Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 II 172



101 II 172

32. Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. Mai 1975 i.S. Grimm gegen Strebel.
Regeste

    Art. 50 Abs. 1 OG. Ein Endentscheid im Sinne dieser Bestimmung kann
nur dann sofort herbeigeführt werden, wenn das Bundesgericht selbst ihn
fällen kann.

Sachverhalt

    A.- Grimm als Arbeitnehmer klagte gegen Frau Strebel auf Zahlung von
Fr. 8'365.-- nebst 5% Zins seit 1. Januar 1974 "(abzüglich AHV/IV)". Er
berief sich auf ein Arbeitsverhältnis, das er auf Ende Dezember 1973
gekündigt hatte.

    Das Bezirksgericht Zürich führte im Urteil vom 21. Mai 1974 aus, die
Beklagte habe trotz Fristansetzung die Klage nicht beantwortet. Damit
habe sie gemäss § 150 ZPO die tatsächlichen Klagegründe anerkannt und
auf jegliche Einrede verzichtet. Da die vom Kläger geltend gemachten
Ansprüche als ausgewiesen erschienen, sei die Klage daher in vollem
Umfange gutzuheissen. Das Bezirksgericht erkannte deshalb: "Die Beklagte
wird verpflichtet, dem Kläger Fr. 8'365.-- zu bezahlen nebst 5% Zins seit
1. Januar 1974 (abzüglich AHV/IV)."

    B.- Die Beklagte appellierte an das Obergericht des Kantons Zürich,
das dieses Urteil am 20. Februar 1975 aufhob und den Prozess "im Sinne der
Erwägungen zur Durchführung des Beweisverfahrens und zu neuer Entscheidung"
an die erste Instanz zurückwies. Die Begründung lautet im wesentlichen
dahin, Art. 343 Abs. 4 OR verlange, dass der Richter den Sachverhalt von
Amtes wegen feststelle und die Beweise nach freiem Ermessen würdige. § 150
ZPO sei daher nicht anzuwenden. Das Bezirksgericht dürfe nicht Anerkennung
der tatsächlichen Klagegründe und Verzicht auf Einreden annehmen,
sondern habe das Urteil auf Grund der Akten zu fällen und demgemäss
zu entscheiden, für welche eingeklagten Posten ein Beweisverfahren
noch durchzuführen sei. Dabei müsse auch der Beklagten Gelegenheit
geboten werden, den Gegenbeweis anzutreten. Die von ihr im Rahmen des
Appellationsverfahrens bereits eingelegten Urkunden seien in diesem
Zusammenhang wohl mitzuberücksichtigen. Ob auch die von der Beklagten
erst im Rahmen des Novenrechtes erhobenen Verrechnungseinreden in die
Überlegungen miteinzubeziehen seien, habe vorerst frei das Bezirksgericht
zu entscheiden.

    C.- Der Kläger hat gegen das Urteil des Obergerichtes Berufung
eingelegt. Er beantragt, es aufzuheben und das erstinstanzliche Urteil
zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gegen einen selbständigen Vor- oder Zwischenentscheid, wie er
hier vorliegt, ist die Berufung nur zulässig, "wenn dadurch sofort ein
Endentscheid herbeigeführt und ein so bedeutender Aufwand an Zeit oder
Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden kann, dass
die gesonderte Anrufung des Bundesgerichtes gerechtfertigt erscheint"
(Art. 50 Abs. 1 OG).

    Ein Endentscheid kann nur dann sofort herbeigeführt werden, wenn
das Bundesgericht selbst ihn fällen kann. Im vorliegenden Falle ist das
ausgeschlossen. Das Obergericht hat nur entschieden, Art. 343 Abs. 4 OR
gehe dem § 150 ZPO vor, der bestimmt, "dass Anerkennung der tatsächlichen
Klagegründe und Verzicht auf Einreden angenommen werde, wenn der Beklagte
die Klage innert der angesetzten Frist nicht beantworte". Sollte diese
statt jene Norm anzuwenden sein, so ergäbe sich daraus nicht ohne weiteres
- jedenfalls nicht von Bundesrechts wegen -, dass die Klage gutgeheissen
werden müsse, wie der Kläger meint. Die Sache wäre an das Obergericht
zurückzuweisen, damit es den prozessual zu berücksichtigenden Sachverhalt
feststelle und das Klagebegehren materiell beurteile. Daran vermag auch
die Erklärung des Klägers, er sei im Sinne eines Eventualantrages bereit,
die von der Beklagten in zweiter Instanz eingereichten Beweismittel gegen
sich gelten zu lassen, nichts zu ändern.

Erwägung 2

    2.- Da auf die Berufung schon gemäss Art. 50 OG nicht eingetreten
werden kann, braucht nicht entschieden zu werden, ob der Streitwert
wenigstens Fr. 8'000.-- erreicht (Art. 46 OG). Dass er gegeben sei,
versteht sich nicht von selbst, denn der Kläger hat den Betrag von
Fr. 8'365.-- nur "abzüglich AHV/IV" eingeklagt, und das Bezirksgericht
hat ihm denselben ebenfalls nur "abzüglich AHV/IV" zugesprochen.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Auf die Berufung wird nicht eingetreten.