Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 IV 419



101 IV 419

96. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 15. Dezember 1975 i.S. X.
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich. Regeste

    Art. 37 Abs. 1 GSchG.

    Während Alinea 1 dieser Bestimmung nur die tatsächliche Beifügung
schädlicher Stoffe in geschützte Gewässer zum Gegenstand hat, erfasst
Alinea 2 bereits die Gefahr, dass solche Stoffe durch Ablagern oder
Versickernlassen mittelbar in die Gewässer gelangen können.

Sachverhalt

    A.- Am 7. September 1972 geriet ölhaltiges Abwasser vom
Grundstück des X. an der Nidelbadstrasse in Kilchberg ZH in die in den
Kanalisationsschacht A führende Leitung. Von der Kanalisation gelangte
das Abwasser in den Krebsbach, der in die Sihl mündet.

    B.- Gestützt auf diesen Sachverhalt wurde X. als Eigentümer der
Liegenschaft und Unternehmer durch Urteil des Bezirksgerichtes Horgen vom
20. September 1974 der Widerhandlung gegen Art. 37 Abs. 1 und 2 des BG
vom 8. Oktober 1971 über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung (SR
814.20; GSchG) schuldig befunden und mit Fr. 2'000.--, bedingt löschbar,
bestraft.

    Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte am 30. April 1975 das
erstinstanzliche Urteil.

    C.- X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag
auf Freisprechung von Schuld und Strafe.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 5

    5.- Art. 37 Abs. 1 Alinea 1 GSchG verlangt, dass der Täter schädliche
Stoffe in die Gewässer ablagere oder "einbringe" ("introduit",
"immette", ebenso Art. 14 Abs. 1 GSchG). Einbringen bedeutet die
Beifügung schädlicher Stoffe im festen, flüssigen und gasförmigen
Aggregatzustand. Vom Versickernlassen gemäss Alinea 2 unterscheidet sich
das Einbringen dadurch, dass Versickern nicht den Nachweis erfordert,
dass die schädliche versickerte Flüssigkeit auch in die geschützten
Gewässer gelangte. Es genügt, dass Gefahr hierfür bestand. Gelangt aber
die versickerte Flüssigkeit in geschützte Gewässer, ist sie im Sinne von
Alinea 1 in die Gewässer eingebracht.

    Vor allem reicht aus, dass schädliche Stoffe mittelbar in die Gewässer
eingebracht werden. Jene müssen also nicht direkt ins Wasser geschüttet
oder geleitet werden. Es genügt beispielsweise, dass sie auf das Erdreich
geschüttet werden und durch dieses hindurch in das Grundwasser gelangen
oder in Abwasserläufe, welche in offene Gewässer führen. Träger der
schädlichen Stoffe können auch Gegenstände sein, welche als solche die
Gewässer nicht verschmutzen, an denen aber schädliche Stoffe wie Öl haften,
welche Gewässer verunreinigen.

Erwägung 6

    6.- Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz aus den Verhältnissen, die
auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers herrschten und dem im Schacht A
tatsächlich vorhandenen Öl, das nach den Umständen nur aus der Liegenschaft
des Beschwerdeführers stammen konnte, geschlossen, der Beschwerdeführer
habe selber oder durch Gewährenlassen seines Personals dieses Öl in
den Schacht A und dadurch in das öffentliche Gewässer fliessen lassen.
Wie das Öl konkret in den Schacht und damit in die Gewässer gelangte,
hat die Vorinstanz nicht eindeutig festgestellt. Sie liess verschiedene
Möglichkeiten offen. Sie nimmt an, durch unsorgfältigen Umgang mit Öl sei
dieses in erheblichen Mengen ins Erdreich versickert; damit ist aber,
weil hier vom Ölgehalt des Wassers im Schacht A die Rede ist, gemeint,
dieses Öl sei (teilweise) auch in den Schacht gelangt. Die Vorinstanz
lässt auch die Möglichkeit offen, Öl könnte direkt in die Leitung geflossen
sein, was besonders bei den ungenügenden Sicherheitseinrichtungen in den
betreffenden Gebäulichkeiten nicht von der Hand zu weisen ist. Ferner habe
Öl durch herumliegendes Material und Abfälle zum Kontrollschacht gelangen
können. Auf welchem Wege auch immer das Öl in das Abwasser und damit in
die Gewässer gelangte, ist rechtlich unerheblich. In allen diesen Fällen
wurde das Öl in die Gewässer eingebracht, und damit ist der Tatbestand
von Alinea 1 erfüllt.

    Das Gesetz verlangt auch nicht, dass der Tag, an dem das Öl
fahrlässig in die Gewässer eingebracht wurde, genau festgestellt werde,
wie der Beschwerdeführer meint. Dass es von dessen Liegenschaft stammte
und zu einem bestimmten Zeitpunkte im Schacht A festgestellt wurde,
muss genügen. Auf der Liegenschaft herrschte übrigens hinsichtlich der
fraglichen Einrichtungen ein Dauerzustand, der jederzeit eine Verschmutzung
der Gewässer befürchten liess.

    Völlig fehl geht auch die Rüge, das bei der Öl-Zapfstelle
und in der Garage verschüttete oder ausgetropfte Öl sei durch Erde
bzw. Sägemehl gebunden worden und habe daher nicht in die Kanalisation
gelangen können. Dass sämtliches verschüttetes oder ausgetropftes Öl
in die Kanalisation gelangte, wird nicht behauptet. Es genügte für die
Verurteilung gemäss Alinea 1, dass ein Teil desselben in die Kanalisation
gelangt ist. Das aber wurde, wie bereits früher erwähnt, durch Kontrolle
im Schacht A festgestellt. Einen sorgfältigen Umgang mit Öl kann der
Beschwerdeführer mit seiner Behauptung jedenfalls nicht beweisen.

Erwägung 7

    7.- Der Beschwerdeführer bestreitet sodann, sich nach Art. 37 Abs. 1
Alinea 2 GSchG verfehlt zu haben. Er bestreitet zwar nicht, dass auf seinem
Grundstück verschüttetes oder ausgetropftes Öl in den Boden habe versickern
können. Doch fehle der Nachweis des Kausalzusammenhanges zwischen dem
möglichen Versickern von Öl und dem Ölgehalt des Wassers im Schacht A.
Dieser Nachweis sei aber Voraussetzung, da dieser Tatbestand voraussetze,
dass "dadurch" die Gefahr der Verunreinigung des Wassers geschaffen werde.

    Alinea 2 enthält einen Gefährdungstatbestand, verlangt also,
im Gegensatz zu Alinea 1, gerade nicht, dass das Wasser verschmutzt
wird. Demnach braucht der Kausalzusammenhang im genannten Sinne nicht
nachgewiesen zu sein. Soweit tatsächlich eine Verschmutzung stattgefunden
hat, ist Alinea 1, nicht Alinea 2 anwendbar. Alinea 2 ist schon erfüllt,
wenn das verschüttete Öl nicht (oder nicht nachweislich) in das Wasser
gelangt ist, aber nach den Umständen mit Wahrscheinlichkeit ins Gewässer
hätte gelangen können. Die Kausalität braucht also nicht real zu sein; es
genügt, wenn sie nach den Umständen wahrscheinlich ist. Das verschüttete Öl
musste mit andern Worten für die Verschmutzung der Gewässer eine konkrete
Gefahr darstellen (vgl. SCHWANDER, Das schweiz. Strafgesetzbuch, 2. Aufl.,
Nr. 151-152a, und dort zitierte Entscheide).

    Eine solche konkrete Gefahr durften die kantonalen Gerichte ohne
Verletzung von Bundesrecht annehmen. Ein Teil des verschütteten Öls führte
zur Verunreinigung des Wassers. wenn schon erhebliche Mengen des Öls in
die Gewässer gelangten, durfte ohne Verletzung von Bundesrecht angenommen
werden, ein weiterer Teil des unsachgemäss gehandhabten Öls hätte leicht
ebenfalls in die Gewässer gelangen können.

Entscheid:

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.