. Die Gefahr eines neuen
Rückfalles kann unter solchen Umständen nicht verneint werden, auch
nicht mit dem Einwand, der Beschwerdeführer habe bisher immer nur gegen
militärische Pflichten verstossen, könne also nach seinem Ausschluss aus
der Armee keine militärischen Delikte mehr begehen. Die militärischen
Verurteilungen wegen Nichtbefolgung von Dienstvorschriften, Missbrauchs
und Verschleuderung von Material, Ausreissens und Ungehorsams lassen
aber allgemein auf eine Charakterschwäche schliessen, die auch im zivilen
Bereich zu Gesetzesübertretungen führen kann. Ferner deutet der Tatbestand
des Missbrauchs und der Verschleuderung von Material auf eine mögliche
Missachtung fremden Eigentums, die im Zivilleben ebenso eine Rolle spielt.

    Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer bei seinem früheren
Vormund, der ihn als Minderjährigen betreute, weiterhin Rat einholen könne,
macht die angeordnete Schutzaufsicht nicht überflüssig, stand ihm doch
in den letzten Jahren schon die gleiche Möglichkeit zur Verfügung, ohne
dass sie eine bessernde Wirkung gehabt hätte. Der Beschwerdeführer hat
es übrigens in der Hand, durch klagloses Verhalten dafür zu sorgen, dass
die Schutzaufsicht sich nicht als schwere persönliche Belastung auswirkt.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.