Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 IB 231



102 Ib 231

38. Urteil vom 14. Juli 1976 i.S. Hans Giger AG gegen Eidg.
Volkswirtschaftsdepartement und Abteilung für Landwirtschaft Regeste

    Formelle Rechtsverweigerung

    Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, Sprungrekurs (E. 1).

    Eine Behörde begeht eine formelle Rechtsverweigerung, wenn sie nicht
neu entscheidet, nachdem die Beschwerdeinstanz die Beschwerde gutgeheissen
und die Akten zu weiteren Abklärungen zurückgewiesen hat; Anforderungen
an die Begründung der Verfügung (E. 2).

Sachverhalt

    A.- Die Firma Hans Giger AG, Lebensmittelimport en gros, Bern, führt
seit Jahrzehnten gefrorenes Fleisch ein. Ihr Anteil an der gesamten
Einfuhrmenge verringerte sich nach und nach; mit einsprachefähiger
Verfügung vom 12. September 1974 setzte die Abteilung für Landwirtschaft
(ALw) das Kontingent pro 1974/75 für Binden und Bindenstotzen und
für Rindsnierstücke fest. Mit Verwaltungsbeschwerde vom 15. Oktober
1974 verlangte die Hans Giger AG, ihre Kontingente für Binden und
Bindenstotzen sowie für Rindsnierstücke seien für die Zeit ab 8. Juli
1974 zu erhöhen. Sie machte geltend, ihre Kontingentsanteile seien dadurch
ungerechtfertigt gekürzt worden, dass andere Firmen - genannt wurden die
Firma Lagerhaus Brunegg AG, Brunegg, die Firma Carnoglob AG, Binningen
und die Firma Inter-Carnex AG, Basel - in Verletzung bundesrechtlicher
Vorschriften an den Gruppenkontingenten des Lebensmittelhandels
für Binden und Bindenstotzen sowie für Rindsnierstücke beteiligt
worden seien. Mit Entscheid vom 23. Mai 1975 wies das Eidgenössische
Volkswirtschaftsdepartement (EVD) die Beschwerde insoweit ab, als damit die
Praxis der ALw zum Begriff der Personen und Firmen des Lebensmittelhandels
beanstandet wurde. Dagegen wurde die Beschwerde insoweit teilweise
gutgeheissen, als die Akten an die ALw zurückgewiesen wurden zur Prüfung
der Frage, ob zwei der von der Beschwerdeführerin genannten Firmen
kontingentsberechtigt seien. Eine rückwirkende Änderung der Kontingente
könne aus Gründen der praktischen Durchführbarkeit nicht in Frage kommen;
soweit sich aus der Rückweisung der Akten an die Vorinstanz und aus der
Neuüberprüfung der Verhältnisse eine Änderung ergebe, sei sie auf den
Zeitpunkt der allgemeinen neuen Kontingentszuteilung hin vorzunehmen.

    Mit Schreiben vom 14. und 15. Juli 1975 eröffnete die ALw der Hans
Giger AG die Einzelkontingente pro 1975/76 für Rindsnierstücke und
für Binden und Bindenstotzen. Nachdem die Hans Giger AG den Erlass
beschwerdefähiger Verfügungen verlangt hatte, teilte ihr die ALw am
11. August 1975 unter anderem folgendes mit:

    "Ihr Einwand bezüglich der Erledigung der Verwaltungsbeschwerde vom 15.

    Oktober 1974 betrifft nicht unsere Abteilung, sondern das Eidg.

    Volkswirtschaftsdepartement, weshalb wir seinem Generalsekretariat eine

    Kopie des vorliegenden Schreibens zustellen. Wir haben jedenfalls
den uns
   durch den Beschwerdeentscheid des Eidg. Volkswirtschaftsdepartementes
   vom

    23. Mai 1975 erteilten Weisungen nachgelebt."

    Im Anschluss an diese Stellungnahme liess das Generalsekretariat EVD
den Anwalt der Hans Giger AG mit Schreiben vom 18. August 1975 wissen:

    "Wir bestätigen den Empfang Ihres Schreibens vom 11. August 1975.

    Inzwischen ist uns auch eine Kopie der Antwort zugekommen, welche die

    Abteilung für Landwirtschaft unter dem gleichen Datum an Ihre
Klientschaft
   direkt gerichtet hat. Darin werden die Kontingentsfestsetzungen vom 14.

    Juli 1975 für Rindsnierstücke und vom 15. Juli 1975 für Bindenstotzen
bzw.
   zugeschnittene Binden als rekursfähige Verfügungen bezeichnet. Zudem
   sind die Schlussfolgerungen enthalten, die die Vorinstanz aus der
   vom Eidg.

    Volkswirtschaftsdepartement in seinem Entscheid vom 23. Mai 1975
   angeordneten Überprüfung der Verhältnisse gezogen hat.

    Ein zusätzlicher Entscheid in dieser Sache ist daher weder vom
Departement
   noch von der Vorinstanz zu erwarten."

    Die Hans Giger AG hat beim Bundesgericht eine gegen das EVD und die
ALw gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde wegen Rechtsverweigerung
und Rechtsverzögerung eingereicht, mit der Begründung, dass ihr eine
abschliessende Beurteilung der Verwaltungsbeschwerde vom 15. Oktober 1974
ausdrücklich verweigert worden sei.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Nach Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG ist die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig gegen Verfügungen, die sich auf
öffentliches Recht des Bundes stützen, wobei als Verfügung auch das
unrechtmässige Verweigern oder Verzögern einer Verfügung gilt.

    Die Beschwerdeführerin hat ihre Beschwerde gleichzeitig gegen das
EVD und die ALw gerichtet. Sie ist allerdings der Auffassung, die in
ihrem Rechtsbegehren enthaltene Anweisung müsse sich an das EVD richten,
nachdem dieses die Ansicht vertrete, das hängige Beschwerdeverfahren müsse
nicht erledigt werden. Die Zuständigkeit des Bundesgerichtes sei aber auch
zu bejahen, wenn davon ausgegangen werde, dass sich die Beschwerde gegen
die ALw zu richten habe, an die die Akten seinerzeit zu neuem Entscheid
zurückgewiesen worden seien. In direkter oder analoger Anwendung von
Art. 47 Abs. 2 und 3 VwVG müsse ein sogenannter Sprungrekurs auch für
Beschwerden wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung zulässig sein,
wenn die untere Instanz den Entscheid in voller Übereinstimmung mit der
materiell nicht endgültig entscheidenden Beschwerdeinstanz oder gar auf
deren Veranlassung verweigere.

    b) Nach Art. 8 der Verordnung über den Schlachtviehmarkt und die
Fleischversorgung (Schlachtviehordnung) vom 27. September 1971 (SVO) in
Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 SVO erteilt die ALw die Einfuhrbewilligungen
für Binden und Bindenstotzen sowie für Rindsnierstücke. An dieser
Zuständigkeitsordnung hat der Beschwerdeentscheid vom 23. Mai 1975 nichts
geändert, denn das EVD entschied in vollem Umfang über die Beschwerde,
teilweise durch Abweisung, teilweise durch Gutheissung und Rückweisung
der Akten an die ALw zu weiterer Abklärung. Das Departement behielt
sich, soweit es die Beschwerde guthiess, keineswegs den Entscheid über
die von der Beschwerdeführerin gestellten Begehren vor, sondern wies die
ALw an, aus der Neuüberprüfung der Verhältnisse allfällig sich ergebende
Änderungen auf den Zeitpunkt der allgemeinen neuen Kontingentszuteilung
hin vorzunehmen. Die ALw, nicht das EVD, hätte somit in der Folge
verfügen müssen, ob sich auf Grund der Abklärungen eine Änderung der
der Beschwerdeführerin am 12. September 1974 zugewiesenen Kontingente
ergebe. Nach seinem Entscheid vom 23. Mai 1975 war das EVD entgegen der
Auffassung der Beschwerdeführerin mit der Sache nicht mehr befasst und
deshalb für eine solche Verfügung nicht zuständig. Erst durch Beschwerde
gegen eine nach Durchführung der Abklärungen getroffene neue Verfügung
der ALw wäre die Sache wiederum beim EVD hängig geworden. Unter diesen
Umständen konnte nur die ALw, nicht das EVD oder auch dieses, unrechtmässig
eine Verfügung verweigern oder verzögern. Die von der Beschwerdeführerin
geforderte Anweisung könnte deshalb nur an die Adresse der ALw erlassen
werden; auf die Beschwerde ist somit nicht einzutreten, soweit sie sich
gegen das EVD richtet.

    c) Für die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit
sie sich gegen die ALw richtet, beruft sich die Beschwerdeführerin auf
Art. 47 Abs. 2 und 3 VwVG, der direkt oder analog anzuwenden sei. Nach
dieser Bestimmung kann der Beschwerdeführer, wenn eine nicht endgültig
entscheidende Beschwerdeinstanz im Einzelfalle eine Weisung erteilt,
dass oder wie eine Vorinstanz verfügen soll, deren Verfügung unmittelbar
an die nächsthöhere Beschwerdeinstanz weiterziehen; als solche gilt auch
das Bundesgericht. Weisungen, die eine Beschwerdeinstanz erteilt, wenn
sie in der Sache entscheidet und diese an die Vorinstanz zurückweist,
gelten nicht als Weisungen im vorerwähnten Sinne (Art. 47 Abs. 4 VwVG).

    Die Beschwerdeführerin führt nicht aus, inwiefern das EVD der ALw die
Weisung erteilt haben soll, keinen Entscheid zu fällen. Eine derartige
Weisung könnte allenfalls darin erblickt werden, dass das EVD in seinem
Beschwerdeentscheid vom 23. Mai 1975 ausführte, eine rückwirkende
Abänderung der Kontingente könnte schon aus Gründen der praktischen
Durchführbarkeit nicht in Betracht kommen, und entschied, soweit sich aus
der Rückweisung der Akten an die Vorinstanz und aus der Neuüberprüfung
der Verhältnisse eine Änderung ergebe, sei diese auf den Zeitpunkt der
allgemeinen neuen Kontingentszuteilung vorzunehmen. Da es sich jedoch dabei
um eine Weisung nach Abs. 4 und nicht nach Abs. 2 von Art. 47 VwVG handeln
würde, wäre ein Sprungrekurs nicht zulässig. Auch aus dem Schreiben des
EVD an den Anwalt der Beschwerdeführerin vom 18. August 1975 ist unter
dem Gesichtspunkt von Art. 47 Abs. 2 VwVG nichts abzuleiten. Darin wird
lediglich gesagt, im Antwortschreiben der ALw seien die Schlussfolgerungen
enthalten, die diese aus der im Entscheid vom 23. Mai 1975 angeordneten
Überprüfung der Verhältnisse gezogen habe; ein zusätzlicher Entscheid
in der Sache sei daher weder vom EVD noch von der ALw zu erwarten. Die
blosse Meinungsübereinstimmung der beiden Behörden vermag die für die
Zulässigkeit des Sprungrekurses geforderte Weisung an die Vorinstanz
nicht zu ersetzen. Hingegen ergibt sich aus dem Schreiben vom 18. August
1975 mit aller Deutlichkeit, dass nicht nur die ALw, sondern auch das
EVD der Auffassung ist, ein Entscheid sei nicht mehr erforderlich. Die
Beschwerdeführerin kann daher vernünftigerweise nicht damit rechnen, dass
das EVD eine gegen die ALw gerichtete Beschwerde wegen Rechtsverweigerung
oder Rechtsverzögerung schützen würde. Unter diesen Umständen käme es
einem Leerlauf gleich, die Beschwerdeführerin zunächst an das EVD zu weisen
und erst gegen dessen Entscheid die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Bundesgericht zuzulassen. Es rechtfertigt sich, aus prozessökonomischen
Gründen vom Erfordernis der Erschöpfung des Instanzenzuges abzusehen
und trotz des Fehlens der Voraussetzungen von Art. 47 Abs. 2 VwVG die
Beschwerde zuzulassen, soweit sie sich gegen die ALw richtet (vgl. BGE 97
I 290; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bunde,
2. Aufl., S. 118 f.).

    d) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde setzt nach Art. 103 lit. a OG
voraus, dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Verfügung berührt
ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung
hat oder, im Falle von Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung,
ein schutzwürdiges Interesse am Erlass einer Verfügung. Obwohl
die Kontingentsperiode 1974/75 bereits abgelaufen ist, kann ein
aktuelles Interesse der Beschwerdeführerin an der Prüfung der von ihr
aufgeworfenen Fragen nicht bestritten werden; andernfalls hätte die
Verwaltung die Möglichkeit, eine wirksame Überprüfung ihrer Tätigkeit
durch Zuwarten auszuschliessen. Entsprechend lässt Art. 106 Abs. 2 OG die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen das unrechtmässige Verweigern oder
Verzögern einer Verfügung jederzeit zu. Auf die Beschwerde ist deshalb
einzutreten; es ist zu prüfen, ob die ALw der Beschwerdeführerin das
Recht verweigert hat.

Erwägung 2

    2.- a) In materieller Hinsicht macht die Beschwerdeführerin geltend,
sie habe in ihrer Verwaltungsbeschwerde vom 15. Oktober 1974 eine Erhöhung
ihrer Kontingente für Binden und Bindenstotzen sowie für Rindsnierstücke
für die Zeit ab 8. Juli 1974 verlangt, mit der Begründung, dass die
Kontingentsberechtigung anderen Firmen zu Unrecht zuerkannt worden
sei. Insoweit das EVD ihre Beschwerde gutgeheissen und die Akten an
die Vorinstanz zurückgewiesen habe, habe sie Anspruch darauf, dass über
ihre Begehren auf Neufestsetzung der Kontingente für die Periode 1974/75
entschieden werde. Der Entscheid sei ihr dispositivmässig zu eröffnen
und zu begründen, wobei anzugeben sei, ob und weshalb die Lagerhaus
Brunegg AG für Binden und Bindenstotzen sowie Rindsnierstücke, die
Carnoglob AG für Rindsnierstücke als einfuhrberechtigt betrachtet
würden. Bezüglich dieser Firmen dürften der Beschwerdeführerin das
Ergebnis des Beweisverfahrens, die Beweiswürdigung und die rechtlichen
Folgerungen nicht vorenthalten werden; dagegen habe sie nie verlangt,
dass ihr auch die Kontingentsgrundlagen ihrer Konkurrenten bekanntgegeben
würden. Bei einjährigen Kontingentsperioden habe der Einfuhrberechtigte
Anrecht darauf, dass ein letztinstanzlicher Entscheid innerhalb
dieser Zeitspanne wirksam werde, da sonst der Rechtsschutz vereitelt
würde. Aber selbst wenn die Kontingentsperiode bereits abgelaufen sei,
müsse über die Kontingentszuteilung noch entschieden werden, da diese für
spätere Zuteilungen bedeutsam sei. Ferner müsse bei ungerechtfertigter
Kontingentszuweisung an Dritte zugunsten des Importeurs, dessen Quote
zu Unrecht gekürzt worden sei, ein Ausgleich geschaffen werden, und
endlich sei der Entscheid wesentlich im Hinblick auf allfällige aus dem
Verhalten der Verwaltung abzuleitende Verantwortlichkeitsansprüche. Es
verstehe sich von selbst, dass im Falle der Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz der neue Entscheid den gleichen Anforderungen wie derjenige
der Beschwerdeinstanz genügen müsse.

    Das EVD ist der Auffassung, die Verwaltungsbeschwerde vom 15. Oktober
1974 sei durch seinen Entscheid vom 23. Mai 1975 einerseits, durch
die neuen Kontingentsfestsetzungen der ALw vom 14. und 15. Juli 1975 in
Verbindung mit deren Schreiben vom 11. August 1975 erledigt worden. Dieses
Schreiben enthalte im Rahmen der Geheimhaltungspflicht die Begründung
zu den neuen Kontingentsfestsetzungen, die von der Beschwerdeführerin
am 9. September 1975 wiederum mit Verwaltungsbeschwerde angefochten
worden seien.

    b) Eine formelle Rechtsverweigerung begeht die in der Sache zuständige
Behörde, wenn sie ein bei ihr gestelltes Gesuch nicht an die Hand nimmt
und behandelt (BGE 87 I 246 mit Hinweisen auf die ältere Lehre und
Rechtsprechung; IMBODEN/RHINOW, Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl.,
Nr. 81 II; SALADIN, Das Verfassungsprinzip der Fairness, in: Erhaltung
und Entfaltung des Rechts in der Rechtsprechung des Schweizerischen
Bundesgerichts, S. 43; AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse,
Nr. 1797). Gleiches hat grundsätzlich zu gelten, wenn eine sachlich
zuständige Behörde, nachdem die Beschwerdeinstanz eine gegen ihre Verfügung
gerichtete Beschwerde gutgeheissen und die Akten zu weiterer Abklärung
an sie zurückgewiesen hat, nach Durchführung dieser Abklärungen nicht neu
verfügt. In welcher Form die neue Verfügung zu treffen ist, bestimmt das
Verfahrensrecht. Als formelle Rechtsverweigerung gilt auch das Fehlen von
Entscheidungsgründen, wo das Gesetz eine Begründungspflicht vorsieht oder
wo es dem Betroffenen ohne Begründung nach den Umständen nicht möglich
ist, sich ein Bild über die Tragweite der Verfügung zu machen und sie
sachgemäss anzufechten (BGE 98 Ia 464 ff. E. 5, 98 Ib 195 f. E. 2, je mit
Hinweisen; IMBODEN/RHINOW, aaO, Nr. 85 SALADIN, aaO, S. 47; J. MEYLAN,
La motivation des actes administratifs à la lumière de la jurisprudence
récente du Tribunal fédéral, Revue de droit administratif et de droit
fiscal 1973, S. 369 ff.).

    c) Aus den Akten ergibt sich eindeutig, dass über das von der
Beschwerdeführerin in ihrer Verwaltungsbeschwerde vom 15. Oktober 1974
gestellte Begehren auf Erhöhung ihrer Einfuhrkontingente für Binden und
Bindenstotzen sowie Rindsnierstücke bis heute nicht entschieden worden
ist, insoweit das EVD die Beschwerde guthiess und die Akten zu weiterer
Abklärung an die ALw zurückwies. Entgegen der Auffassung des EVD wurde ein
Entscheid über das Beschwerdebegehren weder durch den Beschwerdeentscheid
einerseits, noch durch die Kontingentsfestsetzungen für 1975/76 in
Verbindung mit dem Schreiben der ALw vom 11. August 1975 anderseits
gefällt. Das EVD befand in seinem Entscheid vom 23. Mai 1975 das Begehren
nur insoweit für unbegründet, als es die Beschwerde abwies, nicht aber
insoweit, als es diese guthiess. In diesem Umfang konnte des Departement
keinen Entscheid in der Sache fällen, da die Akten unvollständig
waren. Die Gutheissung der Beschwerde, verbunden mit der Rückweisung
der Akten zur Vornahme weiterer Abklärungen verlangte somit eine neue
Verfügung der ALw über die der Beschwerdeführerin für 1974/75 zustehenden
Kontingente, auch wenn dies im Beschwerdeentscheid nicht ausdrücklich
gesagt wurde. Diese Verfügung hätte je nach dem Ergebnis der Abklärungen
dahin lauten müssen, die Kontingente würden auf einen bestimmten Anteil
erhöht, oder die Verfügung vom 12. September 1974 werde bestätigt. Nur
durch eine solche Verfügung konnte das in diesem Umfang wieder bei der
ALw rechtshängige Verfahren - unter Vorbehalt erneuter Beschwerde -
abgeschlossen werden. Die Kontingentsverfügung der ALw vom 14./15. Juli
1975 betraf ausschliesslich den Zeitraum 1975/76 und stand somit mit dem
Beschwerdebegehren in keinem Zusammenhang. Schliesslich äussert sich auch
das Schreiben der ALw vom 11. August 1975 zum Beschwerdebegehren nicht,
oder jedenfalls nicht in einer mit Art. 35 Abs. 1 VwVG vereinbaren Weise,
d.h. als Verfügung bezeichnet, rechtsgenüglich begründet und mit einer
Rechtsmittelbelehrung versehen.

    Wie ausgeführt, hat die Beschwerdeführerin ohne Zweifel ein
schutzwürdiges Interesse am Erlass einer derartigen, gesetzeskonformen
Verfügung, selbst wenn die in Frage stehende Kontingentsperiode bereits
abgelaufen ist. Für die Berechnung der Einzelkontingente ist gemäss
Art. 22 Abs. 1 SVO auf die Kontingentsgrundlagen des vorausgegangenen
Kalenderjahres abzustellen, so dass sich eine höhere oder niedrigere
Kontingentszuweisung im Vorjahr auf die Ermittlung des Kontingentes für
die folgenden Jahre auswirkt. Dementsprechend hat die Beschwerdeführerin
die Kontingentszuteilungen nicht nur für 1974/75, sondern auch für 1975/76
mit Verwaltungsbeschwerde angefochten. Entgegen der Auffassung des EVD sind
Änderungen, die sich aus einer Neuüberprüfung der Verhältnisse ergeben,
nicht erst auf den Zeitpunkt der allgemeinen neuen Kontingentszuteilung,
sondern bereits mit Wirkung auf die angefochtene Kontingentszuteilung
vorzunehmen. Jede Beschwerde gegen ein von der ALw einmal zugewiesenes
Kontingent wäre sonst von vornherein sinnlos. Von der öffentlichen
Verwaltung muss im übrigen erwartet werden, dass sie eine notwendige
Überprüfung der Verhältnisse beförderlich an die Hand nimmt und ihren
Entscheid so rasch als nur möglich fällt, jedenfalls noch vor Ablauf der
Kontingentsperiode. Zu der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Frage,
ob und in welcher Weise bei Erhöhung des ursprünglichen Kontingentes
nach ganz oder teilweise abgelaufener Kontingentsperiode unter den
betroffenen Firmen allenfalls ein Ausgleich zu schaffen wäre, hat sich
das Bundesgericht heute nicht zu äussern. Erst wenn ihre Kontingente
durch die ALw wiederum - gleich wie in der Verfügung vom 12. September
1974 oder höher - festgesetzt sind, kann die Beschwerdeführerin die neue
Verfügung auf dem Beschwerdeweg überprüfen lassen.

    Nachdem die Abklärungen durchgeführt sind, die das EVD in seinem
Beschwerdeentscheid verlangt hat, steht einer neuen Verfügung der ALw über
das Rechtsbegehren der Beschwerdeführerin nichts mehr im Wege. Indem sie
diese Verfügung bisher nicht oder nicht in der gesetzlich geforderten Form
erlassen hat und offensichtlich zu erlassen nicht bereit ist, macht sie
sich der Beschwerdeführerin gegenüber einer formellen Rechtsverweigerung
schuldig. Sie ist deshalb anzuweisen, nunmehr ohne Verzug zu verfügen. Die
Verfügung wird - im Unterschied zum Schreiben vom 11. August 1975 -
den Anforderungen von Art. 35 Abs. 1 VwVG Rechnung tragen müssen. In
analoger Anwendung der Grundsätze von Art. 26 VwVG wird es der Verwaltung
auch ohne Verletzung des Amtsgeheimnisses möglich sein, die Verfügung
so zu begründen, dass die Beschwerdeführerin ihr die wesentlichen
Entscheidungsgrundlagen entnehmen kann.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit auf sie einzutreten
ist. Die Abteilung für Landwirtschaft wird angewiesen, unverzüglich
über die von der Beschwerdeführerin in ihrer Verwaltungsbeschwerde vom
15. Oktober 1974 gestellten Begehren zu verfügen, soweit die Akten durch
den Beschwerdeentscheid des Eidg. Volkswirtschaftsdepartements an sie
zurückgewiesen wurden.