Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 III 72



101 III 72

15. Entscheid vom 24. März 1975 i.S. Grunder. Regeste

    Grundpfandverwertung.

    In einer Betreibung auf Grundpfandverwertung kann die Verwertung des
Grundpfandes nicht stattfinden, wenn einem Dritteigentümer des Pfandes
ein Verwertungsaufschub gewährt worden ist.

Sachverhalt

    A.- Frau Maria Grunder verkaufte am 29. August 1973 an Peter Jost
und Christoph Leuthold zwei Parzellen in Grindelwald zum Preise von Fr.
465'000.--. Die beiden Käufer traten als einfache Gesellschaft auf
und erwarben die Liegenschaft zu Gesamteigentum. Zur Sicherung der
Kaufpreisschuld wurde im Grundbuch ein Verkäuferpfandrecht eingetragen. Der
Kaufpreis sollte in vertraglich festgelegten Teilzahlungen entrichtet
werden. Nachdem die am 31. Oktober 1973 fällige Teilzahlung von
Fr. 100'000.-- nicht geleistet wurde, leitete die Gläubigerin beim
Betreibungsamt Interlaken gegen beide Schuldner eine Betreibung auf
Pfandverwertung ein. Diese erhoben Rechtsvorschlag, unterzogen sich dann
aber dem Rechtsöffnungsgesuch unter Vorbehalt der Aberkennungsklage.

    Am 20. Mai 1974 verlangte die Gläubigerin in beiden Betreibungen
die Verwertung der Grundpfänder, worauf der Schuldner Leuthold gestützt
auf Art. 123 SchKG um Verwertungsaufschub ersuchte. Er verpflichtete
sich zu monatlichen Abzahlungen von Fr. 15'000.-- und leistete eine erste
Teilzahlung. Das Betreibungsamt entsprach daher mit Verfügung vom 3. Juli
1974 seinem Gesuch. Diese Verfügung blieb unangefochten. Der Schuldner
Jost teilte dem Betreibungsamt seinerseits mit, dass er nicht in der
Lage sei, ebenfalls Zahlungen zu leisten. Das Gesuch der Gläubigerin, dem
Verwertungsbegehren gegen Jost Folge zu geben, lehnte das Betreibungsamt
am 14. August 1974 ab.

    Gegen diese Verfügung erhob die Gläubigerin Beschwerde, die von
der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton
Bern mit Entscheid vom 18. September 1974 abgewiesen wurde. Frau Maria
Grunder reichte daraufhin bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Bundesgerichts Rekurs ein mit dem Antrag, den Entscheid der
Aufsichtsbehörde aufzuheben und das Betreibungsamt Interlaken anzuweisen,
dem Verwertungsbegehren gegen den Schuldner Peter Jost Folge zu geben.

Auszug aus den Erwägungen:

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

    Steht eine Liegenschaft wie im vorliegenden Fall im Gesamteigentum
zweier Personen, so kann das Grundstück nur in seiner Gesamtheit mit
Pfandrechten belastet werden. Strengt der Pfandgläubiger gegen die
beiden Eigentümer als Solidarschuldner Betreibungen auf Pfandverwertung
an, so kommt in jeder der beiden Betreibungen dem andern Schuldner die
Rolle eines Dritteigentümers des Pfandes zu. Als solcher muss er in die
Betreibung einbezogen werden (BGE 77 III 32 ff.). Das gleiche gilt, wenn
es sich anstelle von Gesamt- um Miteigentümer handelt, sofern sich die
Verwertung auf das ganze Grundstück bezieht (BGE 67 III 109 ff.). Ist der
Dritteigentümer eines Pfandes in der gegen ihn gerichteten Betreibung in
den Genuss einer Nachlassstundung oder eines Rechtsstillstandes gelangt,
so kann nicht zur Verwertung des Pfandes geschritten werden (BGE 51 III
235 f. und 42 III 318 ff.).

    Im vorliegenden Fall muss Christoph Leuthold in der Betreibung auf
Grundpfandverwertung gegen seinen Mitschuldner Jost als Dritteigentümer
des Pfandes betrachtet werden. Da Jost und Leuthold beim Erwerb der
Parzellen als einfache Gesellschaft auftraten, sind sie Gesamteigentümer
geworden. Die Verwertung kann nicht stattfinden, weil das Betreibungsamt
dem Dritteigentümer des Pfandes in der gegen ihn gerichteten Betreibung
gestützt auf Art. 123 SchKG Verwertungsaufschub gewährt hat. Dieser
Aufschub wäre unwirksam, wenn dem Verwertungsbegehren der Rekurrentin
gegen Jost stattgegeben würde. Der dem Dritteigentümer des Pfandes
eingeräumte Verwertungsaufschub muss daher die gleiche Wirkung haben wie
ein Rechtsstillstand oder eine Nachlassstundung. Der in der Rekursschrift
erhobene Einwand, der Verwertungsaufschub gehöre nicht zu den in den
Art. 56-62 SchKG aufgezählten Rechtsstillstandsgründen, weshalb die
angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichts im vorliegenden Fall keine
Anwendung finde, ist nicht stichhaltig. Der Entscheid der Vorinstanz ist
daher zu bestätigen.

Entscheid:

    Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen.