Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 IA 457



102 Ia 457

65. Auszug aus dem Urteil vom 3. November 1976 i.S. Jäger gegen Kantonsrat
des Kantons Schwyz Regeste

    Art. 85 lit. a OG; Finanzreferendum.

    1. Verhältnis der Verordnungskompetenz des schwyzerischen Kantonsrates
(§ 40 lit. e KV) zum Finanzreferendum (E. 2).

    2. Begriff der neuen bzw. gebundenen Ausgabe (E. 3a); ob eine Ausgabe
als neu oder als gebunden zu gelten hat, ist nur massgebend, wenn die
Ausgabenbewilligungskompetenz nicht delegiert worden ist (E. 3b).

    3. Kriterien für die Zulässigkeit der Delegation der
Ausgabenbewilligungskompetenz (E. 3b); Anwendung auf die schwyzerische
Strassenverordnung vom 2. April 1964 (E. 4 und 5).

    4. Die Strassenverordnung delegiert die Ausgabenbewilligungskompetenz
vom Volk an den Kantonsrat; sie kann entgegen einem früheren Urteil jedoch
nicht als "Grunderlass" im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
zur neuen bzw. gebundenen Ausgabe bezeichnet werden (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Der Kantonsrat des Kantons Schwyz beschloss am 6. Februar 1976 den
Bau einer Umfahrungsstrasse bei Einsiedeln und räumte dem Regierungsrat
dafür einen Kredit in der Höhe von 8,8 Millionen Franken ein. Der Beschluss
wurde nicht dem Referendum unterstellt. Mit staatsrechtlicher Beschwerde
macht Hansrudolf Jäger geltend, der Beschluss des Kantonsrates habe eine
"neue", 250'000 Franken übersteigende Ausgabe zur Folge und unterliege
deshalb gemäss § 30 Abs. 2 KV der obligatorischen Volksabstimmung.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Die Schwyzer Kantonsverfassung bestimmt in § 30 Abs. 2, dass
der obligatorischen Volksabstimmung alle Beschlüsse des Kantonsrates
unterliegen, die für den gleichen Zweck eine neue einmalige Ausgabe
von mehr als 250'000 Franken oder eine wiederkehrende neue Ausgabe von
jährlich mehr als 50'000 Franken zur Folge haben. § 40 lit. e KV setzt
fest, dass der Kantonsrat das Erziehungs-, Polizei-, Gesundheits-, Militär-
und Strassenwesen "ordnet". Diese Verfassungsbestimmung ermächtigt das
kantonale Parlament zur Rechtsetzung in der Form der dem fakultativen
Referendum unterstehenden Verordnung (§ 31 Abs. 1 KV). Diese erfüllt in
den aufgezählten Bereichen die Funktion des Gesetzes, das im schwyzerischen
Recht der obligatorischen Volksabstimmung unterliegt. Das Finanzreferendum
gegen Ausgabenbeschlüsse, die in Vollziehung kantonsrätlicher Verordnungen
ergehen, wird durch § 40 lit. e KV indes nicht ausgeschlossen (Urteil
Fontana vom 7. November 1973, E. 3, in ZBl 76/1975, S. 76; HUWYLER, Gesetz
und Verordnung im Kanton Schwyz, S. 107). Die in § 40 lit. e KV genannten
Aufgabengebiete gehören zu jenen, welche den Grossteil der staatlichen
Ausgaben bewirken. Dass gerade dort das in § 30 Abs. 2 KV vorgesehene
Finanzreferendum allein wegen der Verordnungskompetenz des Kantonsrates
keine Geltung haben solle, kann nicht der Sinn der Verfassung sein. So
sind denn auch Ausgabenbeschlüsse auf dem Gebiet des Erziehungswesens dem
Finanzreferendum unterstellt worden, obschon dieses Aufgabengebiet zu denen
gehört, die gemäss Art. 40 lit. e KV durch eine dem fakultativen Referendum
unterstehende Verordnung des Kantonsrates geordnet werden können.

    Der Kreditbeschluss vom 6. Februar 1976 ist demnach nicht deswegen
dem Finanzreferendum entzogen, weil § 40 lit. e KV den Kantonsrat für das
Gebiet des Strassenwesens zur Rechtssetzung auf dem Weg der Verordnung
ermächtigt.

Erwägung 3

    3.- a) Nach § 30 Abs. 2 KV unterliegen dem Finanzreferendum nur
Beschlüsse des Kantonsrates, die eine "neue" Ausgabe zur Folge haben. Den
Gegensatz zur "neuen" Ausgabe bildet die "gebundene" Ausgabe. Als gebunden
und damit nicht referendumspflichtig gelten nach den vom Bundesgericht
aufgestellten allgemeinen Grundsätzen insbesondere jene Ausgaben, die
durch einen Rechtssatz prinzipiell und dem Umfang nach vorgeschrieben sind
(wie etwa Besoldungen und gewisse Subventionen) oder die zur Erfüllung
der gesetzlich geordneten Verwaltungsaufgaben unbedingt erforderlich
sind. Gebunden ist eine Ausgabe ferner, wenn anzunehmen ist, das Stimmvolk
habe mit einem vorausgehenden Grunderlass auch die aus ihm folgenden
Aufwendungen gebilligt, falls ein entsprechendes Bedürfnis voraussehbar
war oder falls gleichgültig ist, welche Sachmittel zur Erfüllung der vom
Gemeinwesen mit dem Grunderlass übernommenen Aufgaben gewählt werden (BGE
101 Ia 133 E. 4 mit Hinweisen). Es besteht jedoch kein bundesrechtlicher
Begriff der neuen und gebundenen Ausgabe. Von der bundesgerichtlichen
Begriffsbestimmung darf deshalb dort abgewichen werden, wo sich bei
Auslegung des kantonalen Rechts oder aufgrund einer feststehenden und
unangefochtenen Rechtsauffassung und Praxis des kantonalen Gesetzgebers
eine andere Betrachtungsweise aufdrängt (BGE 101 Ia 136 E. 5 mit
Hinweisen). Für den Kanton Schwyz ist dies nicht der Fall (BGE 95 I 219;
vgl. auch das Urteil Fontana, E. 2, aaO, S. 76). Ob eine Ausgabe "neu"
im Sinne von § 30 Abs. 2 der schwyzerischen Kantonsverfassung ist,
beurteilt sich daher nach den eingangs dargelegten Grundsätzen.

    b) Ob eine Ausgabe nach diesen Grundsätzen als "neu" oder als
"gebunden" zu gelten hat, ist indes nur dann massgebend, wenn die
Ausgabenbewilligungskompetenz vom Volk für den betreffenden Aufgabenbereich
nicht an das kantonale Parlament oder an die oberste vollziehende Behörde
delegiert worden ist.

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist die Delegation
rechtssetzender Befugnisse zulässig, wenn sie nicht durch das kantonale
Recht ausgeschlossen wird, wenn sie auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt
und in einem der Volksabstimmung unterliegenden Gesetz enthalten
ist. Soweit in verfassungsmässige Rechte der Bürger eingegriffen wird,
muss das Gesetz selber die Grundzüge der Regelung enthalten (BGE 102 Ia
64 E. 2; 100 Ia 161 E. 5d, 66 E. 2a; 99 Ia 542 E. 4a; 98 Ia 592, 109 mit
Hinweisen). Diese Voraussetzungen sind weniger streng, wenn es sich nicht
um eine Übertragung rechtssetzender Befugnisse an vollziehende Behörden,
sondern an das kantonale Parlament handelt (BGE 99 Ia 542 e. 4b; vgl. 100
Ia 68). Die Bundesverfassung steht einer solchen Delegation nicht im Weg,
denn Art. 6 Abs. 2 BV verlangt nur, dass die Organisation der Rechtsetzung
nach den Grundsätzen der direkten oder indirekten Demokratie zu erfolgen
hat. Inwieweit die Aktivbürgerschaft ihre Rechte durch Delegation auf das
kantonale Parlament übertragen kann, bestimmt sich demnach ausschliesslich
nach dem kantonalen Verfassungsrecht (BGE 99 Ia 543).

    Ist die Delegation gesetzgeberischer Befugnisse trotz
der in den kantonalen Verfassungen vorgesehenen Aufteilung der
Gesetzgebungskompetenzen grundsätzlich zulässig, so besteht kein
hinreichender Grund, die Delegation von Ausgabenbeschlüssen, die
nach der Verfassung an sich der Zustimmung des Volkes bedürfen,
nicht ebenfalls zuzulassen. Das Finanzreferendum ist ein Institut
des kantonalen Verfassungsrechts. Umfang und Ausgestaltung werden
durch die Kantonsverfassung bestimmt, und das Bundesgericht wacht als
Verfassungsgericht lediglich über die Einhaltung der dem Bürger durch
die kantonale Verfassung zugesicherten Mitwirkung. Im Gegensatz zu
anderen Mitwirkungsrechten des Bürgers in kantonalen Angelegenheiten
(vgl. Art. 6 Abs. 2 BV) besteht keine bundesrechtliche Pflicht der
Kantone zur Gewährung politischer Mitsprache bei der Bewilligung
von Staatsausgaben. Von Bundesrechts wegen stünde einem Entscheid des
kantonalen Verfassungsgebers, das Finanzreferendum abzuschaffen, nichts
entgegen. Ist das Finanzreferendum im kantonalen Verfassungsrecht jedoch
vorgesehen, so muss es sinnvoll, d.h. unter Berücksichtigung seiner
staatspolitischen Funktion (vgl. BGE 95 I 218) gehandhabt und darf
es durch die kantonale Gesetzgebung und Praxis nicht seiner Substanz
entleert werden. Die Delegation der Ausgabenbewilligungskompetenz
ist nach diesen Grundsätzen als zulässig zu erachten, wenn sie nicht
durch das kantonale Recht ausgeschlossen wird, wenn sie in einem der
Volksabstimmung unterliegenden Erlass erfolgt und wenn sie auf ein
bestimmtes Gebiet beschränkt ist. Das Institut des Finanzreferendums darf
zudem nicht durch eine Mehrzahl von Kompetenzdelegationen ausgehöhlt werden
(vgl. IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl.,
Nr. 63 VII, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts; im
einzelnen zurückhaltender: GEIGER, Die Delegation von Finanzkompetenzen,
in "Stillstand und Fortentwicklung im schweizerischen Recht", 1965,
S. 88 ff., insbes. S. 94).

Erwägung 4

    4.- a) Die schwyzerische Kantonsverfassung schliesst die
Gesetzesdelegation nicht aus. Diese ist in der Form der Delegation
an das Parlament in der Verfassung sogar ausdrücklich vorgesehen. §
32 KV bestimmt nämlich, dass der Kantonsrat auch ohne verfassungsmässige
Verpflichtung jeden seiner Beschlüsse der Volksgenehmigung unterbreiten und
sich umgekehrt für den definitiven Erlass eines Gesetzes von vorneherein
durch Volksabstimmung ermächtigen lassen kann (vgl. HUWYLER, aaO, S. 99
f. REICHLIN, Verfassung, Gesetz und Verordnung im Kanton Schwyz, ZBl
44/1943, S. 227). Die schwyzerische Kantonsverfassung schliesst aber auch
die Delegation der Ausgabenbewilligungskompetenz nicht aus (vgl. HUWYLER,
aaO, S. 99 f.). Dafür fehlt jeder Anhaltspunkt im Verfassungstext und in
der Verfassungspraxis (vgl. auch das Urteil Fontana, E. 3, aaO, S. 76).
   b) § 16 der Strassenverordnung bestimmt:

    "Der Kantonsrat entscheidet über den Neubau und bedeutenden Ausbau von

    Kantonsstrassen. Der Regierungsrat erstattet ihm dazu Bericht und
Antrag."

    Aus dem Wortlaut dieser Vorschrift geht nicht hervor, ob dem
Kantonsrat die Befugnis zustehen solle, über den Neubau und Ausbau von
Kantonsstrassen unter Ausschluss des Finanzreferendums zu entscheiden,
oder ob § 16 VO lediglich die Kompetenzen des Kantonsrates und des
Regierungsrates beim Neubau und Ausbau der Kantonsstrassen regle, ohne die
Frage des Finanzreferendums zu berühren. Für die zweite Annahme scheint zu
sprechen, dass nach dem Wortlaut der Vorschrift der Kantonsrat über den
Neubau und den "bedeutenden" Ausbau von Kantonsstrassen befindet. Wenn
§ 16 VO eine Delegation der Ausgabenbewilligungskompetenz enthält, so
ist nicht recht verständlich, warum sich diese auf den "bedeutenden"
Ausbau von Strassen beschränkt. Demgegenüber scheint § 17 VO darauf
hinzuweisen, dass § 16 den Kantonsrat ermächtigen wolle, über den Neubau
und Ausbau der Kantonsstrassen unter Ausschluss des Finanzreferendums zu
entscheiden. Für Bezirks- und Gemeindestrassen bestimmt § 17 VO nämlich,
dass über deren Neubau und Ausbau die Stimmberechtigten entscheiden, und §
26 VO bestimmt für die Projektierung der Bezirks- und Gemeindestrassen,
dass die Stimmberechtigten über den Kredit beschliessen. Ob eine Bestimmung
wie die hier zu beurteilende lediglich allgemein eine staatliche Aufgabe
umschreibt und die sachliche Zuständigkeit der Behörden regelt, oder
ob sie eine eigentliche Delegation der Ausgabenbewilligungskompetenz
enthält, ist aufgrund des Normwortlauts und der Systematik des Erlasses
oft schwierig zu ermitteln (vgl. dazu ESCHER, Das Finanzreferendum
in den schweizerischen Kantonen, S. 114 Anm. 10, S. 116 f.;
KLINGENBERG, Das Finanzreferendum im Kanton Schaffhausen, S. 85 ff.;
LAUR, Das Finanzreferendum im Kanton Zürich, S. 153, 190 f.; OESTER,
Das Finanzreferendum im Kanton St. Gallen, S. 69 ff.; vgl. ferner BGE
101 Ia 137 E. 5a; 99 Ia 213 E. 4; Urteil Gurtner vom 3. Dezember 1975,
in ZBl 77/1976, S. 253). So auch hier. Im vorliegenden Fall ergibt sich
indes aus einer langjährigen Praxis klar, dass § 16 VO dem Kantonsrat die
Befugnis erteilen soll, die für den Neubau und Ausbau der Kantonsstrassen
erforderlichen Kredite abschliessend zu bewilligen, ohne dass die
Kreditbeschlüsse dem Finanzreferendum unterstellt werden müssten. Die
geltende Strassenverordnung vom 2. April 1964 löste das frühere Gesetz
über den Strassenausbau vom 28. November 1929 ab. In jenem Gesetz waren
die Kompetenzen im Bereich des kantonalen Strassenbaus dem Regierungsrat
eingeräumt. Der Kantonsrat hatte, ohne zu den Projekten Stellung nehmen zu
können, bloss über die entsprechenden Budgetkredite zu entscheiden. Eine
Mitwirkung des Volkes war ausgeschlossen. Die Strassenverordnung vom
2. April 1964 brachte hinsichtlich der Entscheidungskompetenzen im
Strassenwesen eine Erweiterung der Befugnisse des Kantonsrates auf Kosten
des Regierungsrates. Aufgrund der Strassenverordnung ist der Kantonsrat
nunmehr befugt, auch die Ausführungsprojekte, über die der Regierungsrat
nur noch Antrag stellt, zu beschliessen. Die Frage des Finanzreferendums
wurde bei der Ablösung des Gesetzes über den Strassenausbau nicht erörtert;
dies offenbar deswegen, weil es nach wie vor als ausgeschlossen gehalten
wurde (vgl. Urteil Fontana, E. 4, aaO, S. 77 ff.).

    Steht fest, dass § 16 VO eine Übertragung der
Ausgabenbewilligungskompetenz an den Kantonsrat enthält, so fragt sich,
ob diese Delegation in einer Verordnung des Kantonsrates erfolgen
konnte. Ausgabenbeschlüsse, welche neu sind und die in § 30 Abs. 2
KV genannten Beträge erreichen, unterliegen der obligatorischen
Volksabstimmung. Die Verordnungen des Kantonsrates werden der
Volksabstimmung demgegenüber nur unterbreitet, wenn dies von 3000 Bürgern
verlangt wird. Aus diesem Grunde ist die Auffassung vertreten worden, die
Strassenverordnung sei verfassungswidrig, wenn sie die Finanzkompetenzen
des Volkes auf dem Gebiet des kantonalen Strassenbaus dem Kantonsrat
übertragen wolle. Eine Delegation des obligatorischen Mitwirkungsrechts
sei nicht in der Form der bloss dem fakultativen Referendum unterstehenden
Kantonsratsverordnung möglich, sondern einzig in der Form des Gesetzes,
das wie Ausgabenbeschlüsse der obligatorischen Volksabstimmung unterliege
(HUWYLER, aaO, S. 132, insbes. Anm. 116).

    Für diese Auffassung sprechen beachtliche Gründe. So lässt sich der
für die Rechtssetzung geltende Grundsatz anführen, dass ein Erlass nur
durch einen Erlass gleicher Stufe aufgehoben oder geändert werden kann;
ferner, dass Rechtsetzungsbefugnisse nur in einem Erlass delegiert werden
können, der den gleichen Mitwirkungsrechten des Volkes unterliegt, die
für die fraglichen Vorschriften ohne die Delegation gelten würden. Der
dargelegten Auffassung kann für die Delegation von Finanzkompetenzen
gleichwohl nicht zugestimmt werden. Sofern die Delegation von
Finanzkompetenzen nach dem kantonalen Verfassungsrecht nicht überhaupt
ausgeschlossen ist, so hat sie, wenn der Kantonsverfassung nichts anderes
zu entnehmen ist, auf dem Wege der Rechtsetzung und unter Beachtung der
Mitwirkungsrechte des Volkes zu erfolgen, welche die kantonale Verfassung
für den Erlass von Rechtssätzen vorsieht. Dies gilt selbst dann, wenn
das Finanzreferendum ein obligatorisches Mitspracherecht begründet, gegen
rechtsetzende Erlasse jedoch nur ein fakultatives Referendum besteht. Dass
durch das Gesetzesreferendum das weitergehende Mitwirkungsrecht des
Finanzreferendums ausgeschaltet wird, findet sich nicht nur bei der
Delegation von Finanzkompetenzen. Wenn die Kantonsverfassung nichts
Gegenteiliges anordnet (vgl. z.B. die §§ 39 und 39bis der luzernischen
KV), so unterliegt eine Ausgabe auch dann nicht dem Finanzreferendum,
wenn die entsprechende staatliche Aufgabe auf dem Wege der Rechtsetzung
in einer solchen Weise vorgesehen und umschrieben worden ist, dass die
daraus folgenden Aufwendungen nicht mehr als neu gelten können.

    Die dem fakultativen Referendum unterstehenden Verordnungen des
Kantonsrates erfüllen in den Bereichen, die § 40 lit. e KV aufzählt und
zu denen auch das Strassenwesen gehört, nach dem Sinn der schwyzerischen
Kantonsverfassung die Funktion des Gesetzes. Sie sind in den entsprechenden
Aufgabenbereichen verfassungsmässige Normalform für den Erlass von
Rechtssätzen. Dementsprechend kann nach der Schwyzer Verfassungspraxis
ein formelles Gesetz, welches der obligatorischen Volksabstimmung
unterbreitet wurde, durch eine sich auf § 40 lit. e KV stützende und nur
dem fakultativen Referendum unterstehende Verordnung aufgehoben werden. Das
Bundesgericht hat diese im schwyzerischen Recht vorkommenden Verordnungen
des kantonalen Parlaments seit jeher als eine Art von Gesetzen zweiter
Ordnung anerkannt. Ist somit eine gestützt auf § 40 lit. e KV erlassene
Verordnung einem Gesetz gleichgestellt, so konnte die Delegation der
Ausgabenbewilligungskompetenz in einer Verordnung des Kantonsrates
getroffen werden, auch wenn dieser Erlass nicht dem obligatorischen,
sondern lediglich dem fakultativen Referendum unterstand. Wie das
Bundesgericht im Urteil vom 7. November 1973 feststellte, bestehen in
dieser Hinsicht auch unter dem Gesichtspunkt des politischen Zwecks des
Finanzreferendums keine Bedenken, weil dem Volk die Möglichkeit der
Stellungnahme zur Verordnung mit dem fakultativen Referendum gewahrt
ist; wird dieses nicht ergriffen, so erteilen die Stimmbürger dem
kantonsrätlichen Erlass ihre Zustimmung eben stillschweigend (aaO,
S. 76 f.). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass eine Delegation der
streitigen Ausgabenbewilligungskompetenz schon im früheren Gesetz über
den Strassenausbau enthalten war, das der obligatorischen Volksabstimmung
unterlag.

    c) Die in § 16 der Strassenverordnung enthaltene Delegation
bezieht sich auf den Neubau und Ausbau von Kantonsstrassen. Sie ist
damit auf einen bestimmten, sachlich umgrenzten Bereich der staatlichen
Tätigkeit beschränkt und es kann nicht gesagt werden, dass dadurch das
Finanzreferendum seiner Substanz beraubt werde (BGE 95 I 531). Es liegen
auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass das Institut des Finanzreferendums
im Hinblick auf bereits getroffene Delegationen ausgehöhlt werde. Richtig
ist allerdings, dass die Ausgaben für den Strassenbau in neuerer Zeit in
das Zentrum des politischen Interesses gerückt sind und dass die in § 16
VO enthaltene Delegation unter diesem Gesichtswinkel als sehr weitreichend
erscheinen mag. Falls aus diesem Grunde eine Aufhebung der Delegation
als wünschbar erachtet wird, so kann Abhilfe durch eine Änderung der
Strassenverordnung geschaffen werden; Anlass zu einer Nichtanwendung
des geltenden Rechts kann dies jedoch nicht geben (BGE 99 Ia 545; Urteil
Gurtner vom 3. Dezember 1975, aaO, S. 255).

Erwägung 5

    5.- Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass das
Finanzreferendum gegen Kreditbeschlüsse auf dem Gebiet des kantonalen
Strassenbaus durch die in § 16 VO enthaltene Kompetenzdelegation
ausgeschlossen worden ist. Der hier streitige Kredit von 8,8 Millionen
Franken musste demnach nicht der Volksabstimmung unterbreitet werden, wenn
er für den Bau einer Kantonsstrasse bestimmt war. Der Beschwerdeführer
bestreitet dies mit dem Einwand, es sei weder vom Regierungsrat gemäss §
11 Abs. 1 VO Antrag gestellt worden, die Umfahrung von Einsiedeln ins
Kantonsstrassennetz aufzunehmen, noch habe der Kantonsrat einen solchen
Beschluss gefasst. Dieser Einwand ist unbegründet. Das in § 11 Abs. 1
VO geregelte Vorgehen bezieht sich auf den Fall, dass eine bestehende
Strasse vom Kanton übernommen wird. Für den Neubau einer Kantonsstrasse
ist ein besonderer Aufnahmebeschluss nicht notwendig. § 16 VO setzt
lediglich fest, dass der Kantonsrat über den Neubau von Kantonsstrassen
entscheidet. Das hat er mit dem Beschluss vom 6. Februar, in welchem
gleichzeitig der Kredit für das Bauvorhaben bewilligt wurde, getan. Es
ist Sache der ausführenden Instanzen, die Strasse nach ihrer Vollendung
in das Verzeichnis der Kantonsstrassen aufzunehmen (§ 10 Abs. 2 VO). Dass
die Umfahrung von Einsiedeln ihrer Bedeutung nach keine Kantonsstrasse
sein könne, macht der Beschwerdeführer zu Recht nicht geltend. Dass
schliesslich die Strasse vom Bezirk gebaut und finanziert werden müsste,
wenn der Kanton dies nicht täte, ist nicht massgebend.

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerde erweist sich demnach als unbegründet und ist gleich
wie die vom Bundesgericht am 7. November 1973 beurteilte (ZBl 76/1975,
S. 74 ff.) abzuweisen. Es ist indes einzuräumen, dass an der Begründung des
erwähnten Urteils nicht in allen Punkten festgehalten werden kann. Zwar ist
die Kritik nicht stichhaltig, ein Ausschluss des Finanzreferendums für den
Neubau und Ausbau der Kantonsstrassen hätte - da die Verfassung selber neue
Ausgaben in bestimmter Höhe der Volksabstimmung unterstelle - ebenfalls
nur in der Verfassung erfolgen können (vgl. ZBl 76/1975, S. 79). Diese
Kritik sieht daran vorbei, dass unter bestimmten Voraussetzungen gleich
wie Rechtssetzungsbefugnisse auch die Ausgabenbewilligungskompetenz
delegiert werden kann. Eine solche Delegation ist nach der schwyzerischen
Verfassung zulässig. An der Begründung des Urteils vom 7. November 1973
kann indes nicht festgehalten werden, soweit dort ausgeführt wurde, die
schwyzerische Strassenverordnung schliesse als Grunderlass im Sinne der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung das Finanzreferendum auf dem Gebiet
des kantonalen Strassenbaus aus. Im Kanton Schwyz gilt nach dem in E. 3a
Gesagten kein besonderer Begriff der neuen bzw. gebundenen Ausgabe. Welche
Ausgaben als neu zu erachten und als solche dem Finanzreferendum
zu unterstellen sind, bzw. welche Ausgaben ihm als gebundene nicht
unterliegen, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Wären die Kreditbeschlüsse für den
kantonalen Strassenbau dem Finanzreferendum nicht durch eine Delegation
der Ausgabenbewilligungskompetenz entzogen, so müssten die Ausgaben als
neu im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erachtet werden. Die
Ausgaben für den kantonalen Strassenbau sind durch die Strassenverordnung
nicht prinzipiell und dem Umfang nach vorgeschrieben. Ohne die in § 16 VO
enthaltene Delegation liesse sich auch nicht sagen, die Stimmberechtigten
hätten mit der Annahme dieses Erlasses alle daraus folgenden Ausgaben
gebilligt. Eine Ausgabe wird durch einen vorangegangenen Erlass nur
dann gebunden, wenn sie bei der Annahme des Erlasses voraussehbar war
oder wenn gleichgültig ist, welche Sachmittel zur Erfüllung der mit
dem Grunderlass übernommenen Aufgabe gewählt werden. Zudem kann nach der
Rechtsprechung selbst dann, wenn das "ob" weitgehend durch den Grunderlass
präjudiziert ist, das "wie" wichtig genug sein, um die Mitsprache des
Volkes zu rechtfertigen (BGE 101 Ia 133 f., 136 mit Hinweisen). Auch
wenn man diese Grundsätze eher etwas einschränken wollte, so müssten doch
Aufwendungen für den Strassenbau, wie sie im vorliegenden Fall gestützt
auf die kantonale Strassenverordnung gemacht wurden, als neue Ausgaben im
Sinne der allgemeinen Grundsätze der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
gelten (BGE 100 Ia 370 E. 3; nicht veröffentlichtes Urteil Blocher vom
2. Juni 1976, E. 6c). Den Behörden ist auf dem Gebiet des Strassenbaus
ein sehr hohes Mass an Entscheidungsfreiheit eingeräumt. Schon die Frage
nach dem "ob", d.h. danach, ob eine Strasse gebaut oder durch eine neue
ersetzt werden soll, ist - Sonderfälle ausgenommen - nicht durch eine
bestehende Rechtsnorm vorbestimmt. In noch weitergehendem Masse ist
den Behörden eine Entscheidungsfreiheit für das "wie" eingeräumt. Sofern
eine Strasse erforderlich ist, kann sie immer noch in sehr verschiedener
Weise ausgeführt werden. Zudem steht die Wahl zwischen verschiedenen
Linienführungen offen. Bei dieser Sachlage kann die Strassenverordnung
nicht als Grunderlass im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
bezeichnet werden. Ob von einem Grunderlass - wie in ZBl 76/1975, S. 79,
geltend gemacht wird - sogar nur dann gesprochen werden kann, wenn er
sich auf mehrere konkrete Projekte oder Massnahmen bezieht, braucht hier
nicht näher geprüft zu werden.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.