Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 V 91



101 V 91

16. Urteil vom 7. April 1975 i.S. Gemeinde Schötz gegen Ausgleichskasse
des Kantons Luzern und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern Regeste

    Art. 5 Abs. 2 AHVG. Beitragsrechtliche Qualifikation des Taggeldes
und der freien Verpflegung, die Zivilschutzinstruktoren erhalten.

Sachverhalt

    A.- Eduard Amrhein hatte im Jahre 1972 22 Tage Dienst als Instruktor
im Zivilschutz-Ausbildungszentrum Schötz geleistet und für jeden
Diensttag Fr. 50.-- Taggeld sowie Fr. 15.-- Spesenersatz nebst freier
Mittagsverpflegung bezogen. Am 21. März 1974 verfügte die Ausgleichskasse
des Kantons Luzern, die Gemeinde Schötz müsse Fr. 72.30 Beitrag an AHV,
Invalidenversicherung und Erwerbsersatzordnung nachzahlen, laut folgender
Rechnung:

    Barlohn = 22 x Fr. 50.--                               Fr. 1'100.--

    Naturallohn = 22 x Fr. 3.--                            Fr.    66.--
                                                            ------------

    Gesamtlohn                                             Fr. 1'166.--

    6,2% von Fr. 1'166.--                                  Fr.    72.30

    B.- Der Gemeinderat Schötz rekurrierte und bestritt jede
Beitragspflicht. Was ein Zivilschutz-Instruktor von der Gemeinde erhalte,
sei Sold und nicht Lohn. Eventuell schulde Eduard Amrhein allein die
nachgeforderten Beiträge; denn ein Instruktor dürfe wählen, ob er das
Taggeld oder die gewöhnliche Vergütung nebst Erwerbsersatz beziehen
wolle (Art. 6 des BRB vom 17. November 1971 über die Funktionsstufen und
Vergütungen im Zivilschutz).

    Mit Urteil vom 27. August 1974 wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Luzern die Beschwerde ab. Es hielt sich an die Wegleitung des
Bundesamtes für Sozialversicherung über den massgebenden Lohn, die in
Rz. 115 folgendes bestimmt:

    "Taggelder sind je Tag oder Halbtag bemessene Entgelte, durch die
   gewisse nebenberufliche Funktionäre wie Richter, Experten, Leiter von

    Kursen entlöhnt werden. Sie ... gehören zum massgebenden Lohn ...

    Wird den Funktionären ausser den Fahrtkosten keine besondere

    Unkostenvergütung gewährt, so können Unkosten abgezogen werden,
   soweit sie nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden."

    C.- Der Gemeinderat führt rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
dem Antrag, ... das kantonale Urteil und die angefochtene Kassenverfügung
aufzuheben. Weder die Vergütung für Zivilschutzpflichtige noch das
Taggeld für Zivilschutz-Instruktoren habe Lohncharakter; eine Belastung des
Taggeldes mit Beiträgen würde eine rechtsungleiche Behandlung zweckgleicher
Entschädigungen bedeuten.

    Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung beantragen,
die Beschwerde abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Lohn ist gemäss Art. 5 Abs. 2 AHVG jedes wie immer bezeichnete
Entgelt für Arbeit in unselbständiger Stellung. Dazu gehören auch
regelmässige Naturalbezüge (Art. 7 lit. f AHVV). Hingegen gilt der
Militärsold nicht als Erwerbseinkommen und ist daher beitragsfrei (Art. 6
Abs. 2 lit. a AHVV).

    In Rz. 3 seiner Wegleitung über den massgebenden Lohn stellt das
Bundesamt für Sozialversicherung die den Zivilschutzpflichtigen gewährte
tägliche Funktionsvergütung gemäss Art. 46 des Bundesgesetzes über den
Zivilschutz dem Militärsold gleich. Im Gegensatz hiezu heisst es in Rz. 115
der Wegleitung, das nebenberuflichen Funktionären ausgerichtete Taggeld
habe Lohncharakter. Zu dieser Art Entschädigung zählt das Bundesamt auch
das in Art. 6 des einschlägigen BRB vom 17. November 1971 für das in
Zivilschutzkursen eingesetzte Lehrpersonal wahlweise vorgesehene Taggeld
(ZAK 1966 S. 361 f. und 416).

Erwägung 2

    2.- a) Weil der Militärsold blossen Spesenersatz darstellt, ist
er gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a AHVV beitragsfrei. Er ist ausserdem
steuerfrei (KÄNZIG, Die eidgenössische Wehrsteuer, Basel 1962, Anmerkung
136 zu Art. 21 WStB). Es erscheint angezeigt, die tägliche Vergütung
für Zivilschutzpflichtige sozialversicherungsrechtlich dem Militärsold
gleichzustellen. Denn sie bewegt sich gestützt auf Art. 46 Abs. 2 des
Bundesgesetzes über den Zivilschutz "im Rahmen der Soldansätze in der
Armee" und ist ebenfalls steuerfrei, wie das Bundesamt für Zivilschutz
am 11. Mai 1971 mit Zustimmung der Eidgenössischen Steuerverwaltung den
kantonalen Zivilschutzstellen mitgeteilt hat.

    b) Hingegen haben das Taggeld und die freie Verpflegung für
Zivilschutz-Instruktoren Lohncharakter, weil sie erwerbswirtschaftliche
Bedeutung haben. Das Taggeld wird denn auch als Arbeitsentgelt gemäss
Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB besteuert, wie der erwähnten Mitteilung des
Bundesamtes für Zivilschutz zu entnehmen ist.

Erwägung 3

    3.- Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin schafft
diese Regelung keine rechtsungleiche Behandlung "zweckgleicher
Entschädigungen". Es verstösst nicht gegen Art. 4 BV, wenn
erwerbswirtschaftlich ungleiche Sachverhalte rechtlich verschieden
gewürdigt werden.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.