Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 101 IB 361



101 Ib 361

63. Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. November 1975 i.S. Brupbacher
und Mitbeteiligte gegen Eidg. Amt für das Handelsregister. Regeste

    Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Handelsregister.

    Art. 103 lit. a OG. Legitimation zur Beschwerde der Gründer einer
noch nicht eingetragenen Aktiengesellschaft (Erw. 1).

    Art. 944 Abs. 1 OR, 44 Abs. 1 HRegV.

    Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts.

    Sachbegriffe ohne Kennzeichnungskraft dürfen nicht als alleiniger
Inhalt einer Firma anerkannt werden. Unzulässigkeit der Firma "Inkasso AG"
(Erw. 5).

    Voraussetzungen, unter denen eine Verwaltungsbehörde ihre Praxis
ändern darf (Erw. 6).

Sachverhalt

    A.- Hans Brupbacher, Walter Deplaz und Helene Sommer gründeten am
25. Juni 1975 unter der Firma "Inkasso AG" eine Aktiengesellschaft mit
Sitz in Zürich. Das Eidg. Amt für das Handelsregister teilte am 7. Juni
1975 dem kantonalen Registerführer, der die Eintragung vorgenommen hatte,
mit, die Publikation werde zurückgestellt, da eine Sachbezeichnung nicht
monopolisiert werden könne und es an einer Individualisierung fehle, die
zumindest durch Aufnahme der Sitzbezeichnung in die Firma geschehen sollte.

    Auf Verlangen der Gründer erliess das Eidg. Amt am 24. Juni 1975 eine
beschwerdefähige Verfügung.

    B.- Die Gründer, die vorläufig die Firma in "Inkassoservice AG"
umbenannt haben, beantragen mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ihnen die
Firma "Inkasso AG" zu bewilligen.

    Das Eidg. Amt für das Handelsregister beantragt sinngemäss die
Abweisung der Beschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

            Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Die Gründer einer Aktiengesellschaft bilden bis zu deren Eintragung
eine einfache Gesellschaft und sind, wenn sie im vorinstanzlichen Verfahren
als Partei zugelassen worden waren, nach Art. 103 lit. a OG zur Beschwerde
berechtigt (BGE 95 I 278). Diese Voraussetzung trifft hier zu.

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführer beanspruchen die Firma "Inkasso AG"
ohne Zusatz, insbesondere ohne Bezeichnung des Sitzes. Dass sie sich
vorläufig mit der Firma "Inkassoservice AG" begnügen, beeinträchtigt ihr
Rechtsschutzinteresse nicht. Entgegen der Ansicht des Amtes ist nicht
zu prüfen, ob ihnen die Verwendung dieser Firma zugemutet werden darf,
sondern ob sie zu Recht Anspruch auf die Firma "Inkasso AG" erheben.

Erwägung 3

    3.- Die Aktiengesellschaft kann unter Wahrung der allgemeinen
Grundsätze der Firmenbildung ihre Firma frei wählen (Art. 950 Abs. 1
OR). Jede Firma darf neben dem vom Gesetz vorgeschriebenen wesentlichen
Inhalt Angaben enthalten, die auf die Natur des Unternehmens hinweisen,
vorausgesetzt, dass sie wahr sind, zu keinen Täuschungen Anlass geben und
keinem öffentlichen Interesse zuwiderlaufen (Art. 944 Abs. 1 OR, Art. 38
Abs. 1 HRegV). Bezeichnungen, die nur der Reklame dienen, dürfen in eine
Firma nicht aufgenommen werden (Art. 44 Abs. 1 HRegV). Denn eine Firma hat
die Aufgabe, ein Unternehmen zu kennzeichnen und zu unterscheiden. Sie ist
nicht dazu bestimmt, es als wichtig, gross oder leistungsfähig hinzustellen
(BGE 95 I 279 mit Hinweisen, 96 I 610 100 Ib 31; GUHL/MERZ/KUMMER, OR
S. 741).

Erwägung 4

    4.- Das Amt anerkennt, dass zahlreiche Firmen im Handelsregister
eingetragen sind, die wie "Inkasso AG" reine Sachbezeichnungen
sind. Der Grund hiefür liegt darin, dass bis vor zwei Jahren solche
Firmen eingetragen wurden. Die Beschwerdeführer rügen diese neue Praxis
als gesetzwidrig. Sie berufen sich hiefür auf BGE 100 II 224 ff. Das
Amt seinerseits sieht in diesem Urteil eine Änderung der bisherigen
Rechtsprechung, auf die zurückzukommen sei.

    a) Das Bundesgericht hatte im erwähnten Entscheid darüber zu befinden,
ob sich die Firma "Aussenhandel-Finanz AG" von der eingetragenen
Firma "Aussenhandel AG" genügend unterscheide. Es bejahte zuerst die
Verwechselbarkeit der beiden Firmen (aaO S. 226/27). Sodann setzte es sich
mit der Auffassung PEDRAZZINIS (Bemerkungen zur neueren firmenrechtlichen
Praxis, in "Lebendiges Aktienrecht", Festgabe für Wolfhart Friedrich
Bürgi, S. 309) auseinander, der unter Berufung auf das öffentliche
Interesse (Art. 944 Abs. 1 OR) Sachbezeichnungen allein wegen des
Freihaltebedürfnisses von der Firmenbildung ausschliessen möchte. Das
Bundesgericht verwarf diese Argumentation, weil ihre Gutheissung zu
einer grundlegenden und unerwünschten Änderung der Rechtsprechung führen
würde und mit der geltenden Ordnung nicht vereinbar wäre. Es wies darauf
hin, dass eine Aktiengesellschaft ihre Firma grundsätzlich frei wählen
(Art. 950 Abs. 1 OR) und dabei auch Angaben verwenden dürfe, die auf die
Natur des Unternehmens hinweisen (Art. 944 Abs. 1 OR). Sachbezeichnungen
seien ausdrücklich erlaubt, und der Grundsatz der Firmenwahlfreiheit
verbiete es, dass schon der Erstbenützer sie mit einem Zusatz versehen
müsse. Dieses Erfordernis sei allein gegenüber dem Nachbenützer einer
solchen Bezeichnung durchzusetzen. Der Vorbehalt des öffentlichen
Interesses nach Art. 944 Abs. 1 OR sei nur als Korrektiv im Einzelfall zu
verstehen und könne nicht Angaben ausschliessen, die die gleiche Bestimmung
ausdrücklich als zulässig erkläre. Zudem decke das öffentliche Interesse
nicht das Freihaltebedürfnis für Sachangaben, sondern dränge angesichts
der heutigen Wirtschaft (Konzentration und Diversifikation) auf klare
Unterscheidung der Firmen, wofür aber der Nachbenützer einer solchen
Bezeichnung zu sorgen habe.

    Das Gesetz gewährt den Schutz "jeder in der Schweiz bereits
eingetragenen Firma" (Art. 951 Abs. 2 OR). Da im Firmenrecht - im Gegensatz
zum Marken- Muster- und Patentrecht (vgl. TROLLER, Immaterialgüterrecht,
Bd. II, 2 Aufl. S. 1108/9) - die Nichtigkeit durch Klage oder Einrede
nicht geltend gemacht werden kann, hat der Richter nicht zu prüfen,
ob eine Firma zu Recht eingetragen worden ist. Es liesse sich mit
dem vom Bundesgericht (aaO) hervorgehobenen öffentlichen Interesse an
deutlich unterscheidbaren Firmen kaum vereinbaren, eine neue Firma trotz
Verwechselbarkeit nur deshalb zuzulassen, weil die früher eingetragene gar
nicht hätte zugelassen werden dürfen. Die Erwägungen über die Zulässigkeit
der Firma "Aussenhandel AG" sind im Zusammenhang mit der Frage zu
verstehen, ob gegenüber dem Nachbenützer einer reinen Sachbezeichnung
hinsichtlich Unterscheidbarkeit geringere Anforderungen zu stellen seien,
wie das ebenfalls von PEDRAZZINI (aaO S. 308) angeregt wurde. Auch unter
diesem Vorbehalt gehen die Erwägungen des genannten Entscheides doch
eindeutig dahin, dass der Erstbenützer eine Sachbezeichnung ohne jeden
unterscheidenden Zusatz verwenden dürfe und dass allein der Nachbenützer
für die Unterscheidung zu sorgen habe. Was für "Aussenhandel AG" ausgeführt
wurde, gilt in gleicher Weise für "Inkasso AG".

    b) Das Amt berief sich für seine Praxisänderung zunächst auf BGE 43
II 93 ff., einen markenrechtlichen Entscheid, wonach die Rechtsprechung
selbst im Firmenrecht je länger je mehr die Tendenz verfolge, die reinen
Sachbezeichnungen nicht als ausschliessliches Recht zuzuerkennen, sondern
auch den andern Benützern offenzuhalten. Dieser Entscheid und die darin
erwähnten früheren Urteile machten klar, dass das Bundesgericht die
alleinige Beanspruchung einer Sachbezeichnung nur insoweit ablehnte,
als damit Dritten die Verwendung überhaupt untersagt werden wollte,
und dass die Mitbenützung stets zugelassen wurde, wenn die Nachbenützer
durch entsprechende Zusätze für genügende Unterscheidung sorgten. Den
gleichen Sinn haben auch verschiedene spätere Urteile (BGE 54 II 128
"Fleischwaren AG", 59 II 159 "Migros") und insbesondere BGE 82 II 340
"Eisen und Metall AG", der PEDRAZZINI hauptsächlich zur Kritik Anlass
gab (aaO S. 306). Dieses Urteil bestätigt, dass der Erstbenützer
unter Umständen eine Sachbezeichnung bis zu einem gewissen Grad für
sich beanspruchen kann, was aber die notwendige Folge der gesetzlichen
Ordnung sei, welche der Aktiengesellschaft die firmenmässige Verwendung
einer Sachbezeichnung erlaube (aaO S. 342). Wenn das Bundesgericht sodann
in dem vom Amt ebenfalls angeführten Entscheid 83 II 259 ("Apostolische
Gemeinde") erklärte, juristische Personen dürften allgemeine Sachbegriffe
für ihren Namen nicht allein gebrauchen, so ist diese Auffassung nach dem
Zusammenhang so zu verstehen, dass Nachbenützern die gleiche Bezeichnung
offenstehe, wenn sie einen unterscheidungskräftigen Zusatz beifügen
(vgl. ferner BGE 94 II 129 "Filtro SA", 97 II 158 "Isola-Werke", 98 II
63 und 69 "Standard Commerz Bank").

    c) Die geschilderte Rechtsprechung macht jedenfalls keinen Unterschied,
ob die zu schützende Firma ausschliesslich in einer Sachbezeichnung bestand
oder diese nur als Bestandteil enthielt. Immerhin hat das Bundesgericht
in jenem Fall wiederholt entscheidend auf die weitere Voraussetzung
abgestellt, dass die Sachbezeichnung durch langen Gebrauch und Anerkennung
in den beteiligten Kreisen sich zum unterscheidungskräftigen Kennzeichen
durchgesetzt habe, wie das im Markenrecht anerkannt wird (BGE 59 II 160
"Migros", 64 II 251 "Wollen-Keller", 82 II 342 "Eisen und Metall" sowie
unveröffentlichtes Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. April 1955 i.S.
"Bankag").

    Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass das Bundesgericht im Entscheid
100 II 224 ff. die Rechtsprechung nicht geändert, sondern bestätigt hat.

Erwägung 5

    5.- Die Handelsregisterbehörden haben von Amtes wegen zu prüfen,
ob eine Firma der Wahrheit widerspreche, Täuschungen verursache, dem
öffentlichen Interesse zuwiderlaufe (Art. 944 Abs. 1 OR) und reklamehaft
(Art. 44 Abs. 1 HRegV) sei (Art. 940, 955 OR, 115 und 117 HRegV; BGE 100
Ib 31, 35 je mit Hinweisen). Sie dürfen die Eintragung nicht verweigern,
wenn die beanspruchte Firma einer bereits registrierten ähnlich ist (BGE 55
I 191, 56 I 361, 65 I 273; HIS, Art. 940 OR N. 23, Art. 955 OR N. 11). In
einem solchen Falle handelt es sich um eine materiellrechtliche Frage, die
im Zweifel der prozessualen Auseinandersetzung der Beteiligten vorbehalten
werden muss (BGE 91 I 362, 440 mit Hinweisen). Vorliegend hatte dagegen
das Amt frei zu entscheiden, ob die von den Beschwerdeführern beanspruchte
Firma mit Art. 944 Abs. 1 OR und Art. 44 Abs. 1 HRegV vereinbar sei.

    a) Es ist der Meinung, das Bundesgericht dürfe die angefochtene
Verfügung nur unter dem Gesichtspunkt der Ermessensüberschreitung oder
des Ermessensmissbrauchs überprüfen. Richtig ist, dass das Amt nach
Ermessen entscheidet, wenn es nach Art. 45 und 46 HRegV ausnahmsweise
die firmenmässige Verwendung nationaler, territorialer oder regionaler
Bezeichnungen gestattet. Denn die Verordnung legt nicht fest, welches
die besonderen Umstände sind, die eine solche Ausnahme rechtfertigen. Das
Bundesgericht hat daher einen entsprechenden Entscheid des Amtes stets
auf Ermessensüberschreitung und Ermessensmissbrauch hin überprüft und es
abgelehnt, sein eigenes Ermessen anstelle jenes des Amtes zu setzen (BGE
93 I 564, 96 I 611, 97 I 75). Diese Rechtsprechung setzt aber voraus,
dass Gesetz oder Verordnung einen Entscheid in das Ermessen des Amtes
legen. Sie gilt nicht für die Beurteilung eines Eintragungsbegehrens nach
Art. 944 Abs. 1 OR und Art. 44 Abs. 1 HRegV, wie das Amt unter Berufung
auf gewisse, zu sehr verallgemeinernde Erwägungen in bundesgerichtlichen
Urteilen annimmt (vgl. BGE 100 Ib 242 Erw. 3 und noch deutlicher der
unveröffentlichte Entscheid der I. Zivilabteilung vom 7. Mai 1974
i.S. Schillig). Ob eine beanspruchte Firma den Anforderungen jener
Bestimmungen entspricht, ist eine Rechtsfrage, welche die Anwendung
und Auslegung von Bundesrecht betrifft (Art. 104 lit. a OG). Der in
Art. 944 Abs. 1 OR ausgesprochene Grundsatz des öffentlichen Interesses
ist ein unbestimmter Rechtsbegriff (BGE 94 I 135), dessen Sinn nicht nach
Ermessen, sondern frei zu ermitteln ist (BGE 96 I 373 und dort erwähnte
Entscheide). Das Bundesgericht überprüft aber die Auslegung solcher
Rechtsbegriffe durch die Verwaltungsbehörden mit Zurückhaltung, besonders
wenn diese den massgebenden örtlichen oder persönlichen Verhältnissen
näher stehen (BGE 94 I 135, 96 I 373, 98 Ib 341, 467, 497). Solche
besondere Verhältnisse gibt es hier nicht. Es stellt sich die abstrakte
Frage, ob die Firma "Inkasso AG" unwahr, täuschend, reklamehaft sei oder
den öffentlichen Interessen zuwiderlaufe. Das Bundesgericht kann sie im
Verwaltungsverfahren in gleicher Weise beurteilen wie das Amt (vgl. BGE
64 I 56 "die Treuhand", 79 I 176 "Grande pharmacie", 94 I 614 "Center",
96 I 610 "Centre").

    b) Das Amt behauptet, eine Firma widerspreche in der Regel dem Gebot
der Firmenwahrheit wie auch dem Täuschungs- und Reklameverbot, wenn sie
bloss aus einer Sach- oder Tätigkeitsbezeichnung bestehe. Es lässt sich in
der Tat die Auffassung vertreten, eine so allgemein gefasste Bezeichnung
wie "Inkasso AG" erwecke den Eindruck, dass das fragliche Unternehmen eine
hervorragende Marktstellung habe (die Inkasso-Gesellschaft). In diesem
Sinne äussert sich jedenfalls HIS (Art. 946 OR, N. 46), und in die gleiche
Richtung weisen die zitierten Entscheide (Erw. 5a am Ende). Indessen fragt
es sich, ob der Durchschnittsleser, auf den es ankommt (BGE 100 Ib 243),
die Firma tatsächlich so versteht. Eine solche Befürchtung ist denn auch
während Jahrzehnten nie aufgekommen, da sonst nicht bis vor zwei Jahren
allgemeine Sachbezeichnungen in grosser Zahl als Firmen im Handelsregister
eingetragen worden wären.

    c) Das Amt vertritt sodann die Auffassung, das nach Art. 944 Abs. 1
OR zu wahrende öffentliche Interesse gebiete die Freihaltung reiner
Sachbezeichnungen.

    Es trifft zu, dass ein Bedürfnis nach Freihaltung von Begriffen des
sprachlichen Gemeingebrauchs besteht (vgl. PEDRAZZINI, aaO S. 306/309). So
weist das Amt darauf hin, dass die schrankenlose Zulassung von Firmen,
die ausschliesslich aus einer Sachangabe gebildet sind, es immer mehr
erschweren, Interessenten mit vertretbarem Aufwand und hinreichender
Zuverlässigkeit über Eintragungen im Zentralregister Auskünfte zu
erteilen (vgl. Art. 119 Abs. 3 HRegV); dass es auch für die Gründer neuer
Gesellschaften stets schwieriger werde, zu einer bereits geschützten
Sachbezeichnung einen unterscheidungskräftigen Zusatz zu finden.

    d) Es fragt sich anderseits, ob es nach Art. 944 Abs. 1 OR auch im
öffentlichen Interesse liege, reine Sachbezeichnungen von der Firmenbildung
auszuschliessen. Das öffentliche Interesse, welches Art. 944 Abs. 1 OR
vorbehält, hat den Sinn einer Generalklausel (vgl. dazu ProtExpK. 1924/25,
S. 695 ff.). Es dürfte in erster Linie Firmen betreffen, die ihm im
konkreten Fall zuwiderlaufen, wie z.B. unsittliche Bezeichnungen, die
gegen das religiöse, sittliche oder nationale Empfinden verstossen VON
BÜREN, Komm. zum UWG, S. 129 N. 72). Zudem kann es für sich genommen
auch generelle Gesichtspunkte wie das Freihaltebedürfnis decken, nicht
aber Bezeichnungen verhindern, die das Gesetz selbst ausdrücklich zulässt
(vgl. BGE 100 II 228).

    Nach Art. 944 Abs. 1 OR darf jede Firma Angaben über die Natur
des Unternehmens enthalten. In diesem Sinne gilt auch der Hinweis auf
die Tätigkeit eines Geschäftes, und als solcher wird die Bezeichnung
"Inkasso" in der Öffentlichkeit allgemein, nicht nur von den Fachleuten des
Rechnungswesens verstanden, wie die Beschwerdeführer einwenden. Sachangaben
sind aber nur "neben dem vom Gesetze vorgeschriebenen wesentlichen Inhalt"
der Firma zugelassen. Diese Fassung deckt Firmen nicht, in denen die
Sachangabe nicht bloss Bestandteil, sondern einziger Inhalt ist. Zu einem
andern Ergebnis könnte der Grundsatz der Firmenwahlfreiheit (Art. 950
Abs. 1 OR) führen, wenn daraus zu schliessen wäre, dass die Firma der
Aktiengesellschaft - im Unterschied zu den Personenangaben der Art. 945 und
947 OR - von Gesetzes wegen einen wesentlichen Inhalt nicht besitze. Dieser
Schluss geht aber zu weit, wenn er es rechtfertigen soll, reine
Sachbezeichnungen des sprachlichen Gemeingebrauchs zum ausschliesslichen
Inhalt einer Firma zu machen. Aufgabe der Firma ist es, ein Unternehmen
zu kennzeichnen und von andern zu unterscheiden (Erw. 3). Art. 951
Abs. 2 OR, wonach sich die Firma einer Aktiengesellschaft von jeder
in der Schweiz bereits eingetragenen Firma deutlich unterscheiden
müsse, schafft ein entsprechendes Vorrecht, bestimmt aber nicht, dass
Sachbegriffe ohne Kennzeichnungskraft zuzulassen seien, wenn nicht schon
ein gleicher Eintrag besteht. Der Sinn eines solchen Firmenrechts ist
nicht einzusehen. Die Auffassung des Amtes lässt sich daher bereits durch
eine zweckentsprechende Auslegung des Gesetzes stützen, ohne dass auf
das öffentliche Interesse abgestellt werden muss. Dafür spricht auch die
Auslegung von § 4 des deutschen Aktiengesetzes. Obschon diese Bestimmung
im Gegensatz zu Art. 944 Abs. 1 OR nicht bloss erlaubt, sondern als
Regel vorschreibt, dass die Firma "dem Gegenstand des Unternehmens zu
entnehmen" ist, sind nach Lehre und Rechtsprechung Sachfirmen, die nur
allgemeine Gattungsbegriffe wie "Grosshandels AG", "Handelsgesellschaft
AG", "Wohnungsbau AG", "Kaufhaus AG" enthalten, mangels genügender
Kennzeichnungskraft unzulässig (vgl. GESSLER/HEFERMEHL/ECKARDT/KROPFF,
N. 10/11 § 4 AktG; SCHLEGELBERGER, N. 3 zu § 20 HGB).

    e) Im übrigen lässt diese Auslegung es zumindest zu, das
Freihaltebedürfnis auch als öffentliches Interesse zu berücksichtigen. Im
Entscheid 100 II 228 hat das Bundesgericht erklärt, das öffentliche
Interesse dränge angesichts des heutigen Wirtschaftsgeschehens
(Konzentration und Diversifikation) mehr denn je auf klare Unterscheidung
der Firmen. Es stellte daher im Firmenschutzprozess der "Aussenhandel AG"
gegen die "Aussenhandels-Finanz AG" entsprechend strenge Anforderungen
an die Bezeichnung des Nachbenützers. Das öffentliche Interesse gebietet
aber schon beim Erstbenützer einer Sachbezeichnung, dass diese die Firma
kennzeichne und von andern Unternehmen unterscheide. Es widerspricht
daher Art. 944 Abs. 1 OR nicht, Sachbegriffe des Gemeingebrauchs
nicht als alleinigen Inhalt einer Firma anzuerkennen, auch wenn sie -
im Unterschied zum Markenrecht (Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG) - als
wesentlicher Bestandteil in der Firma der Aktiengesellschaft zugelassen
werden. Das Amt verletzte somit Bundesrecht nicht, wenn es die Eintragung
der Firma "Inkasso AG" ablehnte. Inwiefern diese allenfalls zu ergänzen
ist, steht hier nicht zur Beurteilung.

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerdeführer werfen dem Amt Willkür vor, weil es mit der
neuen Praxis jahrelang geübte Grundsätze aufgegeben hat.

    Verstösse gegen Art. 4 BV können als Verletzung von Bundesrecht geltend
gemacht werden (Art. 104 lit. a OG; BGE 96 I 89, 187). Wie dargelegt,
ist die neue Praxis des Amtes gerechtfertigt. Zudem ist nicht bestritten,
dass das Amt sie seit zwei Jahren allgemein, nicht nur gegenüber den
Beschwerdeführern befolgt. Es kann einer Behörde nicht verwehrt sein, eine
Übung aufzugeben, die sie als unrichtig erkannt hat oder deren Verschärfung
sie wegen veränderter Verhältnisse oder zunehmender Missbräuche für
zweckmässig hält (BGE 91 I 218 97 I 78 und dort erwähnte Entscheide).

    Im übrigen ändert die neue Praxis des Amtes nichts daran, dass Firmen,
die früher eingetragen wurden und den neuen Grundsätzen nicht entsprechen,
weiterhin nach Art. 956 OR geschützt werden. Dabei behält die zugehörige
Rechtsprechung einschliesslich BGE 100 II 224 ff. auch künftig ihre
Bedeutung. Das führt auch nicht zu der von KUMMER (ZBJV 109/1973 S. 146)
befürchteten Verwässerung des Firmenschutzes.

Entscheid:

             Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Beschwerde wird abgewiesen.