Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 102 IA 254



102 Ia 254

39. Urteil vom 3. März 1976 i.S. Genossenschaft Migros St. Gallen gegen
Kantone Appenzell I.Rh. und St. Gallen. Regeste

    Kantonale Minimalsteuer auf den Bruttoeinnahmen der juristischen
Personen. Rechtsgleichheit, Handels- und Gewerbefreiheit.
Doppelbesteuerung.

    1. Ein progressiver Minimalsteuer-Tarif verstösst dann nicht gegen
Art. 4 und 31 BV, wenn der ihm entsprechende "Sollertragssatz" eine
bestimmte, geringe Höhe nicht übersteigt und er sich grundsätzlich
proportional zum Umsatz verhält (Präzisierung der Rechtsprechung) (E. 2).

    2. Es ist mit Art. 4, 31 und 46 Abs. 2 BV vereinbar, vom Gesamtumsatz
der interkantonalen Unternehmungen auszugehen

    - für die Festlegung des Minimalsteuersatzes (E. 4b);

    - für den Abzug des steuerfreien Betrages (E. 4c);

    - für die Berechnung des Vorausanteils für den Sitzkanton (E. 4d).

Sachverhalt

    A.- Die Art. 8 und 58-60 des Steuergesetzes von Appenzell I.Rh. vom
28. April 1968 (StG) lauten:

    "Art. 8

    Steuerpflichtige, die im Kanton nur für einen Teil ihres Einkommens und

    Vermögens oder Ertrags und Kapitals steuerpflichtig sind, entrichten
die

    Steuern für die im Kanton steuerbaren Werte nach dem Steuersatz,
der ihrem
   gesamten Einkommen und Vermögen oder Ertrag und Kapital entspricht;
   steuerfreie Beträge werden ihnen anteilsmässig gewährt."

    "Art. 58

    Die juristischen Personen, die ein Unternehmen betreiben, haben eine

    Minimalsteuer von den Bruttoeinnahmen zu entrichten. Die Steuer
tritt an
   die Stelle der Einkommens- und Vermögens- bzw. der Ertrags- und

    Kapitalsteuer und ist zu entrichten, wenn sie die auf dem Ertrag
und dem

    Kapital bzw. dem Einkommen und Vermögen geschuldete Steuer übersteigt.

    Vorbehalten bleibt Art. 16."

    "Art. 59

    1...

    2 Die Bruttoeinnahmen werden für die Berechnung der Minimalsteuer
mit dem

    Fr. 100'000.-- übersteigenden Betrag berücksichtigt."

    "Art. 60

    Die Minimalsteuer beträgt:

    a) 1%o für die steuerbaren Bruttoeinnahmen des Detailhandels bis zu Fr.

    2'000'000.-- und

    1,5%o für den Mehrbetrag.

    b) 0,4%o für alle übrigen Einnahmen."

    Die Genossenschaft Migros St. Gallen (Migros-SG), mit Sitz in Gossau,
führt in den Kantonen St. Gallen, Appenzell A. Rh. und I.Rh., Graubünden
und Thurgau verschiedene Verkaufsläden. Sie erzielte in den Jahren 1969 und
1970 einen Gesamtumsatz von durchschnittlich Fr. 321'197'755.--. Der Anteil
des im Kanton Appenzell I.Rh. betriebenen Verkaufsladens am Gesamtumsatz
belief sich auf 0,77% oder rund Fr. 2'452'000.--; der Reinertrag dieser
Filiale betrug im Durchschnitt Fr. 26'750.--.

    Die Appenzeller Steuerbehörden erachteten die Migros-SG für
ihre Filiale in Appenzell als minimalsteuerpflichtig und errechneten
folgendermassen einen einfachen Steuerbetrag von Fr. 2'960.80:

    Gesamtumsatz 1969                          Fr. 293'880'827.--

    Gesamtumsatz 1970                          Fr. 348'514'684.--
                                                ------------------
                                                Fr. 642'395'511.--

    Durchschnitt beider Jahre                  Fr. 321'197'755.--

    steuerfreier Betrag

    (Art. 59 Abs. 2 StG)                     - Fr.     100'000.--
                                                ------------------

    für die Steuersatzbestimmung massgebende

    Bruttoeinnahmen (Art. 8 StG)               Fr. 321'097'755.--
                                                ==================

    einfache Staatssteuer (Art. 60 lit. a StG):

    1%o von Fr. 2'000'000.--                   Fr.       2'000.--

    1,5%o von Fr. 319'097'755.--               Fr.     478'646.65
                                                ------------------ Fr.
                                                480'646.65

    20% Vorausanteil des Sitzkantons

    St. Gallen                               - Fr.      96'129.35
                                                ------------------ Fr.
                                                384'517.30

    Anteil von Appenzell I.Rh.: 0,77%          Fr.       2'960.80
                                                ==================

    Auf Grund dieser Berechnung ergab sich bei einem Steuerfuss von 275%
für die Jahre 1971 und 1972 ein Steuerbetrag von je Fr. 8'142.90.

    Gegen diese Veranlagung hat die Migros-SG wegen Verletzung von
Art. 4, Art. 31 Abs. 1 und 2 sowie Art. 46 Abs. 2 BV staatsrechtliche
Beschwerde erhoben.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerdeführerin bezeichnet Art. 60 Abs. 2 StG als
verfassungswidrig, soweit darin eine progressive Ausgestaltung der
Minimalsteuer vorgesehen ist. Der gespaltene Steuersatz von 1%o
für Bruttoeinnahmen bis zu 2 Millionen Franken und von 1,5%o für die
Mehreinnahmen aus dem Detailhandel sei ausschliesslich gewerbepolitisch,
im Sinne des Schutzes der Kleinunternehmen, begründet und verstosse
gegen Art. 31 BV. Die Verfassungswidrigkeit eines progressiven
Minimalsteuer-Tarifes sei vom Bundesgericht in BGE 96 I 560 ff. in bezug
auf das damalige Thurgauer Steuergesetz bejaht worden. Zu Unrecht sehe
die Vorinstanz einen massgeblichen Unterschied zwischen dem Thurgauer und
dem Appenzeller Steuergesetz darin, dass im Kanton Thurgau die normale
Ertragssteuer der Genossenschaft einheitlich 4% vom Reinertrag betrage,
während in Appenzell I.Rh. die Genossenschaften wie natürliche Personen
progressiv besteuert würden; dieser Unterschied könne eine Progression
bei der Minimalsteuer nicht rechtfertigen. Die Beschwerdeführerin dürfe
daher, soweit die Bruttoeinnahmen ihrer Appenzeller Filiale Fr. 100'000.--
überstiegen, nur zum einheitlichen Ansatz von 1%o besteuert werden.

Erwägung 2

    2.- a) In BGE 96 I 560 ff. anerkannte das Bundesgericht
grundsätzlich die Zulässigkeit von Minimalsteuern, prüfte aber unter
dem Gesichtspunkt von Art. 4 und 31 BV, ob die umstrittene Progression
und welche Höchstansätze noch verfassungsmässig seien. Es stellte
dabei entscheidend darauf ab, welche Gewinnmarge vom Steuerpflichtigen
verlangt werde, damit er noch als gewinnstrebig gelten könne und nicht
unter die Minimalsteuerpflichtigen falle, mit anderen Worten, welchem
"Sollertrag" in % des Umsatzes der gewählte Minimalsteuersatz entspreche;
dies aus der Überlegung, dass die Minimalsteuer auf dem Umsatz wie eine
sogenannte Sollertragssteuer wirkt, der Minimalsteuerpflichtige somit
nicht für den effektiv erzielten Gewinn besteuert wird, sondern für
denjenigen, den er hätte erzielen können und - vom Fiskus aus gesehen -
hätte erzielen sollen. Erreicht der Steuerpflichtige diesen "Sollertrag"
nicht, so wird er minimalsteuerpflichtig. Erreicht er den "Sollertrag"
oder einen diesen übersteigenden Gewinn, so wird er von der ordentlichen
Gewinnsteuer erfasst. Das heisst, dass die Minimalsteuer dann nicht
erhoben wird, wenn ihr Betrag gleich oder kleiner ist als die Summe der
ordentlichen Gewinnsteuer. In diesem Falle gilt:

    Minimalsteuer gleich, kleiner als Gewinnsteuer

    oder

    Minimalsteuersatz x Umsatz gleich, kleiner als Gewinnsteuersatz
x Gewinn.

    Da der "Sollertrag" derjenige Gewinn ist, für den die beiden
Steuerbeträge gleich sind, lässt sich folgende Gleichung aufstellen:

    Minimalsteuersatz x Umsatz = Gewinnsteuersatz x Sollertrag.

    Wird für den "Sollertrag" das Produkt "Sollertragssatz x Umsatz" in
die Gleichung eingesetzt und diese zur Bestimmung des Sollertragssatzes
aufgelöst, ergibt sich die bereits in BGE 96 I 577 wiedergegebene Formel:

    Sollertragssatz (in % des Umsatzes) =

    Minimalsteuersatz/Gewinnsteuersatz (wobei der Minimalsteuersatz in %o,
also in Tausendsteln, der Gewinnsteuersatz in %, also in Hundertsteln,
in die Gleichung einzusetzen sind.)

    Nach der Auffassung des Bundesgerichtes ist eine Minimalsteuer
verfassungsmässig, solange der ihr entsprechende Sollertragssatz einerseits
eine bestimmte, geringe Höhe nicht übersteigt und er sich andererseits
grundsätzlich proportional zum Umsatz verhält. Wie im zitierten Entscheid
ausgeführt wird, ist eine progressive Ausgestaltung des "Sollertrages"
nur insoweit zulässig, als er sich durch die gesteigerte Rentabilität
der Unternehmen mit höheren Umsätzen rechtfertigen lässt. Eine über
diesen Rahmen hinausgehende Progression kann dagegen nur gewerbepolitisch
begründet werden, da sie grosse Unternehmen dazu zwingt, mit erheblich
höheren Gewinnmargen zu arbeiten als die Kleinunternehmungen, wenn sie
nicht minimalsteuerpflichtig werden wollen. - Das Bundesgericht kam bei
der Überprüfung der Thurgauer Minimalsteuer zum Ergebnis, dass sich bei
einem festen Gewinnsteuersatz von 4% und einem Minimalsteuersatz von
0,75%o bereits aus dem Freibetrag von Fr. 500'000.-- eine ansehnliche
Progression des Sollertragssatzes ergebe (Steigerung von 0,625% bei einem
Umsatz von Fr. 750'000.-- bis auf 1,827% bei einem Umsatz von 20 Mio);
diese vom Freibetrag ausgehende progressive Wirkung wurde jedoch noch als
verfassungsmässig betrachtet, da die Festsetzung des allgemeinen Abzuges
nicht gewerbepolitisch, sondern veranlagungsökonomisch bedingt war und die
Auswirkungen im konkreten Fall nicht als untragbar erschienen. Dagegen
ergab sich aus dem abgestuften Tarif der Thurgauer Minimalsteuer (0,75%
bis zu 2 Mio Bruttoeinnahmen, 1,5% für den Mehrbetrag) eine sehr starke
Progression, die sich nur noch gewerbepolitisch erklären liess: der
geforderte "Sollertrag" stieg bei einem Umsatz von 20 Mio gegenüber einem
Umsatz von 1,5 Mio beinahe um das Dreifache an. Die bei einem Umsatz von
20 Mio Franken verlangte Gewinnmarge war auch ihrer absoluten Höhe nach
zu beanstanden: sie betrug 3,48% und lag damit erheblich über dem Satz von
2,5%, der jedenfalls noch mit Art. 4 und 31 BV vereinbar erklärt wurde. Das
Bundesgericht hiess deshalb die Beschwerde im Sinne der Erwägungen gut.

    b) Im Gegensatz zum Thurgauer Steuergesetz, das von den
Genossenschaften eine einheitliche Steuer von 4% des steuerbaren
Reinertrages erhebt, werden nach Appenzeller Recht die Genossenschaften
wie natürliche Personen besteuert (Art. 53 StG). Die Einkommens-
bzw. Ertragssteuer ist progressiv ausgestaltet und erreicht für Einkommen
über Fr. 120'000.-- das Maximum von 7% (Art. 30 StG). Auf Grund
der Ertragssteuersätze und des Minimalsteuertarifes ergeben sich für
Detailhandelsunternehmungen verschiedener Grösse, die auf den Umsatz
bezogen die gleiche Ertragsintensität aufweisen, unter Berücksichtigung
der Freigrenze folgende Sollerträge:

    Umsatz    Angenomme-     Ertragssteuer-     Minimal-       Sollertrags-
               ner            satz (in %)        steuersatz     satz (in
               % Reinertrag                        (in %o des     des
               Umsatzes) (2% des                           Umsatzes)
               Umsatzes)

    1   Mio    20'000        4,5                0,9            2

    1,5 Mio    30'000        5                  0,933          1,866

    2   Mio    40'000        5,25               0,95           1,809

    2,5 Mio    50'000        5,6                1,04           1,857

    5   Mio   100'000        6,6                1,27           1,924

    6   Mio   120'000        7 (fest)           1,308          1,869

    12  Mio   240'000        7                  1,404          2,005

    24  Mio   480'000        7                  1,452          2,074 Aus
dieser Tabelle geht hervor, dass die Sollertragssätze für Unternehmen mit
Umsätzen bis zu 2 Mio zunächst degressiv sind, weil der Ertragssteuersatz
bereits von Fr. 2'000.-- Reinertrag an steigt, der Minimalsteuersatz
dagegen für Einnahmen bis zu 2 Mio Franken einheitlich auf 1%o angesetzt
ist. Bei Umsätzen von 2 Mio bis 6 Mio Franken hält sich die verlangte
Gewinnmarge, da sowohl Ertragssteuer- wie Minimalsteuersatz ansteigen,
leicht schwankend in ungefähr gleicher Höhe. Für noch grössere Umsätze,
die einen Reinertrag von Fr. 120'000.-- und mehr abwerfen, wird der
Sollertragssatz infolge des anwendbaren festen Ertragssteuersatzes
progressiv; die Progression ist jedoch gering.

    Eine mässige Progressivität des Minimalsteuersatzes verträgt sich
also wesentlich besser mit einer progressiven als mit einer linearen
Ertragsbesteuerung, wie sie der Kanton Thurgau kennt. Dies zeigt sich
deutlich, wenn zum Vergleich angenommen wird, das Appenzeller Steuergesetz
sehe entsprechend der Thurgauer Regelung für die juristischen Personen
eine Ertragssteuer mit einem einheitlichen Satz von 4% vor: in diesem Fall
würde der "Sollertrag" von 2,25% bei einem Umsatz von 1 Mio bis auf 3,63%
bei einem Umsatz von 24 Mio anwachsen, was als verfassungswidrig erklärt
werden müsste. Demgegenüber ist die Progression gemäss dem Appenzeller
Steuerrecht relativ klein; sie lässt sich in einem solchen Rahmen auf
die Unkostenverminderung bei höheren Umsätzen und damit die gesteigerte
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der grösseren Unternehmen zurückführen.

    c) Die Minimalsteuersätze des Appenzeller Rechts überschreiten auch
ihrer Höhe nach das verfassungsrechtlich zulässige Mass nicht. Für die
Beschwerdeführerin, die einen Umsatz von rund 320 Mio erzielt, ergibt
sich unter Berücksichtigung der Freigrenze aus dem Minimalsteuersatz von
1,496%o und dem Ertragssteuersatz von 7%, der auf Grund ihres Reingewinns
von über 4 Mio anzuwenden ist, ein Sollertragssatz von 2,137%. Selbst bei
Anwendung des Höchstansatzes der Minimalsteuer von 1,5%o, der auch bei sehr
grossen Umsätzen nur annähernd erreicht wird, überstiege der "Sollertrag"
2,14% des Umsatzes nicht. Dieser Satz liegt aber unter der Grenze von
2,5%, welche das Bundesgericht in BGE 96 I 581 noch als verfassungsmässig
erklärt hat. Es zeigt sich demnach, dass die Verfassungsmässigkeit einer
Minimalsteuer nicht nur anhand des Minimalsteuersatzes zu beurteilen
ist, sondern dass auch berücksichtigt werden muss, wie die Gewinnsteuer
ausgestaltet und auf welche Höhe der Freibetrag festgesetzt ist. Ist die
Ertragssteuer hoch und die Freigrenze niedrig angesetzt, so kann auch
ein höherer Ansatz der Minimalsteuer als 1%o noch verfassungsmässig sein,
da der "Sollertrag" niedrig bleibt.

Erwägung 3

    3.- In der Beschwerde wird weiter beanstandet, dass die Differenzierung
zwischen den Detailhandelsgeschäften, die mit 1%o Minimalsteuern belastet
werden, und den Engros- und Fabrikationsbetrieben, für welche nur ein
Minimalsteuersatz von 0,4%o vorgesehen ist, gegen die Verfassung verstosse.

    Diese Rüge kann die Beschwerdeführerin jedoch im Rahmen der
Anfechtung ihrer Steuerveranlagung nicht erheben. Zur Bestreitung
der Verfassungsmässigkeit der Steuerbestimmungen im Anschluss an
eine Veranlagungsverfügung ist sie nur insoweit legitimiert, als die
Bestimmungen auf sie angewendet worden sind oder hätten angewendet werden
sollen (BGE 96 I 566 E. 2, 100 Ia 248 E. 3). Ob die Beschwerdeführerin
die angeblich verfassungswidrige Begünstigung anderer Unternehmungen
hätte rügen können, wenn der Erlass selbst - fristgemäss - angefochten
worden wäre, kann hier offen bleiben.

Erwägung 4

    4.- Selbst wenn aber die Appenzeller Minimalsteuer verfassungsmässig
wäre, macht die Beschwerdeführerin schliesslich geltend, sei die
Steuer offensichtlich falsch, d.h. willkürlich und in Verletzung
von Art. 31 und 46 Abs. 2 BV berechnet worden. Für die Ermittlung
des Steuersatzes dürfe nicht auf den Gesamtumsatz, sondern nur auf den
Umsatz der Appenzeller Filiale von Fr. 2'452'158.-- abgestellt werden,
da die Migros-SG sonst praktisch den ganzen Umsatz in Appenzell zu einem
Ansatz von 1,5%o versteuern müsse, während ein ansässiges Detailgeschäft
mit gleichem Umsatz nur mit 1%o belastet werde. Dies laufe auf eine
Privilegierung des einheimischen Detailhandels hinaus. Lediglich vom
Appenzeller Umsatz seien auch der Freibetrag von Fr. 100'000.-- und die
20% Vorausanteil für den Sitzkanton abzuziehen; dann ergäben sich aber
nur noch steuerbare Bruttoeinnahmen von Fr. 1'861'727.--, so dass auf
jeden Fall ausschliesslich der niedrigere Minimalsteuersatz von 1%o zur
Anwendung komme. Für diese Auffassung beruft sich die Beschwerdeführerin
auf die Berechnungsweise in BGE 96 I 580, wo ebenfalls vom Umsatz im
Steuerkanton Thurgau und nicht vom Gesamtumsatz der Beschwerdeführerin
ausgegangen wurde.

    a) Die Thurgauer Steuerbehörden hatten in ihrem damaligen Entscheid
die Steuer von sich aus nur auf Grund des im Kanton erzielten Umsatzes
berechnet. Das Bundesgericht hatte deshalb in BGE 96 I 580 gar nicht
zu prüfen, ob es zulässig wäre, vom Gesamtumsatz des Steuerpflichtigen
auszugehen. Die hier zu beurteilende Frage ist somit bis anhin offen
geblieben.

    b) Gemäss Art. 8 StG wird für interkantonale Unternehmen der Steuersatz
nach ihrem gesamten Einkommen und Vermögen oder nach dem gesamten Ertrag
und Kapital festgesetzt. Diese Bestimmung, die einen allgemein anerkannten
Grundsatz des schweizerischen Doppelbesteuerungsrechtes umschreibt, ist
trotz der gegenteiligen Ansicht der Beschwerdeführerin analog auch auf
den Steuersatz der Minimalsteuer anzuwenden.

    Die Minimalsteuer wird dort erhoben, wo der Reinertrag von Unternehmen
angesichts deren Nicht-Gewinnstrebigkeit kein tauglicher Massstab ihrer
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit darstellt. Als Ersatzsteuerobjekt
wird in diesen Fällen der Umsatz herangezogen, welcher die benötigten
Hinweise auf die Leistungsfähigkeit einer Unternehmung liefert (vgl. BGE
96 I 571). Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin
lässt sich aber nicht an ihrem Umsatz im Kanton Appenzell, sondern nur an
ihrem Gesamtumsatz bemessen. Es ist deshalb nichts dagegen einzuwenden,
wenn die Appenzeller Steuerbehörden - abweichend von denjenigen des Kantons
Thurgau - für die Festlegung des Steuersatzes auf den Gesamtumsatz der
Beschwerdeführerin abstellen und sie grundsätzlich zum höheren Satz von
1,5%o besteuern.

    c) Steuerfreie Beträge werden Steuerpflichtigen, die im Kanton
nur für einen Teil ihres Einkommens und Vermögens oder Ertrags und
Kapitals steuerpflichtig sind, gemäss Art. 8 Schluss-Satz StG nur
anteilsmässig gewährt. Zwar bezieht sich dieser Satz zunächst auf die
von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung geforderte anteilsmässige
Anrechnung von Sozialabzügen bei den Einkommenssteuern natürlicher Personen
(vgl. die in LOCHER, Das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht, § 9 III,
und in ZBl 1939 S. 240 zitierte Rechtsprechung), doch drängt sich die
sinngemässe Anwendung auf Freibeträge bei der Minimalsteuer auf. Der
Beschwerdeführerin, die im Kanton Appenzell nur 0,77% ihres Umsatzes
erzielt, ist dementsprechend der Freibetrag richtigerweise ebenfalls nur
im Umfange von 0,77% gewährt worden.

    Mit Recht weist übrigens die Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen
in ihrer Vernehmlassung darauf hin, dass die Beschwerdeführerin gegenüber
rein innerkantonalen Unternehmen gleicher Grösse begünstigt wäre, wenn
sie in mehreren Kantonen mit Minimalsteuern überall den vollen Freibetrag
vom Umsatz abziehen und so zu einem niedrigeren Steuersatz gelangen könnte.

    d) Auch hinsichtlich der Berechnung des Vorausanteils ist den
Appenzeller Steuerbehörden zuzustimmen. Bei der Reinertragssteuer ist
der Vorausanteil, d.h. der Teil des steuerbaren Reinertrages, der bei
interkantonalen Unternehmen vorweg vom Sitzkanton besteuert werden
darf, für die Ermittlung des Steuersatzes ohne jede Bedeutung. Für
die Minimalsteuer kann nichts anderes gelten. Zöge man jedoch gemäss
dem Begehren der Beschwerdeführerin den 20%-Vorausanteil vom Umsatz
im Steuerkanton ab, so würde der Steuersatz bei Minimalsteuern mit
erheblichen Freibeträgen oder mit gestaffeltem Steuersatz zu Gunsten
des Steuerpflichtigen abgeändert. Das interkantonale Unternehmen käme
dadurch in eine weniger hohe Progression als eine Unternehmung, die
den gleichen Umsatz ausschliesslich im Steuerkanton verwirklicht. Ob
im übrigen der Vorausanteil vom Gesamtumsatz oder nach der Methode
der Appenzeller Steuerbehörden vom auf den Gesamtumsatz berechneten
Steuerbetrag abgezogen wird, ändert nichts am Ergebnis. Die von der
Beschwerdeführerin angefochtene Berechnungsart entspricht deshalb durchaus
dem Gebot der Rechtsgleichheit und verstösst nicht gegen Art. 46 Abs. 2 BV.

Entscheid:

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.